|   Danke, 
                Toni 
               
                † 21. 09. 2016 
               Als 
                Alfred Pfaff und Richard Kress am Riederwald mit dem Bällchen 
                zaubern, als die Eintracht in Berlin die Deutsche Meisterschaft 
                feiert, als der junge Grabowski erstmals für die Frankfurter 
                seine Fußballschuhe schnürt, als die Eintracht zwischen 
                1974 und '81 insgesamt fünf Pokaltitel erringt, als Dietrich 
                Weise und seine Bubis in letzter Sekunde den Abstieg verhindern, 
                als die Eintracht nach Malta, Korea und in die USA reist, als 
                Bein, Yeboah und Co. auf dem Rasen des Stadions den Fußball 
                2000 zelebrieren, als die Uhren in Frankfurt auf einmal anders 
                gehen sollen, und als Köhler den Ball nach innen legt, damit 
                Chris mit dem 2:0 den Heimsieg gegen Nürnberg sicherstellt 
                - einer ist immer dabei: Anton Hübler, den alle nur Toni 
                nennen. 
              Über Toni Hübler werden rund um die 
                Eintracht viele Geschichten erzählt, doch noch viel mehr 
                weiß er selbst zu erzählen. Geschichten, die kaum einer 
                so erzählt wie er. Es sind Geschichten, in denen aus großen 
                Triumphen und bitteren Niederlagen der Riederwälder persönliche 
                Erlebnisse werden und aus bewunderten Fußballstars Menschen, 
                die einem nach Tonis Erzählung so nahe stehen wie gute Freunde. 
                Denn Toni erzählt diese Geschichten mit etwas, was in diesen 
                Tagen, in denen Menschen wie nie zuvor öffentlich an den 
                Pranger gestellt werden, selten geworden ist: Toni erzählt 
                mit Herz. 
              Nie rückt er sich bei seinen Geschichten 
                aus fünf Jahrzehnten Eintracht Frankfurt in den Vordergrund, 
                nie erhebt er sich über andere, immer zeigt er bei seinen 
                Erzählungen Verständnis für die Fehler und Schwächen 
                anderer. Und wenn es selbst ihm schwerfällt, einen Eintrachtler 
                in Schutz zu nehmen, winkt er mit einer Hand kurz ab, macht eine 
                Pause und erzählt lieber eine andere Geschichte. 
              Die Odyssee zur Eintracht 
              Im Sommer des Weltmeisterjahres 1954 zieht es 
                einen jungen Landschaftsgärtner, der bislang in Württemberg 
                lebte, ins Hessische. Ziel ist die kleine, seinerzeit noch eigenständige 
                Gemeinde Urberach im damaligen Landkreis Dieburg, in der bereits 
                sein Vater wohnt. Die Gründe für den Umzug sind eher 
                lapidar, wie Toni Hübler heute berichtet: "Ich war jung, 
                gerade 25 geworden, und wollte einfach einmal einen Tapetenwechsel." 
               
              Kaum in der neuen Heimat, der er bis heute treu 
                geblieben ist, angekommen, geht es für Toni auf Arbeitssuche. 
                Erfolglos bleibt der Besuch des Arbeitsamts Langen, das er mit 
                dem Tipp verlässt, es einmal in Frankfurt zu versuchen. Und 
                dort muss Toni nicht lange warten, bis er eine Stelle angeboten 
                bekommt. Denn er trifft vor Ort zwei Herren der Eintracht, die 
                für den im August 1952 eingeweihten Riederwald einen jungen 
                Landschaftsgärtner suchen. "Die haben mich regelrecht 
                hofiert", so Toni, "haben den damaligen Spielausschussvorsitzenden 
                Balles hinzugerufen, mich bewirtet und mit mir gleich einen Vorstellungstermin 
                für den nächsten Tag am Riederwald ausgemacht, um die 
                Einzelheiten zu besprechen."  
              Wie später in all den Jahren bis heute versetzt 
                die Eintracht Toni Hübler in Aufregung. Mit 3 Mark in der 
                Tasche steigt er in den Zug gen Hauptbahnhof, vergisst jedoch, 
                sich eine Fahrkarte zu besorgen und muss nachlösen. 1,50 
                Mark hätte die einfache Fahrt gekostet, weitere 1,50 kostet 
                die Strafe; kurzum Toni ist zwar in Frankfurt, hat aber keinen 
                Pfennig mehr in seinen Taschen. Auf Schusters Rappen geht es kreuz 
                und quer durch die unbekannte Stadt, am Schauspielhaus weist ihm 
                ein freundlicher Herr den Weg ins Stadion. 
              Dort im Glauben angekommen, sein Ziel erreicht 
                zu haben, wird er schnell eines Besseren belehrt. Denn als er 
                nach der Eintracht fragt, wird er belehrt: "Ach du lieber 
                Gott, die is grad uff de annern Seit." Weiter geht es also 
                auf Schusters Rappen, zurück in die Innenstadt und bis zum 
                Riederwald. Mittags um 2 Uhr ist Toni endlich am Ziel, um 10 Uhr 
                hatte man sich verabredet. 
              Zum Glück für Toni scheint die Sonne 
                an diesem Tag nicht nur für ihn, sondern auch für Fritz 
                Becker, der das schöne Wetter nutzt, um am Riederwald 'Überstunden' 
                in Form eines Sonnenbades zu schieben. Becker ist nicht nur der 
                erste Nationalspieler der Frankfurter als Stürmer der Frankfurt 
                Kickers und der erste Torschütze einer DFB-Elf im ersten 
                Länderspiel gegen die Schweiz anno 1908, sondern aktuell 
                auch der Vorsitzende des Platzausschusses. Toni erzählt Becker 
                die Geschichte seiner Odyssee und erntet dafür von Becker 
                nicht nur ein Lachen, sondern auch einen Probevertrag und geliehene 
                10 Mark, damit er wieder nach Hause kommt. 
              Sumpfbrache Riederwald 
              Acht Wochen sollte Toni ursprünglich auf 
                Probe werkeln, doch bereits nach sechs Wochen ist für die 
                Eintracht klar: Mit diesem jungen Gärtner haben wir den Richtigen 
                gefunden. Toni erhält einen festen Arbeitsvertrag und damit 
                eine anspruchsvolle Aufgabe. Denn der neue Riederwald ist zu dieser 
                Zeit zwar eines der modernsten Stadien in Deutschland, die gesamte 
                Sportanlage präsentiert sich allerdings noch als sumpfiges 
                Brachland mit hohem Grundwasserspiegel und niedrigem Freizeitwert. 
                "Da stand kein einziger Baum, kein Strauch, kein gar nichts", 
                erinnert sich Toni. 
              Mit Gartenbaurat Vollmer, der fast täglich 
                vorbeischaut und als Verantwortlicher des Sport- und Badeamtes 
                der Stadt für die Planungen zuständig ist, gewinnt der 
                ehrgeizige und selbstbewusste Toni einen einflussreichen Verbündeten. 
                "Er mochte mich und fragte, ob ich mir vorstellen könne, 
                den Riederwald zu bepflanzen, was ich natürlich bejaht habe". 
                Zusammen mit zwei Hilfskräften nimmt Toni die Arbeit in Angriff: 
                "Wenn du mal in einer Gärtnerei gearbeitet und das Eintönige 
                dort kennengelernt hast, bist du für so eine Aufgabe sehr 
                dankbar." So finden unter anderem die Pappeln, für Jahrzehnte 
                quasi ein Wahrzeichen des Riederwalds, ihren Weg aufs Sportgelände. 
                Toni pflanzt sie, um das Grundwasser zu senken und so die Tribüne 
                vor Hochwasser zu schützen. 
              Karlchen 
              Mit seiner Arbeit als Gärtner rückt 
                für den ehemaligen Handballer Hübler, der seine aktive 
                Zeit aufgrund einer Schulterverletzung beenden musste, nun der 
                Fußball in den Fokus. Denn am Riederwald trainiert die Oberligamannschaft 
                der Eintracht, zu der unter anderem Egon Loy, Adolf Bechtold, 
                Ernst Kudrass, 'Ali' Remlein, Hans Weilbächer, Richard Kreß, 
                Alfred Pfaff und Hermann Höfer zählen. Spieler, die 
                für lange Jahre einen gemeinsamen Weg mit Toni gehen und 
                die teilweise noch heute in freundschaftlichem Kontakt mit ihrem 
                'Gärtner' stehen.  
              Neben den Aktiven tritt auch noch ein weiterer 
                Eintrachtler in Tonis Leben; ein kleiner Mann, meist mit dicker 
                Zigarre im Mund: Karl Schildger. Das 'Karlchen' ist nicht nur 
                ein echtes Unikat und das Maskottchen der Eintracht, er sorgt 
                auch seit vielen Jahren dafür, dass die Schuhe der Spieler 
                in Ordnung gehalten und die Trikots gewaschen werden. "Wir 
                hatten ja nur drei oder vier Satz Trikots. Die Trainingskleidung 
                haben die Spieler bis 1957 mit nach Hause genommen und gewaschen", 
                erinnert sich Toni. "Erst 1957, als Trainer Patek kam, hat 
                die Eintracht mit Karl Krause einen Schuhmacher eingestellt und 
                einen Schuhraum am Riederwald eingerichtet. Krauses Frau hat dann 
                das Waschen der Trikots übernommen." 
              Mit Karl Schildger verbindet Toni einer seiner 
                bewegendsten Erinnerungen an den Riederwald: "An einem Herbstabend 
                im Jahr 1960 ist Karl zu mir gekommen. Eigentlich hatte ich ja 
                schon alles abgeschlossen, wir sind dann aber doch noch in mein 
                kleines Büro gegangen. Karlchen hat immer gesagt, er möchte 
                am Riederwald sterben. An diesem Abend saßen wir da, auf 
                einmal sagt Karl: 'Anton ...' und rutscht vom Stuhl. Ich habe 
                natürlich gleich Notarzt und Krankenhaus verständigt, 
                doch es war zu spät, er war in meinen Armen gestorben. Es 
                war ein sehr trauriger Moment, aber für Karl ist ein Wunsch 
                in Erfüllung gegangen." 
              Rote und weiße Begonien 
               Schon 
                in den ersten Jahren bei der Eintracht erlebt Toni, dass sein 
                Arbeitgeber nicht nur ein Sportverein, sondern auch eine Diva 
                ist. Eindringlich klar wird dies in den letzten Spielen der Saison 
                57/58. Vier Partien vor Rundenende hat die Eintracht die Tabellenführung 
                durch einen eindrucksvollen 5:3-Sieg beim Tabellenzweiten aus 
                Nürnberg verteidigt und anschließend auch das nächste 
                Heimspiel mit 2:0 gegen Schweinfurt 05 gewonnen. Die Presse feiert 
                die Riederwälder bereits als neuen Süddeutschen Meister, 
                doch nach einem unglücklichen 1:2 gegen die SpVgg Fürth 
                wird die Entscheidung auf den letzten Spieltag vertagt. An diesem 
                führt der Weg der Adlerträger zum Jahn nach Regensburg, 
                der bereits als Absteiger feststeht und daher mit zahlreichen 
                Spielern aus der zweiten Reihe antritt. Doch statt des erwarteten 
                Sieges gibt es ein 0:1, bei dem Pfaff einen Elfmeter verschießt. 
                "Die waren sich einfach zu sicher, dass sie gewinnen. Der 
                Schuss ging nach hinten los", so Toni. 
              Im Anschluss an dieses Desaster findet ein Personalwechsel 
                statt, der zu den wohl wichtigsten in der Historie der Eintracht 
                zählt: Paul Osswald kommt zum dritten Mal in seiner Trainerkarriere 
                als Übungsleiter an den Riederwald. Toni möchte den 
                kommenden Erfolg aber nicht nur Osswald zuschreiben, sondern macht 
                ihn maßgeblich auch am Namen Ivica Horvat fest: "Mit 
                Ivica haben wir auf einmal regelmäßig zu Null gespielt, 
                er war hinten wie eine Wand. Dabei hatten wir Glück, dass 
                er überhaupt zu uns gekommen ist. Ursprünglich wollte 
                er ja zum FSV, der aber hat sich mit seinem jugoslawischen Trainer 
                Bodgan Cuvaj entzweit und so wechselte Horvat, der sich eigentlich 
                mit den Bernemern schon einig war, nicht an den Hang, sondern 
                zu uns." Auch an das tragische Ende der aktiven Karriere 
                Horvats erinnert sich Toni: "Er hat die gesamte Oberligarunde 
                hinten dicht gemacht, wir haben in 30 Spielen gerade mal 25 Gegentore 
                kassiert und sind Süddeutscher Meister geworden. Doch dann, 
                während der Spiele der Endrunde, ist er schwer erkrankt." 
               
              Auch ohne Horvat gelingt der Eintracht der souveräne 
                Einzug ins Finale, bei dem Toni natürlich nicht fehlt. Vor 
                seinem Abflug am Donnerstag - er ist unter anderem in Berlin, 
                um Istvan Sztanis Vater zu betreuen, der seinen Sohn davon überzeugen 
                soll, wieder nach Ungarn zurückzukehren - ist Toni noch konspirativ 
                tätig: "In der Woche vor dem Endspiel habe ich in der 
                Markthalle fast 2.000 rote und weiße Begonien gekauft. Damit 
                habe ich auf den Beeten vor der Tribüne den Schriftzug 'Eintracht 
                Frankfurt - Deutscher Meister' angelegt und gleich abgedeckt. 
                Direkt nach dem 5:3 habe ich dann meinen Mitarbeiter Otto angerufen, 
                damit er die Blumen aufdeckt. Leider hat das niemand fotografiert." 
              Beszèlek magyarul 
              Der Auftrag, Sztanis Vater zu betreuen, war den 
                Sprachkenntnissen Tonis geschuldet, der im ungarischen Pécs 
                (Fünfkirchen) geboren ist. So gehören die 1957 aus Ungarn 
                geflüchteten und zur Eintracht gewechselten Nachwuchsspieler 
                Janos Hanek, Tibor Lörinc und Istvan Sztani zu seinen ersten 
                'Ziehkindern' bei der Eintracht, auf die im Laufe seiner Karriere 
                noch viele folgen sollten. 
              Auch in späteren Jahren sind die Übersetzungsfertigkeiten 
                Tonis gefragt. So gehört er zusammen mit Geschäftsführer 
                Röder und Schatzmeister Knispel zu einer Delegation der Eintracht, 
                die zu Verhandlungen nach Ungarn fliegt, um unter strengster Geheimhaltung 
                den Wechsel von Detari an den Main voranzutreiben. Tonis Rolle 
                ist dabei eine besondere, denn keiner verrät den Gesprächspartnern, 
                dass er Ungarisch spricht, und so kann Toni das ein oder andere 
                wichtige Detail aus den internen Gesprächen der Ungarn erfahren. 
                Der konspirative Auftrag wäre allerdings beinahe gescheitert, 
                als er sich zum Mittagessen Rotwein wünscht und ein hoher 
                Offizier den Wunsch als "Der Alte will Roten" an die 
                Bediensteten weitergibt. "Da hätte ich mich fast verraten". 
               
              Nach dem erfolgreichen Detari-Transfer wird Toni 
                dann quasi zum Chefdolmetscher, was auch anderen auffällt. 
                So wird er vom Journalisten Hartmut Scherzer gefragt: "Du 
                machst jetzt den Dolmetscher für Detari, wirst du dafür 
                auch extra bezahlt?" Tonis Antwort ist legendär: "Der 
                Lajos und ich verdienen ganz gut zusammen." Die Beziehungen 
                zu den Detaris haben auch nach dessen Wechsel nach Griechenland 
                Bestand. So besucht Toni einige Jahre später Detaris Vater, 
                der als hochrangiger Offizier ein Revier sein eigen nennt, um 
                seiner großen Leidenschaft, der Jagd, zu frönen. 
              Toni wird Profi 
              Zurück in die 60er. Mit dem Start der Bundesliga 
                1963 verliert der Riederwald seine Stellung als Heimspielstätte, 
                fortan wird die Eintracht ihre Ligaspiele im Stadion austragen. 
                Um seinen Arbeitsplatz bei der Eintracht muss Toni aber nicht 
                fürchten, denn Präsident Rudolf Gramlich teilt ihm mit: 
                "Du bist ab jetzt Profi. Du wirst als Zeugwart die Eintracht 
                in der Bundesliga betreuen." Im Riederwaldstadion, das jetzt 
                nicht mehr zu Spielen der Ersten genutzt wird, entsteht ein großes 
                Lager, ein Duschraum wird zur Heimat dreier neuer Waschmaschinen, 
                die "der treuen" Seele Frau Schneider, die fortan die 
                Wäsche macht, unterstellt sind.  
               "In 
                meinem Arbeitsvertrag war festgelegt, dass ich nur Präsidenten 
                Gramlich unterstellt bin. Und er hat wirklich jedem erzählt, 
                ich sei sein bester Mitarbeiter", berichtet Toni von seiner 
                Anfangszeit als Zeugwart. Zum Präsidenten der Eintracht, 
                der in den 20er und 30er Jahren selbst erfolgreich für die 
                Eintracht und in der Nationalelf spielte, pflegt er ein gutes 
                Verhältnis: "Gramlich war ein respekteinflößender 
                Mensch - vor ihm haben alle gezittert. Für mich war er aber 
                ein guter Präsident und ein Freund." Bereits 1957 zeigt 
                sich dies, als der Frankfurter Oberbürgermeister Werner Bockelmann 
                seinen 50. Geburtstag im Römer feiert und Gramlich eingeladen 
                ist. Alleine mag der Präsident allerdings nicht gehen, und 
                verdingt kurzerhand Toni als Begleitung. "Die ganzen Bonzen 
                aus der Stadt waren da, die SPD-Spitze mit Wehner", erinnert 
                sich dieser. "Ich war recht leger angezogen, da ich zuvor 
                nicht wusste, wo es hingeht, und ein wenig nervös. Da hat 
                mich Bockelmann zur Seite genommen, und gesagt: 'Wissen Sie, Sie 
                sind mir auch ohne Krawatte lieber, als zwei Drittel der ganzen 
                anderen, die hier sind". 
              Die Ära Gramlich bringt Toni übrigens 
                einen weiteren Job bei der Eintracht: den als Fahrer. "Ich 
                habe Gramlich nämlich in seinem aus den USA importierten 
                Lincoln chauffiert. Auf Uhr- und Arbeitszeiten hat dabei keiner 
                geachtet. Einmal ging es nachts direkt nach einer Generalversammlung 
                zur Europapokalauslosung nach Genf. Los sind wir um Mitternacht, 
                um 5 Uhr morgens waren wir da. Und als Entschädigung für 
                meine Überstunden hat Gramlich dann zu mir gesagt: 'Toni, 
                jetzt machen wir erst mal zwei Tage Urlaub, die sollen in Frankfurt 
                machen, was sie wollen.'" 
              Sie kamen und sie gingen ... 
              23 Trainer erlebt Toni bei der Eintracht am Spielfeldrand, 
                in der Kabine, beim Training und auch privat. Und mit fast allen 
                hat er ein gutes, mit vielen ein herzliches und freundschaftliches 
                Verhältnis: "Da waren lustige dabei wie Friedel Rausch 
                oder auch Senekowitsch mit seinem Wiener Schmäh, ernsthafte 
                wie Jörg Berger. Und Otto Knefler hat mir das 'Du' angeboten, 
                als er gesehen hat, was ich alles leiste. Das war bei einem solch 
                distinguierten Menschen etwas Besonderes." 
              Fast alle Trainer sehen in Toni nicht nur den 
                Mann für Trikots und Schuhe, sondern wissen um seine Nähe 
                zur Mannschaft und seine Bereitschaft, für die Eintracht 
                alles zu tun. So wird er von Erich Ribbeck beauftragt, bei den 
                in Gravenbruch wohnenden Spieler zu kontrollieren, ob sie die 
                vorgeschriebene Ausgangssperre ab 23 Uhr auch einhalten - ein 
                Auftrag, den Toni zwar nicht ablehnt, in der Umsetzung aber nach 
                eigenen Regeln interpretiert: "Ich habe da nie jemanden angeschwärzt, 
                bei mir waren sie immer alle daheim." Ribbeck selbst wird 
                einmal sogar selbst Opfer seiner angeordneten Kontrollen, als 
                er Thommy Rohrbach ins Visier nimmt, den er ob des fehlenden Autos 
                vor der Tür seiner Wohnung am Palmengarten aushäusig 
                wähnt. Fazit: Das Auto parkte um die Ecke, Rohrbach war zuhause, 
                Ribbeck wartete bis halb vier morgens, bis er klingelte. Spieler 
                und Trainer waren gleichermaßen verdutzt. "Von da ab 
                ist nicht mehr kontrolliert worden", weiß Toni. 
              Auch seiner selbstauferlegten Fürsorgepflicht 
                bei Rohrbachs Spezi Trinklein kommt Toni auf besondere Weise nach: 
                "Die beiden kamen selbst im tiefsten Winter mit dem offenen 
                Buggy an, Gert immer in zerrissenen Jeans und Cowboystiefeln. 
                Die hat er so schief gelaufen, dass ich sie ihm heimlich weggenommen 
                und zum  Schuhmacher 
                gebracht habe. Gert hatte dann zwar ein Paar reparierte Stiefel, 
                an dem Tag musste er aber in Badeschlappen durch den Schnee nach 
                Hause."  
              Überhaupt kümmert sich Toni gerne um 
                andere, übernimmt Verantwortung. So ist Toni da und hilft, 
                als Jürgen Pahl und Norbert Nachtweih 1976 die Flucht aus 
                der DDR gelingt, Gemeinsam mit Jürgen Gerhardt holt er sie 
                im Auffanglager Gießen ab, später bringt er sie zum 
                Einkleiden nach Herzogenaurach, holt sie zum Training ab und fährt 
                sie auch wieder nach Hause. 
              "Meine jungen Spieler habe ich mir immer 
                'erzogen', für viele war ich derjenige, dem man seine Probleme 
                erzählen konnte. So habe ich dem Ralf Falkenmayer, der zwar 
                ein Riesentalent, aber auch sehr schüchtern war, dabei geholfen, 
                einen Vorschuss zu bekommen, damit er sich eine eigene Wohnung 
                anmieten konnte. Ralf kam vorher zu mir und ich habe für 
                ihn Schatzmeister Jakobi angerufen." 
              Thymian und Davidoff 
               Eine 
                besondere Marke unter den Trainern setzt Gyula Lorant, der mit 
                den Funktionsträgern der Eintracht im Dauerclinch liegt, 
                Toni aber ins Herz geschlossen hat. Anlässlich des UEFA-Pokalspiels 
                1977 in Malta gegen die Sliema Wanderers zeigt Gyula Lorant nicht 
                nur seine Wertschätzung für Toni, er lässt auch 
                die Chance nicht ungenutzt, dem damaligen Präsidenten Achaz 
                von Thümen - von ihm konsequent 'Thymian' genannt -, eins 
                auszuwischen, wie Toni berichtet: "Abends war ein gemeinschaftliches 
                Bankett beider Vereine. Und als es ans Verteilen der Präsente 
                ging, stellte mich Gyula allen Versammelten als Präsident 
                der Eintracht vor. Das gab ein Riesengelächter unter denen, 
                die es besser wussten, und Gyula hat sich mächtig gefreut." 
              Gyula ist auch in anderen Dingen eigen. So muss 
                Vereinsarzt Degenhardt stets der Mannschaft nachreisen, da Lorant 
                seine Anwesenheit nicht wünschte. Nur der Masseur und Toni 
                dürfen mit der Mannschaft und Lorant fahren, selbst Co-Trainer 
                Csernai wird verbannt. "Doktor, Friedhof und Krankenhaus 
                sind tabu, damit will ich nichts zu tun haben", zitiert ihn 
                Toni.  
               Umso 
                mehr zu tun haben, will der ungarische Trainer allerdings mit 
                den schönen Dingen des Lebens. Der gepflegte Cognac - "nur 
                einen" - für ihn direkt vor einem Spiel gehört 
                genau so dazu wie die Davidoff-Zigarre zu 18 Mark, die er ausschließlich 
                raucht. Am gepflegten Genuss lässt er auch seine Spieler 
                teilhaben. So überrascht er die Mannschaft während eines 
                Trainingslagers mit einer riesigen Käsetafel samt des obligatorischen 
                Rotweins zum Abendessen. Auch führt er die Tasse Kaffee vor 
                dem Spiel ein. "Die Gegner sind teilweise fast verrückt 
                geworden, als ich den Spielern direkt vor dem Einlaufen noch einen 
                Kaffee gereicht habe", freut sich Toni heute noch. Wohl am 
                meisten aus der Fassung gebracht haben dürfte Lorant dabei 
                die Mannschaft des FC Bayern München. Hier gab es nicht nur 
                die Tasse Kaffee für die Eintracht-Kicker, zusätzlich 
                war im Gang zum Spielfeld eine Kuchentafel aufgebaut.  
              Der 25. Februar 1984 
              Zu den Trainern, zu denen Toni ein besonders 
                vertrauliches Verhältnis pflegt, zählt Dietrich Weise. 
                Allerdings muss er sich von Weise auch einen Rüffel gefallen 
                lassen: "Ich will das gar nicht wissen, das machen Sie bei 
                mir bitte nicht." Anlass für diese Bemerkung ist die 
                Beichte Tonis, warum die Eintracht seinerzeit auf angefrorenem 
                Boden auf dem Betzenberg gegen die von Weise trainierten Lauterer 
                einen Auswärtssieg einfahren konnte. "Ich hatte da so 
                meine besondere Art, die Schuhe für vereisten Boden zu präparieren", 
                berichtet Toni. "Ich habe die Lederummantlung der Stollen 
                längs eingeschnitten und den Schnitt mit einer Paste gefüllt, 
                so dass er bei der Schuhkontrolle durch das Schiedsrichterteam 
                nicht auffiel. Während des Spiels hat sich dann sehr schnell 
                das Leder gelöst und es ragte nur noch die Nägel aus 
                der Sohle. Mit diesen Spikes hatten wir natürlich viel mehr 
                Standfestigkeit als unsere Gegner." 
              In die zweite Ära Weise fällt aber 
                auch ein Erlebnis, das Toni fast einen Herzinfarkt bereitet hätte: 
                "Ich habe es oft nicht am Spielfeldrand ausgehalten und bin 
                sehr früh in die Kabine, zum Beispiel bei der Relegation 
                in Saarbrücken. Den größten Schreck habe ich aber 
                dabei 1984 erlebt." Und zwar genau am 25. Februar 1984.  
              Es ist der 23. Spieltag, die Eintracht seit September 
                '83 ohne Bundesligasieg. Auch unter dem neuen Trainer Weise reichte 
                es in neun Spielen bei drei Niederlagen lediglich zu sechs Unentschieden, 
                regelmäßig hängt Toni am Montag zum Training eine 
                Rote Laterne an die Kabinentür, um die Spieler auf die prekäre 
                Situation hinzuweisen. Und nun steht das Derby gegen den Vizemeister 
                von 1959 an. Zur Halbzeit liegt die Eintracht durch ein Eigentor 
                von Kutzop kurz vor der Pause, der hierfür vom Frankfurter 
                Anhang in der gesamten Pause frenetisch gefeiert wird, mit 1:0 
                in Führung. Toni ist das alles zu viel - er bleibt nach der 
                Halbzeit in der Kabine, dreht die Duschen auf, um nichts vom Stadionlärm 
                zu hören. Plötzlich erscheint Sziedat, allein, wie in 
                der Vorrunde vorzeitig des Feldes verwiesen - mit letztem Einsatz 
                hat er den Konter zum möglichen 1:1 verhindert und dafür 
                mit dem vorzeitigen Abgang bezahlt. 10 Mann kämpfen da draußen, 
                Tonis Buben, seine Jungs und es steht immer noch 1:0 ... Doch 
                20 Minuten später wird Toni erlöst und sein treues Herz 
                belohnt: Die Eintracht, die Toni so sehr liebt, dass er es kaum 
                noch aushält, siegt in Unterzahl mit 3:0. 
              Bazillus Eintracht 
               1995 
                nimmt Toni Abschied, sein Nachfolger wird Friedel Lutz. Es ist 
                jedoch lediglich ein Abschied vom Arbeitsplatz, seiner Diva vom 
                Main bleibt Toni treu. Heute noch hat er regelmäßigen 
                Kontakt zu Spielern, für die er am Riederwald und im Stadion 
                immer die gute Seele und ein Ansprechpartner mit stets offenem 
                Ohr war. Die Stars der 60er, 70er und 80er wie Hölzenbein, 
                Kunter oder Nickel schauen regelmäßig bei ihm in Urberach 
                vorbei, treffen sich mit ihm im Stadion, oder man telefoniert 
                miteinander. Der alte Haudegen Ernst Kudrass, der zwischen 1948 
                bis 1962 in 231 Spielen den eisenharten Verteidiger in der Oberligamannschaft 
                der Eintracht gab, wohnt in unmittelbarer Nähe von Toni. 
                Regelmäßig zu Gast bei ihm und seiner Frau Christel 
                ist zudem der Eintracht-Fanclub Kommando Anton Hübler. "Das 
                sind meine Mädels und Jungs", zeigt er sich schon ein 
                wenig stolz darüber, dass er auch für viele Jüngere 
                zu denen gehört, die das Wort 'Eintracht' mit Leben füllen. 
               
               Auch 
                im Stadion trifft man Toni regelmäßig. Es macht ihm 
                Spaß, den sportlichen Weg seiner Eintracht zu verfolgen: 
                "Ich gehe praktisch zu allen Heimspielen und freue mich heute 
                über das Publikum. Kein Spieler spielt gerne einen Fehlpass, 
                macht gerne einen Fehler. Früher wurden sie dann gleich ausgepfiffen, 
                das ist heute nicht mehr so. Heute haben wir mehr als 40.000 Zuschauer 
                statt 10.000 früher, und die Spieler werden aufgemuntert 
                und nicht ausgepfiffen. Und der Fanblock ist eine einmalige Geschichte, 
                was zum Beispiel an Arbeit in den Choreografien steckt ... Das 
                macht die Spieler von früher schon ein wenig neidisch.  
              Toni Hübler verstarb am 21. September 2016 im 
                Alter von 87 Jahren. Danke für alles, was Du uns gegeben hast. 
                Wir werden Dich nie vergessen.  
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