Vier Trainer und ein Abstiegskrimi

1998
1999

Erstmals in ihrer fast 100-jährigen Geschichte nimmt die Eintracht als Aufsteiger am Spielbetrieb einer höchsten Spielklasse teil. Allerdings muss Trainer Ehrmantraut kleine Brötchen backen – der Etat reicht nur zu zahlreichen potenziellen Talenten wie Agu, Gerster, Glöckner, Hendricks, Mutzel, Rosen und Zinnow sowie einigen ‚Schnäppchen‘ wie Damir Stojak, István Pisont und Tormann Zsolt Petry. Die bekanntesten Namen unter den Neuzugängen sind Bernd Schneider und Uwe Schneider sowie Chen Yang, der erste chinesische Fußballspieler der Bundesligageschichte.


Das Trikot von Alex Schur in der Zerreißprobe

Der Ligastart missrät völlig, auch im DFB-Pokal erfolgt ein frühes Aus gegen den VfB Stuttgart (2:3). Erst am sechsten Spieltag kann die Eintracht gegen Mitaufsteiger Nürnberg mit 3:2 den ersten Sieg verbuchen. Mitte der Hinrunde fängt sich die Eintracht, mit Tore Pedersen und Jan-Aage Fjørtoft werden zudem zwei Verstärkungen eingekauft. Ruhe findet die Eintracht traditionsgemäß dennoch nicht – drei Niederlagen in Folge kippen Aufstiegstrainer Ehrmantraut vom Gartenstuhl. Große Teile des Anhangs sind sich sicher, dass der im Oktober neu verpflichtete Technische Direktor Gernot Rohr für die Demission verantwortlich zeichnet. Für die letzten beiden Spiele vor der Winterpause übernimmt Assistent Lippert die Regie, ehe kurz vor Weihnachten mit Rohr-Freund Reinhold Fanz der neue Trainer vorgestellt wird.

Doch der neue Besen kehrt nicht so gut wie erhofft – es geht sportlich weiter abwärts. Mitte April 1999 zieht das Präsidium erneut die Reißleine, Fanz und Rohr werden entlassen. Als vierter Trainer in dieser Saison nimmt ein alter Bekannter auf der Bank Platz: Jörg Berger. Doch auch ihm gelingen zunächst keine Siege, so dass sich die Eintracht vor dem 31. Spieltag mit sechs Punkten Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz auf Rang 17 wiederfindet. Drei Siege in den kommenden drei Spielen bereiten dann den Boden für das Wunder von Frankfurt: Die Eintracht ist 16., mit nur einem Punkt Rückstand auf Hansa Rostock sowie zweien auf den VfB Stuttgart und den SC Freiburg. Der Club aus Nürnberg rangiert in scheinbar sicheren Gefilden mit drei Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz auf dem zwölften Rang.


Jan-Aage Fjørtofts Schuss zum Klassenerhalt

Am 29. Mai 1999 erleben Fußballfans den bislang dramatischsten Abstiegskampf der Bundesliga. Noch zur Halbzeit sieht es duster für die Adlerträger aus, die mit einem torlosen Unentschieden gegen Kaiserslautern in die Kabine des Waldstadions gehen: Rostock und Stuttgart führen, auch der SC Freiburg liegt in Nürnberg mit 2:0 vorne. Doch dann geht es Schlag auf Schlag. Yang schießt die Eintracht in Front, zehn Minuten später gleicht Kaiserslautern aus, ehe Sobotzik in der 70. Minute das 2:1 erzielt. Eine Minute später fällt beim Spiel Bochum gegen Rostock der Ausgleich, wieder drei Minuten später sogar die Führung für Bochum – die Eintracht wäre als 15. gerettet.

Vier Minuten später beginnt das erneute Zittern: Rostock gelingt der Ausgleich. Die Eintracht legt nach und baut den Vorsprung durch Tore von Gebhardt und Schneider aus, als in Bochum das 3:2 für Rostock fällt. Spätestens jetzt sind auch die scheinbar ungefährdeten Nürnberger mit in der Verlosung, können aber gegen Freiburg fünf Minuten vor Schluss auf 1:2 verkürzen und sich aufgrund des besseren Torverhältnisses auf dem Nichtabstiegsplatz vor der Eintracht halten. Eine Minute vor Schluss hat sich das Wunder seinen Protagonisten ausgedeutet: Nach einem Übersteiger erzielt Fjørtoft das 5:1 für die SGE und damit das entscheidende und letzte Tor im Abstiegskampf. Punktgleich und mit identischer Tordifferenz liegen der Club und die Eintracht in der Abschlusstabelle Kopf an Kopf. Aber die Frankfurter haben vier Tore mehr erzielt und damit den rettenden 15. Platz erreicht. Wem sie dieses Wunder zu verdanken haben, formuliert Fjørtoft: „Jörg Berger hätte sogar die Titanic gerettet.“

 

 

 
<< 1997
1999 >>

© text by fg