MSV Duisburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1981/1982 - 7. Spieltag

4:2 (4:0)

Termin: Sa 19.09.1981, 15:30 Uhr
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Medardus Luca (Völklingen)
Tore: 1:0 Rudolf Seliger (2.), 2:0 Norbert Fruck (20.), 3:0 Bernard Dietz (40.), 4:0 Uwe Helmes (42.), 4:1 Norbert Nachtweih (67.), 4:2 Ronald Borchers (78.)

 

>> Spielbericht <<

MSV Duisburg Eintracht Frankfurt

  • Gerhard Heinze
  • Frank Saborowski
  • Herbert Büssers
  • Peter Fenten
  • Bernard Dietz
  • Norbert Fruck
  • Guido Szesni
  • Thomas Kempe
  • Rudolf Seliger
  • Rudolf Gores
  • Uwe Helmes

 


 

Wechsel
  • Manfred Dubski für Herbert Büssers (46.)
Wechsel
Trainer
  • Friedhelm Wenzlaff
Trainer

 

Schwache Stars, schwere Schlappe

Dem Präsidium hatte es die Sprache verschlagen, der Trainer bemühte sich, seine Spieler in Schutz zu nehmen, und die Spieler versuchten, die Schuld für das blamable 2:4 (0:4) beim MSV Duisburg gleichmäßig auf alle Schultern zu verteilen. Nach dem Motto „tu' ich dir nichts, tu' du mir nichts“ wurde die katastrophale Leistung im Wedau-Stadion unter den Teppich gekehrt. Alle, ohne Ausnahme, bemäntelten eine Pleite, die den Verein im Hinblick auf das nächste Heimspiel gegen den VfB Stuttgart zwischen 100.000 und 200.000 Mark kostet wird, je nachdem wieviel Zuschauer sich am Samstag entscheiden, lieber daheim zu bleiben.

Zugegeben, Trainer Lothar Buchmann war in einer schwierigen Situation, nachdem ausgerechnet seine Stars versagt hatten. Aber Buchmanns Aussage „kein Vorwurf an die Mannschaft, nach der Pause haben wir bewiesen, daß wir gut spielen können“, nimmt sich geradezu lächerlich aus, wenn man weiß, daß der MSV zur Pause schon mit 4:0 führte. Kein Wort kam über die Lippen des Trainers über die Schwächen von Libero Bruno Pezzey und die fehlende Einstellung von Nationalspieler Ronald Borchers. Nach dem großen Krach mit Borchers scheut Buchmann nun offensichtlich klare Worte wie ein Kind das Feuer. Günter Brocker, früher Coach des MSV Duisburg, bedauerte seinen Kollegen: „Trainer bei der Eintracht zu sein, ist schlimmer als fünf Jahre Gefängnis.“

Präsident Axel Schander und Vize-Präsident Hermann Höfer standen nachher fast teilnahmslos im Kabinengang. Schander, kreidebleich, zuckte hilflos die Schultern, Höfer verweigerte jeden Kommentar. Bruno Pezzey, der Kapitän, hatte selbst zu schlecht gespielt, um jemand anderen zu kritisieren. So zog es der Kapitän vor, zu pauschalieren. „Wir waren alle schlecht, nicht nur einzelne“, sagte Pezzey, und er selbst habe sich nichts vorzuwerfen: „Ich habe gekämpft und alles versucht.“

Tatsache bleibt jedoch, daß gerade Bruno Pezzey und Ronald Borchers, die beiden einzigen aktuellen Nationalspieler der Mannschaft, undiszipliniert gespielt haben. Während Borchers im Mittelfeld überhaupt keine Deckungsaufgaben übernahm, blies Pezzey wieder einmal viel zu früh zur totalen Offensive. Die Führungspersönlichkeiten der Mannschaft merkten nicht, daß sie die Mannschaft ins Verderben führten.

„Der gleiche Fehler wie immer“, stöhnte Bernd Nickel, „anstatt nach dem 0:1 erstmal auf Sicherheit zu spielen, wollten wir sofort mit aller Macht den Ausgleich erzielen.“ Herbert Widmayer, früher DFB-Trainer, heute Beobachter im Namen von Jupp Derwall, schüttelte den Kopf: „Was hat sich Pezzey heute bloß gedacht?“

Von Ordnung und System war im Eintracht-Spiel ab der zweiten Minute nichts mehr zu spüren. „Wenn mich jemand fragt, ob wir Raum- oder Manndeckung gespielt haben, muß ich sagen, weder noch“, trug's Torwart Jürgen Pahl mit einer Art Galgenhumor. Lothar Buchmann aber blieb auch bei dieser Frage zurückhaltend. „Ich habe Verständnis, wenn eine Mannschaft die so gut spielen kann wie wir, dies auch zeigen will. Und nach der Halbzeit war der MSV ja auch stehend k. o., und wir haben bewiesen, was in uns steckt. „Die Duisburger 4:0-Führung, die gesamte erste Halbzeit wurde von den Frankfurtern einfach ignoriert.

So gesehen, war das Spiel in Duisburg ein Erfolg: die zweite Halbzeit wurde 2:0 gewonnen. (Abendpost-Nachtausgabe)

 

Lasch und lustlos

Das ist die Eintracht wie sie leibt und lebt, dieses schillernde Chamäleon: eine Woche nach dem prächtigen 3:2 gegen den HSV ein blamables 2:4 in Duisburg. Nicht das Resultat, nein, die Art und Weise, wie es zustande kam, war schlichtweg demütigend, und eigentlich müßte jeder Fan, der sich, wie am Samstag, durch Wolkenbrüche, Baustellen und Staus über die Autobahn quält, die Freundschaft bei Auswärtsspielen aufkündigen.

Gewiß, die Kraftakte gegen Hamburg und Saloniki hatten Substanz geraubt, und der Einwand Lothar Buchmanns, die Spritzigkeit habe gefehlt, mag noch gerechtfertigt sein. Kein Gegenargument kann allerdings die Laschheit und Lustlosigkeit entschuldigen, die die Frankfurter an den Tag legten. Zwei Beispiele für die „Profieinstellung“ der Eintracht: In der 58. Minute, beim Stand von 0:4, führt Neuberger in der Mitte der Duisburger Hälfte den Ball, weiß nicht wohin, spielt zu Sziedat zurück, der weiß auch nicht wohin und bedient Pahl mit einem Rückpaß von der Mittellinie. In der 80. Minute — den mittlerweile „mausetoten“ Duisburgern wäre mit mehr Mumm und Konzentration noch beizukommen gewesen — wirft Pahl beim Abschlag den Ball genau vor die Füße eines MSVlers.

Kaum zwei Minuten waren gespielt, da lag die Eintracht schon zurück: Seliger versetzte Pezzey und überwand aus spitzem Winkel Pahl. Danach begingen die Frankfurter den Fehler, so sahen es wenigstens hinterher der Trainer und Bernd Nickel, der sich wegen erneuter Ischiasbeschwerden vor der Pause auswechseln ließ, die Abwehr zu früh zu öffnen. „Nach dem 1:0 sind doch alle gleich nach vorne gerannt, anstatt aus der Tiefe heraus in Ruhe aufzubauen“, meckerte Nickel.

Höchst seltsam aber, daß die anderen MSV-Treffer dann fielen, als die Frankfurter in den defensiven Räumen fast geschlossen versammelt waren. Da stimmte aber auch nichts: Fruck spazierte nach Doppelpaß mit Gores zum 2:0, dasselbe Spielchen wiederholte der Schütze mit Dietz, der ebenfalls alle Freiheiten beim 3:0 genoß, und schließlich stand die halbe Abwehr bei Helmes 4:0 auf dem falschen Fuß: ein Armutszeugnis!

Wie ein zahnloser Tiger

Halbzeit 4:0, Ende 4:2, wer hinter diesen Zahlen eine verwegene Frankfurter Aufholjagd vermutet, muß enttäuscht werden. Die Eintracht, die auf Buchmanns Anordnung nunmehr Manndeckung praktizierte („Sonst hätten wir an diesem Tag acht Stück bekommen“), trabte auch weiter selbstgefällig übers Feld, mit der Gefährlichkeit eines Tigers, dem man die Zährte, gezogen und die Krallen entschärft hat.

Die zwei Gegentore waren Zufallsprodukte, ein Nachtweih-Weitschuß, der Heinze über die Fäuste sprang, und ein Borchers-Abstauber, nachdem Heinze Trapps Freistoß nur abklatschen und auch den nachsetzenden Pezzey nicht stören konnte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte noch ein Ruck durch die Frankfurter Reihen erwartet werden dürfen, doch der mußte weiter mit der Lupe gesucht werden. Ein Kopfball von Anthes auf die Latte blieb einzige Ausbeute des „Endspurts“.

Trainer Buchmanns Verhalten schließlich rundete, den schwarzen Frankfurter Tag an der Wedau ab. Unverständlich, daß er nicht einmal in 90 Minuten seine Bank verließ, um den Herren Berufsspielern seine Meinung zu geigen. Unverständlich seine Nibelungentreue zu Löw, der in der Position als Sturmspitze regelmäßig enttäuscht Warum spielt nicht Anthes einmal von Beginn an? Buchmann: „Ich muß mir das jetzt ernsthaft überlegen.“

Unverständlich schließlich auch seine Äußerungen auf der Pressekonferenz: „Ein 4:4 wäre noch gerecht gewesen“, und als „Krönung“: „Wir haben trotz der Belastung der letzten Woche die 90 Minuten gut durchgestanden.“ Die letzte Formulierung darf getrost wörtlich genommen werden. Ob das Präsidium den letzten Samstag einfach so abhakt? Präsident Schander und seinem Vize Höfer hatte es fast die Sprache verschlagen. Höfer: „Das muß ich alles erst mal geistig verdauen.“ (Neue Presse)

 

 

 

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