1860 München - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1980/1981 - 23. Spieltag

0:2 (0:1)

Termin: Sa 07.03.1981, 15:30 Uhr
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Dieter Stäglich (Wuppertal)
Tore: 0:1 Bernd Nickel (41.), 0:2 Bernd Nickel (65.)

 

>> Spielbericht <<

1860 München Eintracht Frankfurt

  • Thomas Zander
  • Rolf Grünther
  • Herbert Scheller
  • Christian Werner
  • Uwe Schreml
  • Horst Raubold
  • Wolfgang Sidka
  • Horst Wohlers
  • Viorel Nastase
  • Rudi Völler
  • Ivica Senzen

 


 

Wechsel
  • Hermann Bitz für Christian Werner (66.)
Wechsel
Trainer
  • Carl-Heinz Rühl
Trainer

 

 

Ein Frühlingsspaziergang auf Giesings Höhen

Ob seiner Mannschaft schon je ein Sieg so leicht gemacht worden sei, wurde Eintracht-Trainer Lothar Buchmann nach dem Spiel gefragt. Doch davon wollte er nichts wissen. Den Gegner abkanzeln, hieß ja auch die eigene Leistung mindern. Also suchte er nach Entschuldigungen für die ach so zahmen Löwen. Sie stünden halt unter zu großer Nervenbelastung. Da ginge schon einmal das eine oder andere daneben. Aber er gab auch der Freude darüber Ausdruck, daß die Eintrachtspieler so viel Freiheiten genossen hätten. „Wenn man uns so spielen läßt..“

Grund genug für die heimischen Kritiker, seinen Kollegen Karlheinz Rühl von 1860 München zu fragen, warum er in diesem Spiel Raumdeckung verordnet habe. „Bei einer Manndeckung hätten wir noch schlechter ausgesehen“, behauptete Rühl. „Die Eintracht hatte die besseren Einzelspieler, jeder war doch seinem Gegenspieler überlegen.“

Auf den Tribünen waren nüchterne Betrachter nach zehn Minuten überzeugt, daß die Eintracht einem lockeren Sieg entgegensteuere, wenn sie nicht gar zu sehr das Schludern anfinge. Und das, obwohl einige wichtige Spieler deutlich unter dem Leistungsstand blieben, den der ständige Beobachter der Eintracht bei ihnen sonst registriert: Hölzenbein beispielsweise, der immer wieder verschämt und selbstkritisch unter sich schaute oder zornig an den Kopf griff, wenn ihm ein Abspiel mißlungen war oder er den Ball vertändelt hatte. Aus so einem Lapsus des Kapitäns resultierte auch die — von einer elfmeterverdächtigen Situation um Nastase abgesehen — einzige Münchener Chance vor der Pause. Doch der quirlige Senzen köpfte neben das Tor von Pahl.

Auch Willi Neuberger merkte man an, daß ihn eine leichte Blessur vom Stuttgarter Spiel her behinderte, die ihn ja auch in der Woche schon beim Training aussetzen ließ. Seine Flanken gerieten zu tief, seine Schüsse zu hoch. Oder Lottermann und Cha, die stumpfen Sturmspitzen, die sich gegen Schreml und Scheller kaum durchsetzten und fast jeden Ball verloren, der ihnen vielversprechend serviert wurde. Erst gegen Ende des Spieles hatte der Koreaner Cha ein paar Szenen, in denen er die ungewohnte Scheu ablegte und herzhaft zur Sache ging. Doch da fehlte ihm das Glück. Er traf nur die Querlatte und zog einmal den Ball ganz knapp am langen Toreck vorbei.

Die optische und spielerische Überlegenheit der Eintracht garantierten in erster Linie ein großaufgelegter Bernd Nickel und der souveräne Bruno Pezzey, der nicht einmal Kraftakte nötig hatte, um das Eintrachtspiel nach vorne zu treiben. Sie hielten die Zügel so fest, daß die Münchener nicht ausbrechen konnten.

Nickels Tore waren sehenswert. Nachdem er mit einem hämmernden Schuß schon einen Freistoß nur knapp am Tor vorbeigezielt hatte, erwarteten alle beim nächsten 18-Meter-Freistoß wieder einen „Hammer“. Aber Nickel lupfte den Ball über die Mauer ins obere Toreck. Bis Torwart Zander reagierte, war es schon zu spät. Und beim zweiten Tor nutzte Nickel rigoros aus, daß man ihn 25 Meter vor dem Münchner Gehäuse sträflich alleinließ. Der Ball zischte ins untere Toreck.

Zu loben war Ronald Borchers, dessen Einsatz wegen einer Schwächung durch eine Grippe bis zum Anpfiff fraglich war, der aber dann als erster die Anfälligkeit der Münchner Deckung deutlich machte. Er riß die ganze Eintracht nach vorn. Körbel hatte Völler fest im Griff, so daß der Ex-Offenbacher zu den Negativposten bei München eingereiht werden mußte, Nachtweih stritt erfolgreich mit dem quirligen Sensen und tat sehr viel für die Offensive. Bei ihm war am meisten Aufwärtstrend zu registrieren, Lorant wurde sicherer mit zunehmender Spielzeit und machte sich als Zerstörer verdient, Pahl strahlte Ruhe und Sicherheit aus und bewältigte souverän, was an gefährlichen Situationen zu bewältigen war. Von den Einwechselspielern kam Trapp diesmal nicht so groß heraus wie vor acht Tagen gegen Stuttgart. Gruber spielte nur fünf Minuten, aber bei seinem Ballkontakt fiel ihm gleich eine l00-prozentige Torchance zu, nur knallte er den Ball ans Außennetz.

Ins Schludern war die Eintracht kurz nach der Pause geraten, und als besonders Wohlers und Heller die Münchener nach vorne trieben, boten sich auch Scheller, Völler, Senzen und besonders Sidka auch eine Handvoll Chancen zum Gegentor. Die wurden allesamt von Jauchzen begleitet, wie beim unterstützungswilligen und genügsamen Publikum auch jeder gewonnene Zweikampf jubelnd beklatscht wurde, während manchmal ein staunendes Raunen durch die Reihen ging, wenn die Eintracht den Ball über mehr als 20 Stationen in den eigenen Reihen hielt.

Mit dieser Begeisterungsfähigkeit des blauweißen Anhangs hatte man sich auch in München den „Giesing-Effekt“ gedacht, darum war man umgezogen von der bei schwachem Besuch etwas unpersönlichen Nobelanlage im Olympia-Stadion in das stadtnahe atmosphärenreiche Stadion an der Grünwalder Straße. Letztlich aber wehte auf Giesingshöhen nur ein laues Frühlingswindchen, nicht der eisige Blasius, den Gastmannschaften einst dort fürchteten. Die Eintracht zuletzt vor neun Jahren bei einem 3:6 gegen die Bayern.

Ausgezahlt hat sich der Wechsel nur finanziell bei 28.000 Zuschauern und stark verminderten Nebenkosten. Aber möglicherweise war das auch das letzte große Geschäft für den hochverschuldeten Abstiegskandidaten, denn am Ende herrschte Betretenheit. Und Präsident Riedl konstatierte noch an Ort und Stelle sorgenvoll: „Schweigende Zuschauer sind doch viel schlimmer als pfeifende und wütende Zuschauer. Sie haben uns aufgegeben.“ (Frankfurter Rundschau)

 

 

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