Eintracht Frankfurt - Hamburger
SV |
Bundesliga 1980/1981 - 22. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: Sa 21.02.1981, 15:30 Uhr
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Karl-Josef Assenmacher
Tore: 1:0 Bernd Hölzenbein (47.), 1:1 Manfred Kaltz (83., Handelfmeter)
Eintracht Frankfurt | Hamburger SV |
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Wechsel
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Trainer | Trainer
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Um den Sieg gebracht Groß gespielt, und dennoch nicht gewonnen: Die Frankfurter Eintracht trumpfte gegen den Spitzenreiter wirklich wie eine Spitzenmannschaft auf und hätte weitaus mehr verdient als nur ein 1:1 (0:0) gegen den Hamburger SV. Über Langeweile können sich die 40.000 Zuschauer im Waldstadion bei diesem Topspiel mit Topzuschlag diesmal wirklich nicht beklagen. Denn vor allem nach der Pause besaß das Spiel Rasse und Klasse. Und zum Schluß wurde es sogar turbulent, regten sich die Zuschauer über eine umstrittene Elfmeterentscheidung von Schiedsrichter Assenmacher derart auf, daß die Polizei eingreifen mußte. Ein Elfmeter aus heiterem Himmel — Bernd Hölzenbein soll Hand gemacht haben — traf die Eintracht und die Zuschauer sieben Minuten vor Schluß wie ein Blitz. Manfred Kaltz, der Spezialist, ließ sich dieses Geschenk nicht entgehen und erzielte in der 83. Minute den unverdienten Ausgleich. Das Handspiel (Buchmann: „Das war doch keine Absicht“) war für Bernd Hölzenbein selbst besonders bitter, hatte er doch in der 47. Minute mit einem Kopfball die Eintracht in Führung gebracht und zusammen mit Bruno Pezzey eine überragende Partie geliefert. Neben diesen beiden gefielen in einer technisch glänzenden, kämpferisch verbissenen und läuferisch hervorragenden Eintracht noch Karl-Heinz Körbel, der Horst Hrubesch beherrschte, Willi Neuberger mit seiner Offensivkraft und Bernd Nickel als Spielregisseur. Jürgen Pahl hatte gegen einen enttäuschenden HSV wenig zu tun, rettete aber kurz vor Schluß mit einer Glanzparade gegen Hieronymus der Eintracht noch den einen hochverdienten Punkt. Die Frankfurter freilich hatten genügend Chancen, das Spiel in der zweiten Halbzeit mit dem zweiten Treffer für sich zu entscheiden. Pech, daß Cha's 2:0 wegen Abseits nicht anerkannt wurde. Die Taktik stand schon auf dem Papier: der HSV ließ nur einen echten Stürmer auflaufen, Horst Hrubesch. Alles war bei den Hamburgern offensichtlich auf ein 0:0 ausgerichtet. Aber die Eintracht wollte da, wie zuletzt beim vorangegangenen Topspiel gegen die Münchener Bayern, nicht mitspielen. Sie attackierte von Anfang an aggressiv, wenn auch nicht mit dem nötigen Glück. Chancen zur Führung in der ersten Halbzeit hatte sie jedenfalls. Doch es blieb bis zur Pause bei einem Treffer von Bruno Pezzey, der in der 21. Minute wegen klarer Abseitsstellung jedoch keine Anerkennung finden konnte. Die Eintracht-Angriffe rollten meist über links, über Hölzenbein, Nickel und Neuberger, was zusätzlich den großen Vorteil hatte, daß die Offensivkraft eines Manfred Kaltz blockiert wurde. Von der rechten Seite drohte dem HSV nur in den ersten zehn Minuten noch einmal Gefahr, als Ronald Borchers energisch in den Strafraum eindrang. Da aber Cha gegen Jakobs kaum und Lottermann gegen Buljan überhaupt nicht zum Zuge kam, lastete eben alles auf der linken Seite. Kühl fing der HSV die Eintracht-Angriffe ab und lauerte auf Konter, steckte auch einen Torwarttausch in der 17. Minute ohne Hektik weg. Stein hatte sich bei einer Flanke eine Leistenzerrung zugezogen. Für Jupp Koitka war es sicherlich eine Freude, ausgerechnet in Frankfurt ins HSV-Tor zurückzukehren. Und hier zeichnete er sich in der ersten Hälfte mehrfach aus, vor allem bei zwei gefährlichen Schüssen von Bernd Hölzenbein und in der 45. Minute, als er mit einem waghalsigen Sprung Borchers den Ball gerade noch vom Fuß angelte. Der HSV wurde erst nach einer halben Stunde offensiver und hatte hier auch seine erste und einzige Torchance vor der Pause, als Magath in der 31. Minute aus spitzem Winkel nach einer feinen Vorlage von Hieronymus den Ball am Tor vorbeischlug. Wie bei der Eintracht war auch der HSV auf der linken Seite stark, dank Magath, mit dem der früh angeschlagene Sziedat seine Last hatte, und dank Hieronymus, der immer wieder auf den linken Flügel ausbrach. Nun boten sich auch der Eintracht Konterchancen, die größte in der 37. Minute. Doch Lottermann, zögerte einen Moment zu lange mit dem Abspiel, so daß der losgepreschte Cha im Abseits stand. Und wie sah es zur Halbzeit im Duell Pezzey gegen Beckenbauer aus? Der Österreicher, vor dem Spiel als beliebtester Libero der Leser des Kickers-Sportmagazin ausgezeichnet, trieb seine Mannschaft immer wieder an und riß mit weiten Pässen das Spiel auf. Beckenbauer hielt sich da merklich zurück. Aber, und das ließ jeden Fußballästheten mit der Zunge schnalzen, bei jedem Zuspiel fiel der Ball dem Mitspieler millimetergenau auf den Fuß. Beckenbauer schlug keinen Fehlpaß. Für den verletzten Michael Sziedat brachte Trainer Lothar Buchmann nach dem Wechsel Norbert Nachtweih. Nachtweih spielte damit im dritten Spiel hintereinander auf der dritten Position. Im letzten Heimspiel gegen Schalke im Angriff, gegen Stuttgart im Mittelfeld und diesmal eben Verteidiger. Am Führungstor in der 47. Minute war Nachtweih nicht beteiligt. Bernd Nickel schlug einen Eckball hart nach innen, Jimmy Hartwig zog den Kopf ein und Bernd Hölzenbein wuchtete den Ball unter die Latte zum Führungstor ins Netz. Der HSV schaltete sofort um. Anstelle der verstärkten Defensive gab es nun mehr Offensivkraft. Die Mittelfeldspieler und vor allem auch Franz Beckenbauer schalteten sich immer wieder in den Angriff ein und brachten Druck aufs Eintracht-Tor. Doch für echte Chancen langte es für die Hamburger kaum. Zwei Minuten nach der Führung rettete Karl-Heinz Körbel in höchster Not vor Hartwig, ansonsten stand die Eintracht-Deckung bombensicher. Auf der Gegenseite waren nun alle Scheunen offen. Die HSV-Deckung war löchrig und bot der Eintracht Platz für Konter, doch die Frankfurter versäumten es, aus vielen hochkarätigen Möglichkeiten das wahrscheinlich entscheidende zweite Tor zu machen. Jupp Koitka, der Ex-Frankfurter, zeigte sich einmal mehr als Meister seines Fachs. Gegen Bernd Hölzenbein klärte er ebenso gut wie gegen Stefan Lottermann, die allein vor ihm aufgetaucht waren. Großes Pech dann für die Eintracht in der 59. Minute. Bernd Hölzenbein, nach dem Wechsel der überragende Frankfurter, spielte am rechten Flügel die gesamte HSV-Deckung aus, zog den Ball hoch auf den hinteren Pfosten, und Bum Kun Cha stieß ihn, hart bedrängt von Jakobs, mit dem Kopf an die Querlatte. Die Eintracht schien den knappen Sieg schon über die Runden zu bringen, da bekamen die Hamburger unerwartete Hilfe von Schiedsrichter Assenmacher. Jürgen Groh schlug den Ball halbhoch nach innen, und nach einem Zweikampf zwischen Felix Magath und Bernd Hölzenbein, den beiden Mannschaftskapitänen, zeigte der Schiedsrichter urplötzlich auf den Elfmeterpunkt. Hölzenbein sollte den Ball mit der Hand berührt haben. Wütende Proteste von den Rängen und auf dem Feld ließen Hamburgs Nationalspieler Manfred Kaltz kalt. Flach, unhaltbar für Pahl, verwandelte er zum Ausgleich. Die Eintracht zeigte sich nach diesem Ausgleich zwei Minuten lang geschockt, und fast hätte Hieronymus, der alleine auf Pahl zusteuerte, sogar noch das zweite Hamburger Tor erzielt. Der Frankfurter Torwart reagierte prächtig und lenkte den Ball zur Ecke. Noch einmal versuchte es dann die Eintracht. In den letzten drei, vier Minuten flogen immer wieder hohe Flanken in den Hamburger Strafraum, doch Jupp Koitka griff sie sich sicher. Und als dann Norbert Nachtweih im Strafraum gefoult wurde, gab der Schiedsrichter indirekten Freistoß, nicht den stürmisch geforderten Elfmeter. Zum Schluß mußte Herr Assenmacher unter Polizeischutz und mit Platzordnern vor den wütenden Fans in die Kabine gebracht werden. Trainerstimmen Alexander Ristic (Hamburger SV): „Wir wußten, daß uns ein schweres Spiel in Frankfurt erwarten würde. Und wir haben wirklich ein ganz schweres Spiel erlebt. Hölzenbein hatte Pech, daß der Schiedsrichter bei seinem Anspiel genau neben ihm stand. Bei 30 oder 40 Meter Entfernung hätte er wohl nicht gepfiffen. Beide Mannschaften haben gut gespielt. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg zur Meisterschaft. Mit Magath auf der linken Seite war ich zufrieden.“ Lothar Buchmann (Eintracht Frankfurt): „Wenn ich auf der Gegenseite Trainer wäre, wäre ich heute hoch zufrieden. Vom Spielverlauf. und von den Chancen her hätten wir heute klar gewinnen müssen. Beim HSV hatte ich nie das Gefühl, daß er noch ein Tor schießen würde. Darüber hinaus war Cha bei seinem Treffer niemals abseits. Der Schiedsrichter sollte sich doch einmal Gedanken machen, daß wir uns die ganze Woche über quälen zur Vorbereitung auf solch ein Spiel. Er fällt eine Entscheidung, mit der kein einziger im Stadion gerechnet und die keiner für gerechtfertigt gehalten hat. Die Enttäuschung in meiner Mannschaft ist riesengroß. Das war niemals ein absichtliches Handspiel von Hölzenbein.“ (Abendpost-Nachtausgabe)
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