Eintracht Frankfurt - WM Mannschaft 74

Abschiedsspiel für Jürgen Grabowski 1980/1981

6:4 (4:1)

Termin: Mittwoch, 12.11.1980, 20:00 Uhr
Zuschauer: 45.000
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Euskirchen)
Tore: 0:1 Jürgen Grabowski (5.), 1:1 Bernd Nickel (12.), 2:1 Harald Karger (19.), 3:1 Harald Karger (24.), 4:1 Harald Karger (30.), 4:2 Bernd Hölzenbein (42.), 5:2 Bernd Hölzenbein (48.), 6:2 Bernd Hölzenbein (67.), 6:3 Jupp Heynckes (74.), 6:4 Jupp Heynckes (75.)

 

Beim Abschiedsspiel am 12.11.1980  

 

Eintracht Frankfurt WM Mannschaft 74

 


 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Helmut Schön

 

 

 

„Grabi" persönlich schoß das erste Tor...

Jubel Trubel und Treffersegen beim Abschiedsspiel • Eintracht — WM-Elf 6:4 (4:2)

Ab 19.47 Uhr wurde es feierlich im großen Waldstadion, wo inzwischen 45.000 Zuschauer sich versammelt hatten. Erwin Dittberner vom Hessischen Rundfunk hatte sich am Anstoßkreis aufgestellt und holte, wie man das in den USA so schön praktiziert, alle prominenten deutschen Fußballspieler einzeln aufs Spielfeld. Vom Aufgebot der Weltmeisterschaftself 1974 hatte nur Torwart Norbert Nigbur abgesagt, Paul Breitner und „Katsche" Schwarzenbeck waren zwar da, grüßten auch ins Publikum, aber wegen schwerwiegender Verletzungen konnten sie nicht mitspielen. Alt-Bundestrainer Helmut Schön hatte sein Aufgebot von damals um Uwe Seeler bereichert, und die Fans im Stadion dankten ihm das.

Mit einem besonders herzlichen Beifall wurde Sepp Maier empfangen, der auch gleich mit einem Bonmot aufwartete: „Wir wollen versuchen, die Niederlage in erträglichen Grenzen zu halten." Nach ihm kamen Franz Beckenbauer, Uwe Seeler, Goalgetter Gerd Müller und Lokalmatador Bernd Hölzenbein wurden am meisten mit Beifall überschüttet.

Doch alles wurde übertroffen vom Beifall, der dann Jürgen Grabowski umrauschte. Er kam als allerletzter auf den Platz, so, wie es ja auch bei jedem Training, bei jedem Spiel seine Gewohnheit war. Der Oberbürgermeister Wallmann, der DFB-Vizepräsident Andres und Eintracht-Vizepräsident Lindner überbrachten Glückwünsche und Geschenke. Lindner ernannte Jürgen Grabowski zum „Ehrenspielführer".

Bei der ganzen, so schön ausgedachten Zeremonie waren nur störend die vielen Fotografen und Journalisten am Mittelkreisel, die den Blick auf die Weltmeister von 1974 und die aktuelle Eintracht-Mannschaft versperrten.

Auf dem Spielfeld ließen sich dann beide Partner die Freiheiten, die zu einem solchen Spiel gehören. Besonders natürlich Jürgen Grabowski, der Star des Abends. Als Overath in der 5. Minute ihn mit einem weiten Paß auf die Reise schickte, verhielt sich Sziedat recht rücksichtsvoll. So schoß Grabowski das 1:0 für die WM-Elf.

Aber das ließ die Eintracht nicht auf sich sitzen. Bernd Nickel schlenzte aus spitzem Winkel über Sepp Maier, der pausenlos humoristische Einlagen bot. Aber dann kam die große Zeit des ungestümen Harry Karger. Drei gültige Tore schoß er, dazu noch ein Abseitstor, während sich die WM-Elf in dieser Zeit mit Pfostenschüssen von Overath und Hoeneß begnügen mußte.

Sie ließ sich Zeit bei ihren Angriffsaktionen, spielte aber einen gepflegten Ball. Nur Gerd Müller hatte sichtlich gegenüber früheren Zeiten nachgelassen. Ihn wechselte Helmut Schön auch als ersten aus. Uwe Seeler kam. Um das Bild für die Weltmeister etwas zu verbessern, schoß Bernd Hölzenbein kurz vor dem Wechsel das zweite Gegentor.

Nach dem Wechsel fand das große Wechseln statt. Aber das muntere Toreschießen ging weiter. Hölzenbein traf zweimal für die Eintracht, Heynckes zweimal für die WM-Elf. Der Wunsch der Fans nach einem Uwe-Seeler-Tor allerdings ging nicht in Erfüllung.

Um 21.35 Uhr flossen dann auch ein paar Tränen, als Jürgen Grabowski das Spielfeld verließ und sich übers Mikrophon bei allen Zuschauern bedankte.

 

 


 

 

 

Da bogen sich sogar die Betonbalken...

Stimmung beim „Grabi"-Abschied / Applaus für „Kaiser Franz" / Uwe zauberte

Das Protokoll des bevorstehenden Papstbesuches kann an einem Tage unmöglich umfangreicher, detaillierter oder besser organisiert sein, als Jürgen Grabowskis Abschiedsspiel. Laut Protokoll begann es bereits um 16 Uhr mit dem Eintreffen der WM-Elf von '74. Die Herren begaben sich zunächst ins 20. Stockwerk des Interconti um Kaffee zu trinken.

Um 18.50 Uhr begann das Vorspiel des All-Star-Teams. Zu dieser Zeit hatten sich immerhin schon 20.000 Zuschauer eingefunden. Das Eintracht-Team wurde betreut von Elek Schwartz, die All-Stars von Erich Ribbeck.

In Elek Schwartz' Mannschaft spielten immerhin so berühmte Eintracht-Spieler der 60er Jahre wie Egon Loy, Friedel Lutz, Wolfgang Solz. Sogar Kaiserslauterns jetziger Vorsitzender Jürgen Friedrich, von '63 bis '68 Spieler der Eintracht, hatte es sich nicht nehmen lassen, an die Stätte seiner Jugend und Erinnerungen zurückzukehren.

Obwohl Erich Ribbeck hernach sich selbst in die Mannschaft brachte, fiel einfach kein Tor. Es war auch eher ein Wiedersehen alter Freunde, die aber alle demonstrierten, daß sie das Fußballspielen noch keineswegs verlernt hatten. Die meisten von ihnen sind ja noch in unterklassigen Vereinen als Trainer oder als Spieler aktiv.

Und dann: 19.40 Uhr, von wegen das "Abschiedsspiel" von Jürgen Grabowski. Eher hätte es das "Antrittsspiel" von Franz Beckenbauer heißen müssen! Mittlerweile waren 45.000 im Stadion. Sie bereiteten dem Franz einen Empfang, wie er im heimischen München oder in seiner Wahlheimat Hamburg nicht enthusiastischer hätte sein können. Doch auch „Grabi" der Scheidende, wurde nicht übersehen, als er eine Minute später erschien.

Das Spektakel verlief schon bei der Vorstellung ganz nach amerikanischer Manier. Spieler wie verletzte Aktive, die von Helmut Schön, dem Mann mit der Mütze, betreut wurden, wurden einzeln vorgestellt. Sogar Paul Breitner und „Katsche" Schwarzenbeck waren dabei.

DFB-Vize-Präsident Otto Andres hielt eine zu Herzen gehende Rede, mit der er den „Grabi" verabschiedete, und Eintracht-Vize-Präsident Dieter Lindner ernannte ihn zum Ehren-Spielführer von Eintracht Frankfurt.

Beckenbauer als Libero - da ist immer noch die alte Klasse am Ball. Wie er das Leder lässig aus dem Fußgelenk irgendwo hinschiebt, wo es gerade hingehört - mein Gott, hat der HSV ein Schwein! Solch einen Spieler quasi als Weihnachtsgeschenk auf dem goldenen Tablett von einer Benzin-Gesellschaft serviert zu bekommen, das ist schon ein Geschenk des Himmels.

Freilich, die Tore verhindern, auch das konnte Franz Beckenbauer nicht. Es war ja auch nur zu natürlich. Der eine Gegner, die aktive Fußball-Generation der Eintracht noch in Saft und Kraft und als Vollprofi Tag für Tag im Training gegen die anderen, die WM-Spieler von '74, die inzwischen doch schon so etwas wie „Asbach-Uralt" darstellen. Man muß sich vorstellen, wenn da z.B. Berti Vogts gegen Cha Bum spielt, einen Außen, wie ihn der Berti selbst in seiner aktiven Zeit nur selten gegen sich gehabt hat.

Vielleicht war es nur Zufall, vielleicht aber auch intern abgesprochen - jedenfalls schoß Jürgen Grabowski in den Reihen der WM-Veteranen das 0:1 in der fünften Minute. Dann aber waren die Eintracht-Spieler nicht mehr zu bremsen. Innerhalb elf Minuten gelang dem bärtigen Harald Karger der Hattrick.

Das reichte Helmut Schön! Beim Stande von 4:1 brachte er Uwe Seeler für Gerd Müller aufs Spielfeld. Da bogen sich die Betonbalken im Waldstadion. Solchem Beifall und solche Vorschußlorbeeren erhielt der „Dicke" aus Hamburg.

Der alte Uwe brachte dann auch gleich Schwung in die 74er Reihen. Seine Vorlage zu Bernd Hölzenbein zeigte den „Holz" in alter Manier. Mit einem Schrägschuß überwand er seinen Vereinskameraden Jürgen Pahl und verringerte bei Halbzeit auf 2:4.

Da Wolfgang Kleff und Norbert Nigbur wegen Verletzung absagen mußten, kam nach der Pause der 18-malige Amateur-Nationalspieler Günter Wienhold. Für „Eisenfuß" Höttges spielte Helmut Kremers, während die beiden Eintracht-Spieler Grabowski und Hölzenbein die Fronten wechselten und nun bei ihrer rot-bedreßten Heimmannschaft spielten. Ihre Plätze nahmen Jupp Heynckes und Dieter Herzog ein.

So trat nun der groteske Fall ein, daß nach dem 4:2 durch Hölzenbein auch das 5:2 in der 47. Minute durch ihn erzielt wurde.

Ganz so ernst wie es Harald Karger in der ersten Halbzeit genommen hatte, nahm es das Publikum nicht. Es verübelte es „seiner" Eintracht-Abwehr sehr, als sie dem durchgelaufenen Uwe Seeler durch ihre größere Sprintkraft den Ball abnahm. Immer wieder ertönten die Sprechchöre: „Jürgen, du darfst nicht gehen! Jürgen, wir danken dir!"

Fünf Minuten vor Spielschluß dann die bewegende Szene, als Jürgen Grabowski gerührt und mit Tränen in den Augen das Spielfeld verließ, auf dem er so viele Erfolge für die Eintracht und für Deutschland errungen hat. ("Fußballwoche"

 

 

 

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