Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg

Bundesliga 1998/1999 - 18. Spieltag

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Termin: Sa 19.12.1998 15:30
Zuschauer: 17.000
Schiedsrichter: Albrecht (Kaufbeuren)
Tore: ./.

 

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Eintracht Frankfurt MSV Duisburg

 

 

Wechsel

Wechsel

  • Thomas Hoersen für Torsten Wohlert (65.)
  • Marcus Wedau für Markus Osthoff (72.)
  • Erik Bo Andersen für Uwe Spies (84.)

Trainer

Trainer

 

 

Torlos, trostlos, disziplinlos… und als Zugabe: Reinhold Fanz

Ralf Rangnick, der auch beim VfB als Nachfolger von Winfried Schäfer im Gespräch ist? Wolfgang Frank aus Mainz? Reinhold Fanz? Die Gerüchteküche brodelt, während der Frankfurter Manager vorprescht: "Reinhold Fanz ist unser Wunschkandidat, aber es gibt noch ein, zwei Andere." Hannover 96 würde Fanz zwar keine Steine in den Weg legen, fordert aber ebenso deutlich eine Ablösesumme für den bis Juni 2001 unter Vertrag stehenden Trainer. 300.000 Mark und ein “Zwangskauf“ von Jens Rasiejewski für einen siebenstelligen Betrag stehen im Raum, doch Gernot Rohr betont: "Wir wollen keine Ablöse zahlen, der Trainer will die Sache selbst in Ordnung bringen." Denn Fanz pocht auf eine “mündliche Zusage“ von Präsident Martin Kind, kostenlos zu einem Erstligisten gehen zu dürfen. So besteht vor dem letzten Spiel des Jahres 1998 noch nicht fest, wer die Eintracht ab Januar trainieren wird.

Dies interessiert Interims-Coach Bernhard Lippert herzlich wenig vor dem Heimspiel gegen den Tabellenzwölften aus Duisburg, der zwei Zähler mehr als die Eintracht auf dem Konto hat: "Das wird ein ganz wichtiges, entscheidendes Spiel, denn wir wollen nicht auf einem Abstiegsplatz überwintern und uns dann zwei bis drei Monate die Tabelle von unten angucken.“ Hierfür muss Lippert allerdings sein Mittelfeld umstellen, denn Bernd Schneider und Kapitän Weber sind gesperrt, so dass Marco Gebhardt die linke Außenbahn besetzt und Sobotzik sowie Janßen in der Mitte das Spiel aufziehen sollen. Eine Überraschung hat er hingegen für Ansgar Brinkmann parat, der ebenso wie Westerthaler und Kutschera auf der Bank Platz nehmen darf. Denn im Sturm beginnt Stojak neben Fjørtoft und die linke Außenbahn besetzt Uwe Schneider, der bei der 2:1-Niederlage in Kaiserslautern noch auf rechts begann. Aufgrund der angespannten Situation nach der Entlassung von Horst Ehrmantraut appelliert der Interims-Trainer gemeinsam mit dem Präsidium in einer eigens verfassten Pressemitteilung, die Mannschaft “bedingungslos zu unterstützen“ und “nicht schon nach dem zweiten oder dritten Fehlpass zu pfeifen. Die Blicke müssen sich nun nach vorne richten.“

“Unser Leistungsvermögen ist in dieser Saison zwischen Rang 10 und 15 einzuordnen“, meint unterdessen MSV-Trainer Friedhelm Funkel, der in Frankfurt unbedingt etwas mitnehmen möchte, denn “die erhoffte Gesamtpunktzahl vor der Winterpause haben wir noch nicht ganz erreicht.“ Was allerdings in erster Linie daran liegt, dass sie in den bisherigen neun Auswärtsspielen magere zwei Punkte einfahren konnten und damit auf Rang 18 in der Auswärtstabelle liegen. Doch dies interessiert den 45-jährigen Trainer herzlich wenig, der ebenso wie die Eintracht mit zwei Stürmern, nämlich Markus Beierle und Spies anstelle des gesperrten Hirsch beginnen lässt. Keine Änderung gibt es in der Abwehr, in der auch der Ex-Frankfurter Slobodan Komljenovic beginnt, der unmittelbar nach Schlusspfiff nach Tel Aviv reisen wird, wo sich die jugoslawische Nationalmannschaft auf das Länderspiel gegen Israel vorbereitet.

Nur 17.000 Zuschauer sind im Waldstadion, die aber unterstützen die Eintracht lautstark, die sich in den ersten Minuten als das aktivere und druckvollere Team darstellt, ohne jedoch gegen das tief und eng stehende Mittelfeldbollwerk der Gäste den Weg in den Strafraum zu finden. Schon nach knapp zehn Minuten wird aus dem Kampf allerdings ein einziger Krampf, eine Zumutung für die Zuschauer, wie auch Bernhard Lippert feststellen muss: "Wir haben doch ganz gut begonnen. Dann ist in der Mannschaft etwas passiert, was ich nicht verstehen kann." Die Nervosität greift um sich, vor allem den Führungsspielern Houbtchev, Schur und Sobotzik gelingt kaum etwas. Selbst Pässe über zehn Meter finden kaum einen Anspielpartner, während Uwe Schneider und Stojak, der vom Kicker-Sportmagazin die Note 6 erhält, reihenweise Bälle verstolpern. "Das ganze Tohuwabohu im Verein hat sich schon auf uns ausgewirkt", meint Alexander Schur, der froh ist, dass Duisburg ebenfalls extrem nervös und viel zu umständlich zu Werke geht, um zu Torchancen zu kommen.

Immerhin Janßen kann ab und an einmal ein Zeichen setzen. So wie in der 29. Minute, als er Schur prima freispielt, der ebenso einmal Übersicht beweist und Fjørtoft in Szene setzt. Doch sein Schuss kann Torhüter Stauce mit einer schönen Flugeinlage klären. Auch bei Duisburg bleibt vieles im Ansatz stecken, Neun hat zwar leichtes Spiel mit Uwe Schneider, doch wenn sie schon einmal schnell über die Außenbahnen spielen, enden die ungenauen Flanken meist bei einem Frankfurter Abwehrbein oder in den Armen von Nikolov. "Wenn Reinhold Fanz dieses Spiel sieht, wird er wohl nicht kommen", stöhnt Bernd Hölzenbein zur Pause und auch beim Publikum herrscht betretenes Schweigen.


Komljenovic, Gebhardt, Nikolov

Zur zweiten Halbzeit kommt bei der Eintracht Brinkmann für Uwe Schneider in die Partie, ohne dass sich auf dem Rasen etwas ändert. Es bleibt beim trostlosen Krampf im Mittelfeld. Zumindest bis zur 60. Spielminute, als tatsächlich einmal eine Flanke von Wohlers den eigenen Mann findet. Beierle setzt zum Kopfstoß an, aber Nikolov kann das Leder mit einer tollen Reaktion über die Latte lenken und so den Rückstand verhindern. Drei Minuten später muss sich auch Stauce ein zweites Mal recken, als er einen Schuss von Gebhardt aus gut zwanzig Metern um den Pfosten lenken kann. Mehr ist nicht. So reagieren beide Trainer auf das deprimierende Treiben, bei der Eintracht kommen Kutschera und Westerthaler für Schur und Gebhardt, beim MSV Hoersen und Wedau für Wohlert sowie Osthoff. Auch Schiedsrichter Albrecht hat sich dem Geschehen längst angepasst und bringt mit seinen übertrieben kleinlichen und teilweise falschen Entscheidungen zusätzlich Hektik in das sogenannte Spiel. Zuviel für Libero Houbtchev, der wutentbrannt auf Assistent Perl zu rennt, als dieser sein Fähnlein nach einem Zweikampf hebt. “Der Spieler hat den Linienrichter mit einem Schimpfwort in übelster Weise beleidigt, worauf hin ich ihn des Feldes verwiesen habe“, erklärt der Schiedsrichter, während Houbtchev zum Duschen und dann wohl in den Weihnachtsurlaub flüchtet.

Der Rest versucht sich weiter im gepflegten Fehlpassfestival, denn selbst in Überzahl machen die Gäste keine Anstalten, plötzlich auf Sieg zu spielen. Wie die Eintracht, die nach 87 Minuten gar nur noch zu neunt auf dem Feld rumschlurft, nachdem Pedersen wegen wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz muss. Kurz darauf erlöst der letzte Pfiff des Schiedsrichters Zuschauer und Spieler, die allesamt nicht fassen können, was sie da gerade geboten haben. Gut Lachen hat nur Bernd Schneider, der von Bundestrainer Ribbeck in das vorläufige Aufgebot der Nationalmannschaft für die USA-Reise Anfang Februar berufen wurde.

Der Spruch zum Spiel kommt vom Gästetrainer: "Beide Mannschaften haben Angst gehabt, auf einem Abstiegsplatz zu überwintern", meint Friedhelm Funkel und hat Recht. Duisburg ist Dreizehnter und die Eintracht verbringt die Weihnachtspause mit einem Zähler Vorsprung auf Rostock auf Rang 15.


Reinhold Fanz wird neuer Trainer der Eintracht

Eigentlich wollte ihn Manager Gernot Rohr bereits nach dem Spiel gegen Duisburg präsentieren, doch es dauert drei weitere Tage, bevor eine Einigung mit dem Zweitligisten Hannover 96 erzielt werden kann.

Der 44-jährige Reinhold Fanz, der am 11. Januar sein erstes Training nach der Winterpause leiten wird, erhält am Dienstagvormittag einen Vertrag bis zum 30. Juni 2000. Hierbei betont Präsident Heller, "dass wir keine Mark Ablöse bezahlt haben. Wir hätten die Verpflichtung im letzten Moment eher platzen lassen, als dass wir uns hätten erpressen lassen. Wir hatten eine Alternative." Nach Information des Kicker-Sportmagazins hat Fanz selbst “seinen Teil dazu beigetragen“ und auch Jens Rasiejewski stimmt zu, dass er beim Weggang von Reinhold Fanz nun nicht ablösefrei, sondern nur gegen eine festgeschriebene Summe wechseln darf. Zudem wird es im Februar ein Freundschaftsspiel zwischen der Eintracht und Hannover geben. Damit kann nun auch Sportdirektor Gernot Rohr seinen prominenten Kritikern wie Werner Lorant (“Rohr meint, er ist der große Zampano“) und Christoph Daum (“Wenn einer aus Frankreich in der Bundesliga Trainer werden will, soll er es nicht durch die Hintertür versuchen“) eine Nase zeigen: “Nach 26 Jahren im Profi-Fußball traue ich mir jeden Job im Fußball zu. Aber dass ich nicht durch die kalte Küche ins Bundesliga-Trainergeschäft will, hat sich mit der Verpflichtung von Reinhold Fanz doch bewiesen.“

Reinhold Fanz also. Er ist Neuling in der Fußball-Bundesliga und arbeitete bis 1996 beim Hessischen Fußball Verband, ehe er zu Hannover 96 ging und die Niedersachsen im zweiten Anlauf aus der Regionalliga in die Zweitklassigkeit führte. Neben seinen guten Kontakten mit einzelnen Präsidiumsmitgliedern hat er auch den Hessischen Rundfunk auf seiner Seite, denn Sport-Reporter Dirk Schmitt ist gleichzeitig Berater des neuen Eintracht-Trainers.

So hält sich die Freude im Umfeld in engen Grenzen. Auch die Presse, wie etwa die Frankfurter Rundschau, ist skeptisch: “Fanz ist zum Erfolg verdammt, allen freundschaftlichen Seilschaften, denen er sein Engagement in Frankfurt verdankt, zum Trotz. Damit wird er leben müssen, und auch damit, im Misserfolg sogleich mit seinem Vorgänger verglichen zu werden. Und auch Gernot Rohr steht unter massivem Erfolgsdruck. Es ist sein Konzept, das er verwirklicht haben will, er hat die Entlassung des Horst Ehrmantraut durchgesetzt, und: es ist sein Trainer, den er jetzt geholt hat. Aus bester Überzeugung ist der Technische Direktor hohes Risiko gegangen zum Wohle und im Interesse der Eintracht, wie er sagt…“

Reinhold Fanz selbst geht offensiv mit den Vorwürfen um: “Das Präsidium steht in der Schusslinie und wäre doch schlecht beraten, wenn es jetzt eine "Pflaume" holen würde, nur weil wir uns privat gut kennen. Meine Leistungen als Trainer sprechen für sich. Wo ich gearbeitet habe, hatte ich Erfolg. Ich sehe keinen Grund, mich jetzt permanent rechtfertigen zu müssen. Jetzt ist der Klassenerhalt das wichtigste und vordringlichste Ziel. Außerdem will ich auch einmal länger in einem Verein arbeiten, will mithelfen, den Nachwuchs zu fördern.“ Horst Ehrmantraut jedenfalls wünscht seinem Nachfolger viel Glück: "Er kann es mit dieser Mannschaft schaffen, dafür muss er seinen Weg kerzengerade gehen und muss sich aus den Intrigen im Umfeld raushalten." (tr)

 

 

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