SC Freiburg - Eintracht
Frankfurt |
2. Bundesliga 1997/1998 - 6. Spieltag
0:0
Termin: Fr 12.09.1997 19:00
Zuschauer: 22.500
Schiedsrichter: Michael Wendorf (Glienicke)
Tore: ./.
SC Freiburg | Eintracht Frankfurt |
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Ein Punktgewinn und ein folgenschwerer Knacks Nach der knapp zweiwöchigen Spielpause geht es endlich weiter, der aktuelle Tabellenführer ist zu Gast beim Topfavoriten für den Aufstieg. Doch Bange machen gilt nicht nach fünf Siegen in Folge, meint Thomas Epp stellvertretend für seine Mitspieler: “Wir haben Respekt vor Freiburg, aber das ändert nichts daran, dass wir dort gewinnen wollen.“ Aus dem Rhythmus sind sie in der pflichtspielfreien Zeit jedenfalls nicht gekommen, wie vom Trainer befürchtet. “Wir haben diesen durch zwei Testspiele und Aufbauarbeit kompensiert“, erzählt Horst Ehrmantraut, für den das Spiel beim Bundesligaabsteiger der erste “richtige Gradmesser“ ist. Umstellen wird er seine Mannschaft nach den zuletzt gezeigten Leistungen am Freitag nicht, so dass Epp und Güntensperger im Sturm, Weber sowie Zampach auf den Außenpositionen und Sobotzik im offensiven Mittelfeld beginnen werden. Tabula Rasa gab es in Freiburg nach dem Abstieg. Gleich 18 Spieler verließen den SC und 16 Neue wurden geholt. “Es geht um eine neue Mentalität, von dem Frust der Abstiegssaison darf so wenig wie möglich mitgenommen werden“, erklärte Volker Finke seinen Personalschnitt vor Saisonbeginn, der von der Vereinsführung voll mitgetragen wird. Fünf Spiele hatte der Trainer zum Einspielen veranschlagt, tatsächlich gab es vier Siege mit 14 Toren und nur eine Niederlage in Nürnberg. Dennoch warnt der Trainer vor dem Spiel gegen die Eintracht: “Die Mannschaft kann nach einer so kurzen Eingewöhnungsphase noch nicht vollkommen stabil sein“, um zu betonen, dass dies kein Schlüsselspiel sei: “Die wirklich wichtigen Punkte müssen wir gegen die Mannschaften holen, die aufsteigen wollen und momentan im Mittelfeld stehen. Denn wir steigen liebend gern mit Frankfurt und Uerdingen auf.“ Im heutigen Spiel muss er zwei Mal umstellen, Weißhaupt rückt für den verletzen Wassmer neben Ben Slimane in den Sturm und Pavlin spielt im zentralen Mittelfeld. Weiterhin den Kasten hütet der junge Amateurtorhüter Reus, der nach den Länderspieleinsätzen von Boskovic auch im dritten Spiel den Vorzug vor Ersatzkeeper Hummel erhält. In der Abwehr zur Stammkraft entwickelt hat sich bereits jetzt der 22-jährige Torben Hoffmann vom VfB Lübeck, der in der Saison 2004/2005 bei der Eintracht spielen wird. Das Dreisamstadion ist ausverkauft und nicht nur bei den rund 1000 mitgereisten Anhängern aus Frankfurt herrscht eine gute Stimmung. Nur auf dem Platz läuft es nicht rund. "Wir waren zu Beginn noch gar nicht richtig da, haben eine hohe Ballunsicherheit an den Tag gelegt", kritisiert Horst Ehrmantraut das nervöse Spiel in der Anfangsphase. Nach kaum einer Minute reißt Weber seinen Gegenspieler um und kassiert die gelbe Karte und nur Sekunden später tritt Kutschera im eigenen Strafraum unbedrängt über den Ball. Doch zum Glück für die konfusen Frankfurter macht Freiburg zwar das Spiel, kann sie aber dennoch nicht in Verlegenheit bringen. Nach knapp einer Viertelstunde legen die Gäste endlich ihre Nervosität ab, so dass sich ein zähes Ringen im Mittelfeld ergibt, bei dem die Eintracht allerdings meist nur reagiert. Denn es gibt eine klare Zuordnung, in der Bindewald und Kutschera die beiden Freiburger Stürmer in Manndeckung nehmen und Janßen sich um Baya kümmert. Dies passt den Hausherren so gar nicht. Statt schnellem Direktspiel verlagern sie sich daher auf hohe Bälle in die Spitze, die meist geklärt werden können. Also mit Gewalt, denkt sich wohl Korell und zimmert einen Freistoß aus gut 30 Metern derart hart in Richtung Tor, dass Nikolov Mühe hatte, den Ball noch zur Ecke zu lenken (23.). Ansonsten hat der Keeper dank der konsequenten Abwehrarbeit seiner Vorderleute wenig zu tun und muss nur bei einem Kopfball von Schwinkendorf nach knapp dreißig Minuten eingreifen. Kurz darauf wagt sich die Eintracht endlich einmal nach vorne. Güntensperger bekommt einen langen Ball unter Kontrolle, dreht sich und will sofort schießen, sackt jedoch mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden, nachdem er im Rasen hängen bleibt. Von Gegenspieler Kohl wird er zunächst noch wegen einer vermeintlichen “Schwalbe“ beschimpft, doch dann sieht auch er, dass dieser nicht schauspielert. "Ich habe sofort einen Knacks gehört", erzählt der 29-Jährige, der vom Platz getragen wird, um zwei Tage später die traurige Gewissheit zu bekommen. Die vorderen Kreuzbänder im linken Knie sind gerissen, so dass Güntensperger bereits in der kommenden Woche in Basel bei Prof. Seegässer, der bereits Ralf Weber operierte, unters Messer muss. "Zu Beginn der Rückrunde Mitte Februar oder realistischer zumindest in der ersten Märzhälfte bin ich wieder dabei", hofft Güntensperger, was sich bestätigen wird, auch wenn er in der Rückrunde seinen Stammplatz an Winterneuzugang Christoph Westerthaler verlieren wird. Bis zur Pause ist es der eingewechselte Gebhardt, der in die Spitze neben Epp rückt (34.). Am Spiel ändert die Umstellung allerdings auch nichts, so dass es mit dem 0:0 in die Kabinen geht. Zur zweiten Halbzeit beginnt Freiburg zwar wieder mit dem Elan der Anfangsphase und drückt die Eintracht tief in die eigene Hälfte. Aber sie stehen bombensicher und kämpfen um jeden Ball, so dass sie sich allmählich wieder aus der Umklammerung befreien können und sich im Mittelfeld neutralisieren. Kein Fußballfest ist es, höchstens etwas für Freunde des taktisches Geplänkels, was der Eintracht so Unrecht nicht zu sein scheint. Immerhin gibt es in der 65. Spielminute die Premiere, als Janßen kurz vor der Strafraumgrenze abzieht, die Kugel aber gut zwei Meter neben den Kasten von Torhüter Reus schießt. “Freiburg war viel aktiver und hat uns aggressiv gepresst, so dass wir nie in Ruhe unser Spiel aufbauen konnten“, nimmt Horst Ehrmantraut seine Offensivabteilung in Schutz. Ausdrücklich lobt er hingegen Schur für seinen nimmermüden Einsatz vor der Abwehr und auch Janßen strotzt nur so vor Einsatzwillen, der kämpft und rackert und sich in jeden Zweikampf wirft. Mit dem Ergebnis, dass er bereits in der Anfangsphase die gelbe Karte sah und jetzt "vorsichtshalber" von Ehrmantraut gegen Cengiz ausgewechselt wird, so dass Gebhardt auf die linke Seite rutscht und Weber nun im zentralen Mittelfeld spielt (69.). Auf Seite der Hausherren schwinden unterdessen die Kräfte, so dass die Eintracht immer mehr die Spielkontrolle übernimmt und plötzlich auf einen Treffer drängt. So ist es der kurz zuvor für Sobotzik eingewechselte Wolf, der einen Schuss aus zwanzig Metern nur knapp über die Latte setzt (78.) und auch Webers Knaller streicht um Zentimeter am linken Pfosten vorbei (81.). Kurz darauf wird es noch einmal hektisch im Frankfurter Strafraum, als ein Schuss von Baya an Bindewalds angelegten Arm klatscht, Schiedsrichter Wendorf aber zu Recht weiterspielen lässt. Und nachdem ein Drehschuss von Epp ebenfalls nur um Zentimeter am Kasten vorbei rauscht, war es das in diesem Spitzenspiel. Ungeschlagen bleibt die Eintracht an der Tabellenspitze mit drei Punkten Vorsprung vor Freiburg und fünf Zählern vor dem neuen Tabellenvierten aus Unterhaching. Vor dem nächsten Spiel gegen den VfB Leipzig hat der Trainer jetzt einiges zu grübeln. “Urs Güntenspergers schwere Verletzung tut uns weh. Aber das müssen wir wegstecken“, sagt Horst Ehrmantraut. Den Kauf eines neuen Spielers fordert er nicht unbedingt: "Der müsste sehr hohen Ansprüchen genügen. Derzeit stehen aber alle unter Vertrag und kosten ein Vermögen. Andererseits hat sich an meiner Auffassung nichts geändert, dass wir für vorne und hinten noch einen Spieler brauchen." Alternativen im Sturm hat er, auch wenn diese wohl nicht Cengiz ist: “Marco Gebhardt kann die Rolle taktisch ausfüllen. Er ist schnell und beweglich, aber auch Thomas Sobotzik könnte aus dem offensiven Mittelfeld nach vorne rücken. Wir können auch mit einer Spitze spielen und Gebhardt sowie Thomas Zampach auf den Flügeln nach vorne ziehen." (tr)
Horst Ehrmantraut: “Mit diesem einen Punkt kann ich wirklich sehr gut leben. Die erste Stunde lang war es kein gutes Spiel von uns, weil zu viele Ungenauigkeiten vorkamen. Aber wir haben dem Druck standgehalten und wurden zum Ende hin immer stärker - physisch, spielerisch und technisch. Das nehmen wir als positive Erfahrung mit. Ich rede nicht von Aufstieg. Aber wir haben heute den Grundstein gelegt, um in den nächsten Wochen oben mitspielen zu können." Volker Finke, SC-Trainer: “Einige Spieler haben unter ihrer Form gespielt, und trotzdem haben wir das Spiel über weiter Strecken bestimmt. Nur der letzte Pass und ein paar Mal ein Quäntchen Glück fehlte uns.“ Präsident Rolf Heller: "Ich hatte schon
die Befürchtung, dass wir hier heute untergehen könnten.
Aber wir haben gezeigt, dass wir oben mithalten können. Jetzt
wollen wir auch um den Aufstieg spielen. Die tolle Einstellung traue
ich diesen Typen bis zum Saisonende zu. Die bauen auch körperlich
nicht ab."
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