FC Energie Cottbus -
Eintracht Frankfurt |
2. Bundesliga 1997/1998 - 4. Spieltag
0:1 (0:1)
Termin: Fr 22.08.1997 19:00
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Jürgen Aust (Köln)
Tore: 0:1 Alexander Kutschera (21.)
FC Energie Cottbus | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Hölle fällt heute aus "Halle war der Himmel, Cottbus wird die Hölle." Auch nach drei Siegen in der Liga und dem souveränen Pokalsieg in Halle wird Horst Ehrmantraut des Mahnens nicht müde. Dabei gelten seine Worte vermutlich eher dem Umfeld als der eigenen Mannschaft, die der Trainer bereits am Tag nach dem Pokalspiel mit ausgesuchten Fernsehbildern auf die Lausitzer vorbereitet hat. Rau und verbissen in der Abwehr seien sie und stets auf Konter lauernd, warnt er seine Mannschaft und stellt sie im Training entsprechend ein. Gut, dass Horst Ehrmantraut wieder auf seinen Routinier Houbtchev zurückgreifen kann, der auf die Liberoposition rückt, so dass Weber wieder auf links beginnt und Wolf auf die Ersatzbank muss. Auch Oka Nikolov, der zwei Tage wegen Muskelproblemen pausieren muss, ist einsatzbereit für das Freitagsspiel im Stadion der Freundschaft. Fünfundzwanzig Siege in einer Saison, dazu 80:17 Tore, wahrlich ein souveräner Aufstieg, den Cottbus hingelegt hat. Dazu die sensationelle Teilnahme am Pokalendspiel gegen den VfB Stuttgart, die sich auch für die Vereinskasse gelohnt hat, so dass die Lausitzer immerhin mit einem Etat von 6 Millionen Mark in ihre erste Zweitligasaison gehen können. Fünf neue Spieler wollte Aufstiegstrainer Trainer Eduard Geyer, “aber keine Abziehbilder, sondern solche, die zum Charakter der Mannschaft passen.“ Mit dem albanischen Mittelfeldmann Kotri sowie Manndecker Amadou aus Aue, Klews von Union Berlin und Mittelstürmer Antun Labak von den Stuttgarter Kickers sind es immerhin vier Spieler, die es in die neue Startelf von Energie schaffen. Und tatsächlich nehmen sie die Ankündigung des langjährigen DDR-Jugendauswahltrainers, dass sie “sich in der Zweiten Liga festbeißen wollen“ sehr wörtlich. Denn Kampf und Einsatz aus einer massiven Abwehr heraus ist Trumpf bei Energie. Nach einer Auftaktniederlage in Freiburg und dem Remis gegen Leipzig konnte in der Vorwoche mit dem 3:0 in Jena schließlich der erste Zweitligasieg gefeiert werden. Mit eben dieser Startaufstellung soll heute vor 14.000 Zuschauern auch der erste Heimsieg eingefahren werden. Auf die Hölle haben sie sich vorbereitet, aber tatsächlich bringen die Hausherren nicht einmal ein Strohfeuerchen zum Glimmen. Mit viel Respekt lassen sie die Eintracht in der Anfangsphase gewähren, die den Ball erst einmal ohne allzu viel Risiko im Mittelfeld laufen lässt. So gibt es einige Standards für die Frankfurter in der Anfangsphase, die allerdings nicht wirklich für Gefahr vor dem Kasten von Torhüter Wehner sorgen. Von Cottbus ist hingegen überhaupt nichts zu sehen, Stockfehler und Fehlpässe lassen Eduard Geyer bereits zu diesem Zeitpunkt wütend auf der Bank gestikulieren. Nur Labak versucht es wenigstens, erobert sich im Halbfeld den Ball, strebt nach vorne und zieht von der Strafraumgrenze ab. Doch sein scharfer Schuss geht knapp über die Latte, so dass Nikolov nicht eingreifen braucht (12.). Kaum zu glauben, aber dies wird die einzig erwähnenswerte Chance für den Aufsteiger im ersten Abschnitt sein. Fünf Minuten später versucht sich auch Schur mit einem Schuss aus knapp 20 Metern, doch Torhüter Wehner kann das Leder zur Ecke klären. Die Eintracht verstärkt den Druck immer mehr, so dass die meisten Zuschauer bereits ahnen, was jetzt folgt. Weber schlenzt die vierte Ecke von links hoch vor den Fünfmeterraum, während sich kein Cottbusser für den aufgerückten Kutschera zuständig fühlt. Epp will bedrängt von Klews zum Ball, doch aus dem Hintergrund rauscht “Kutsche“ heran und versenkt ihn mit einem schönen Flugkopfball zum 1:0 für die Eintracht (21.). “Nur Augen zu, draufhalten und reinmachen", bemerkt der 29-Jährige zu seinem ersten Saisontor trocken, während der Trainer sich freut, das sechs verschiedene Spieler die bislang sechs Treffer der Eintracht erzielt haben: "Daran sieht man, wie schwer wir auszurechnen sind. Denn das genau ist der Typus dieser Mannschaft." Kurz darauf gibt es eine Schrecksekunde, als Weber nach einem Tritt gegen sein Knie vom Platz getragen werden muss, zum Glück aber nach kurzer Behandlung wieder auf den Rasen kann. So können sich auch die dunkelbebrillten Herren von Arsenal London zurück lehnen, die extra zur Beobachtung von Ralf Weber gekommen sind und nun den Auftritt von Janßen genießen, der sich mit einem kurzen Haken im Halbfeld durchsetzt und abzieht, sein Schuss aber in letzter Sekunde zur Ecke gelenkt werden kann (28.). Nach wie vor bestimmt die Eintracht das Geschehen auf dem Rasen, während Cottbus sich zwar leidlich um den Ausgleich bemüht, aber Aggressivität, Tempo und Ideen scheinbar in der Kabine vergessen hat. So kommen die Frankfurter gegen Ende der ersten Halbzeit zu weiteren hochkarätigen Chancen, die sie leider aber liegen lassen. Zunächst ist es Epp, der nach Vorlage von Güntensperger mit seinem Drehschuss nur den Pfosten trifft (42.) und zwei Minuten später kann Torhüter Wehner den platzierten Kopfball von Janßen, erneut nach Flanke von Güntensperger, mit einer Fußabwehr parieren. "Das hat sehr gut ausgesehen." Während sich Horst Ehrmantraut in der Pause zwar über die vergebenen Möglichkeiten ärgert, ansonsten aber sein Team und vor allem die Abwehr lobt, ärgert sich Eduard Geyer über die “sehr, sehr pomadige und ängstliche erste Halbzeit“ und es scheppert wohl in der Energie-Kabine mächtig. Denn mit viel Einsatz beginnen die Hausherren und drängen die Eintracht jetzt mehr und mehr in die eigene Hälfte, auch wenn noch immer nichts Zwingendes dabei herausspringt. So reagiert Eduard Geyer nach 54 Minuten und bringt mit Lehmann sowie Jovic für Konetzke und den enttäuschenden Irrgang frische Offensivkräfte, die sich langsam eine Überlegenheit auf den Flügeln erarbeiten. Doch allzu oft versuchen sie es mit hohen Bällen oder mit Gewalt durch die Mitte, wo nicht nur Weber und Houbtchev souverän agieren, sondern auch Bindewald sowie Kutschera überhaupt nichts anbrennen lassen. Und wenn die Frankfurter am Ball sind, bringen sie die Fans von Cottbus regelrecht in Rage. Minutenlang spielen sie sich die Kugel aufreizend ruhig in der eigenen Hälfte zu und nehmen damit das Tempo aus dem Spiel, um urplötzlich schnell und direkt nach vorne zu spielen. So verrinnen die Minuten, Cottbus hat sich in der zweiten Halbzeit ein Eckenverhältnis von 8:1 herausgearbeitet, doch die wenigen platzierten Torschüsse stellen Torhüter Nikolov nicht vor Probleme. "Klasse, als er gefordert wurde, war er voll da und auch unsere Abwehr hat hervorragend gestanden. Die Mannschaft ist eine Einheit, in der jeder die Vorgaben der systematischen Taktik umsetzt", freut sich der Trainer. In der Tat, nicht nur die Abwehr und das Mittelfeld, selbst Güntensperger und Epp schuften hinten, um bei Ballbesitz sofort Lücken zu reißen und den Ball auf die nun nach vorne rückenden Kollegen zu spielen. Jeder verteidigt, jeder greift an, "damit können wir jedem Gegner die Energie rausziehen", erklärt Horst Ehrmantraut. So geht es auch den Lausitzern, die der schwülen Hitze Tribut zollen müssen und in den Schlussminuten den Ball nur noch in den Strafraum bolzen, damit aber ebenfalls keinen Erfolg haben. So bleibt die Eintracht mit vier Siegen aus vier Spielen souveräner Spitzenreiter vor Freiburg und Uerdingen und kann dem nächsten Spiel gelassen entgegen sehen, während es anderswo bereits knirscht. Nach nur einem Sieg steht Willi Entenmann in Nürnberg, dem nächsten Gegner, bereits lautstark in der Kritik und in Mainz wird nach einem 1:1 gegen Gütersloh mit Reinhard Saftig der noch jungen Zweitligasaison rausgeschmissen. (tr)
Horst Ehrmantraut: "Der Erfolg kommt nur über das Team, ich freue mich für die Spieler, weil sie das umsetzen, was wir wollen. Die Tabellenführung interessiert mich nicht, ich bleibe bei meinem Ziel oberes Tabellendrittel. Dann hält man nämlich immer Kontakt zur Spitze." Eduard Geyer, Trainer Cottbus: “Es war eine verdiente Niederlage. Meine Mannschaft war viel zu ängstlich und einfallslos und hat die Eintracht spielen lassen. Erst am Ende konnten wir Frankfurt mit Mut und Leidenschaft ein wenig beeindrucken.“ Rolf Heller: "Das ist eine Mannschaft, eine richtige Mannschaft. Damit gehören wir jetzt wohl zu den Kandidaten, die in die Bundesliga aufsteigen können." Thomas Zampach über die Siegesserie: “Niemand
konnte mit solch einem Lauf rechnen. In der Mannschaft ackert jeder
für den anderen und ist bereit, Gras zu fressen. Im letzten Jahr
haben sich viele hinter Gaudino versteckt. Sein Weggang hat bei einigen
die Handbremse gelöst. Aber die wirklichen Prüfsteine kommen
erst noch. Und das Tief kommt irgendwann auch ganz bestimmt. Wir werden
unseren Start nicht überbewerten, denn wie schnell es nach unten
gehen kann, hat jeder im Vorjahr bei der Eintracht gesehen.“
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