VfL Halle 96 - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1997/1998 - 1. Runde

0:4 (0:2)

Termin: 16.08.1997, 15:30
Zuschauer: 4.500
Schiedsrichter: Wendorf (Gransee)
Tore: 0:1 Olaf Janßen (24.), 0:2 Urs Güntensperger (33., Foulelfmeter), 0:3 Thomas Sobotzik (48., Foulelfmeter), 0:4 Thomas Sobotzik (71.)

 

>> Spielbericht <<

VfL Halle 96 Eintracht Frankfurt

  • Adler
  • Wagenhaus
  • Penneke
  • Kahdemann
  • Rennert
  • Zech
  • Hildebrandt
  • Schwefel
  • Groh
  • Eichmann
  • Grosche

 


 

Wechsel

  • Schönitz für Eichmann (46.)
  • Neubert für Groh (57.)
  • Bartosi für Rennert (68.)

Wechsel

Trainer

  • Harro Miller

Trainer

 

Nicht beinhart, sondern locker geschlagen

“Als Schüler haben wir Skispringen ausprobiert, so richtig mit Helm und Anzug. Aber das war nichts für mich, ich bin lieber auf den Bolzplatz gegangen“, erzählt Marco Gebhardt. Gut, dass er sich gegen die Röhrkopfschanze in seinem Heimatort Ballenstedt und für den Fußball entschieden hat, wo er in der Jugend beim Halleschen FC kickte, um schließlich als Vertragsamateur bei der Eintracht zu landen. Bereits im Februar hat der 24-jährige Linksfuß, der damals in der Regionalliga West/Südwest beim SC Verl kickte, das Interesse von Horst Ehrmantraut geweckt, der ihn prompt zum Probetraining einlud und eine Woche später verpflichtete. Nun kommt Gebhardt zurück in seine alte Heimat, wo die Eintracht beim Lokalrivalen des FC, dem Oberligisten VfL Halle in der ersten DFB-Pokalhauptrunde antreten muss.

Nur ein Viertligist, doch wie immer hat Horst Ehrmantraut den Gegner ausgiebig studiert und seine Mannschaft so “akribisch vorbereitet und eingeschworen, dass jeder das Spiel ernst nimmt“, wie Thomas Epp berichtet. "Beinhart und eisenhart gehen die drauf, darauf müssen wir uns einstellen", warnt der Trainer ein ums andere Mal und ergänzt: “Der Druck auf uns ist groß. Wir sind mit drei Siegen gestartet, und jeder erwartet von uns, dass es genauso positiv weitergeht.“ Hierfür muss er die Abwehr umstellen, da Houbtchev noch an einer Adduktorenzerrung leidet, die er sich gegen Stuttgart zugezogen hat, so dass Weber die Liberoposition übernimmt. Auf der linken Außenbahn beginnt Wolf, so dass Gebhardt bei seinem Heimspiel zunächst auf der Bank Platz nehmen muss.

Etwas lockerer sieht es Harro Müller, der zu DDR-Zeiten als Trainer von Wismut Aue und mit den UEFA-Cup-Auftritten des 1. FC Lokomotive Leipzig für Aufsehen gesorgt hatte: “Was sollen wir uns verrückt machen. Wir sind Außenseiter und haben nichts zu verlieren. Für uns als Landespokalsieger ist es doch schon ein Ereignis, überhaupt einmal mit einem Großen die Kräfte messen zu können.“ Überhaupt gilt in dieser Saison das ganze Augenmerk darauf, endlich in die Regionalliga aufzusteigen, um dem großen Lokalrivalen vom Halleschen FC wieder einen Schritt voraus zu sein. Dennoch beobachtet auch der Trainer des Vorjahresvierten der Oberliga Nordost-Staffel Süd, der aufgrund des Sieges im Landespokal Sachsen-Anhalt, an der 1. DFB-Pokalrunde teilnehmen darf, die Eintracht, stellt aber fest: “Sie gehören für mich zu den stärksten Teams in der Zweiten Liga. Aber wir werden uns schon etwas einfallen lassen, um es den Weber, Sobotzik & Co. nicht zu leicht zu machen. Schließlich kochen die auch nur mit Wasser." Verzichten muss er für dieses Unterfangen auf den verletzten Emmerich und auf Embingou, der als Kapitän des Kongo im WM-Qualifikationsspiel gegen Südafrika ran muss.

Die 4500 Zuschauer, von denen gut 1000 aus Frankfurt sind, sehen im Stadion am Zoo von Beginn an eine hochkonzentriert aufspielende Eintracht, denen der Oberligist nicht viel außer seinem offenkundigen Respekt entgegen zu setzen hat. “Wir haben sie durch unsere Laufarbeit zu Fehlern verführt“, berichtet Thomas Epp und in der Tat, von Beginn an steht Jens Adler, der zuletzt dritter Torhüter bei Hertha BSC war und beim Abpfiff des letzten Spiels einer DDR-Auswahlmannschaft zwischen den Pfosten stand, von Beginn an im Brennpunkt. Zunächst pariert er einen Schuss von Güntensperger, kurz darauf kann er Epp quasi auf der Torlinie die Kugel entreißen und schließlich kann er nach fünfzehn Minuten einen platzierten Schuss von Sobotzik gerade noch mit einer Hand um den Pfosten lenken. Weiterhin ist von Halle nicht zu sehen, aber zum Glück auch nichts zu spüren, denn im Gegensatz zu allen Befürchtungen spielen sie äußerst fair und stehen dem wohlgeordneten Aufbauspiel der Frankfurter meist nur hilflos gegenüber.

So kann es sich Bindewald erlauben, weit nach vorne aufzurücken und den Ball von halbrechts in den Strafraum zu flanken. Janßen ist zur Stelle und köpft ihn zum 1:0 in die Maschen (24.). Weil es so gut lief, rückt “Zico“ erneut nach vorne und zieht aus gut 20 Metern ab, diesmal aber kann Adler den Ball mit den Fäusten zur Ecke klären (27.). Unterdessen organisiert Aushilfs-Libero Weber die Vorstöße und klärt, falls doch einmal einer der Hausherren in die Nähe des Strafraums kommt. Dennoch ist dies nur ein Notbehelf, "die Eintracht braucht Weber im Mittelfeld", betont Horst Ehrmantraut, der noch immer händeringend eine Verstärkung für die Abwehr fordert. Einen Elfmeter fordert unterdessen Janßen, der im Strafraum von den Beinen geholt wurde und bekommt ihn auch. Güntensperger führt aus und erhöht auf 2:0 (36.), mit dem es in die Halbzeitpause geht.

Ob Trainer Müller seine zu brav spielende Mannschaft rund gemacht hat, ist nicht überliefert. Doch es spielt auch keine Rolle, denn alle Hoffnungen, vielleicht irgendwie den Ausgleich zu erzielen, zerschlagen sich bereits nach drei Minuten, als Sobotzik im Strafraum umgestoßen wird und es erneut Elfmeter gibt, den der Gefoulte sicher zum 3:0 verwandelt (48.). "Nach dem 3:0 konnten wir es uns leisten, einen Gang zurückzuschalten, da wir das Spiel unter Kontrolle hatten", erzählt der Trainer nach dem Spiel. Und tatsächlich lassen sie nun den Gegner laufen und spielen sich die Kugel kühl und routiniert durch die Reihen, "ohne uns zu verausgaben", wie Thomas Sobotzik anmerkt.

Den eigenen Fans ist es egal, sie feiern bereits auf den Rängen, während Libero Andreas Wagenhaus, der einst für Dynamo Dresden in der Bundesliga spielte, Torhüter Nikolov mit einem Schuss aus 20 Metern prüft, den dieser souverän pariert (58.). Doch dies ist wirklich nur ein Strohfeuer, die Eintracht bleibt “drückend und haushoch überlegen“, meint Präsident Heller, der sich nach dem Spiel sogar vor dem Gegner verneigt: "Schönen Dank dafür, dass ihr so fair gespielt habt." Doch vor dem Dank klingelt es noch einmal im Kasten von Adler, nachdem diesmal Kutschera auf der linken Außenbahn nach vorne gehen kann und in den Strafraum flankt. Mit einem tollen Flugkopfball markiert Sobotzik das 4:0, das sogleich der Endstand in einem merkwürdig einseitigen Spiel ist (71.).

Nicht nur über den Sieg, auch über die Auslosung für die zweite DFB-Pokalrunde sind sie am Abend mehr als zufrieden. "Für mich ist dies ein Traumlos, weil wir nicht eingeplante Gelder einnehmen können“, freut sich Rolf Heller und auch der Trainer kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: “Auf Werder freue ich mich jetzt schon.“ Denn die Bremer, die in Oberhausen mit 2:0 gewannen, werden der nächste Pokalgegner der Eintracht im heimischen Waldstadion sein. (tr)


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Im Nachhinein war es leicht, vor allem nach dem relativ frühen Tor. Ich hätte mir ein wenig mehr Dynamik, Power und Wille vom Gegner gewünscht, gerade im Hinblick auf unsere kommenden Aufgaben.“

VfL-Trainer Harro Miller: "Wir haben versucht, der Eintracht ein Bein zu stellen. Es ist beim Versuch geblieben."

Oka Nikolov nach seinem dritten “zu Null-Spiel“: “Ehrlicherweise muss man sagen, dass Halle nicht unbedingt ein Maßstab war. Sie konnten uns im Grunde überhaupt nicht in Schwierigkeiten bringen. Dennoch habe ich jetzt einfach mehr Selbstvertrauen, im vergangenen Jahr musste ich erst einmal mit dem Druck fertig werden, während der gesamten Spielzeit die Nummer eins zu sein.“

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