Eintracht Frankfurt -
Stuttgarter Kickers |
2. Bundesliga 1997/1998 - 3. Spieltag
1:0 (1:0)
Termin: So 10.08.1997 15:00
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Byernetzki (Hamburg)
Tore: 1:0 Olaf Janßen (35.)
Eintracht Frankfurt | Stuttgarter Kickers |
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Gehen geht nicht, aber beim Laufen läuft es "Meine Karriere ist beendet. Fertig, Aus, Ende." Ein kurzes Statement des inzwischen 42-jährigen Uli Stein, der nach 21 Jahren und 512 Bundesligaspielen, davon 224 für die Eintracht, seine Karriere vor drei Tagen beendet hat. Im Streit mal wieder. Diesmal in Bielefeld, wo er sich bereits im Vorjahr mit Manager Lamm anlegte, weil der ihn angeblich nach dem Aufstieg 1996 an die Eintracht "verschachern" und im Tausch Europameister Andreas Köpke holte wollte. Auch seine Dauerfehde mit Trainer Middendorp führte dazu, dass die Arminia jetzt auf Zdenki Miletic setzt und der Verein die Vertragsverlängerung wegen eines Formfehlers als ungültig ansieht. Zuviel für Stein, der seine Handschuhe für immer auszieht. Harmonischer, dafür aber nicht minder überraschend geht es in Frankfurt zu. Denn nachdem bei Olaf Janßen nach seiner Auswechslung gegen Wattenscheid von den Ärzten zunächst ein Knorpelschaden im Knie befürchtet und eine Spritzenkur verordnet wird, stellt sich raus, dass die Schmerzen ausschließlich beim Gehen auftreten. "Dann muss Olaf eben viel laufen", meint Horst Ehrmantraut scherzend. Und tatsächlich wird er im heutigen Heimspiel gegen die Stuttgarter Kickers beginnen können, für das der Trainer eine “wohldosierte Offensive“ verordnet. Dafür setzt er auch weiterhin auf Güntensperger und Epp im Sturm sowie auf seine Außenspieler Zampach und Weber, der mit Janßen rochieren soll. “Wie wird man Millionär?“, fragte Stuttgarts Präsident Dünnwald-Metzler einmal süffisant und schob die Antwort gleich hinterher: “Indem man als Multi-Millionär Präsident der Kickers wird.“ Zehn Millionen Mark hat der Brillenfabrikat bereits in den Verein gesteckt und nachdem beim Vorjahres-Regionalligaaufsteiger in der letzten Saison kurze Zeit sogar von der Bundesliga geträumt werden durfte, fordern die Vereinsoberen jetzt unverhohlen den Aufstieg, ohne sich sonderlich zu verstärken. Allerdings konnte der Stamm der Mannschaft mit der besten Vorjahresabwehr zusammengehalten werden. “Der Aufstieg ist kein muss“, widerspricht Trainer Wolfgang Wolf zwar leise, gibt sich aber dennoch optimistisch, nachdem für den verhinderten Torjäger Labak, der nach Cottbus wechselte, Eberhard Carl vom KSC geholt wurde: "Der Ebse soll bei uns die Tore machen, die in der letzten Saison teilweise gefehlt haben." Heute jedoch nicht, da er verletzungsbedingt passen muss, so dass Maric neben Markus Beierle, den es in der Saison 2002 an den Main ziehen wird, für Tore sorgen soll. Patrick Glöckner, der Neuzugang von der Eintracht muss zunächst auf die Bank, während die künftigen Adler Markus Lösch in der Abwehr und Mourad Bounoua auf der rechten Außenbahn beginnen werden. Nachdem die Kickers im ersten Auswärtsspiel beim VFB Leipzig 3:1 verloren haben, sollen jetzt die ersten Punkte in der Fremde geholt werden. "Das wird ein interessantes Spiel", meint der Trainer vielsagend. Zumindest ein heißes Spiel wird es geben, denn als die Frankfurter am Anstoßpunkt einen Kreis bilden, um ihr neues Mannschaftsgefühl zu demonstrieren, da messen die Thermometer über 40 Grad auf dem Rasen. Was scheinbar auch die Schwaben so richtig heiß macht, die den ersten Angriffsbemühungen der Eintracht sehr ruppig entgegen treten. Dennoch kommt Janßen im Zusammenspiel mit Weber vor den Strafraum und zieht ab, doch Torhüter Walter kann den abgefälschten Schuss zur Ecke klären (7.). Die Eintracht bleibt am Drücker, doch immer wieder gibt es kleine Fouls, die den Spielfluss unterbrechen, so dass Schiedsrichter Byernetzki dem Stuttgarter Malchow bereits nach 10 Minuten die gelbe Karte zeigt, als dieser Sobotzik unfair festhält. Es bleibt hektisch auf dem Rasen und sechs Minuten auch auf der Bank der Kickers. Denn nach einem neuerlichen Tritt von Malchow gegen Weber am Mittelkreis bleibt der kleinliche Schiedsrichter konsequent und schickt den 26-Jährigen zum Duschen, was Wolfgang Wolf völlig aus der Fassung bringt: “Das ist ein Witz, der Schiedsrichter lässt nicht zu, dass wir ein würdiger Gegner sein können.“ Wild gestikulierend beordert er Beierle zurück ins Mittelfeld, so dass Maric fortan als einzige Spitze agieren muss. Doch viel zu tun bekommt er vorne nicht, denn die Eintracht beherrscht die Gäste inzwischen fast nach Belieben, während die sich scheinbar kaum noch trauen, ähnlich aggressiv wie zuvor in die Zweikämpfe zu gehen. Trotz der Feldüberlegenheit kommen die Frankfurter jedoch kaum zu Torchancen, immer wieder ist der letzte Pass zu ungenau oder die Angriffe werden viel zu hektisch mit einem Schuss aus der zweiten Reihe abgeschlossen. Bis zur 35. Spielminute, als Weber Epp im Strafraum anspielt, der sofort abzieht, aber mehr in den Boden tritt als gegen das Spielgerät. Der Ball wird abgeblockt und landet in hohem Bogen bei Janßen vor dem Strafraum, der sofort aus 18 Metern abzieht. Diesmal touchiert die Kugel Epp und wird so unhaltbar für Torhüter Walter zum 1:0 abgefälscht. Auf die Frage, wer denn nun Torschütze war, meint Präsident Heller: "Ich würde sagen, es waren beide." Janßen, der zwar Schmerzen beim Gehen, nicht aber beim Laufen oder gar schießen hat, ergänzt grinsend: "Die Wohngemeinschaft Janßen/Epp sollte in die Torschützenliste eingetragen werden.“ Janßen wird zunächst der einzige in dieser Liste bleiben, denn die Hausherren spielen zwar weiterhin ruhig und abgeklärt gegen die zehn Stuttgarter, lassen aber den nötigen Tordrang vermissen. So halten die schwitzenden Zuschauer den Atem an, als sich Kevric aus heiterem Himmel einmal im Halbfeld durchsetzen kann und aus 20 Metern abzieht, den Kasten des bislang beschäftigungslosen Nikolov jedoch verfehlt (44.). Zur zweiten Halbzeit darf Kevric zur Belohnung auf der Stuttgarter Bank bleiben und es kommt der Ex-Frankfurter Glöckner, während bei der Eintracht Houbtchev mit einer Adduktorenzerrung in der Kabine bleibt, Weber auf die Liberoposition rückt und Gebhardt nun auf der linken Außenbahn spielt. Doch an der Überlegenheit der Eintracht ändert sich nichts, auch wenn sich Maric kurz nach Wiederbeginn auf rechts gegen Janßen und dann auch noch gegen Bindewald durchsetzt, ihn dann aber der Mut verlässt. Statt aus spitzem Winkel zu schießen, passt er in die Mitte, wo allerdings weit und breit kein Mitspieler zu finden ist (47.). Soviel vorweg, es wird die letzte Chance für die Kickers gewesen sein, während die Eintracht ihre Möglichkeiten weiterhin schamlos vergibt. So scheitert erst Güntensperger an Torhüter Walter und fünf Minuten später kann Lösch die Kugel in letzter Sekunde vor Sobotzik weggrätschen (58.). Jetzt reagiert Wolfgang Wolf und bringt mit Sailer
sowie Mallam für Beierle und Maric zwei neue Stürmer, die
jedoch keinen Stich machen, so dass der Trainer Minuten später
nur den Kopf schütteln kann: "Von denen bin ich maßlos
enttäuscht. Beim Sailer mache ich zwar ein paar Abstriche wegen
der Hitze, aber so wie der Mallam rumgetrabt ist, das geht nicht."
Immerhin einmal fällt die Leihgabe auf, als sie Sobotzik im Strafraum
festhält und Glück hat, dass es nicht den fälligen
Elfmeter gibt (78.). Aber auch Horst Ehrmantraut, der inzwischen Mehic
für Güntensperger und Wolf für Schur bringt, ist trotz
eines Eckenverhältnisses von 12:1 nicht zufrieden: “Uns
hat der letzte Kick gefehlt, wir waren zu behäbig und zu träge
im Spielaufbau.“ Nicht allzu verwunderlich bei den noch immer
tropischen Temperaturen, zumal sie das Spiel trotz der knappen Führung
in aller Ruhe über die Runden bekommen und Oka Nikolov einen
extrem entspannten Nachmittag verbringt. Drei Spiele, drei Siege und
Platz eins in der Tabelle runden den Sonntag ab. (tr)
Horst Ehrmantraut: "Sicher hätten wir vielleicht noch ein, zwei Tore schießen können, aber man wird nie eine hundertprozentige Leistung bringen. Wir werden auch mal ein Spiel verlieren, aber auseinanderfallen wird diese Mannschaft deshalb nicht, sie ist eine Einheit. Zwischen dieser Mannschaft und der des letzten Jahres liegen Welten.“ Und zur Tabellensituation: “Ja, ich weiß jetzt, wo wir stehen, an der Tabellenspitze. Gerade einmal drei von 34 Bausteinen sind zusammengestellt. Erst am Saisonende werden wir sehen, ob es ein sehr schönes Bild geworden ist.“ Kickers-Trainer Wolfgang Wolf: "Ich gönne der Eintracht den verdienten Sieg. Sie braucht aber keine Hilfe des Schiedsrichters. Wir sind verpfiffen worden." Ralf Weber: "Das Umfeld erwartet viel. Der Trainer und ich versuchen, die Euphorie zu bremsen. Was aber nach neun Punkten aus drei Spielen zugegeben schwer fällt." Olaf Janßen: “Die Mischung zwischen Jung und Alt ist in Ordnung. Jeder von uns spürt, dass wir was erreichen können, wenn wir weiter geschlossen auftreten.“
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