Eintracht Frankfurt -
Fortuna Düsseldorf |
2. Bundesliga 1997/1998 - 1. Spieltag
3:2 (1:1)
Termin: Fr 25.07.1997 19:15
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Alfons Berg (Konz)
Tore: 1:0 Thomas Epp (5.), 1:1 Macchambes Younga-Mouhani (27.), 1:2 Igor Dobrowolski (59.), 2:2 Urs Güntensperger (63., Foulelfmeter), 3:2 Marco Gebhardt (82.)
Eintracht Frankfurt | Fortuna Düsseldorf |
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Ein hervorragender Auftakt “Angespannt, keine Mannschaft weiß, wo sie steht“, erklärt Präsident Heller zu seiner Gefühlslage vor dem Start der Eintracht in der zweiten Saison im Unterhaus, die sogleich mit einem Heimspiel gegen den Bundesligaabsteiger aus Düsseldorf beginnt. Immerhin sind sie diesmal nach all den Wirrnissen der letzten Saison, verbunden mit einem fast kompletten Austausch des Kaders, nicht der Favorit. 14 der 18 Trainer der Zweiten Bundeliga sehen Freiburg ganz oben, aber auch die Absteiger Düsseldorf und St. Pauli sowie Mainz und der VfB Leipzig stehen auf der Liste, auf der der Eintracht allenfalls Außenseiterchancen eingeräumt werden. Dies interessiert Horst Ehrmantraut erwartungsgemäß wenig, der sich auf einen Favoriten nicht festlegen will: "Alles ist möglich, die Spielerfluktuation bei den Absteigern war sehr groß, und eine Mannschaft wie Kaiserslautern in der Vorsaison sehe ich nicht." Dafür sieht er bei seiner Eintracht etwas anderes: “Das ist eine Mannschaft, ein Team, eine Einheit. Noch funktioniert nicht alles, aber in vier bis sechs Wochen, werden sich alle Spieler gefunden haben" und ergänzt nicht minder selbstbewusst: “Die Mannschaft wird sich am Freitag zerreißen und bis zum Umfallen kämpfen. Um 19.15 Uhr brennt im Waldstadion die Luft." Zur Umsetzung dieses Vorhabens baut er auf die Stürmer, die bereits in der Vorbereitung am meisten überzeugt haben: "Mit Urs Güntensperger und Thomas Epp habe ich vorne zwei Spieler, die vom Typ her zwar völlig konträr sind, aber in der Ergänzung eine große Verstärkung für uns sind." Unterstützt werden die beiden von den Neuzugängen Zampach und Wolf auf den Außenbahnen sowie von Sobotzik, Janßen und überraschend Schur im Mittelfeld, da Kapitän Weber aufgrund von Adduktorenproblemen wie befürchtet passen muss. Keine Überraschung gibt es in der Abwehr, die aus Kutschera und Bindewald sowie Houbtchev als Libero vor Torhüter Nikolov besteht. “Unser Klub sucht nach neuen Strukturen, einem neuen Präsidenten und ein neues Image muss her. Wir brauchen keine Profilneurotiker mehr, die nur mit dem Scheckbuch winken", sagt unterdessen nicht Präsident Heller, der nur meint: "Parallelen zu unserer Situation im Vorjahr sind unübersehbar“, sondern Düsseldorfs starker Mann im Hintergrund, Heinz Heßling. Auch in Düsseldorf haben sogenannte Leistungsträger wie Koch, Anfang oder Yuran den Verein verlassen. Rudi Wojtowicz, der in der vergangenen Saison als dessen Co-Trainer Nachfolger von Ristic wurde, hat in kürzester Zeit mit dem sportlichen Leiter Frank Mill und einem Etat von immerhin 12,5 Millionen Mark eine neue, verjüngte Mannschaft zusammengestellt, deren Zielvorgabe sehr eindeutig ist: "Wir kämpfen um den direkten Wiederaufstieg, obwohl wir eine noch junge Mannschaft haben." Nach der Prognose des kicker-Sportmagazins ist das couragierte Ziel allerdings eine Nummer zu groß, zumal die Abwehr und der neue Torhüter Walther das Sorgenkind das Sorgenkind seien. Immerhin konnten sie ihren Superstar halten, der nach der Sport-Bild-Klatschkolumne “Neues von Dobrowolski“ auch im Sommer schon mal mit Pelzmantel flanieren geht und von dem Horst Ehrmantraut sagt: "Vom Typ her ist das einer wie Maurizio Gaudino. Absolut erstligareif, ein exzellenter Fußballer in der zentralen Mittelfeldrolle." Diese füllt er auch im heutigen Spiel hinter den beiden Stürmern Tibor Jancula, ein Neuzugang von Austria Salzburg sowie Macchambes Younga-Mouhani, während Frank Mill “den lieben Rudi“, der im Verein nicht wirklich viel Rückhalt genießt, gleich unter Druck setzt: "Wir wollen heute drei Punkte!" So verzichten beide Mannschaften nach dem Anpfiff durch den sehr geehrten Herrn Berg aus Konz auf eine Schnupperphase und legen sofort mit schnellen Angriffen und offenem Visier los. Nach fünf Minuten gibt es Ecke von der rechten Seite für die Eintracht, die Wolf hoch vor den Fünfmeterraum schlägt. Trotz des Getümmels kann Epp hochsteigen und die Kugel zum 1:0 für die Eintracht einköpfen. Der frühe Rückstand beeindruckt die Gäste jedoch keineswegs, im Gegenteil, immer wieder ist es der kaum zu haltende Dobrowolski, der mit viel Übersicht die Jagd auf den Ausgleich einleitet. So hat Nikolov alle Hände voll zu tun, um die Schüsse von Rietpietsch (15.) und Dobrowolski (16.) zu parieren. Glück hat er kurz darauf, als Jancula Istenic die Kugel in die Gasse spielt, der 26-jährige Slowene jedoch um Zentimeter am Kasten vorbei schießt (20.). Aber auch die Eintracht kommt zu Möglichkeiten, wobei jetzt ein Solo von Güntensperger in den Strafraum unsanft gestoppt wird. Während der Schweizer noch lautstark einen Elfmeter fordert, läuft bereits der Gegenstoß der Düsseldorfer. Younga-Mouhani bekommt die Kugel in den Lauf gespielt, dribbelt sich in den Strafraum und versenkt sie eiskalt zum 1:1-Ausgleich (27.). Weiter wogt das Spiel jetzt hin und her, keine der beiden Mannschaften gibt sich mit dem Remis zufrieden. Und nicht nur der Absteiger zeigt seine spielerische Klasse, auch bei der Eintracht läuft der Ball bereits sehenswert durch die Reihen, wobei vor allem das neue Sturmduo Epp und Güntensperger Freude beim Zuschauen bereitet und auch die Souveränität von Houbtchev beeindruckt. Es könnte auch 3:3 stehen, aber beide Teams begnügen sich mit je einem Treffer und Fortuna-Trainer Wojtowicz wirkt zufrieden, als er sagt: "Meine Elf hat schon ziemlich viel davon umgesetzt, was ich erwartet habe.“ Auch die zweite Halbzeit beginnt schnell und wieder ist es die Eintracht, die die erste Chance hat, als sich Wolf auf der linken Seite durchsetzt und die Kugel scharf in die Mitte flankt. Der Ball prallt von einem Abwehrbein ab und Güntensperger versucht es mit der Hacke, aber mit einem tollen Reflex kann Torhüter Walther parieren (48.). Ohne Atempause geht es weiter, gefährlich wird es jetzt aber auf der anderen Seite nach einem Foul im Halbfeld. Dobrowolski legt sich den Ball zurecht und zirkelt ihn aus zwanzig Metern fast aus dem Stand in den linken Torwinkel zur 2:1-Führung für die Gäste (59.). "Da wäre ich schon mit einem Punkt zufrieden gewesen", schwant dem verletzten Weber nichts Gutes, doch die Eintracht lässt sich nicht hängen und verstärkt noch einmal ihren Einsatz. Mit Erfolg, denn nur vier Minuten später wuselt sich Epp in den Strafraum und wird vom ihm bedrängenden Jack, der zuerst den Ball trifft, zu Fall gebracht. “Ich habe ihn nur minimal berührt, da hätte man nicht unbedingt umfallen müssen“, schimpft Jack, doch Schiedsrichter Berg lässt sich davon nicht beeindrucken und zeigt auf den Elfmeterpunkt. Güntensperger legt sich das Leder zurecht und verwandelt sicher zum 2:2-Ausgleich (63.). Es bleibt ein schnelles Spiel, dem Zampach auf der rechten Außenbahn ein wenig Tribut zollen muss, so dass Ehrmantraut jetzt den 19-jährigen Amstätter bringt, der ihn in der Vorbereitung mit seinen couragierten Auftritten überzeugt hat: "Er ist flexibel einsetzbar, kann offensiv und defensiv spielen und fühlt sich auch auf den beiden Außenbahnen wohl." Und sogleich zeigt er dies, indem er sich in der Hälfte der Düsseldorfer den Ball erkämpft und zu Bindewald in die Gasse spielt. Jack kommt von der Seite und kann den auf Torhüter Walther zulaufenden “Zico“ nur mit einer Grätsche von den Beinen holen, kassiert die rote Karte und muss vom Platz (72.). “Das war ein dummer Fehler“, schimpft Trainer Wojtowicz an der Linie, zumal Jack als Wiederholungstäter vom DFB wegen “grob unsportlichem Verhaltens“ für fünf Spiele gesperrt werden wird und bringt nun Unger für Younga-Mouhani, um die Abwehr zu verstärken. In der 78. Minute wechselt auch Ehrmantraut noch einmal und bringt für Wolf auf der linken Außenbahn den 23-Jährigen Vertragsamateur Gebhardt vom SC Verl, der erst am Donnerstag seine Spielberechtigung vom DFB erhalten hatte und sich sofort nahtlos einfügt. "Ich bin sprachlos, einfach nur sprachlos", sagt Gebhardt nur vier Minuten später, denn im Zusammenspiel mit Güntensperger zieht er in den Strafraum, um die Kugel zur 3:2-Führung ins Netz zu hauen (82.). Für das kicker-Sportmagazin ist er damit der “Mann des Tages“ und wird prompt gefragt, woran er nach seinem Traumeinstand gedacht habe. “An Rainer Falkenhain, der bis Donnerstag um meine Spielberechtigung gekämpft hat“, erklärt der 24-jährige Vertragsamateur. Düsseldorf reagiert sofort und bringt mit Judt und Tare zwei frische Offensivkräfte ins Spiel. Aber im Mittelfeld bleibt die Eintracht souverän und hat jetzt den Raum für Konter, den Güntensperger, der den Ball an den Innenpfosten schlenzt und Gebhardt in der Schlussphase aber nicht nutzen können. Es spielt keine Rolle mehr, denn unter dem lautstarken Beifall der Zuschauer, die die Eintracht schon lange nicht mehr so haben spielen sehen, pfeift Herr Konz aus Berg, der tatsächlich zum besten Bundesligaschiedsrichter der vergangenen Saison gewählt wurde, das Spiel ab. Wie von Horst Ehrmantraut versprochen, haben sie bis zum Umfallen gekämpft, bedanken sich bei den Fans mit kollektiven “Divern“, um dafür mit langanhaltenden Jubelchören verabschiedet zu werden.
Horst Ehrmantraut: "Es war ein sehr gutes Zweitliga-Spiel und ich bin sehr glücklich darüber, wie dieser Sieg zustande kam und wie viel Druck wir nach dem Rückstand aufgebaut haben. Aber ich warne davor, Euphorie aufkommen zu lassen. Es ist nur ein Baustein von 34 gewesen. Wir dürfen jetzt nicht abheben und werden auf dem Teppich bleiben. Denn ich habe auch unheimlich viele Fehler bei uns gesehen. Wir hatten im Defensivbereich Probleme, was mache ich nur, wenn Kutschera oder Bindewald mal längerfristig ausfällt.“ Rudolf Wojtowicz, Trainer Düsseldorf: “Nicht aufgrund unserer Taktik, durch einen einzigen Fehler haben wir einen Spieler und das Spiel verloren, schlimmer kann es nicht kommen. Die Mannschaft hat insgesamt spielerisch überzeugt.“ Ralf Weber: "Der Hauptgrund für diesen Auftritt ist, dass die Mannschaft sich als eine Einheit präsentiert und nicht jeder nur versucht, dass er allein positiv herauskommt. Im letzten Jahr war das vom Charakter her noch katastrophal.“ Thomas Epp: “Wir funktionieren auch ohne Stars. Heute standen die Zeichen auf Sturm, da kam einfach alles zusammen. Wir haben bis zum Umfallen gekämpft, darüber zu unserem Spiel gefunden und Tore geschossen. Zudem passt es bei uns im Sturm, Urs ist der schnelle Konterspieler, der oft auf die Außenpositionen ausweicht und ich habe meine Stärken ganz klar im Strafraumspiel.“
“Die wollten mich unbedingt haben, und zwar jetzt und gleich.“ Kurz nach dem Spiel bittet Rainer Falkenhain, der seit 1985 als Lizenzspielerbetreuer für die Eintracht tätig ist und sich um die Organisation rund um den Spielbetrieb kümmert, Präsident Heller um die vorzeitige Auflösung seines Vertrages. Nach diesem “Alptraumjahr 1996, das nie enden wollte und bei dem irgendwie auch ein Mythos gestorben ist“, will er sich verändern und nimmt ein für ihn lukratives Angebot als Lizenzspielerbetreuer beim Bundesligisten 1860 München an. "Einen alten Baum verpflanzt man nicht, ich
habe den Eintracht-Adler im Herzen", erzählt er im Jahr
2008 über diese Zeit, als er bereits vier Wochen später
wieder an den Main zurückkehrt, just zum Leiter der Lizenzspielerabteilung
befördert wird und in den kommenden Jahren noch einiges zu verkraften
hat: "Die Eintracht ist für mich ein Riesenglücksfall.
Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Wie viele Menschen können
das behaupten?" (tr)
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