Eintracht Frankfurt - Fenerbahce Istanbul

Freundschaftsspiel 1997/1998

3:0 (2:0)

Termin: 04.07.1997
Zuschauer: 4.985
Schiedsrichter: Merk (Kaiserslautern)
Tore: 1:0 Urs Güntensperger (31.), 2:0 Thomas Sobotzik (41.), 3:0 Hakan Cengiz (73.)

 

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Eintracht Frankfurt Fenerbahce Istanbul

 

 

Wechsel

Wechsel

  • Sahin für Feuzi (46.)
  • Sancakli für Ilie (46.)
  • Dormus für Erol Bulut (60.)
  • Günes für Jay-Jay Okocha (60.)
  • Koraca für Bolic (60.)
  • Akbas für Okechukwu (63.)

Trainer

Trainer

  • Otto Baric

 

Der türkische Meister gibt Grund zum Klagen

Neun Tage sind sie bereits im Training und nachdem gestern für die 23 Profis nebst dem Betreuerteam der Fototermin für die offiziellen Mannschaftsbilder auf dem Programm steht, folgt heute der nächste Härtetest. Im Rahmen ihres sogenannten Kooperationsabkommens hat die Eintracht mit dem türkischen Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer Fenerbahce Istanbul ein Freundschaftsspiel im Waldstadion vereinbart. Eigentlich sollte der Gegner ein Zuschauermagnet sein, zumal Jay-Jay Okocha, der im Juli 1996 nach dem Abstieg nach Istanbul wechselte, bei den Sari Kanaryalar (“gelbe Kanarienvögel“) in der Startaufstellung stehen wird.

Doch inzwischen ist den Frankfurtern weniger nach Zauber- als vielmehr nach solider Kleinkunst, so dass sich nur knapp 5.000 Zuschauer, darunter auch Anthony Yeboah, an diesem Freitagabend im Waldstadion verlieren, von denen sich die meisten farbenfroh als Anhänger der türkischen Mannschaft zeigen. Ebenfalls in der Startaufstellung von Trainer Otto Baric, der in der kommenden Saison von Ex-Eintrachtspieler Joachim “Jogi“ Löw abgelöst werden wird, steht der 22-jährige Abwehrspieler Erol Bulut. Dieser spielte in der Jugend sowie unter Amateurtrainer Rudi Bommer bei der Eintracht, bevor er an den Bosporus wechselte und mit Fenerbahce 1996 die türkische Meisterschaft feiern konnte. Noch ahnt es keiner, doch im Rahmen des “ISPR-Reichtums“ wird Bulut 1999 zur Eintracht zurückgeholt, wo er aber nur traurige Berühmtheit beim pünktlichen Abholen seiner Gehaltschecks erlangen wird.

Bei der Eintracht des Horst Ehrmantraut werden hingegen noch ein Verteidiger und ein Stürmer gesucht, die allerdings ablösefrei sein müssen, betont Schatzmeister Patella: "Ich habe in dieser Hinsicht alles blockiert. Ein größeres Risiko, als wir es bereits eingegangen sind, ist nicht drin." Denn bereits jetzt haben die Frankfurter ca. 1,3 Millionen Mark mehr aus Eigenmitteln investiert, als ihnen vom DFB bei Lizenzerteilung gestattet wurde, so dass die geplante Verpflichtung von Pichont sich ebenso zerschlagen wird wie die Leihe von Stürmer Carsten Lakies von den Bayern-Amateuren, der zu Hertha BSC wechselt.

Immerhin kann die Eintracht zwei nigerianische U 18-Nationalspieler zunächst für die Amateure verpflichten. Der 17-jährige Nduka Anyanwu wird den Durchbruch bei der Eintracht nicht schaffen und wechselt im Jahr 2000 nach 84 Einsätzen für die Amateure nach Chemnitz. Traurige Bekanntheit erreicht er, als er bei einem Spiel für den Bezirksligisten SV Geinsheim im Jahr 2010 auf dem Platz an Herzversagen stirbt. Der zweite 17-Jährige ist Henry Onjema Nwosu Nwosu, der jüngere Bruder von Nwosu Kanu, der bei Inter Mailand spielt. Nwosu schafft es in der Winterpause in den Profikader. Doch aufgrund seines Alters verweigert der Hessische Fußballverband trotz aller Proteste die Freigabe, so dass er erst in der Folgesaison zum Einsatz kommen wird.

Doch zurück ins Waldstadion, wo Horst Ehrmantraut heute in der Abwehr auf Routine setzt und vor Ersatzkeeper Schmitt mit Libero Houbtchev sowie Bindewald und Kutschera als Manndecker beginnen lässt. Auf den Außenbahnen agieren Neuzugang Zampach auf rechts sowie Wolf auf links und hinter den beiden Spitzen Güntensperger und Epp soll Sobotzik in die Fußstapfen von Gaudino treten. Keine Fußstapfen hinterlässt hingegen der mit roten Tretern spielende Okocha bei den Zuschauern. Ein, zwei schöne Tricks, doch ansonsten bleibt er zunächst unauffällig, während der türkische Vizemeister das Spiel zwar bestimmt, aber keinen rechten Zug zum Tor entwickelt. Vor allem die Abwehr um Houbtchev macht dem Trainer Freude, denn außer ein paar Weitschüssen, die Torhüter Schmitt nicht vor allzu große Probleme stellen, lässt sie nichts zu.

Im Spiel nach vorne wirkt die Eintracht allerdings überfordert und kann sich kaum im Mittelfeld freispielen, kommt immerhin aber zu zwei Kontern, die sie eiskalt ausnutzt. Zunächst setzt sich Zampach auf der rechten Außenbahn durch und spielt den Ball flach in den Strafraum. Torhüter Feuzi kann die Kugel nicht festhalten und Güntensperger bedankt sich mit dem 1:0 für die Eintracht (31.).

"Ich bin ein Frankfurter Junge. Es ist schon immer mein Traum gewesen, als Profi bei Eintracht Frankfurt zu spielen. Als ich Vierzehn war, habe ich mich mit den Freunden vom Fanclub FC Everton am Kiosk getroffen, um mit der S-Bahn ins Stadion zu fahren, wo ich mich im G-Block nicht immer gut benommen habe. Ich gehöre zur Bomberjacken-Generation und ich komme vom Frankfurter Berg", erzählt der 27-jährige Zampach, der vom SV Wehen kam und zehn Minuten später noch einen drauf legt.

Erneut setzt er sich bei einem Konter durch und kann flach in die Mitte flanken. Drei Abwehrspieler bekommen den Ball nicht unter Kontrolle, wohl aber Sobotzik, der ihn zum 2:0 im Netz versenkt (41.). "In Frankfurt habe ich etwas gutzumachen“, meint der 22-Jährige, der in der Eintracht-A-Jugend mit Anicic, Hagner und Becker spielte, aber bei den Profis den Konkurrenzkampf mit Okocha, Gaudino oder Doll scheute und daher 1995 nach St. Pauli wechselte.

In der zweiten Halbzeit kommen bei der Eintracht Nikolov für Schmitt sowie der ein wenig pummelig wirkende 22-Jährige Albaner Edi Martini zum Einsatz, der unter besonderer Beobachtung des Trainers steht. Am Spiel ändert sich hingegen nicht viel, Fenerbahce bleibt spielbestimmend und ungefährlich, während die Eintracht sich allzu sehr aufs kontern beschränkt. So wechselt Horst Ehrmantraut nach gut einer Stunde fast die halbe Mannschaft aus, um den jungen Spielern Gelegenheit zu geben, sich auszutoben.

Was zumindest der Vorjahrestorschützenkönig der Regionalliga Nord, Hakan Cengiz, zur Zufriedenheit ausnutzt. Nachdem er bei einem erneuten Konter im Sechszehner zu Fall gebracht wird, schnappt er sich die Kugel selbst und verwandelt den fälligen Strafstoß zum 3:0 (73.). Bei der Eintracht peilt er nach eigenem Bekunden “zehn bis fünfzehn Tore“ an, was ihm allerdings nicht ansatzweise gelingen wird. Seinen Torriecher vermissen lässt er jedenfalls in der 85. Minute, als Torhüter Sahin seinen Elfmeter parieren kann. So endet das vor allem von Istanbul enttäuschend geführte Spiel mit 3:0 für die Frankfurter und hinterlässt neben den nicht gerade begeisterten Zuschauern einen sehr höflichen Anthony Yeboah, der meint: "Wenn die Eintracht so weiterspielt, ist sie bald wieder in der Bundesliga."

Zunächst aber bricht der Eintracht-Tross um Horst Ehrmantraut und Betreuer Rainer Falkenhain nach Tirol auf, um ein neuntägiges Trainingslager in Seefeld zu absolvieren.


Die Eintracht verklagt Fenerbahce Istanbul

Einmal mehr kommen einige der sonderbaren und dunklen Vereinbarungen ans Tageslicht, die die Eintracht unter Präsident Ohms und Manager Hölzenbein mit ihren Spielern abgeschlossen hat. So erhielt Okocha neben seinem Arbeits- und einem Werbevertrag zusätzlich Ende September 1995 auf der Geschäftsstelle am Riederwald einen Verrechnungsscheck über 850.000 Mark als zinsloses Darlehen. Okocha verpflichtete sich, dieses in Raten bis Juni 1998 zurückzuzahlen. Fenerbahce Istanbul wiederum hatte bei der Verpflichtung von Okocha im Juli 1996 zugesagt, für den noch offenstehenden Betrag von 578.000 Mark aufzukommen, verweigert aber bislang alle Zahlungen und vertritt nun die Auffassung, bei dem ursprünglichen Betrag habe es sich um ein Handgeld gehandelt und nötigt Okocha gar, eine entsprechende Erklärung abzugeben.

"Der Vertrag ist eindeutig, aber im Ergebnis kompliziert", sagt DFB-Ligasekretär Holzhäuser, der ebenfalls eingeschaltet wird, während Schatzmeister Patella den "Fall Okocha" als eine "sehr brisante Geschichte aus der Vergangenheit" bezeichnet. Beim Aufeinandertreffen im Waldstadion mimen die Offiziellen beider Vereine vor den Kameras zwar die Freundschaft und ein Vertreter von Fenerbahce betont: “Wir unterhalten uns über eine freundliche Lösung", aber Verwaltungsratsmitglied Professor Schiedermair hat bereits die Klageschrift vorbereitet, die tatsächlich eine Woche später beim Landgericht Frankfurt eingereicht wird. Erst Ende Oktober 1998 kommt es zu einem Vergleich, nach dem Fenerbahce Istanbul sich verpflichtet, 428.000 Mark inklusive Zinsen an die Eintracht zu bezahlen.


Die “kicker-Prognose“: Die Abwehr ist sattelfest, aber “Ehre“ sucht noch einen Torjäger

Drei Tage nach dem zweiten Testspiel nimmt das kicker-Sportmagazin die Eintracht unter die Lupe und kommt zu dem Schluss, dass die Stärke des Teams vor allem in der Abwehr mit Oka Nikolov und den festen Säulen Houbtchev, Bindewald und Kutschera liegt. Ein Problem könne die Spielerfluktuation und das damit verbundene noch fehlende Spielverständnis, die Verletzungsanfälligkeit von Spielern wie Epp und Weber sowie die mangelhafte Durchschlagskraft im Sturm sein, schreibt der kicker und resümiert: “Nur wenn alles optimal läuft, kann die Eintracht bereits in dieser Saison den Aufstieg packen. Der neu zusammengestellte Kader verspricht mehr Stabilität in den Leistungen, muss aber schnell zu einer Einheit werden.“ (tr)

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