Eintracht Frankfurt - ASK Rostow

Europapokal der Pokalsieger 1981/1982 - Achtelfinale, Rückspiel

2:0 (1:0)

Termin: 04.11.1981
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Hunting (England)
Tore: 1:0 Bruno Pezzey (3.), 2:0 Werner Lorant (59., Elfmeter)

 

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Eintracht Frankfurt ASK Rostow

 


  • Radajew
  • Andrjutschenko (85.)
  • Gontscharow
  • Barketow
  • Jaschin
  • Gusew
  • Romantschuk
  • Kurjatnikow
  • Pilipko
  • Andrejew
  • Worobjew

 

Wechsel Wechsel
Trainer Trainer
  • Wladimir Fedotow

 

Erst gezaubert, dann gezittert

Die Frankfurter Eintracht macht die Spiele im Europapokal bis zur letzten Sekunde spannend wie Hitchcock-Krimis: Mit einem 2:0 (1:0) über SKA Rostow qualifizierte sich der deutsche Pokalsieger für das Viertelfinale im Europacup. Erst waren die 30.000 Zuschauer im Waldstadion entzückt, erlebten eine Stunde lang eine spielerisch glänzende und großartig kämpfende Eintracht, wie lange nicht mehr. Doch das 2:0, das nach der 0:1-Niederlage vom Vorspiel reichte, erzielt durch ein Blitztor von Bruno Pezzey und einen von Werner Lorant verwandelten Foulelfmeter, geriet in den letzten zehn Minuten noch einmal In akute Gefahr. Die Russen brauchten nur ein Tor zu erzielen und die Eintracht wäre draußen gewesen. Und Rostow setzte alles auf eine Karte und stürmte. In der 81. Minute war es soweit, stockte den 30.000 der Atem, als der Ball im Eintracht-Netz zappelte. Doch der englische Schiedsrichter John Hunting erkannte das Tor wegen Abseits trotz der heftigsten und wildesten Proteste der Russen nicht an. Dann wurde es bis zum Schlußpfiff turbulent in beiden Strafräumen, Andruschtschenko wurde nach einem schweren Foul an Lorant vom Platz gestellt. Pezzey, Körbel, Lorant, Neuberger, Falkenmayer und eine Stunde lang Bernd Nickel als Regisseur waren die besten Spieler der Eintracht, die nach diesem Erfolg nun wieder etwas besseren Zeiten entgegensehen kann.

Die Sympathiekundgebungen für Bruno Pezzey waren noch nicht verklungen, da hatten die Zuschauer erneut Anlaß, ihrem Liebling, den die Bayern der Eintracht abspenstig machen wollen, zuzujubeln. In der 3. Minute machte Bruno Pezzey das 1:0, glich den Rückstand von Rostow aus. Welch ein Auftakt! Vorausgegangen war ein Foul des rabiaten Russen Kurjatnikow (er erhielt später die gelbe Karte) an Bum Kun Cha. Bernd Nickel trat den Freistoß von der linken Seite und Pezzey verlängerte den Ball mit der Hacke akrobatisch ins Tor.

Auf der linken Seite, da war die Eintracht stark! Von hier drohte den Russen die meiste Gefahr durch den rasanten Willi Neuberger, durch Bernd Nickels überraschende Ideen und durch Ralf Falkenmayers Spritzigkeit. Aber auch Bum Kun Cha spielte explosiv und selbstbewußt wie lange nicht mehr. Und da Pezzey—Körbel wie gewohnt der Eintracht Rückhalt gaben, vor allem Lorant im Mittelfeld rotierte und auch Lottermann ein großes Laufpensum absolvierte, spielte die Eintracht in den ersten 45 Minuten drückend überlegen. Sie spielte ideenreich wie lange nicht mehr. Und was fehlte, war bis zur Pause eigentlich nur das 2:0.

Ronnie Borchers, obwohl noch nicht wieder hundertprozentig fit, war nach fünfwöchiger Pause wieder dabei. Dafür aber fehlte zur allgemeinen Überraschung Norbert Nachtweih. Die Begründung von Trainer Lothar Buchmann: „Durch die Sperre ist Norbert noch nicht wieder in Bestform.“ So erhielt Rekonvaleszent Bernd Nickel von Anfang an den Vorzug und der Regisseur brachte auch die zuletzt arg vermißte Linie ins Spiel.

Die größten Chancen zum 2:0 hatte Stefan Lottermann in der 34. und 38. Minute nach herrlichen Doppelpässen mit Bruno Pezzey und Bernd Nickel. Dazwischen reagierte Bum Kun Cha blitzschnell bei einer verunglückten russischen Rückgabe, kam gegen den großartigen Rostower Torwart aber um den Bruchteil einer Sekunde zu spät.

SKA Rostow hatte vor der Pause nur eine Gelegenheit, auch nur in die Nähe einer Torchance zu kommen, als Jaschin in der 9. Minute einen 16-Meter-Schuß knapp über das Tor zog. Gefährlich wurden die Gäste erst, als für sie schon fast alles verloren war. Ihre beste Möglichkeit kam in der 58. Minute, als Andrejew an den Pfosten köpfte.

Zu diesem Zeitpunkt war, wie sich nachher herausstellte, die Entscheidung aber bereits gefallen. In der 55. Minute hatte Willi Neuberger eine hohe Flanke nach innen geschlagen, Bruno Pezzey mit dem Kopf verlängert, und als Ronald Borchers den Ball ins Tor schießen wollte, wurde er umgerissen. Den fälligen Elfmeter verwandelte Werner Lorant ganz sicher zum 2:0.

Der einstündige Sturmlauf hatte die Eintracht viel Kraft gekostet. Nun, nach diesem zweiten Tor, war dies zu bemerken. Als erste bauten die Rekonvaleszenten Ronnie Borchers und Bernd Nickel ab. Sie wurden dann auch gegen Norbert Nachtweih und Joachim Löw ausgetauscht. Norbert Nachtweih allerdings enttäuschte maßlos, wirkte pomadig und spielte unkonzentriert.

Die Gäste aus Rostow kamen besser ins Spiel, drückten die Eintracht in die eigene Hälfte; und genau zehn Minuten vor dem Abpfiff die ganz große Schrecksekunde für die Eintracht. Worobjew hatte mit einem 18-Meter-Schrägschuß Jürgen Pahl überwunden, der Ball lag im Netz, es stand 2:1. Schiedsrichter Hunting aber entschied auf Abseits. An der Fünfmeterraumlinie soll ein russischer Spieler gestanden haben. Großes Aufatmen im Stadion, die Gäste aber konnten diese Entscheidung natürlich nicht verstehen.

Direkt nach diesem Pfiff gab es für Andrejew die gelbe Karte wegen Meckerns und Minuten später, völlig verdient und völlig gerecht, die rote Karte für Anduschtschenko. Der Russe hatte den davonziehenden Werner Lorant mit einem ganz üblen Tritt von den Beinen geholt.

Die Eintracht beschränkte sich nicht nur aufs Abwehren, sie konterte weiter gefährlich, schaffte es aber einfach nicht, das beruhigende dritte Tor zu schießen. Selbst in der 90. Minute, als Bum Kun Cha ganz allein vor Radajew stand, fiel es nicht. Der Koreaner schoß scharf, der russische Torwart war mit der Faust am Ball und lenkte ihn um den Pfosten. Dann aber endlich war das Zittern vorbei. Nach Ralf Falkenmayers letztem Eckball pfiff John Hunting aus England die Partie ab.

Die Meinungen der Trainer

Der russische Trainer Vladimir Fedotow schimpfte nach dem Spiel lautstark auf den Schiedsrichter und machte ihn für das Ausscheiden seiner Mannschaft verantwortlich. Fedotow: „Es ist schwer zu gewinnen, wenn man gegen 12 Mann spielt. Als das noch nicht reichte, wurden wir vom Schiedsrichter sogar noch auf zehn reduziert. Solche Unparteiischen pfeifen bei uns nicht mal in der dritten Liga. Die Eintracht war kampfstark besonders vor der Pause. Meine Mannschaft hat erst nach dem 2:0 auf Risiko und dann auch gut gespielt.“

Lothar Buchmann führte den Sieg der Eintracht vor allem auf die geschlossene Mannschaftsleistung und auf die Unterstützung des Publikums zurück. Buchmann: „Das war ja ein ganz neues Gefühl für uns, denn das Publikum hat wie ein Mann hinter der Eintracht gestanden. Dafür vielen Dank. Aufgrund dieses Echos von den Rängen haben wir vor allem in der ersten Halbzeit ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Der hervorragende Torwart und das riesige Glück bewahrten Rostow in dieser Phase vor einer höheren Niederlage. Nach dem 2:0 haben wir dann leicht Nerven gezeigt, aber das ist in der Situation des Vereins ja auch verständlich. Das nicht gegebene Tor war klar abseits, die Fahne des Linienrichters war lange vorher hoch. Von heute können wir einiges in die Zukunft mitnehmen, vor allem die Begeisterung der Mannschaft und des Publikums. Deshalb Kompliment an alle Spieler, ich will keinen herausheben. Nickel und Borchers wurden ausgewechselt, weil der Kräfteverschleiß sichtbar wurde, und nicht etwa, weil sie schlecht gespielt hätten. Ende gut, alles gut, unser Sieg ist sicher mehr als verdient.“ (Abendpost-Nachtausgabe)

 

 

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