Hannover 96 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2007/2008 - 28. Spieltag

2:1 (1:1)

Termin: Samstag 12.04.2008, 15:30 Uhr
Zuschauer: 38.104
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 0:1 Marco Russ (27.), 1:1 Sergio Pinto (35.), 2:1 Christian Schulz (89.)

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Hannover 96 Eintracht Frankfurt

  • Robert Enke
  • Steven Cherundolo
  • Valerien Ismael
  • Frank Fahrenhorst
  • Vinicius Bergatin
  • Christian Schulz
  • Altin Lala
  • Sergio Pinto (61.)
  • Jiri Stajner
  • Szabolcs Huszti
  • Mike Hanke

 


 

Wechsel
  • Vahid Hashemian für Frank Fahrenhorst (46.)
  • Konstantin Rausch für Mike Hanke (68.)
  • Gaetan Krebs für Szabolcs Huszti (90.)
Wechsel
Trainer
  • Dieter Hecking
Trainer

 

Ein Blackout und ein weißes Loch

"Die Punkte, die wir gegen Nürnberg verloren haben, wollen wir in Hannover zurückholen“, gibt sich Friedhelm Funkel vor dem Spiel gegen den Tabellen-10. aus Hannover kämpferisch, auch wenn er wieder mit einem von Taktik geprägten Spiel rechnet. Dies sieht auch 96-Trainer Hecking so: “Die Eintracht ist eine sehr kompakte Einheit, gegen die man vorsichtig sein muss, da sie es verstehen, den Gegner ausgezeichnet auszukontern. Ich erwarte ein interessantes Spiel.“ Hoffentlich ist dies keine Warnung, denn das 0:0-Hinspiel im Waldstadion war, wie der inzwischen zu Schalke abgewanderte Streit damals sagte, “ein grausamer Kick“.

Doch heute steht eine andere Mannschaft auf dem Platz als im Oktober, auch wenn einer sein persönliches Comeback in der Rückrunde feiern kann. Markus Pröll steht nach vier Monaten Verletzungspause wieder im Tor der Eintracht, denn er ist, so Trainer Funkel, “bei 1.000 Prozent“. Zudem hat sich Oka Nikolov im Training eine Oberschenkelverletzung zugezogen, so dass die Entscheidung für den Torhüterwechsel nicht schwer fällt. Nach der 3:1-Niederlage gegen Nürnberg ist auch der zuletzt angeschlagene Galindo für Vasoski dabei, zudem ersetzen Inamoto und Toski den verletzten Weissenberger sowie Caio.

Auch Dieter Hecking muss sein Team nach dem 2:3 in Wolfsburg ändern, denn Bruggink und Balitsch fallen verletzungsbedingt aus. Für die beiden spielen heute Schulz sowie, nach seiner abgesessenen Rotsperre, Mike Hanke, der richtig heiß auf seinen Einsatz ist. “Wenn er brennt, soll er brennen. Er soll das machen, was man halt von einem Stürmer erwartet“, sagt Hecking trocken.

Aber bei bestem Frühlingswetter ist es zunächst die Eintracht, die die Partie bestimmt und die Niedersachsen nicht ins Spiel kommen lässt. Bereits im Mittelfeld werden die Räume ganz eng gemacht, und wenn die Adler an das Leder kommen, dann geht es ganz schnell mit direkten Pässen, immer wieder über die Außenbahnen durch Fenin, Toski und Köhler. Kein Wunder, dass die Adler die ersten Chancen durch einen Kopfball von Fenin (3.) und Fink nach einem wunderbaren 40-Meter-Pass von Galindo haben (5.). Erst nach 15 Minuten hat Hannover die erste Möglichkeit durch einen Freistoß von Huszti von der rechten Seite. Der Ungar tritt das Leder in den Strafraum, Ismael löst sich von Russ und trifft. Aber vergeblich gejubelt, Ismael stand knapp einen Meter im Abseits und der Linienrichter hat dies sofort gesehen.

Danach hat Markus Pröll wieder Gelegenheit, das schöne Spiel der Eintracht zu bewundern, diesmal über Fenin, der sich auf der rechten Außenbahn gegen Vinicius durchsetzt und das Leder in den Strafraum auf Amanatidis flankt. Doch der Kapitän verpasst den Ball um Barteslänge (23.) genau wie Michael Fink nur eine Minute später. Aber weiter sind es nur die Adler, die für Stimmung sorgen, auf dem Platz und erst recht auf den Rängen. Es gibt Ecke von der linken Seite, Toski schlägt das Leder in den Strafraum, ein großes Getümmel und Ismael verlängert das Leder mit dem Kopf genau auf Russ. Der bedankt sich artig und zimmert das Leder aus kurzer Distanz mit einem unhaltbaren Aufsetzer ins Netz. Das 1:0 für die Eintracht (27.).

Und weiter geht es mit der Eintracht, erneut wird ein Angriffsversuch der Niedersachsen unterbunden, Köhler verlängert auf Spycher, den es wieder einmal nicht in der eigenen Hälfte hält und der Schweizer flankt auf den sich freilaufenden Amanatidis in den Strafraum. Der Kapitän steigt hoch und kann alles klar machen, doch sein Kopfball geht knapp am Pfosten vorbei (29.). Nur fünf Minuten später, wieder kontern die Adler die behäbigen Niedersachsen schön aus, diesmal über Michael Fink, der in Richtung Strafraum rennt, er könnte auf Fenin oder Köhler quer passen, doch er will es selbst machen. Nicht mit einem überlegten Schlenzer, nein, mit Brachialgewalt haut er das Leder auf das Tor, doch Enke kann den Ball nach vorne abwehren und den nachfolgenden Kopfballversuch von Köhler parieren (34.).

Kurz darauf probiert es Hannover doch einmal nach vorne, das Leder kommt zu Pinto, der von Inamoto vor dem Strafraum bedrängt wird. Galindo und Russ schauen entgeistert zu, wie der 27jährige Portugiese mit einer schnellen Körperdrehung Inamoto ins Leere laufen lässt und aus spitzem Winkel einfach abzieht. Markus Pröll streckt sich, doch der Ball landet im linken Toreck. Das zu diesem Zeitpunkt unverdiente 1:1 (35.) stellt den Spielverlauf wirklich auf den Kopf.

Doch hiervon lässt sich die Eintracht nicht beirren, weiter geht es mit viel Druck nach vorne, aber zu einer guten Torgelegenheit kommt es bis zur Halbzeit nicht mehr. Dennoch sind die mitgereisten Frankfurter Fans und Trainer Funkel hochzufrieden: "In der ersten Halbzeit haben wir fantastisch gespielt, besser geht es auswärts nicht." Nicht ganz so glücklich wird wohl Dieter Hecking mit seinem Team in der Pause gewesen sein, denn er stellt um. Für Fahrenhorst kommt Hashemian in die Mannschaft, Vinicius rückt in die Innenverteidigung und Schulz vom defensiven Mittelfeld auf die linke Außenverteidigerposition.

Nicht nur die taktische Umstellung zahlt sich für die Niedersachsen aus. Insbesondere Hashemian ist zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht zu halten, die Abwehr der Adler wirkt ob des plötzlichen iranischen Wirbelwindes, der sich gleich zu Beginn zwei gute Chancen erspielt (46., 48.), sichtlich überrascht. Aber auch die Eintracht spielt weiter gut nach vorne, diesmal über Toski, der Amanatidis in den Lauf spielt, doch der Kapitän scheitert am bärenstarken Torhüter Enke (50.).

Dann die 61. Spielminute, bei einem Zweikampf auf Höhe der Mittellinie foult Toski Sergio Pinto unnötig hart. Der Portugiese revanchiert sich noch im Liegen mit einem Tritt in den Unterleib von Toski, keine 5 Meter davon ist Schiedsrichter Kinhöfer entfernt. Klare Konsequenz für Pinto, der bereits am 18. Spieltag de Jong vom HSV mit einem solchen Tritt bedachte: Er kassiert Rot. Das DFB-Sportgericht sperrt ihn daraufhin für fünf Spieltage. Vereinsintern wird Pinto sogar bis zum Saisonende ausgeschlossen. Da nützt auch die Tags darauf erfolgte Entschuldigung an Toski sowie die Selbsterkenntnis nichts: "Da gibt es gar nichts schön zu reden, ich hatte einen Blackout."

Den haben in den Minuten danach leider auch die Adler, denn anstatt geordnet ihre Chancen gegen die dezimierten Niedersachsen zu suchen, wird der Ball ein ums andere Mal wild nach vorne geschlagen, Ochs und immer wieder Spycher rücken bei den Angriffsversuchen weiter nach vorne als Torhüter Pröll lieb ist. Auch Friedhelm Funkel sieht dies und gestikuliert immer wieder in Richtung Spielfeld, aber "von Außen hat man kaum noch Einfluss, es ist doch viel zu laut im Stadion." So wechselt er in der 68. Minute Toski aus, der heute sehr müde wirkt, und bringt nicht Weissenberger, Vasoski oder Caio, sondern Mantzios als dritte Spitze, Amanatidis rückt dafür noch mehr auf die linke Außenbahn.

Doch das Spiel der Adler wird hierdurch nur hektischer, große Lücken klaffen nun im Mittelfeld und der Ball wird immer wieder weit und lang nach vorne geschlagen. Aber gegen die nun mit allen Mitteln kämpfenden Niedersachsen bringt dies keine Chancen. Mantzios ist gut abgeschirmt und seine Laufwege bleiben für Ismael und Fahrenhorst all zu leicht berechenbar. Unberechenbar zeigt sich der eingewechselte Grieche hingegen nach einem Foul von Lala an ihm, als er dem Albaner an die Gurgel geht und dafür nur die Gelbe Karte kassiert (74.). Glück für die Adler, denn wie Lala richtig bemerkt: „Wenn ich mich fallen lasse, zeigt der Schiri Rot.“

Die Adler stürmen weiter, sind jedoch jetzt sehr anfällig für Konter. So in der 75. Minute, als ein Ball von den Niedersachsen abgefangen wird und Huszti durchmarschiert. Aber Ochs hechtet dem Ungarn hinterher und kann in allerletzter Sekunde klären (75.). Erneut reagiert Friedhelm Funkel und bringt Mahdavikia für Inamoto, der bislang wenigstens noch ein wenig für Ordnung gesorgt hatte (78.). Der Begründung des Trainers, er sei kaputt gewesen, widerspricht der Japaner kurz und trocken: "War ich nicht."

Aber auch diese Auswechslung beruhigt das Spiel der Adler nicht, im Gegenteil, die Lücken im Mittelfeld werden immer größer. Von schwarzen Löchern hat man schon gehört, aber die „ganz in weiß“ spielenden Frankfurter demonstrieren zwischen Abwehr und Angriff ein „weißes Loch“ – kein Eintracht-Spieler weit und breit. Hannover hat nun Platz zum Reagieren und nutzt diesen auch. Patrick Ochs fasst diese Spielphase passend zusammen: "Ich weiß nicht, was uns geritten hat, so naiv da vorne rumzutoben und uns sechsmal auskontern zu lassen.“ „Rumgetobt“ hat vor allem Spycher, der immer wieder auf der linken Außenbahn nach vorne marschiert. Sein Kapitän geht unterdessen weite Wege, immer wieder probiert Amanatidis sich mal im zentralen Mittelfeld, dann wieder auf der linken Außenbahn, ohne dass dies zu einer nennenswerten Chance führt.

Es kommt, wie es wohl kommen muss: In der 89. Minute wird erneut ein Pass der Adler abgefangen und Hashemian mit einem langen Pass in Szene gesetzt. Der Iraner kommt vor dem Strafraum an das Leder, und während Galindo, Russ und Ochs ihn angreifen, spielt er das Leder in aller Seelenruhe durch die Gasse auf den sich freilaufenden Schulz, der aus sieben Metern unhaltbar für Torhüter Pröll einnetzt. Es steht 2:1 für Hannover.

Kurz darauf ist Schluss. Assistenztrainer Reutershahn sammelt seine Adler ein, damit diese vom Trainer die passenden Worte empfangen können. "Es war ein bisschen lauter, so laut habe ich den Trainer noch nie erlebt." sagt Ochs später und recht hat er, der Trainer, denn heute hat sich die Mannschaft selbst um den verdienten Lohn der ersten 60 Minuten gebracht. Die Eintracht bleibt mit 42 Punkten auf Platz 8 und am Mittwoch kommen bereits die Bayern ins Waldstadion.

Stimmen zum Spiel

Friedhelm Funkel: "Wir haben zu wenig investiert, haben sorglos gespielt und nachlässig und auch ein bisschen überheblich, das war Dummheit. Wir sind in der ersten Halbzeit mit unseren Chancen zu fahrlässig umgegangen. Besonders geärgert habe ich mich über die Leistung meiner Spieler nach dem Platzverweis für Hannover. Das Loch zwischen Abwehr und Mittelfeld war zu groß. Ich wäre mit einem Remis zufrieden gewesen. Ein Punkt ist nie zu wenig.“

Heribert Bruchhagen: "Das war wie beim Feldhandball, da lache ich mich tot, ich werde die Mannschaft zwingen, sich die zweite Hälfte auf Video anzusehen.“

Markus Pröll: "Wir hatten doch keine Grund, nachlässig zu sein. Der Ärger ist riesengroß, diese Niederlage tut richtig weh." (tr)

 

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