Hamburger SV - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1999/2000 - 14. Spieltag
1:0 (0:0)
Termin: Fr 03.12.1999 20:00
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Bernhard Zerr (Ottersweier)
Tore: 1:0 Anthony Yeboah (77.)
Hamburger SV | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Leben am Ab- und im Hintergrund Der Endspurt zur Winterpause mit drei Auswärtsspielen und nur einem Heimspiel beginnt für die Eintracht ausgerechnet beim aktuellen Tabellendritten aus Hamburg. Zudem hat der HSV in dieser Saison noch kein Heimspiel verloren, lediglich gegen Wolfsburg und Dortmund gab es ein Unentschieden. Doch Jörg Berger steht unter Druck, denn auch Präsident Heller fordert: “Bis zur Winterpause müssen mindestens 5 Punkte her.“ Verzichten muss der Trainer für dieses Ziel auf Kapitän Weber, der bereits in der kommenden Woche an der Leiste operiert werden soll. "Je früher er unters Messer kommt, desto früher kann er wieder mit der Vorbereitung auf die Rückrunde beginnen", hofft Berger, der zudem weiterhin auf Bindewald verzichten muss, der größere Adduktorenprobleme hat als zunächst befürchtet. “Ich werde keinen Betonfußball spielen lassen“, meint der Trainer vor dem Spiel, setzt aber dennoch mit Kutschera, Kracht und Schur vor Libero Janßen auf drei Manndecker. Zudem soll sich Rasiejewski vor der Abwehr ausschließlich um Hamburgs Spielmacher Cardoso kümmern. Dafür muss Dombi auf die Bank, Falk rückt auf die rechte Außenposition, um zusammen mit Gebhardt und Guié-Mien die beiden Sturmspitzen Fjørtoft und Salou mit Flanken zu versorgen. "Wir stehen vor einem richtungweisenden Spiel. Wir wollen uns oben festbeißen. Dafür ist ein Sieg die Voraussetzung", fordert hingegen HSV-Trainer Pagelsdorf für sein 100. Pflichtspiel. Nach der 2:1-Niederlage in Bremen wäre eine weitere Niederlage fatal, denn dann könnte der Rückstand auf Tabellenführer Bayern auf 6 Punkte anwachsen, zudem droht ein Abrutschen auf Platz 7 in der Tabelle. Nach der Niederlage in Bremen ändert Frank Pagelsdorf sein Team auf drei Positionen, Mahdavikia spielt für Thomas Doll auf der rechten Außenposition, Gravesen steht anstelle von Panadic im Abwehrzentrum und Hollerbach rückt wieder für Fischer auf die linke Außenbahn hinter Präger. Im Sturmzentrum vertraut Pagelsdorf weiterhin auf den inzwischen wohl 35jährigen Anthony Yeboah, obwohl dieser in Bremen den “Fehlschuss“ des Jahres hatte, als er aus 2 Metern Entfernung das leere Tor verfehlte. "Gegen die Eintracht trifft Anthony wieder", meint dazu Doll. Es ist ein stürmischer Beginn im Volksparkstadion, dies liegt jedoch fast ausschließlich an Orkantief “Anatol“, das für peitschenden Dauerregen und Böen bis Windstärke 11 sorgt. Unzumutbare Spielbedingungen, doch Schiedsrichter Zerr entscheidet nach zweimaliger Platzbegehung: "Der Rasen ist bespielbar." Sehr zum Ärger von HSV-Vorstandschef Hackmann und Trainer Berger: "Ich habe den Eindruck, dass wir mit aller Macht Spiele durchziehen müssen." So spielen die Adler in der ersten Halbzeit nicht nur gegen die Hanseaten, sondern auch gegen den Wind. Und dies gelingt in der Anfangsphase gegen die ebenfalls stürmisch beginnenden Hanseaten recht ordentlich. Rasiejewski lässt Cardoso, dem quirligen Spielmacher des HSV keinen Zentimeter Platz. Dafür ist es immer wieder Kovac, der nun die Angriffe einleitet und von Janßen kaum gehalten werden kann. Gut nur, dass die Abwehr steht, Präger kann sich kaum gegen Schur durchsetzen und Kracht begleitet Yeboah auf Schritt und Tritt. Dann endlich fährt die Eintracht einen schnellen Konter. Nach einem Pass von Guié-Mien kann sich Salou gegen Hertzsch durchsetzen und von der Strafraumgrenze abziehen, Torhüter Butt reagiert jedoch glänzend (16.). Doch das war es schon mit der Sturmherrlichkeit der Eintracht. Fahrig sind die Abspiele von Guié-Mien und auch Falk kann keinerlei Impulse nach vorne setzen. So hängen Fjørtoft und Salou völlig in der Luft, da sich auch Gebhardt nur all zu selten gegen Grammozis durchsetzen kann. Im Gegenteil, viel zu oft muss er auf der linken Abwehrseite aushelfen, denn Mahdavikia und der 29jährige Grieche tauschen immer wieder geschickt die Positionen und sorgen so für mächtig Wirbel. Für eine 100%ige Torchance reicht jedoch auch dies nicht, so dass es mit dem 0:0 in die Pause geht. Trainer Berger reagiert auf die äußerst schwache Vorstellung im Mittelfeld und bringt Heldt für Gebhardt. Doch es nützt nichts, Heldt passt sich der spielerischen Armut schnell an. Querpässe und Stockfehler bestimmen das Aufbauspiel der Adler. Jörg Berger stellt nüchtern fest: "Wir haben nach vorne zu wenig Durchschlagskraft." Eine schöne Umschreibung. In der 63. Minute reagiert er erneut und bringt Yang für Fjørtoft, der nicht eine einzige Tormöglichkeit hatte. Sechs Minuten später wechselt auch Frank Pagelsdorf und bringt einen alten Bekannten, Thomas Doll, der sich nach völlig missratenen Zeiten bei der Eintracht, als er aufgrund von Verletzungen und schwacher Form von 1994 bis 1996 lediglich zu 28 Einsätzen kam, grußlos nach Bari verabschiedet hatte. Hamburg erhöht nun immer weiter den Druck und erspielt sich Chance um Chance, immer wieder über Kovac. Es läuft die 77. Spielminute, Gravesen ist am Ball und umspielt Falk ohne Probleme, auch zum Nachsetzen scheint der 19jährige keine rechte Lust zu haben. So sprintet der 23jährige Däne zum rechten Strafraumeck und flankt in die Mitte, Kracht verschätzt sich und Nikolov bleibt auf der Linie stehen. Dafür bedankt sich Yeboah und netzt das Leder aus kurzer Distanz ein. Das 1:0 für den HSV, das bei Tony Mitleid mit den Adlern auslöst, bei denen er von 1990 bis 1995 seine beste Zeit hatte: "Wenn ich die Eintracht so spielen sehe, überkommt mich ein bisschen Wehmut, dieser Klub gehört in die Bundesliga, aber so wird es für sie ganz schwer." In der Tat. Trainer Berger wechselt zwar sofort nach dessen Fehler Falk aus und bringt Dombi (79), doch es gibt keinen Ruck, kein Aufbäumen gegen die drohende Niederlage. Das Chancenverhältnis von 12:1 und ein Eckenverhältnis von 4:1 nach 90 Minuten sprechen Bände, mit hängenden Schultern fügen sich die Adler der Niederlage. Immerhin haben auch Bielefeld und Ulm verloren, so dass die Eintracht mit weiterhin 11 Punkten auf Platz 15 bleibt. "Der Trainer kann in Ruhe weiter arbeiten", beteuert daher nach dem Spiel Präsident Rolf Heller. Berger weiß jedoch aus eigener Erfahrung, was nun bald kommen wird, bleibt aber kämpferisch: "Die Trainerdiskussion in unserer Lage ist normal. Ich mache mir persönlich um meinen Job keine Gedanken." Wohl aber Dragoslav Stepanovic, der medienwirksam auf der Haupttribüne im Volksparkstadion saß ...(tr)
"Ich bin stolz auf dieses Ergebnis", sagt Präsident Heller, nachdem der neue Schatzmeister Rainer Leben das Ergebnis für das Geschäftsjahr 1998/99 präsentiert. Die Eintracht hat dieses Jahr zwar mit einem Verlust von knapp 9 Millionen DM abgeschlossen, hiervon entfallen jedoch nur 1,6 Millionen auf die Profimannschaft, 3,3 Millionen auf die Verwaltung und der Rest auf den Amateurbereich. Zudem haben sich die Schulden von 7 Millionen auf über 14 Millionen Mark verdoppelt, Eigenkapital ist nicht mehr vorhanden. Zahlen der Eintracht Marketing GmbH werden gar nicht erst bekannt gegeben. Somit rückt der Gang der Eintracht an die Börse in weite Ferne, ergänzt Rainer Leben, der zudem die Prognosen des Präsidiums scharf kritisiert: "Wir haben eine Planabweichung bei Gewinn und Verlust von 40 Prozent, die nicht gerade Vertrauen beim DFB schaffen wird, wenn es um die Lizenzierung geht." Ansonsten hält er sich mit eigenen Aussagen zur aktuellen Situation noch merklich zurück, obwohl Daten über Sponsorengelder, TV-Einnahmen und Dauerkartenverkauf für die aktuelle Saison längst bekannt sein sollten und die Eintracht diese dem DFB regelmäßig vorlegen muss. "Es sind noch keine seriösen Projektionen möglich." Diese werden jedoch im Januar folgen, die Lunte glimmt bereits ... Auch die Demission von Präsident Heller schreitet
langsam voran. Nachdem er aufgrund eines Vetos des Verwaltungsrates
keinen Vertrag als bezahlter Sportdirektor der Eintracht bekommt,
Gehalt für einen Präsidenten im Vereinsrecht aber nicht
vorgesehen ist, erhält er für seine Tätigkeit lediglich
eine Aufwandsentschädigung in nicht bekannter Höhe. Nach
außen dementiert der Präsident die Entscheidung des Verwaltungsrates
wenig überzeugend: “Dies ist auf meinen Wunsch geschehen.
Ich werde keine Details bekannt geben. Wir haben uns aber nicht
an den Gepflogenheiten im Bundesliga-Management orientiert.“
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