SC Freiburg - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1998/1999 - 29. Spieltag
2:0 (1:0)
Termin: Fr 30.04.1999 20:00
Zuschauer: 22.500
Schiedsrichter: Dr. Markus Merk (Kaiserslautern)
Tore: 1:0 Mehdi Ben Slimane (29.), 2:0 Levan Kobiaschwili (49.)
SC Freiburg | Eintracht Frankfurt |
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Analyse (Kicker vom 02.05.1999) Personal: SC-Trainer Volker Finke nahm keine Änderungen vor, es spielte die Mannschaft, die 2:0 in Kaiserslautern gewonnen hatte. Jörg Berger ersetzte nach dem 2:2 gegen Rostock den verletzten Weber (Muskelprobleme) und Gebhardt durch Schur und Sobotzik. Taktik: Freiburg wie gewohnt mit Libero vor der Abwehr, zwei Manndeckern, die ihre Gegenspieler im Raum übernahmen, einem rochierenden zentralen Mittelfeld und (überwiegend) Kurzpaßspiel über den ganzen Platz. Bei der Eintracht rückte Kutschera in die Innenverteidigung, er spielte gegen Weißhaupt ebenso konsequent Manndeckung wie Bindewald gegen Ben Slimane. Auf den Halbpositionen im Mittelfeld waren Schur und Sobotzik defensiver aufgestellt, Bernd Schneider sollte die Offensive ankurbeln. Spielverlauf: Freiburg hatte von Beginn an deutlich mehr Ballbesitz, die Eintracht spielte vorsichtig, Motto: Defensive zuerst. Trotz ihrer spielerischen Überlegenheit schafften es die Gastgeber zunächst jedoch nicht, unmittelbare Torgefahr zu entwickeln. Nach einer Großchance durch Günes (26.) ermöglichte dann ein doppelter Aussetzer in der Frankfurter Abwehr (Schneider, Hubtchev) die Führung des Sportclubs. Eine ideale Ausgangsposition für die konterstarken Freiburger, die auch weiterhin spielbestimmend blieben und die Frankfurter auf mehreren Positionen unter Druck setzten: auf den Außen durch die angriffslustigen Kohl und Zkitischwili (gegen Pedersen und Zampach); im zentralen Mittelfeld durch die größere Laufstärke; im Sturm durch den schnellen Ben Slimane, der auch mit langen Bällen gesucht wurde und mit dem Bindewald massive Probleme hatte. Kam hinzu, daß die Freiburger Deckung mit den zweikampfstarken Diarra und Schumann äußerst stabil war. Frankfurter Angriffe, meist über Bernd Schneider aufgebaut, blieben im Ansatz stecken. Nach der Pause brachte Jörg Berger mit Westerthaler einen dritten Stürmer, Pedersen rückte für den schwachen Bindewald in die Innenverteidigung. Es blieb jedoch - auch nach dem schnellen 2:0 - bei der Frankfurter Harmlosigkeit: Yang blieb wirkungslos, Fjörtoft rackerte zwar, war aber nie torgefährlich. Auch ohne Libero (Hubtchev wurde ausgewechselt, Janßen rückte ins Mittelfeld) änderte sich daran nichts. Während die Freiburger noch einige Konterchancen vergaben, wies die Offensive der Eintracht bei Abpfiff eine ernüchternde Bilanz auf: In neunzig Minuten gab es nicht eine Torchance. Fazit: Ein verdienter Freiburger Sieg gegen einen - vor allem offensiv - schwachen Gegner. Nur noch Durchhalteparolen nach dem 0:2 in Freiburg "Wer sich schon aufgegeben hat, der hat bei mir keine Chance mehr", gab sich Jörg Berger auch am Samstagvormittag noch kämpferisch. Doch wer den Fußballprofis der Frankfurter Eintracht an diesem Tag in die Augen blickte, der mußte feststellen: Der Trainer hat dann keine Mannschaft mehr. Da war nur noch Leere, die mehr aussagte als alle Durchhalteparolen zusammen. Das 0:2 (0:1) am Freitagabend beim SC Freiburg war der sechstletzte Auftritt der Eintracht in der 1. Bundesliga in diesem Jahrtausend. Und eigentlich beginnt bereits am Dienstag gegen den Hamburger SV die Tournee der Abschieds-Schaulaufen. Zwar sind theoretisch in fünf Spielen noch 15 Punkte zu gewinnen und es sind "nur" fünf Zähler Abstand bis zum rettenden Ufer. Aber warum sollte dies einer Mannschaft gelingen, die in der bisherigen Saison den Platz gerade fünfmal als Sieger verlassen konnte? Einer Mannschaft, die nach dem unsäglichen 8. Dezember 1998, dem Tag der Entlassung von Horst Ehrmantraut, lediglich den VfL Bochum bezwingen konnte? Nein, die Tränen, die Schatzmeister Gaetano Patella nach dem Abpfiff im Dreisamstadion vergoß, die flossen nicht zu früh. "Back again" stand auf T-Shirts, die Eintracht-Fans nach dem Aufstieg vor Saisonbeginn gerne trugen. Nun können sie die Hemdchen wieder aus dem Schrank holen - die 2. Liga hat die Eintracht wieder. Jörg Berger vermeidet es zwar, über die Vergangenheit zu reden, aber auch der vor zwei Wochen verpflichtete Feuerwehrmann hat längst erkannt, daß unter seinem Vorgänger Reinhold Fanz am Riederwald nicht zielstrebig genug gearbeitet worden war. Der Geist mag noch willig sein, doch das Fleisch ist zu schwach. Selbst ein Kämpfer wie Alexander Schur, nach seiner Gelbsperre gegen Rostock eigentlich ausgeruht, ließ sich vor dem 0:2 durch Kobiaschwili (49.) von Ralf Kohl überlaufen, obwohl der Freiburger Kapitän nicht gerade als Sprinter gilt. Eingeläutet wurde die 15. Saisonniederlage durch einen "Doppelfehler" von Bernd Schneider und Petre Hubtchew. Der Mittelfeldspieler hatte einen Freiburger Einwurf zu dem Libero spitzeln wollen, doch der zog den Fuß zurück in der fälschlichen Annahme, hinter ihm lauere Oka Nikolov. Mehdi Ben Slimane bedankte sich mit dem 1:0 (29.) kaltschnäuzig für so viel Freundlichkeit. Hatte Berger, der auf den verletzten Ralf Weber verzichten mußte, seinem Team mit genauer Zuordnung wenigstens für eine halbe Stunde etwas mehr Stabilität verschafft, so war die Partie nun schon gelaufen. Selbst gegen eine höchstens durchschnittliche Freiburger Elf gab es keine eigenen Torchancen. "Wir haben unsere Grenzen gesehen", gab Berger zu und fügte an: „Spielaufbau und Abschluß sind einfach ungenügend." Was Thomas Zampach wesentlich drastischer ausdrückte: "Auch ein blinder Affe findet mal eine Banane, aber wir finden momentan weder eine Banane noch ein Korn." Jan-Aage Fjörtoft will "überhaupt nicht mehr auf die Tabelle sehen" und hat fast Mitleid mit dem neuen Coach: "Es gibt eben im Fußball keinen David Copperfield mehr. Aber ich hoffe, daß Herr Berger auch im Falle des Abstiegs bleibt. Denn in den wenigen Trainingseinheiten hat er mich überzeugt. Nur leider haben wir als Mannschaft nicht mitgezogen." Ob sich dies gegen den HSV ändern wird? "Wir haben doch nichts mehr zu verlieren", macht sich der erneut schwache Thomas Sobotzik Mut. Doch selbst Kämpfer Berger hat inzwischen erkannt: "Ich bin kein Phantast und wußte, daß ich hier eine schwere Aufgabe übernehme. Aber daß es so schwer sein wird, das habe ich doch nicht erwartet." (FNP vom 03.05.1999)
Zu großer Form ist Thomas Zampach leider erst nach dem Schlußpfiff aufgelaufen, als der ewig rackernde und wühlende Dauerläufer, in Fan-Kreisen wegen seines nimmermüden Einsatzes auch gerne "Fußball-Gott" gerufen, nach den verbliebenen Chancen auf den Klassenerhalt gefragt wurde. Da hat Zampach nicht unflott von jenem "blinden Affen" gesprochen, der hin und wieder auch "mal eine Banane findet, aber wir finden momentan weder eine Banane noch ein Korn". Ach, wäre der Zampe doch in den vorhergegangenen eineinhalb Stunden so pfiffig gewesen, womöglich sähe es dann ein bißchen rosiger aus für seinen Arbeitgeber Eintracht Frankfurt. Derweil sprach Kollege Olaf Janßen, einer, der in seiner langen Karriere auch schon bessere Augenblicke hatte genießen dürfen, von "einem sehr, sehr bitteren Moment", denn er sei "noch nie abgestiegen." Sportsfreund Jan-Aage Fjörtoft, ohnehin einer, dessen Horizont nicht an der Seitenauslinie Halt macht, war schon bei der Analyse. Im Fußball, meinte der Wortgewandte, "gibt es keinen David Copperfield, da gibt es keine Wunder." Und dann appellierte er an das Gute im Fußballer: Es solle, bitte schön, "für alle Ehrensache sein, so einen großen Verein wie Eintracht Frankfurt wieder hochzubringen." Nun mögen Frankfurter Spieler ihre Schwierigkeiten damit haben, den Ball ins gegnerische Tor zu schießen, eines aber ist ihnen nicht vorzuwerfen: daß sie die Realität schönreden. Das wäre in dieser Phase auch reichlich vermessen, fünf Punkte Abstand zum rettenden 15. Platz sind angesichts der offenkundigen Unfähigkeit, selbst gegen Mitaufsteiger und -konkurrenten mithalten zu können, nach Menschenermessen nicht mehr aufzuholen, auch wenn Kamerad Thomas Sobotzik, der seinen vielen schlechten Partien in der Vergangenheit eine weitere folgen ließ, fröhlich ausrief, nun könne man "frei aufspielen, wir haben ja nichts mehr zu verlieren." Nein, spätestens diese 0:2-Niederlage beim SC Freiburg hat offenbart, daß der Aufenthalt der Frankfurter Eintracht in der obersten Klasse nur eine Episode bleiben wird. Und das haben die maßgebenden Herren auch erkannt: Die Eintracht ist reif für die Zweite Liga. "Für die Bundesliga sind wir zu schwach", hat auch Präsident Rolf Heller einräumen müssen, "was nach vorne passiert, das ist ungenügend", hat der zu spät alarmierte Feuerwehrmann Jörg Berger hinzugefügt. Der Wille sei da, "aber die Mannschaft kann das nicht in Können umsetzen. Anspruch und Umsetzung "klaffen zu weit auseinander." Die Mannschaft bemüht sich, sie rackert und kämpft, läuft und macht und tut, und doch sieht es immer so aus, als habe der Gegner mindestens einen Mann mehr auf dem Platz. In Freiburg etwa hat eine sehr offensiv ausgerichtete Elf im gesamten Spiel, vom erneut verletzt fehlenden Kapitän Ralf Weber als "allerletzte Chance" eingestuft, trotz optischer Überlegenheit zwar "bis zur letzten Minute gegrätscht" (Heller), aber keine einzige Torchance herausgearbeitet. "Heute haben wir durchschnittlich gespielt", sagt dann frech auch noch Freiburgs Ali Günes, und hat recht damit: Die Eintracht ist selbst für schwache Teams kein ernsthafter Gegner mehr. Körperlich nicht austrainiert, spielerisch heillos unterlegen, gebeutelt durch individuelle Fehlleistungen, psychisch angeknackst durch den mittlerweile vierten Trainer und einen unschönen Managerwechsel wirkt das Team ausgebrannt, leer und am Ende der Fahnenstange angekommen. Und wenn dann die einzigen Kreativen Bernd Schneider und Thomas Sobotzik seit Wochen von der Rolle sind, wenn Leistungsträger wie Alex Schur, Tore Pedersen, Petr Hubtschew, Uwe Bindewald oder Chen Yang schwächeln, dann ist nicht mehr so viel da, was zu Hoffnung Anlaß gibt. "Daß es so schwer werden wird, habe ich nicht erwartet", stöhnte Jörg Berger, selbst dessen Durchhalteparolen ("Wer mich kennt, weiß, daß ich nie aufgebe, sonst könnten wir den Deckel schon zumachen") klingen nach 13 Tagen Amtszeit seltsam schal. Der (nur rechnerisch noch zu verhindernde) Abstieg der Eintracht ist, dessen ungeachtet, selbstverschuldet, der Rauswurf des menschlich umstrittenen Trainers Horst Ehrmantraut im Dezember - da lag die Eintracht vier Punkte vor einem Abstiegsplatz - war, im Rückblick, der entscheidende Fehler. Auf Ehrmantraut war die Mannschaft zugeschnitten, und sie glich mit Einsatz und Teamgeist die auch damals schon vorhandenen spielerischen Defizite aus. Zudem war Ehrmantraut, weil er die Spieler aus dem Effeff kannte, in der Lage, öfter als andere das Maximale aus ihnen herauszukitzeln. Es war sein Konzept, ohne Stars, allein auf die innere Geschlossenheit zu setzen. Als Ehrmantraut (16 Punkte in 16 Spielen) gehen mußte, war auch dieses Konzept zu Ende. Ein anderes aber war mit dieser nur bedingt bundesligatauglichen Elf nicht mehr durchzuziehen. Dies etwa hat der gescheiterte Manager Gernot Rohr wie auch das Präsidium um Rolf Heller und Schatzmeister Gaetano Patella, der am Freitag abend nach dem Schlußpfiff in seine obligatorischen Tränen ausgebrochen war, völlig unterschätzt. Der überforderte Nachfolger Reinhold Fanz holte sechs Punkte in neun Spielen und paßte so sehr nach Frankfurt wie ein Eskimo aufs Surfbrett. Solch gravierende Fehler bei der Auswahl des leitenden Personals werden in der Bundesliga aber nun einmal mit einer Strafe nicht unter sofortigem Abstieg belegt. (FR vom 03.05.1999)
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