SG Wattenscheid 09 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1990/1991 - 9. Spieltag

1:0 (1:0)

Termin: Sa 06.10.1990 15:30
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Bodo Kriegelstein (Berlin)
Tore: 1:0 Frank Hartmann (34.)

 

 

>> Spielbericht <<

SG Wattenscheid 09 Eintracht Frankfurt

  • Ralf Eilenberger
  • Stefan Emmerling
  • Thomas Siewert
  • Jörg Sobiech
  • Uwe Neuhaus
  • Frank Hartmann
  • Souleyman Sané
  • Harald Kohr
  • Dirk Kontny
  • Uwe Tschiskale
  • Hans-Werner Moser

 


 

Wechsel

  • Stefan Kuhn für Harald Kohr (67.)
  • Thomas Langbein für Dirk Kontny (87.)

Wechsel

Trainer

  • Hannes Bongartz

Trainer

 

Vor dem Tor ohne Durchschlagskraft

Hannes Bongartz, Trainer des Bundesliga-Aufsteigers SG Wattenscheid 09, hatte einen Plan – einen mutigen Plan. Der als „Spargeltarzan“ bekannte ehemalige Spieler ließ beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt drei Stürmer auflaufen: Souleymane Sane, Uwe Tschiskale und Michael Kohr, der an diesem Tag sein Heimdebüt gab. Ihre Aufgabe war klar definiert: Tore erzielen und den favorisierten Frankfurtern Respekt abverlangen. „Ich wollte damit zeigen, dass wir vor den Frankfurtern keinen Respekt haben“, erklärte Bongartz. Doch am Ende war es nicht die Offensivpower, die den Wattenscheidern den knappen 1:0-Erfolg sicherte. Der Sieg basierte vielmehr auf kämpferischem Einsatz, defensiver Disziplin und einer Portion Glück.

„Es war ein Spiel Kampf gegen Technik – und der Kampf hat verdient 1:0 gewonnen“, brachte Hannes Bongartz die Partie später auf den Punkt. Und tatsächlich zeigte sich das Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften als Duell zwischen zwei unterschiedlichen Philosophien. Die Frankfurter Eintracht, als Tabellenzweiter angereist und mit hochkarätigen Offensivspielern wie Uwe Bein, Andreas Möller und Tony Yeboah ausgestattet, dominierte das Spielgeschehen. Die Hessen ließen den Ball sicher durch die eigenen Reihen laufen, kombinierten elegant und streuten immer wieder technische Kabinettstückchen wie Doppelpässe oder Hackentricks ein.

Bis zum Strafraum agierte die Eintracht nahezu perfekt. Die Zuschauer im Wattenscheider Lohrheidestadion sahen eine Frankfurter Mannschaft, die scheinbar mühelos die Kontrolle des Spiel übernahm. So erspielten sich die Gäste in der ersten Halbzeit zunächst mehrere hochkarätige Chancen: Bein (9. Minute), Yeboah (21.), Möller (24.) und Studer (26.) kamen in aussichtsreiche Abschlusspositionen. Doch mal scheiterte man an Wattenscheids Schlussmann Andreas Wessels, mal fehlte es schlicht an der Präzision. Trotz ihrer Überlegenheit wirkten die Hessen im entscheidenden Moment vor dem Tor zu harmlos.

Und dann kam die 34. Minute. Wattenscheid, bis dahin in der Offensive eher harmlos, ging überraschend in Führung. Nach einem Pass von Kontny zog Frank Hartmann von der Strafraumgrenze ab. Sein Schuss traf Abwehrspieler Karl-Heinz Körbel der den Ball unglücklich so abfälschte, dass Torwart Uli Stein keine Abwehrchance mehr hatte. „Nur so kann man den Stein bezwingen“, witzelte Wattenscheids Mittelfeldspieler Stefan Emmerling nach der Partie. Dieser Treffer stellte die Begegnung auf den Kopf. Die Eintracht, die bis dahin spielerisch klar überlegen war, verlor an Durchschlagskraft. Der Rest der ersten Halbzeit verlief ohne nennenswerte Aktionen.

Trotz des Rückstands änderte sich das Bild nach der Pause kaum: Die Eintracht kombinierte weiterhin gefällig bis zum Strafraum, doch der letzte Pass oder der entscheidende Abschluss blieben aus. Die Wattenscheider, die sich zunehmend auf ihre Tugenden Kampfgeist und Einsatzfreude konzentrierten, standen mit bis zu sieben Spielern vor dem eigenen Strafraum und warteten auf Fehler der Gäste. Trainer Jörg Berger musste nach der Partie einräumen: „Unsere erste Saisonniederlage war völlig unnötig. Wir haben zu locker begonnen und in der zweiten Halbzeit den Fehler gemacht, zu sehr durch die Mitte zu spielen.“

Einzig Ralf Falkenmayer schien von den Frankfurtern unbeirrt seinen Rhythmus zu halten. Der unermüdliche Dauerläufer war überall zu finden und versuchte, das Spiel anzukurbeln. Doch ein einzelner Spieler konnte den Unterschied nicht ausmachen. Nationalspieler wie Uwe Bein und Andreas Möller blieben unter ihren Möglichkeiten. Bein ließ zwar gelegentlich seine brillante Technik aufblitzen, konnte das Spiel jedoch nicht entscheidend lenken. Möller hingegen schien die notwendige Energie zu fehlen, während Tony Yeboah immer wieder in der kompakten Abwehr der Wattenscheider hängen blieb.

Auch die späten Einwechslungen von Sippel und Weber konnten dem Frankfurter Spiel keine neue Dynamik verleihen. Die vielleicht beste Chance der zweiten Halbzeit hatte Yeboah nach etwa einer Stunde, doch auch er scheiterte. Die Riederwälder blieben insgesamt blass und konnten den Druck nicht erhöhen. „Die hätten noch eine Stunde länger spielen können und hätten trotzdem kein Tor geschossen“, urteilte ein Zuschauer auf der Tribüne treffend.

Während die Eintracht sich vergeblich bemühte, eine Lücke in der Wattenscheider Defensive zu finden, konzentrierten sich die Gastgeber zunehmend auf Konter. In den letzten Minuten hatten Sane, Tschiskale und der eingewechselte Langbein sogar die Möglichkeit, den Vorsprung auszubauen, doch es fehlte an Cleverness und Ruhe im Abschluss. Dennoch konnte sich Wattenscheid am Ende über einen verdienten Heimerfolg freuen.

Für Hannes Bongartz war der Sieg eine Bestätigung seiner mutigen Taktik. Nach dem Spiel kommentierte er schmunzelnd: „Wenn die in die Hose gegangen wäre, wäre ich der Depp. Es ging gut, und jetzt hat der Depp gewonnen.“ Sein Team zeigte, dass Kampfgeist und defensive Disziplin auch gegen technisch überlegene Gegner erfolgreich sein können.

 

 

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