Eintracht Frankfurt - 1. FC Saarbrücken

Bundesliga 1988/1989 - Relegation, Hinspiel

2:0 (1:0)

Termin: Mi 21.06.1989
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Wolf-Günther Wiesel (Ottbergen)
Tore: Jörn Andersen (26.), Manfred Binz (60.)

 


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Eintracht Frankfurt 1. FC Saarbrücken

 


  • Alfred Wahlen
  • Adrian Spyrka
  • Burkhard Steiner
  • Wenanty Fuhl
  • Kurt Knoll
  • Nasko Jelev
  • Eugen Hach
  • Florian Gothe
  • Guido Szesni
  • Michael Nushöhr
  • Anthony Yeboah

 

Wechsel

Wechsel

  • Manfred Dum für Eugen Hach (80.)
  • Franz-Josef Steininger für Guido Szesni (69.)

Trainer

Trainer

  • Klaus Schlappner

 

 

Ein schweres Spiel

Prolog

Gut schaut es aus bei der Eintracht des Jahres 1988, zwei Wochen vor dem Start in die Bundesliga. Mit Detari hat man einen der torgefährlichsten und technisch versiertesten Kicker der Liga unter Vertrag, von den Stammkräften hat lediglich Smolarek den Riederwald verlassen, um seine Fußballschuhe fortan in Rotterdam zu schnüren, die Mannschaft wurde mit Andersen, Studer und Gründel punktuell verstärkt, später gesellen sich Heidenreich und Hobday hinzu. Zudem ist man als Pokalsieger europäisch vertreten. Sorgen bereitet allenfalls die Eishockeyabteilung, die die Clubkassen nachhaltig belastet. Als Saisonziel schreibt Trainer Feldkamp einen UEFA-Cup-Platz in der Liga aus, er sieht die Eintracht auf Augenhöhe mit dem HSV, Gladbach und Leverkusen. Arie Haan, sein Trainerkollege beim VfB Stuttgart, sieht die Eintracht gar als Geheimfavorit für die Meisterschaft.

Zehn Tage vor dem Start in die Bundesligasaison kann Trainer Feldkamp seine gesamte Planung revidieren: Lajos Detari, der zuvor noch beteuert hatte, in Frankfurt bleiben zu wollen, wechselt zu Olympiakos Piräus. Rund 10 Millionen Mark bringt dieser Transfer in die Vereinskasse, doch steht die Eintracht nun ohne Mittelfeldregisseur da. Mit drei Niederlagen in den ersten drei Spielen geht auch der Ligastart gründlich daneben, eilends wird der Kader nochmals verstärkt, es kommt Dirk Bakalorz. Im ersten Spiel des Ex-Mönchengladbachers gelingt der Eintracht der erste Saisonsieg mit 1:0 gegen den 1. FC Köln. Auf der Trainerbank sitzt zu diesem Zeitpunkt Assistent Zahnleiter, da sich Feldkamp krankgemeldet hat. Nach der 0:1-Niederlage in Bochum gibt es weitere personelle Veränderungen zu verkünden: Pal Csernai wird als neuer Trainer verpflichtet, Manager Kraus die schriftliche Kündigung durch ein Toilettenfenster seines Hauses zugestellt. Den Managerposten übernimmt zwei Wochen später ein Ex-Eintrachtler, der 1968 im Zwist mit dem damaligen Präsidenten Gramlich den Verein in Richtung Kaiserslautern verlassen hatte: Jürgen Friedrich.

Auch Csernais Erfolge als Trainer halten sich in engen Grenzen. Zwar übersteht die Mannschaft die erste Runde im Europapokal der Pokalsieger gegen den Grasshopper Club Zürich (0:0, 1:0), dafür scheidet man bereits in der zweiten Rundes des DFB-Pokals gegen Bayer 05 Uerdingen (4:5 n.V.) aus. Am 22. Oktober absolviert Dieter Eckstein, der aus Nürnberg geholt wird, sein erstes Eintrachtspiel gegen den HSV (0:1). Doch der Fußball gerät bei der Eintracht in dieser Zeit zur Nebensache. Auf der Jahreshauptversammlung gibt es mit Präsident Dr. Josef Wolf und Vize Bernd Hölzenbein nicht nur ein neu gewähltes Führungsgespann, sondern auch den medienwirksamen Faustschlag eines Mitglieds gegen einen Ordner. Neun Tage später ist auch Dr. Wolf schon wieder Geschichte, sein Nachfolger wird Matthias Ohms.

Als Anfang Dezember die Hinrunde der Bundesliga zu Ende geht, steht die Eintracht mit 11:23 Punkten auf dem 15. Platz und hat in den 17 Spielen ganze acht Tore erzielt. Nun muss auch Csernai gehen und wird durch Jörg Berger ersetzt. Der sportliche Erfolg stellt sich allerdings durch den erneuten Trainerwechsel nicht ein. Aus dem Europapokal verabschiedet man sich im Viertelfinale gegen den KV Mechelen (0:0, 0:1), und in der Bundesliga wird die Lage immer bedrohlicher. Zudem kündigt Manager Friedrich Mitte Mai seinen Posten. Am letzten Spieltag kann Karl-Heinz Körbel mit seinem Tor zum 1:1 bei Hannover 96, das 6.000 mitgereiste Fans bejubeln, zumindest den 16. Platz retten. Und der heißt: Es geht in die Relegation.

Warten auf Saarbrücken

Gegner im Kampf um den letzten freien Platz in der 1. Liga ist der 1. FC Saarbrücken. Die Saarländer, zur Halbzeit der Saison noch auf Platz 8 der Zweiten Liga platziert, haben es in einem furiosen Endspurt und zwölf Spielen in Folge ohne Niederlage noch hinter den Aufsteigern Fortuna Düsseldorf und FC Homburg auf den 3. Platz geschafft. Gemeinhin wird dieser Erfolg Klaus Schlappner zugeschrieben, der nach dem 12. Spieltag den glücklosen Werner Fuchs auf dem Trainerstuhl ablöste und das Punktekonto der Saarbrücker von 11:13 auf 46:30 zum Saisonabschluss aufbesserte.

Schlappner kann auf etliche Kräfte setzen, die durchaus über das durchschnittliche Zweitliganiveau herausragen. So steht mit Alfred Wahlen ein guter und erfahrener Mann zwischen den Pfosten, Abwehrorganisator ist Libero Adrian Spyrka, der bei Borussia Dortmund bereits Bundesligaerfahrung gesammelt hatte, im Mittelfeld gelten Kurt Knoll und Guido Szesni als Ideengeber, und für Tore soll der Ghanaer Anthony Yeboah sorgen, der zu Beginn der Spielzeit von Okwawu United nach Saarbrücken gewechselt war.

Leise gibt sich Schlappner im Vorfeld nicht. Er sieht gute Chancen für sein Team, das ohne Zwang aufspielen und "die Frankfurter schon ärgern" könne, während der Erstligist "... sein verpatzte Geschichte in Ordnung bringen muss".

Eventuell will er ja damit davon ablenken, dass er in der letzten Saison schon als Trainer des SV Darmstadt 98 die Titel des Relegationsverlierers - Gegner waren die Waldhöfer, die sich den Verbleib in der Bundesliga sicherten - eingefahren hatte. Aus Darmstadt kennt Schlappner auch den aktuellen Eintrachttrainer Jörg Berger, dem er 79/80 bei der 98ern als Assistent zuarbeitete. Die Aussagen der Beiden, dass man sich gegenseitig Respekt zolle, spricht dafür, dass sie in dieser Zeit nicht die besten Freunde geworden sind.

Wenig zur Ruhe im Vorfeld trägt die Nachricht bei, dass Manager Jürgen Friedrich die Eintracht nach den beiden Relegationsspielen verlassen wird. Der 45-Jährige hatte gekündigt, da " ... eine Position in dieser Form nichts für mich ist. In dieser Hinsicht gibt es immense Grenzen in Frankfurt." Loyalität, Vertrauen und Rückendeckung seien unzureichend.

Eine harte Nuss

Das Relegationshinspiel findet am Mittwoch, den 21. Juni um 19:45 Uhr statt. Rund 40.000 Zuschauer haben sich trotz des chaotischen Verkehrs im Frankfurter Waldstadion eingefunden, um im wahrsten Sinne des Wortes einen Klassenkampf zu erleben. Von der ersten Minute an stehen taktische Pläne und technisches Können im Hintergrund, Kampfszenen dominieren das Spielgeschehen. Schiedsrichter Wolf-Günther Wiesel aus Ottbergen hat reichlich zu tun.

Besser aus den Startblöcken kommen die Frankfurter, die zeigen, dass sie die Bedeutung dieser Partie verinnerlicht haben. Saarbrücken jedoch hält dagegen, freilich auf die rustikale Art. Fuhl nimmt sich Turowski an, der sich ein ums andere Mal ebenso auf dem Rasen wiederfindet wie Gründel und Roth, die Saarbrücker Abwehr fegt vor dem Strafraum mit dem rustikalen Besen sauber. Und als Sievers dagegenhält und sich für sein Einsteigen gegen Hach die Gelbe Karte abholt, lässt sich Nushöhr nicht lumpen und schickt den Frankfurter nur wenige Minuten später selbst rüde zu Boden. Kein Kind von Traurigkeit ist auch Szesni, der ebenfalls als Gelbsünder in den Spielberichtsbogen eingetragen wird, und Yeboah, der es trefflich versteht, seine körperliche Stärke einzusetzen.

Vor den Toren ist in dieser Anfangsphase vergleichsweise wenig Betrieb. Erste Chancen bieten sich Gründel, Schulz und Binz, deren Schussversuche aber wenig überzeugend gelingen. Besser macht es da Kapitän Körbel nach knapp 20 Minuten, der einen von Studer getretenen Eckball gen Saarbrücker Tor köpft, aber an Wahlen scheitert. Kurz daraus versuchen sich auch die Gäste einmal, doch bei Szesnis Schuss braucht Uli Stein im Tor der Adlerträger nicht einzugreifen.


Das 1:0 durch Andersen

26 Minuten sind gespielt, als einer der unzähligen Freistöße Ausgangspunkt für die Frankfurter Führung ist. Studer, mit seinen Hinterhaltsschüssen noch einer der gefährlichsten Eintrachtler, zieht den Ball aus dem Halbfeld in die rechte Strafraumhälfte, wohin Jörn Andersen durchgestartet ist und aus rund acht Metern zum Flugkopfball ansetzt. Ohne Abwehrchance muss Wahlen den Ball passieren lassen - es steht 1:0 für die Hausherren.

Fünf Minuten vor dem Halbzeitpfiff stockt den Frankfurter Fans auf den Tribünen der Atem, als Hach in zentraler Position einen Kopfball knapp über der Grasnabe absetzt, der jedoch das Tor verfehlt. Ein mögliches 2:0 vergibt schließlich Gründel, dessen Schussversuch aus guter Position Kurs auf den Frankfurter Flughafen nimmt.

Unverändert betreten die beiden Mannschaften nach der Pause den Rasen. Unverändert beherrschen auch Kampf und Krampf das Spielgeschehen, das von der Eintracht nun deutlich dominiert wird. Doch wahre Fehlpassorgien, an denen sich auch Gründel, eigentlich als Denker und Lenker im Mittelfeld gedacht, beteiligt, verhindert einen ordentlichen Spielaufbau. Die Saarbrücker ziehen sich dagegen mehr und mehr zurück, ihr Ziel ist es, das knappe 0:1 zu halten, um sich für das Rückspiel alle Chancen offenzuhalten. Neben dem Abwehrriegel vor dem eigenen Strafraum sehen sie dabei vor allem in Fouls und Zeitschinderei adäquate Mittel.


Binz mit dem 2:0

Eine Stunde ist gespielt, als Manni Binz in zentraler Position mit dem Ball am Fuß von der Mittellinie aus startet und Frank Schulz anspielt. Der bislang eher unauffällig agierende Mittelfeldspieler kann die Kugel im Fallen zurück zum durchgestarteten Binz bringen, der noch ein paar Schritte läuft und aus etwa 14 Metern flach abzieht. Der Ball passiert den sich werfenden Wahlen, touchiert den rechten Pfosten und trudelt von da ins Netz zum 2:0.

In der Folge wechselt Trainer Berger zum ersten Mal aus, für den unsicher wirkenden Ralf Sievers kommt Thomas Lasser. Das Spiel gestaltet sich nun ausgeglichener, auch Saarbrücken kommt zu halben Torchancen, so etwa bei einem Freistoß von Hach und einem Schussversuch von Fuhl. Die besten Gelegenheit zum Anschlusstreffer hat Toni Yeboah, der ansonsten von Dietmar Roth weitgehend abgemeldet wird. Doch sein Kopfball wird die sichere Beute von Uli Stein. Trainer Berger versucht, acht Minuten vor Schluss noch einmal frischen Wind in die Angriffe seiner Elf zu bringen und wechselt den heute erneut blassen Eckstein gegen Ralf Balzis aus. Am Spielstand ändert sich jedoch nichts mehr - die Eintracht hat sich mit diesem 2:0 einen - gewiss nicht beruhigenden - Vorsprung erkämpft, den es im Rückspiel zu behaupten gilt.

Durchaus als Ankündigung einer rustikalen Gangart auch im Rückspiel darf die Eintracht Äußerungen des Saarbrücker Trainers Schlappners verstehen, der die vielen Fouls seiner Spieler als "Schlitzohrigkeiten und Tollpatschigkeiten" abtut, bei denen sich schließlich keiner ernsthaft verletzt habe, und Eintrachtstürmer Turowski als "Fallobstkünstler" bezeichnet: "Wir werden uns engagiert ist Zeug legen, wie es die Regeln erlauben." Nicht in Saarbrücken dabei zu sein, lässt zumindest einen der Beteiligten aufatmen. Denn Schiedsrichter Wiesel, der zwar sieben Gelbe Karten zeigte, sich insgesamt aber merklich zurückgehalten hatte, stellt fest: "Da haben eben zwei Mannschaften um ihre Existenz gekämpft. Da waren Fouls dabei, die einfach nicht passieren dürfen. Für mich war das ein sehr schweres Spiel." (fgo)


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