Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1988/1989 - 26. Spieltag

1:3 (1:2)

Termin: Sa 15.04.1989 15:30
Zuschauer: 16.000
Schiedsrichter: Dieter Pauly (Rheydt)
Tore: 0:1 Janusz Turowski (8.), 0:2 Janusz Turowski (17.), 1:2 Wolfgang Trapp (18.Foulelfmeter), 1:3 Janusz Turowski (87.)

 

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Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • Alexander Famulla
  • Gunther Metz
  • Srecko Bogdan
  • Lars Schmidt
  • Thomas Süss
  • Oliver Kreuzer
  • Wolfgang Trapp
  • Milorad Pilipovic
  • Michael Spies
  • Helmut Hermann
  • Bernhard Raab

 


 

Wechsel

  • Jochen Heisig für Lars Schmidt (58.)
  • Frank Kastner für Gunther Metz (68.)

Wechsel

Trainer

  • Winfried Schäfer

Trainer


Turowski, Studer, Roth

 

Endlich gab die Eintracht Gas, kein Wunder bei dem Turbo

Frankfurt war schon abgeschrieben. Aber nach dem 3:1 beim KSC, dem besten Saisonspiel, hofft Eintracht wieder. Und Karlsruhe kann sich den UEFA-Cup wohl abschminken.

Die Vorgeschichte: Der KSC hat unter Schäfer noch nie gegen Frankfurt gewonnen. Schäfer: ..Jetzt ist Eintracht reif!" Davon später mehr. Bei Frankfurt gab's nach der 0:1-Pleite von Mannheim Zuckerbrot und Peitsche. Dienstags Treffen der Spieler mit Kind und Kegel, mittwochs faltete Jörg Berger („die halbe Mannschaft spielt falsch") seine Leute einzeln zusammen. Stürmer Janusz Turowski (erst ein Saisontor) bekam zu hören, wofür er eigentlich bezahlt würde. Gestern, um 17.12. Uhr wußten es alle. Auf der Anzeigentafel leuchtete der Name des Polen gleich dreimal als Torschütze auf.

0:l Turowski (8.).
0:2 Turowski (17.).
1:3 Turowski (87.)

Beim ersten Treffer umkurvte er Famulla, beim zweiten fegte Turowski (Spitzname „Turbo") in einen Zuckerpaß von Gründel. drückte den Ball mit dem Spann aus dem Lauf ins Netz. Nicht die Eintracht, Karlsruhe war reif!

Dabei stürmte der KSC los wie die Feuerwehr. Libero Bogdan munter mit. Aber wie schön wurden die Badener ausgekontert. Einem ehemaligen Karlsruher tat's wohl leid. Verteidiger Roth spielte Torwart, schlug einen Spies-Kopfball mit der Hand von der Linie. Elfer! Trapp bedankte sich mit links in die linke Ecke. Das 1:2 (18.).

Es wird ein richtig gutes Spiel. Der KSC rennt, kämpft; Eintracht ackert, kontert. Natürlich durch Turowski. Lasser steil auf den „Turbo," der läßt Bodgan und Kreutzer wie Diesel stehen. Turowski nimmt diesmal seinen starken rechten Fuß. Hätte er doch den linken (wie bei den Toren) genommen! Der Ball streicht links vorbei (38.).

Zugabe nach der Pause. KSC stürmt, Frankfurt kontert traumhaft. Zweimal (51. und 53. Minute) zimmert Turowski rechts vorbei. „Wenn's so weitergeht, vermasselt er uns wieder die Tour", jault Trainer Berger.

Macht Turowski nicht. Aber erstmal kommt Heisig beim KSC für Schmitz als vierter Stürmer, Hermann geht mit Pilipovic und Raab in die Spitze. Aber wieder muß Abwehrmann Trapp seine Stürmerkollegen auf Trab bringen. 71. Minute: Freistoß aus 25 m von links. Trapp dreht ein ganz krummes Ding rein, das über Stein ans rechte Lattenkreuz klatscht. Binz rettet.

Dreht KSC dieses verrückte Spiel noch um? Nein! Abschlag Stein. Turowski schnappt sich die Kugel, überläuft erst Kreuzer, dann Famulla, schiebt den Ball ins leere Tor das 1:3 (87.). (BamS vom 16.04.1989)


Bergers markige Worte fruchten

So steigt Eintracht Frankfurt nicht aus der Fußball-Bundesliga ab. Trainer Jörg Berger und Manager Jürgen Friedrich atmeten erleichtert auf, als der 3:l-(2:l-)Sieg beim Karlsruher SC endlich unter Dach und Fach war. Berger: „Das war fast unsere letzte Chance gewesen - und wir haben sie genutzt." Vergeben hat der KSC die Möglichkeit, einem Uefa-Pokalplatz näherzukommen. „Man hat heute gesehen, daß es dazu noch nicht reicht", sagte Trainer Winfried Schäfer nach dem enttäuschenden Auftritt seines Teams. Jörg Berger muß wirklich markige Sätze vor dem Spiel gesprochen haben, denn der DFB-Pokalsieger legte los wie die Feuerwehr. „Ich habe ernste, ja drohende Worte an die Mannschaft gerichtet. Aber das kann ich doch nicht vor jedem Spiel machen", bekannte der Eintracht-Coach. „Das war aber einfach notwendig", betonte Friedrich. Die Eintracht, nach sechs sieglosen Spielen erfolgreich, beeindruckte auch durch Spielwitz und zauberte in Karlsruhe wie zu besten Zeiten. Die Frankfurter, zuvor auswärts erst einmal siegreich, hätten im Wildparkstadion gut und gern sogar zweistellig gewinnen können. Allein der dreifache Torschütze Turowski hatte drei weitere gute Chancen. Der pfeilschnelle Stürmer hatte vor dem Spiel erst einmal ins Schwarze getroffen und deshalb schon an sich gezweifelt. Nun ist er bester Torschütze in der internen Liste. „Ich hoffe, daß mit diesem Spiel Vernunft in die Köpfe der Spieler eingezogen ist", meinte Berger.

Beim Karlsruher SC ist die Tendenz fallend. „Das war unser schlechtestes Spiel seit zwei Jahren", fand Präsident Roland Schmider passende Worte für die überraschend schwache Leistung. Der KSC, dem durch Trapps Handelfmeter der Anschlußtreffer gelungen war, hat offenbar lange Zeit über seine Verhältnisse gespielt und muß nun aufpassen, daß es nicht wie im Vorjahr steil bergab geht. Trainer Schäfer hat sich die Uefa-Cup-Teilnahme offenbar abgeschminkt: „Jetzt müssen wir sehen, daß wir bald zu unserem Spiel zurückfinden und 30 Punkte vollmachen." Vier fehlen noch dazu. (Darmstädter Echo vom 17.04.1989)


Der überraschende 3:1-Sieg in Karlsruhe läßt viele fragen, was wäre wenn?

Mit neuem „Wir-Gefühl" kommt für die Eintracht der Erfolg

Schon Minuten bevor Schiedsrichter Pauly die Partie im Karlsruher Wildparkstadion abpfiff, ging Eintracht-Trainer Jörg Berger seine Ersatzbank ab. Jedem einzelnen schüttelte er die Hand, bei jedem einzelnen bedankte er sich. Ganz offensichtlich wollte er damit das neue „Wir-Gefühl" betonen, das die Frankfurter Fußball-Profis auf dem Rasen endlich einmal zu einer Mannschaft geeint und ihr zum überraschenden 3:1-Erfolg über den Karlsruher SC verholfen hatte. „Hätten die immer so gespielt" war der meistgehörte Seufzer bei den Eintracht-Fans.

Haben sie aber nicht, und darum haben sie mit diesem Erfolg noch nicht den Kampf gegen den Abstieg aus der Bundesliga bestanden, aber doch immerhin gehörig zu ihren Gunsten beeinflußt. Eine Niederlage hätte die Frankfurter Fußball-Profis auf eine Distanz von drei Punkten zum SV Waldhof Mannheim und zum 1. FC Nürnberg gebracht. Dann hätte das Ziel nur noch heißen können, sich wenigstens den drittletzten Tabellenplatz zu sichern, um gegen den Dritten der Zweiten Bundesliga den Verbleib in der ersten Klasse zu sichern. Jetzt darf wieder einmal vorsichtig nach oben geschielt werden. Der Auswärtssieg hat den Frankfurtern die Hoffnung belassen, sich mit eigener Füße Arbeit das Nachsitzen am Ende der Saison zu ersparen.

Ja, was wäre eigentlich gewesen, wenn sie tatsächlich immer so mutig, selbstbewußt, frech und klug aufgetrumpft hätten? Wenn Heinz Gründel, statt sich vom Beginn der Saison an selbst ins Abseits zu stellen, sich spielerisch und spielend so in den Vordergrund gerückt hätte wie am Samstag? Wenn Janusz Turowski immer seine vielen Chancen so sicher genutzt hätte wie am Samstag? Wenn Stefan Studer und Dietmar Roth (erst in der zweiten Halbzeit) so wehrhaft in der Abwehr ihren Mann gestanden hätten? Und Libero Binz mit seinem „Vordermann" Karl-Heinz Körbel und den Nebenleuten Klepper und Lasser (später Sievers) eine solche Einheit gebildet hätte? Sicherlich, müßig, darüber zu spekulieren. Doch hätte der Besuch von Spielen der Frankfurter Eintracht mehr Spaß gemacht, wären die Zuschauer durch angemessene Leistungen interessierter gewesen, als sie es bei dem oftmals müden Gekicke in jüngster Vergangenheit waren.

Bezeichnend für das ganze Spiel war der erlösende dritte Treffer von Janusz Turowski drei Minuten vor dem Spielende. Erlösend deshalb, weil die nach dem frühen 0:1 leicht verstörten Karlsruher trotz der vielen Frankfurter Chancen stets nahe am Ausgleich waren, wie ein Pfostenschuß von Trapp bewies. Nach einem weiten Abschlag von Torhüter Stein kam der Ball zu Turowski, auch deswegen, weil der Karlsruher Süss nicht aufgepaßt hatte. Flink wie in der ersten Minute zog Turowski seinen Sprint an und den Karlsruher Abwehrspielern davon, die wie schon in der 8. und 17. Minute das Nachsehen hatten.

Mit dem einfachsten Mittel hatten die Frankfurter diese Partie bestritten. Da die kürzeste Verbindung zweier Punkte noch immer eine Gerade ist, wurde der Ball ohne viel Schnörkel durch die bröcklige Karlsruher Abwehr direkt zum Mitspieler gespielt. Selbst Nationalspieler Dieter Eckstein staunte, wie bei uns der Ball über viele Stationen lief. Am Ende gab sogar der ehemalige Eintracht- und jetzige Karlsruher Spieler Wolfgang Trapp zu (er verwandelte einen von Roth verwirkten Handelfmeter zum 1:2 in der 19. Minute), daß auch eine 1:5-Niederlage nicht weiter verwunderlich gewesen wäre. Er untertrieb sogar noch. Und KSC-Trainer Winfried Schäfer sagte etwas kleinmütig, daß man Turowski so alleine wie heute eigentlich nicht lassen wollte.

Spielführer Karl-Heinz Körbel mußte hinterher viel rechnen. Erstens mußte er nachdenken, wann die sonst so mit Toren geizende Eintracht zuletzt drei Treffer in einem Spiel erzielt hatte. Dann grübelte er, wann sich die Mannschaft zuletzt derart viele Tormöglichkeiten erarbeitet und erspielt hatte. Diese Überlegungen endeten schließlich im Jahr 1964. Als Körbel als neunjähriger Knirps zum ersten Mal in den Gründerjahren der Bundesliga bei einem Spiel seines späteren Arbeitgebers im Waldstadion war, mußte der heute 34 Jahre alte Abwehrrecke im Waldstadion eine peinliche 0:7-Niederlage miterleben - gegen den Karlsruher SC. Eine späte Revanche für dieses deutliche Ergebnis hat die Eintracht nun in Karlsruhe verpaßt. Körbel hätte noch eine Rechnung aufmachen können. Zum ersten Mal seit dem März 1968 gewann die Eintracht wieder in Karlsruhe.

Erst am 29. April müssen die Eintracht-Spieler wieder in der Bundesliga spielen, gegen den VfB Stuttgart. Das freie dazwischenliegende Wochenende wird zu einem dreitägigen Aufenthalt in Malaga in Südspanien genutzt, wo ein Privatspiel bestritten wird. „Vielleicht ist die Pause ganz gut", sagte Körbel, „wir brauchen uns jetzt wenigstens nicht zu verstecken." Und Manager Jürgen Friedrich gewinnt der Pause ebenfalls etwas Gutes ab, nicht wegen der körperlichen Regenerationsphase. „In der Zeit kann man die Nerven in den Griff kriegen." Damit man dann wieder die Gegner so in den Griff bekommt wie am Samstag die Karlsruher. (FAZ vom 17.04.1989)


„Turbo" Turowski lädt nach und auf:

Nach Nasenstübern wird Frankfurt munter

Sage noch einer etwas gegen Schwiegermütter. Hätte nämlich Anfang 1986 nach einem Weihnachtsbesuch in Wetzlar die Schwiegermutter von Janusz Turowski, eine äußerst streitbare Dame namens Wanda, nicht so resolut gehandelt, Turowski wäre nicht bei der Frankfurter Eintracht gelandet. Besagte Dame namens Wanda hatte damals nicht nur Turowskis Ehefrau und Kinder, sondern auch den Anhang von Jaroslaw Biernat kurzerhand ins Flugzeug gesetzt und auf die Kanarischen Inseln verfrachtet. Sie setzte damit die beiden unschlüssigen Fußballspieler unter Druck. Die wollten nämlich lieber wieder nach Hause, um bei Pogon Stettin zu kicken, als sich hierzulande zu verdingen. Vor Wanda mußten sie alle kapitulieren. Die Frankfurter Eintracht nahm beide Polen unter Vertrag und griff zumindest bei Turowski ins große Glück. Spätestens seit Samstag, als der pfeilschnelle Pole, inzwischen mit einem deutschen Paß ausgestattet, gleich alle drei Treffer zum überraschenden 3:1-Erfolg der abstiegsbedrohten Frankfurter beim Karlsruher SC erzielte, sollte Wanda zum Vereinsehrenmitglied ernannt werden.

So schnell der 28 Jahre alte Turowski seinen Gegnern bislang auch weglief, so schnell verließ ihn mit steter Regelmäßigkeit der Mut beim Torschuß. Gerade in dieser Saison hatte man verstärkt auf die Künste von Turowski gesetzt, weil er im Duett mit dem ehemaligen Nürnberger Dieter Eckstein das schnellste Angriffsduo der Liga bildet. Turowski lief zwar weiterhin den Gegenspielern davon, aber auch seiner Form hinterher. Gerade ein Tor hatte er in dieser Saison erzielt. Nicht gerade viel für einen, dessen Leistung an Toren gemessen wird.

Nun griff Turowski vor der Partie beim Karlsruher SC, die Eintracht-Trainer Jörg Berger als „die letzte Chance" der Mannschaft im Kampf gegen den Abstieg bezeichnet hatte, zum letzten Mittel. Er schaute sich zu Hause im Heimkino auf Video die Treffer an, die er bisher für die Eintracht erzielt hatte. Für einen Stürmer war es kein abendfüllendes Programm, denn auf gerade dreizehn hatte er es inklusive des einen Tores aus dieser Saison gebracht. Er wurde etwas nachdenklich. „Und da habe ich mir gedacht, Mann, was schießt du wenig." In Karlsruhe hätte er fast ein komplettes Videoband füllen können. Denn außer den drei Toren in der 8., 17. und 87. Minute hätte er vor 16.000 Besuchern noch gut und gerne drei oder gar vier weitere erzielen können. Und weil auch Eckstein und manch anderer der Eintracht ebenfalls beste Möglichkeiten beim Torschuß ausließen, hätte der Sieg gegen eine völlig verunsicherte Karlsruher Mannschaft noch weitaus höher ausfallen können.

Turowski wird wegen seiner Schnelligkeit „Turbo" genannt. Bis jedoch der Turbo am Samstag zugeschaltet wurde, mußte er kräftig aufgeladen werden. Nach wenigen Minuten schon bekam Turowski den Ball mit voller Wucht auf die Nase. „Ein bißchen Blut, ein bißchen Zähne kaputt, der Zahnarzt bekommt Arbeit", faßte der Stürmer die Folgen des Nasenstübers zusammen. Eine Minute lang wankte er sichtlich angeschlagen und benommen über den Rasen. Aber dann war er zum Leidwesen der völlig überforderten Karlsruher Abwehr wieder hellwach. Erst k.o. und dann okay - „Turbo" lief auf vollen Touren.

Vor drei Wochen erst hat Turowski seinen Vertrag mit den Frankfurtern trotz der angespannten Lage um zwei Jahre verlängert. Den Grund dafür hatte er schon damals mit Zuversicht formuliert: „Weil wir hundertprozentig nicht absteigen." Wenn jeder der Frankfurter Profis, die von Präsidium und Trainer mit „ernsten, ja drohenden Worten" (Trainer Berger) vor den Folgen eines abermaligen Versagens auf dieses entscheidende Spiel eingestimmt worden waren, seine guten Vorsätze so umsetzen sollte wie Turowski, brauchte im Grunde niemandem mehr bange sein. Wenn - und das ist bei dieser Mannschaft das Grundübel. (FAZ vom 17.04.1989)

 

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