Eintracht Frankfurt - Hannover 96

Bundesliga 1988/1989 - 17. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 03.12.1988 15:30
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Lothar Löwer (Unna)
Tore: 1:0 Dieter Eckstein (47.)

 

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Eintracht Frankfurt Hannover 96

 


  • Ralf Raps
  • Bastian Hellberg
  • Karlheinz Geils
  • Holger Willmer
  • Peter Zanter
  • Mathias Kuhlmey
  • Andrzej Palasz
  • Detlev Dammeier
  • Bernd Dierßen
  • Gregor Grillemeier
  • Stefan Kohn

 

Wechsel

Wechsel

  • Siegfried Reich für Holger Willmer (60.)
  • Dieter Schatzschneider für Stefan Kohn (79.)

Trainer

Trainer

  • Hans Siemensmeyer

 

Eckstein schießt die Eintracht auf Platz 15

Auch ein Kunststück: mit ihrem achten Saisontor schaffte die Frankfurter Eintracht gestern nicht nur ihren vierten Saisonsieg, sondern holte auch die Punkte zehn und elf und verließ den letzten Tabellenplatz, kletterte auf Platz 15. Dieter Eckstein, der Viermillionen-Einkauf, erlöste die nur noch 8000 Zuschauer mit seinem 1:0-Freistoßtor gegen Hannover 96 kurz nach der Halbzeit. Es war ein Spiel von zwei katastrophal schwachen Mannschaften, die beide in dieser Verfassung nichts in der Bundesliga verloren haben. Mit Profifußball hatte die Partie nichts zu tun. Und die Eintracht war nicht die bessere, sondern am Ende nur die glücklichere Mannschaft. Zu verdanken hatten die Frankfurter diesen Erfolg neben dem goldenen Schützen Dieter Eckstein vor allem Kapitän Karl-Heinz Körbel, der zunächst als Libero, dann als Manndecker gegen Sigi Reich mit gutem Beispiel seinen verunsicherten Kameraden voranging. So konnte die Eintracht zumindest kämpferisch überzeugen. Der Rest war Schweigen. Hannover 96 suchte viel zu spät die Offensive, auch Trainer Siemensmeyer wartete viel zu lange, ehe er endlich mit Sigi Reich und Dieter Schatzschneider zwei Stürmer von der Bank ins Spiel schickte.

Wie immer seit seinem Amtsantritt vor drei Monaten, sorgte Trainer Pal Csernai mit der Aufstellung für einige Überraschungen. Nach dem 0:6-Debakel von Dortmund flogen Janusz Turowski, Ralf Sievers und Björn Pistauer aus der Mannschaft. Stefan Studer, Jörn Andersen, Uwe Bindewald und Ralf Balzis kehrten zurück. Der etatmäßige Libero Manfred Binz rückte ins Mittelfeld, während Routinier Karl-Heinz Körbel letzter Mann spielte. „Ich bin fast vom Hocker gefallen, als ich das erfahren habe“, kommentierte Körbel.

Genutzt hat dieses Umkrempeln nichts. Die Eintracht spielte nach vorne ähnlich schwach wie vor einer Woche im Westfalenstadion, lediglich mit dem Unterschied, daß der Gegner aus Hannover so agierte, wie es der Tabellenstand ausweist. So passierte in der ersten halben Stunde auf dem Rasen rein gar nichts. Kein Schuß aufs Tor von Uli Stein, kein Schuß aufs Tor von Ralf Raps.

Auf der Tribüne war schon mehr los. Dort scharte sich die Prominenz und die Kameraleute um den neuen Präsidenten Matthias Ohms. Hessens Ministerpräsident Dr. Walter Wallmann und Frankfurts Oberbürgermeister Wolfram Brück wollten mit ihrem Besuch im Waldstadion der abstiegsbedrohten Eintracht wohl den Rücken stärken.

In der 30. Minute wurden dann auch die Zuschauer auf den Stehrängen aus ihrer Lethargie gerissen. Zunächst die erste Chance für die Eintracht, dann im Gegenzug die erste Möglichkeit von Hannover 96. Binz und Schulz scheiterten nacheinander an Torwart Raps, dann wehrte Uli Stein einen 18-Meter-Schuß von Willmer mit dem Fuß ab. Dann war wieder Pause bis zwei Minuten vor der Pause. Jörn Andersen prüfte Rolf Raps mit einem Kopfball, und Dieter Eckstein scheiterte mit einem Schuß am ehemaligen Frankfurter Torhüter.

Die zweite Halbzeit begann mit einem Paukenschlag und einem seltenen Ereignis im Waldstadion. Die Eintracht schoß ein Tor - schade nur, daß die Prominenz es in ihrer Mehrzahl nicht sah. Lediglich Bernd Hölzenbein, der Vizepräsident, und Manager Jürgen Friedrich hatten bereits auf der Ehrentribüne Platz genommen, als Dieter Eckstein sein erstes Tor für die Eintracht erzielte. Der Ministerpräsident, der Oberbürgermeister und der Eintracht-Präsident saßen noch in den VIP-Räumen beim Pausenkaffee. Frank Schulz war gefoult worden, Schiedsrichter Löwer gab Freistoß. Peter Hobday, der Ex-Hannoveraner, legte quer, und Dieter Eckstein traf aus 25 Metern genau ins Eck.

In der 61. Minute die Riesenchance für Eckstein zum 2:0. Jörn Andersen hatte eine hervorragende Vorarbeit geleistet und seinem ehemaligen Nürnberger Mannschaftskameraden den Ball schußgerecht in den Lauf gelegt. Doch Eckstein schoß aus acht Metern weit über das Tor. Danach spielte nur noch Hannover 96, die Eintracht verlegte sich auf die Defensive, lieferte eine Abwehrschlacht. Kämpferisches Vorbild in dieser Phase war Kapitän Karl-Heinz Körbel, der immer einen Fuß oder den Kopf dazwischen hatte, wenn es gefährlich wurde. 20 Minuten vor dem Ende erhob sich Eintracht-Trainer Pal Csernai zum erstenmal von seiner Bank und erntete dafür von den Zuschauerrängen höhnischen Beifall. Csernai schüttelte den Kopf Richtung Zuschauer, drückte so seine Verachtung für die Fans aus.

Hannover 96 bemühte sich zwar, einen Treffer zu erzielen, doch richtig gefährlich wurde es nur selten. Zwei Weitschüsse von Hellberg und dem später eingewechselten Dieter Schatzschneider hielt Uli Stein. Schließlich rettete der Frankfurter Torhüter auch, als Schatzschneider aus kurzer Distanz frei zum Schuß gekommen war (82.). Hannovers Trainer Siemensmeyer hatte die Starstürmer Reich und Schatzschneider über eine Stunde auf der Bank schmoren lassen, ehe er mit ihnen endlich die Offensive suchte. Für die Niedersachsen letztlich zu spät.

Trainerstimmen

Hans Siemensmeyer (Hannover 96): „Ich bin deprimiert. Die Niederlage kam sehr unglücklich zustande. Der Freistoß von Eckstein war ein Glücksschuß. Das Foul davor unnötig. Wir waren eigentlich im ganzen Spiel die bessere Mannschaft und kämpferisch muß ich meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Nur spielerisch, da war sie noch nicht ganz da. Schatzschneider habe ich meiner Meinung nach nicht zu spät reingenommen.“

Pal Csemal (Eintracht Frankfurt): „Es war ein sehr schweres Spiel. Aber davon haben wir in der Rückrunde noch 17 vor uns. Einzig, was zählt, ist - wir haben gewonnen. Wenn wir unter geordneten Umständen spielen können, werden wir in der Rückrunde den Klassenerhalt schaffen. Auf die Optik legen wir im Moment keinen Wert. Der Erfolg ist primär. Wir stehen vor dem Urlaub und wollen uns durch Pfiffe der Zuschauer die Laune nicht verderben lassen. Zur Abwehrfrage muß ich sagen, wir mußten für dieses Spiel etwas anderes machen nach den vielen Abwehrfehlern der letzten Spiele. Wir haben zu Null gespielt mit Charly Körbel als Libero. Das zeigt, Körbel ist sehr verläßlich. Er macht niemals persönliche Fehler.“ (Abendpost-Nachtausgabe zum Sonntag vom 04.12.1988)

 

 

Nach sieben Stunden war das Rennen in der Kongreßhalle gelaufen:

Matthias Ohms zum neuen Eintracht-Präsidenten gewählt

Klares Votum mit 480 Stimmen / Hölzenbein „Vize“, Knispel erneut Schatzmeister

Es war 0.04 Uhr als die Glocke läutete, und jeder im Saal der Frankfurter Kongreßhalle wußte, was die Stunde geschlagen hatte. Eintracht Frankfurt, Fußball- und Eishockey-Bundesligist mit insgesamt zwölf Amateur-Abteilungen, hatte sich entschieden. „Ja, ich nehme die Wahl an“, sagte um 0.07 Uhr Matthias Ohms. Mit einem klaren Votum hatte sich die Mitgliederversammlung für den 44 Jahre alten Devisenmakler entschieden, der nun in einer zweijährigen Legislaturperiode mit dem früheren Nationalspieler Bernd Hölzenbein und dem wiedergewählten Schatzmeister Wolfgang Knispel die Geschäfte des Vereins führen wird.

Es waren die bisweilen chaotischen Umstände der letzten Wochen, die Eintracht Frankfurt nicht nur zum Top-Thema am Main gemacht, sondern auch zu bundesweitem Interesse verholfen hatten. So heftig hatte man sich mit verbalem Schmutz beworfen, daß die Jahreshauptversammlung am 14. November vertagt werden mußte, nachdem es nicht gelungen war, ein vollständiges Präsidium zu wählen. Darüber zumindest verfügt die Eintracht jetzt wieder. Nach zwei bangen Wochen wurde die Handlungsfähigkeit neu hergestellt Doch die über siebenstündige Fortsetzung in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch förderte den Unmut über das ramponierte Image des Klubs deutlich zutage.

Bereits im ersten Wahlgang war es Matthias Ohms überraschend gelungen, die erforderliche absolute Mehrheit auf sich zu vereinigen. Mit einem klaren Votum von 480 Stimmen setzte er sich gegen den früheren Präsidenten Axel Schander (209) und den ehemaligen „Vize“ Klaus Mank (183) durch, deren Argumente der Versammlung nicht genügten.

Aber auch Ohms hatte programmatisch nicht allzu viel zu bieten. Wie sollte er auch, wo doch wieder einmal vornehmlich Tabellenstände die Unruhe und all die Emotionen im Verein begünstigt hatten. So beschränkte sich der neue Präsident in seiner Wahlkampf-Rede auf einen globalen Maßnahmen-Katalog, dessen markanteste Punkte die Forderung nach Erhalt der ersten Liga in Fußball und Eishockey, nach harter Arbeit aller Mitarbeiter, nach erfolgreichem Sport, nach Talentförderung, nach enger Zusammenarbeit der Gremien, nach neuem Ansehen, nach wirtschaftlicher Stabilität, nach Fachkompetenz und nach Identifikation bildeten. Hin zu neuen Ufern, so war der rote Faden auszumachen: „Ich möchte der Eintracht eine Zukunft geben.“

Ehe Ohms überhaupt bis an das Rednerpult vorgedrungen war, hatte er sich heftigen Vorwürfen der Versammlung, die um kurz vor neun Uhr von immerhin 973 Mitgliedern besucht war, ausgesetzt gesehen. Der Fernsehauftritt im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF, bei dem er seinem Amtsvorgänger Joseph Wolf „Leichen im Keller“ und den Verkauf von Bauherrenmodellen an Bundesligaspieler vorgeworfen hatte, stieß Ohms sauer auf. „Ihr Vorgänger Klaus Gramlich war ja geradezu ein bürgernaher Mensch, im Vergleich wie Sie sich in der Öffentlichkeit darstellen“, hatte ein Mitglied Ohms unter tosendem Applaus zugerufen. Mit seinen Äußerungen habe er sich „unwählbar“ gemacht, sagte ein anderer. Ohms entschuldigte sich — unter Hohngelächter — für seine Angriffe gegen Wolf.

Auch Verwaltungsrat und Beirat, die in den vergangenen Wochen vehement „Politik“ pro Ohms gemacht hatten, mußten sich Schelte wegen ihrer Briefaktion anhören, bei der sie am Ende der vergangenen Woche umfangreiches Wahlmaterial auf Briefbögen der Eintracht verschickt hatten. „Sie haben mit Ihrem Verhalten die Demokratie in die Ecke gestellt“, wurde den Politikern Wolfgang Mischnick (FDP), Hans Michel (SPD) und Manfred Friedrich (CDU) vorgehalten. Und dennoch, die Fortsetzung der Versammlung glich einem Zusammentreffen von Chorknaben im Vergleich zu dem, was sich am 14. November abgespielt hatte.

Daß Ohms, der in seinem Beitrag gewiß nicht die glücklichste Figur machte, am Ende dennoch gewählt wurde, lag mit hoher Wahrscheinlichkeit daran, daß Mischnick, FDP-Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag und Verwaltungsratsmitglied bei der Eintracht, mit seiner rhetorisch brillanten Rede für viele Mitglieder so etwas wie das Zünglein an der Waage war. Es lag aber auch daran, daß die Gegenkandidaten Schander und Mank sich nur dürftig präsentierten, daß Wolf trotz massivem Drängens zu einer neuen Kandidatur nicht bereit war. Und schließlich hatte Ohms den Vorteil, eine „Mannschaft“ mit Hölzenbein und Knispel präsentieren zu können.

Die Versammlung mochte, und dies macht das fast einstimmige Votum für den Schatzmeister deutlich, nicht auf die Dienste des 45 Jahre alten Steuerberaters Knispel verzichten. Mit seiner klaren Absichtserklärung pro Ohms hatte der Finanzstratege, der momentan in Südafrika in Urlaub weilt, den Wahlausgang maßgeblich beeinflußt.

Als sich die wohl heißeste Nacht der knapp 90jährigen Vereinsgeschichte dem Ende zuneigte, ging manch einer wieder mit gemischten Gefühlen nach Hause. Von Anfechtung der Versammlung war die Rede. Basierend auf der Rechtsauffassung, daß zur Einladung eine Vier-Wochen-Frist hätte gewahrt werden müssen, wurden Klagen beim zuständigen Amtsgericht in Frankfurt avisiert

Gegen halb drei Uhr am Morgen wurde schließlich der Verwaltungsrat installiert. Wieder einmal heftig umstritten, wieder einmal attackiert, erneut mit den Vorwürfen mangelnder Transparenz und dem Gehabe grauer Eminenzen ausstaffiert, wurden die elf Mitglieder aus einem 22köpfigen Kandidatenkreis gewählt. Es bleibt bei einer illustren Mischung aus Politik, Wirtschaft und Sport. Nicht gewählt wurde Klaus Gramlich.

Jürgen Friedrich, Manager der Profi-Fußballer und mittlerweile längst die Integrationsfigur des Vereins schlechthin, wagte am Ende der turbulenten Wochen Zustandsbeschreibung und Blick in die Zukunft zugleich: „Heute sind alle ein wenig zur Besinnung gekommen. Wir haben eine Arbeitsplattform. Nachdem das normal über die Bühne gegangen ist, sind gerade wir Fußballer in Zugzwang.“ Tabellenletzter in der Liga, geschüttelt von einer schweren Führungskrise — in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch wurde die Glocke geläutet. Es war noch immer die Alarmglocke ... (Frankfurter Rundschau am Abend vom 01.12.1988)

 

Eintracht beurlaubt Pal Csernai

Nur 90 Tage hielt die Verbindung zwischen Eintracht Frankfurt und Pal Csernai. Eine Woche nach Abschluß der für den DFB-Pokalsieger indiskutabel verlaufenden Vorrunde der Fußball-Bundesliga erfolgte die Trennung zwischen Verein und Cheftrainer als Konsequenz der erfolglosen Tätigkeit des 55 Jahre alten Ungarn, der erst am 14. September Karl-Heinz Feldkamp abgelöst hatte. (Darmstädter Tagblatt vom 13.12.1988)

Berger neuer Eintracht-Trainer

Jörg Berger wird am 2. Januar 1989 neuer Trainer des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt. Mit dieser Bekanntgabe beendeten die Verantwortlichen des DFB-Pokalsiegers das eine Woche währende Rätselraten um die Nachfolge des am vergangenen Montag entlassenen Pal Csernai. Jörg Berger (44) war bislang beim Zweitligisten SC Freiburg tätig. Er hat dort noch einen bis zum Saisonende befristeten Vertrag. Die Freiburger rechnen deshalb mit einer finanziellen Abfindung. (Frankfurter Rundschau vom 19.12.1988)

Frankfurt kündigt Timo Zahnleiter

Mit sofortiger Wirkung hat Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt gestern Co-Trainer Timo Zahnleiter gekündigt. Der 42jährige ehemalige Assistent des vor knapp 14 Tagen gekündigten Trainers Pal Csernai war zuvor Co-Trainer von Dietrich Weise und Karlheinz Feldkamp, deren Verträge ebenfalls vorzeitig aufgelöst worden waren. Frankfurts neuer Trainer Jörg Berger wird bis zum Saisonende allein die Verantwortung tragen. Anstelle eines Co-Trainers soll ein Physiotherapeut mit Berger zusammenarbeiten. (Darmstädter Echo vom 29.12.1988)

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