Eintracht Frankfurt - Hamburger SV |
Bundesliga 1988/1989 - 11. Spieltag
0:1 (0:0)
Termin: Sa 22.10.1988 15:30
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Hans-Peter Dellwing (Trier)
Tore: 0:1 Uwe Bein (49.)
Eintracht Frankfurt | Hamburger SV |
|
|
Wechsel
|
Wechsel
|
Trainer |
Trainer |
Eckstein zur Eintracht Der Wechsel von Nationalspieler Dieter Eckstein vom 1. FC Nürnberg zu Eintracht Frankfurt ist perfekt. Der 24-jährige wurde am Dienstag in letzter Minute auf die Transferliste des DFB gesetzt und wird schon am Samstag im Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV das Eintracht-Trikot tragen. Eckstein wird am Donnerstag einen Dreijahres-Vertrag in Frankfurt unterschreiben. Unterschiedliche Angaben machten die beiden Manager über die Ablösesumme. Heinz Höher (1.FC Nürnberg): „Wir erhalten vier Millionen Mark.“ Jürgen Friedrich (Eintracht Frankfurt): „Es ist eine für uns akzeptable Summe deutlich unter vier Millionen.“ Eckstein, dessen Wunsch es war, Nürnberg so schnell als möglich zu verlassen, ist für die Franken nach dem Abgang von Reuter und Grahammer zu Bayern München sowie von Andersen zu Eintracht Frankfurt der vierte Verlust eines Stammspielers innerhalb weniger Monate. Frankfurt hingegen investierte den ersten Teil der über zehn Millionen Mark, die für den Transfer von Detari nach Piräus eingenommen wurden. „Jetzt geht die Arbeit sofort weiter. Nun werde ich mich wieder um Rudi Völler und den AS Rom kümmern“, sagte Manager Friedrich. Schon am Montag hatte „Club“-Präsident
Gerd Schmelzer in einem Gespräch mit Eckstein dem Nationalspieler
die Freigabe erteilt. Der Spieler habe zwar noch einen Vertrag bis 1990,
sagte Schmelzer, „doch aufgrund seiner persönlichen Situation
lassen wir ihn ziehen. Außerdem wollen wir einen Spieler, der weg
will, nicht zwingen, zu bleiben“. Eintracht-Manager Friedrich erwartet
von Eckstein, „daß er in den nächsten Jahren einiges
bewegt“. Eckstein hatte am vergangenen Donnerstag einen schweren
Schicksalsschlag erlitten, als sein sieben Wochen alter Sohn Dennis an
Herzversagen gestorben war. (Abendpost-Nachtausgabe vom 19.10.1988) Ein Eckstein macht noch keinen Sieg Müder 0:1-Kick der Eintracht gegen den HSV / Frankfurt ohne Mittelfeld / Bein schoß goldenes Tor Die Wende sollte eingeleitet werden und ein rauschendes Fußballfest über die Bühne gehen. Grund: Millionen-Einkauf Dieter Eckstein sollte den Fans in einem ihm gebührenden Rahmen im Eintracht-Trikot vorgestellt werden. „Mit Stein und Eckstein zum Sieg“ beschworen Fans und Vereinszeitung. Doch die Realität sah im Frankfurter Waldstadion ganz anders aus. Nach dem müden 0:1-Kick gegen den keinesfalls überzeugenden Hamburger SV stürzten die Hessen wieder auf den letzten Platz der Bundesligatabelle. Mit einem bezeichnenderweise ausgeglichenen Tor-/Punkteverhältnis von 4:15/5:15 sieht es für die Schützlinge von Trainer Pal Csernai nun sehr düster aus. Auch wenn der große Meister das nicht so wahrhaben mochte. Csernai: „Unsere Lage ist zwar schwierig, aber nicht hoffnungslos. Ich habe gleich nach dem Spiel mit meiner Mannschaft gesprochen und ihr gesagt, daß wir keinen Grund haben jetzt schon für die Zukunft schwarz zu sehen.“ Mutige Worte angesichts einer zumindest in den ersten 45 Minuten erschreckend schwachen Eintracht, die immer noch nicht den Detari-Weggang verkraftet hat. Frei nach dem Motto „Auf der Suche nach dem fehlenden Spielmacher“ liefen die Frankfurter Kicker streckenweise blind gegen das Hamburger Tor an. Ein Mittelfeld-Gefüge war nicht auszumachen. Es schien, als stünden auf Frankfurter Seite nur Stürmer und Verteidiger auf dem Spielfeld. So fanden Peter Hobday und Ralf Sievers nur selten die Bindung zu ihren Vorder- und Hinterleuten. Nur Dirk Bakalorz wußte in einigen Situationen zumindest als Ballverteiler in Erscheinung zu treten. Doch durchschlagende Wirkung hatte dies für den Spielaufbau der Hessen nicht. Das Meiste blieb dem Zufall überlassen. Da hatte es selbst ein technisch so versierter Spieler wie Eckstein schwer, sich in Szene zu setzen. Der. 24jährige verhungerte regelrecht vor dem HSV-Tor und mußte sich die Bälle immer wieder selbst aus dem Mittelfeld holen. Eine kaum befriedigende Aufgabe für einen derartigen Klassestürmer. Csernai meinte zu diesem Thema nur kurz angebunden: „Eine Beurteilung von Dieter nach nur einem Spiel wäre falsch.“ Während die Frankfurter nach der Pause übermotiviert reihenweise Tormöglichkeiten versiebten, zeigte Uwe Bein auf Hamburger Seite wie man es macht. Selbstbewußt marschierte er durch die gesamte gegnerische Abwehr und ließ nach seinem Solo Uli Stein beim 0:1 keine Chance. „Wir dachten uns, daß die Eintracht nervös agieren würde, sodaß ich in der ersten Halbzeit ganz auf die Offensive gesetzt habe“, sagte HSV-Coach Willi Reimann zufrieden, „dennoch mußte ich bis zur letzten Sekunde zittern.“ In der Tat: die Drangperiode der Gastgeber (60. bis 75.)
hatte es in sich. Doch wie das in solchen Situationen oft ist, der Ausgleich
wollte nicht fallen. Nur über den Kampf kann eben auch der amtierende
Deutsche Pokalsieger seine Spiele nicht gewinnen. Da gehört noch
mehr dazu. In erster Linie ein Mittelfeldspieler, der die Zügel fest
in die Hand nimmt und den sich immer weiter festfahrenden Eintracht-Karren
wieder aus dem Dreck zieht. Spektakuläre Stürmereinkäufe
allein reichen jedenfalls nicht. (Main-Spitze vom 24.10.1988) Uli Stein an der Mittellinie Das „goldene Tor“ von Uwe Bein stieß Türen zu Himmel und Hölle auf: Nach dem Treffer des ehemaligen Offenbachers zum Auswärtssieg bei Eintracht Frankfurt, bereits dem sechsten in dieser Saison, segelt der Hamburger SV weiter auf Erfolgskurs, sind die Hessen dagegen wieder im Besitz der „Roten Laterne“. Wie prekär die Situation bei erst fünf Pluspunkten und nur vier erzielten Treffern in zehn Spielen geworden ist, erkannten alle, nur Trainer Csernai nicht: „Sicherlich ist die Lage ernst, aber ich bin nicht bereit, jetzt schon die Zukunft schwarz zu sehen. Wir haben kämpferisch überzeugt und auch spielerische Höhen gesehen.“ Seine Gesundbeterei, seit Amtsantritt aufgenommen und nur im Hinblick auf das Europapokal-Heimspiel am Mittwoch (20.00 Uhr) gegen Sakaryaspor zu verstehen, ging soweit, daß Ex-Präsident Axel Schander nach Csernais Resümee sagte: .Jetzt glaube ich, daß wir gewonnen haben.“ Doch Sieger waren die Hanseaten, dessen vor Saisonbeginn kritisierter Trainer Willi Reimann nun als Strahlemann auftritt, als einer der größten Verlierer hingegen Uli Stein. Der Torwart, während der gesamten 90 Minuten im freundlichen Dialog mit seinen früheren Fans, mußte nach Spielschluß in einen Bus einsteigen, dessen Endziel noch unbekannt ist. Währenddessen geht sein alter Klub, der HSV, wieder besseren Zeiten entgegen. Ein Sonderlob gebührte den jungen Golz, Kober und Beiersdorfer, die das Fehlen der gesperrten Koitka und Jakobs kaschierten und die Abwehr zusammenhielten. Bei zuletzt 11:1 Punkten hofft Sportdirektor Ribbeck nun auf die Rückkehr der Fans. Diese wird in Frankfurt künstlich geschürt. Eine blamable Vorstellung wurde auf peinliche Weise aufgewertet. „In dieser Form gewinnen wir in Kaiserslautern“, sagte Zugang Eckstein, offenbar nach nur wenigen Tagen bereits infiziert von der Hoffnungsfarbe rosarot, wo eigentlich mit Realismus das Abstiegsgespenst erkannt werden müßte. „Wer so viele Chancen hat...“ Max Merkel nannte auf der Tribüne das Thema, an das sich die Eintrachtler nicht mehr heranwagen. Über die klägliche Chancen-Verwertung wurde kein Wort verloren. Dabei verstolperten Sievers, Eckstein und Turowski beste Möglichkeiten, scheiterte Schulz per Kopfball an der Latte (78.), hatte Bakalorz Pech mit Fernschüssen. Uli Stein war fast arbeitslos. Ihn trieb es gegen Ende immer wieder bis zur Mittellinie, wo er unter lautem Jubel der Fans sein Können als Feldspieler unter Beweis stellte. Nach dem Spiel hielt er sein Stillschweige-Abkommen, denn Schönfärberei ist nicht sein Stil. Auf Fragen sagte er nur: „Schönes Wetter heute.“ (Fußball-Woche vom 24.10.1988)
|