Bayer 05 Uerdingen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1988/1989 - 5. Spieltag

4:1 (4:0)

Termin: Fr 26.08.1988 20:00
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Wolf Umbach (Rottorf)
Tore: 1:0 Stefan Kuntz (18.), 2:0 Gerd Kleppinger (21.), 3:0 Stefan Kuntz (25.), 4:0 Wolfgang Funkel (43.), 4:1 Dietmar Roth (73.)

 

>> Spielbericht <<

Bayer 05 Uerdingen Eintracht Frankfurt

  • Manfred Kubik
  • Dietmar Klinger
  • Gerhard Kleppinger
  • Wolfgang Funkel
  • Friedhelm Funkel
  • Frank Kirchhoff
  • Holger Fach
  • Horst Steffen
  • Reinhold Mathy
  • Marcel Witeczek
  • Stefan Kuntz

 


 

Wechsel

  • Manfred Hellmann für Wolfgang Funkel (72.)
  • Angelo Nijskens für Marcel Witeczek (79.)

Wechsel

Trainer

  • Rolf Schafstall

Trainer

 

Feldkamp noch vier Wochen krankgeschrieben

Trainer Karlheinz Feldkamp wurde am Dienstag nach eingehender Untersuchung aus dem Krankenhaus entlassen, wurde aber wegen eines Bandscheibenschadens für zunächst vier Wochen krankgeschrieben. Sein Assistent Hans-Dieter Zahnleiter und Amateurtrainer Jürgen Sparwasser zeichnen daher weiterhin verantwortlich für die Arbeit mit den Bundesligaprofis der Frankfurter Eintracht, die sie am vergangenen Freitag schon zum 1:0-Sieg gegen den 1. FC Köln geführt haben.

Noch in dieser Woche soll es zu dem vom Präsidium bereits seit acht Tagen angestrebten Gespräch mit Trainer Feldkamp kommen. Die Eröffnungsfrage dieses Gesprächs hat Präsident Klaus Gramlich schon am vergangenen Sonntag in einem Fernsehinterview angekündigt: „Ich werde Herrn Feldkamp fragen, ob er überhaupt weiterhin Eintracht Frankfurt trainieren will.“ Daran bestehen laut Helma Feldkamp, der Gattin des Trainers, nun überhaupt keine Zweifel. Sie ließ am Dienstag verlauten, daß ihr Mann sich selbstverständlich hundertprozentig für den Verein engagieren werde, sobald er hundertprozentig fit sei. In dem auch von medizinischer Seite nun zu verantwortbaren Gespräch zwischen Präsidium und Karlheinz Feldkamp, der sich am Donnerstag wegen Herzbeschwerden einer weiteren Spezialuntersuchung unterziehen wird, werden vor allem die Aussagen des Trainers im Zusammenhang mit der geplanten Verpflichtung des Polen Dariusz Dziekanowski erörtert werden. Nach Rückkehr von Präsident Gramlich, Schatzmeister Knispel und Manager Kraus von den Vertragsverhandlungen in Warschau am Sonntag vor einer Woche hatte Karlheinz Feldkamp erklärt, daß ohne seine Zustimmung kein Spieler geholt werde und er nicht beim „Abwirtschaften“ mitmachen würde, nachdem er zum „Aufwirtschaften“ beigetragen habe. Überdies möchte das Präsidium erfahren, inwieweit nach verschiedenen Äußerungen aus Spielerkreisen Feldkamp noch an eine vorbehaltlose Zusammenarbeit mit dem Lizenzspielerkader glaubt. An welchem Tag die Aussprache zustande kommt, stand am Dienstag noch nicht fest.

Am Montagabend tagte der Verwaltungsrat von Eintracht Frankfurt mit dem Präsidium. Zentrales Thema war die Eishockey-Bundesligamannschaft, deren Etat für die kommende Saison durch das Aufsichtsgremium des Vereins genehmigt worden ist. Natürlich interessierte die zwölf Mitglieder im Verwaltungsrat auch die Entwicklung bei der Fußball-Bundesligamannschaft. Das Präsidium erstattete Bericht, Entscheidungen wurden indes nicht gefallt. Wie das Präsidium vor zwanzig Monaten dem Verwaltungsrat sein Votum für die Verpflichtung von Karlheinz Feldkamp mitgeteilt und im Frühjahr vergangenen Jahres sogar mit dem Rücktritt gedroht hatte, falls dieses Vereinsorgan der Verpflichtung von Wolfgang Kraus zum Manager nicht zustimme, so erwartet dieses Gremium nun wieder, in eine künftige Personalentscheidung mit einbezogen zu werden. Fest steht im Moment nur eins: Karlheinz Feldkamp und Wolfgang Kraus sitzen im Moment noch weniger fest auf ihren Stühlen als das Präsidium knapp drei Monate vor der ordentlichen Mitgliederversammlung mit Neuwahlen. (FAZ vom 24.08.1988)

Debakel in Uerdingen

Armer deutscher Pokalsieger: In Krefeld erlebte die Eintracht ihr schlimmstes Debakel seit Jahren. Das deutliche 1:4 vor 10.000 Zuschauern in der Grotenburg-Kampfbahn gegen Bayer Uerdingen bringt noch nicht einmal die ganze Dürftigkeit des Frankfurter Spiels an diesem Abend in voller Klarheit zum Ausdruck. Bayer Uerdingen hätte dank seines brillanten Spiels gegen einen harm- und hilflosen Gegner noch weitaus höher gewinnen können. Die Eintracht besitzt zur Zeit keine Mannschaft, sondern nur einen zusammengewürfelten Haufen. Die Eintracht spielt ohne Linie, ohne System, ohne Zusammenhang und auch ohne Kampfgeist. In dem wilden Haufen sind sich die Spieler noch so fremd, daß sie eigentlich „Sie“ zueinander sagen müßten. Turowski, Andersen und Gründel rannten vorne nicht, und hinten wurden Binz, Klepper, Roth und Hobday am laufenden Band überrannt. Es gab eigentlich nur einen, der rannte, kämpfte und spielte, wie man sich das von einem Bundesligaspieler erwartet: Ralf Sievers. Das Schicksal der Frankfurter vollzog sich innerhalb von acht Minuten, als zwischen der 17. und 25. Minute die Uerdinger drei Tore durch Kuntz (2) und Kleppinger erzielten. Wolfgang Funkel machte noch vor der Pause das 4:0. Dietmar Roth gelang in der 73. Minute lediglich der Ehrentreffer.

Trainer-Prominenz auf der Tribüne. Berti Vogts (U 21) und Hannes Löhr (Olympia) nutzten den Freitagabend, um über ein halbes Dutzend ihrer Kandidaten unter die Lupe zu nehmen, darunter auch die Frankfurter Binz (U 21), Bakalorz und Sievers (beide Olympia). Doch nur die Uerdinger Auswahlspieler setzten sich eindrucksvoll in Szene. Etwa Holger Fach, dessen Eleganz stets über die Athletik von Hobday triumphierte. Schon in der ersten Minute sorgte Fach für drei brenzlige Situationen hintereinander und zwang mit einem Kopfball nach einer Ecke Stein zu einer Glanzparade. Oder Marcel Witeczek, der mit Klepper machte was er wollte, bis der bedauernswerte Frankfurter in der 39. Minute von Schlindwein abgelöst wurde.

Bayer Uerdingen spielte wie aus einem Guß, die Eintracht verlor sich in nutzlosen Einzelaktionen. Uerdingen zeigte Rasanz, Witz, Tempo, Zweikampfstärke, ein herrliches Spiel. Die Eintracht bot nichts, keine Bewegung, kein Verständnis, keinen Mumm, ein desolater Haufen. Vorne standen Andersen und Turowski wie Standbilder herum. Gründel, als dritte Spitze vorgesehen, versuchte sich als fünfter Verteidiger und bot eine überaus schwache Partie. Auch der neue Spielmacher Dirk Bakalorz bekam das zerfahrene Spiel überhaupt nicht in den Griff. Die Uerdinger Tore fielen daher zwangsläufig wie reife Früchte, eines schöner als das andere. Und bei jedem Treffer wuchs der Frust von Uli Stein...

1:0 (17.): Klepper foult Witeczek an der Strafraumgrenze. Freistoß. Wolfgang Funkel versenkt den Ball ins Tor. Doch es zählt nicht. Gelb statt Jubel für den Schützen, weil Schiedsrichter Dr. Umbach den Freistoß noch nicht freigegeben hatte. Wiederholung. Diesmal schießt Stefan Kuntz - und erneut schlägt der Ball neben Stein ein.

2:0 (21.): Kirchhoff wird herrlich im Strafraum freigespielt, trifft aber mit seinem Schuß nur die Querlatte. Den Abpraller hämmert Kleppinger, auch ein Seoul-Spieler, ins Tor.

3:0 (25.): Ein Uerdinger Konter. Kuntz spielt auf die linke Seite zum mitgelaufenen Wolfgang Funkel, dessen Flanke Kuntz dann mit einem herrlichen Flug-Kopfball verwandelt.

4:0 (43.): Diesmal wartet Wolfgang Funkel. bis der Schiedsrichter den Freistoß freigegeben hat. Von der linken Seite drischt er den Ball ins lange Eck. Stein reagiert schon gar nicht mehr, sondern resigniert nur noch.

Mit dem 4:0 zur Pause war die bedauernswerte Eintracht sogar noch gut bedient, denn in der 27. Minute brachte Binz im Strafraum Fach zu Fall, doch Dr. Umbach gab den fälligen Elfmeter nicht.

Nach der Pause hätte Bayer Uerdingen gegen die resignierende Frankfurter Mannschaft weitere Tore erzielen können, ja müssen. Binz rettete auf der Linie, Stein dann gegen Kuntz. Fach schoß freistehend über das Tor und scheiterte dann an Stein. In der ersten Hälfte der zweiten Halbzeit hätte Uerdingen das halbe Dutzend vollmachen können.

Erst als Bayer-Kapitän Wolfgang Funkel unter dem brausendem Beifall der Zuschauer den Platz verließ und Uerdingen im Gefühl des klaren Vorsprungs kürzer trat, kam die Eintracht etwas auf und wenigstens ab und zu vor das Uerdinger Tor. In der 74. Minute erzielte Dietmar Roth, der eine Vorlage des für Andersen eingewechselten Balzis direkt verlängerte, sogar den Gegentreffer. (Abendpost-Nachtausgabe vom 27.08.1988)


Nach den Spielern blamiert sich der Präsident

1:4 in Krefeld gegen Bayer Uerdingen, 3:11 Tore, 2:8 Punkte, wieder Tabellenletzter der Bundesliga. Panik beim deutschen Pokalsieger? Mitnichten. Die Eintracht macht in Optimismus. In ungewohntem Einklang log sich die Eintracht nach dem Debakel noch Ermutigendes in die eigene Tasche. Als hätten sie sich in der Kabine auf eine einheitliche Sprachregelung verständigt, kaschierten Spieler, Trainer, Manager und Präsident die Schmach der ersten 45 Minuten einstimmig mit der Leistung in den zweiten.

„In der zweiten Halbzeit hat man doch gute Ansätze gesehen, oder?“, fragte Libero Manfred Binz schüchtern. „Die Leistung in der zweiten Halbzeit ist hoch einzuschätzen“, lobte Aushilfstrainer Timo Zahnleiter. „Die zweite Halbzeit macht mir wieder Mut für die nächsten Spiele“, tröstete sich Manager Wolfgang Kraus. „Kompliment an meine Mannschaft, weil sie sich so aufgebäumt hat. Die zweite Halbzeit hat gezeigt, daß wir auf dem richtigen Weg sind“, verkündete Präsident Klaus Gramlich bombastisch. So wurde, man hörte und staunte, aus der deftigsten Niederlage der letzten Jahre sogar noch ein positives Ergebnis herbeigeredet.

Natürlich: Die zweite Halbzeit endete 1:0 für Frankfurt. Aber nur, weil Uerdingen im Gefühl des sicheren Sieges nach 70 Minuten den Sturm abflauen ließ und den überragenden Kapitän Wolfgang Funkel auswechselte, um angesichts einer Privatfehde mit Heinz Gründel keine Rote Karte (Gelb hatte er schon) zu riskieren.

Dennoch schämte sich Klaus Gramlich nicht - die Augen kühn auf die Kamera gerichtet - ins ARD-Mikrofon zu faseln: „Ich habe in den letzten fünf Jahren in der Bundesliga keine Mannschaft gesehen, die zur Halbzeit 0:4 hinten lag und dann noch so hervorragend Fußball gespielt hat.“ Peinlich. Bemerkung des ARD-Kommentators am Samstag in der Sportschau: „Da muß der Präsident wohl ein anderes Spiel gesehen haben.“

Bei der Verherrlichung der zweiten Halbzeit unterschlugen die Frankfurter einfach, daß mehrere Rettungstaten von Stein und Binz, Pech von Fach und Witeczek ein 0:6 oder 0:7 verhinderten. Von wegen aufbäumen: Auch die Maus wagt sich aus ihrem Loch, wenn sich die Katze schlafen legt... (Abendpost-Nachtausgabe vom 29.08.1988)

 

 

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