Eintracht Frankfurt - Stuttgarter Kickers

Bundesliga 1988/1989 - 2. Spieltag

1:2 (0:0)

Termin: Sa 30.07.1988 15:30
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Tore: 0:1 Wolfgang Wolf (62.), 0:2 Frank Elser (71.), 1:2 Ralf Balzis (83.)

 

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Eintracht Frankfurt Stuttgarter Kickers

 


  • Kari Laukkanen
  • Alfred Schön
  • Heribert Stadler
  • Bernd Schindler
  • Niels Schlotterbeck
  • Wolfgang Wolf
  • Frank Elser
  • Runald Ossen
  • Bernd Grabosch
  • Hans Hein
  • Ralf Vollmer

 

Wechsel

Wechsel

  • Ralf Allgöwer für Niels Schlotterbeck (51.)
  • Ari-Juhani Hjelm für Ralf Vollmer (51.)

Trainer

Trainer

  • Manfred Krafft

 

Krafft entschuldigte sich, dann siegte er

In der ersten Halbzeit hätte sich Uli Stein gemütlich auf die Werbebande hinter seinem Tor setzen können. Der Eintracht hätte es nicht geschadet Vorausgesetzt, Schiedsrichter Krug hätte sich daran nicht gestört.

Denn in den ersten 45 Minuten mußte Stein nicht einmal ernsthaft eingreifen. Er diente nur als Anspielstation für Rückgaben (Stuttgarts Trainer Krafft: „Ich muß mich für die defensive Spielweise vor der Halbzeit entschuldigen“). Allerdings wurde auch sein Gegenüber, Kickers-Schlußmann Kari Laukkanen, nur selten geprüft. Schüsse von Andersen und Binz, viel mehr war für ihn bis zum Anschlußtreffer von Balzis (86.) nicht zu tun.

Nach dem Wechsel verdiente sich Stuttgart den Sieg. Erst lenkte Stein einen Schuß mit einer Hand über die Latte. Dann, als ein Konter schon bereinigt schien, traf Wolf zum 0:1 (60.). In der 71. Minute hatte Stein Pech, daß ihm ein Schuß von Elser durch die Beine rutschte - 0:2. Danach wehrte er gegen Schindler ab und klärte zweimal weit vor dem Strafraum. Gründel und Hobday vergaben kurz vor Schluß gute Ausgleichs-Chancen.


1:2-Heimpleite gegen Kickers Stuttgart

Wer der Eintracht vor zwei Monaten gesagt hätte, wie trostlos ihre Lage bereits nach zwei Spieltagen sei, wäre vermutlich mit einem Glas Champagner in der Hand mitleidig belächelt worden. Denn die Eintracht schien vor einer großen Saison zu stehen. Der 29. Mai: 15.000 Fans hatten ihre Mannschaft - trotz unfreundlichem Wetter - auf dem Römerberg empfangen und dem neuen Pokalsieger zugejubelt. Der 30 Juli: 10.000 Zuschauer hatten ihre Mannschaft - bei herrlichem Wetter - im Waldstadion zur Heimpremiere empfangen. Gejubelt haben sie allerdings nicht. In der zweiten Halbzeit, als die Stuttgarter Kickers das Spiel entschieden hatten, forderten die Fans den Rauswurf des Präsidiums.

Nach 0:4 Punkten und 1:5 Toren, dem enttäuschenden 0:2 zu Hause im Supercup gegen den deutschen Meister Werder Bremen, hat die Eintracht die Anhänger nicht mehr im Rücken, der Tabellenletzte steht vielmehr mit dem Rücken zur Wand.

Die Mannschaft fürchtet sich vor der Pokalbegegnung bei den Amateuren des VfL Wolfsburg, spricht bereits vom Schicksalsspiel (Kapitän Karl-Heinz Körbel) und nimmt sogar ein Wiederholungsspiel (Dietmar Roth) in Kauf. Für die Bundesliga sieht auch Torwart Uli Stein schwarz: „Wir müssen nach dem Spiel in St. Pauli froh sein, wenn wir 1:5 Punkte haben und nicht 0:6.“

Trainer Karl-Heinz Feldkamp klangen die „Vorstand-raus“-Rufe auch nach dem 1:2 noch in den Ohren. Er befürchtet noch Schlimmeres: „Jetzt rufen sie ,Vorstand-raus' und in drei Wochen ,Trainer-raus‘. Ich weiß, daß wir uns mit solchen Heimniederlagen in die Schußlinie bringen.“ Manager Wolfgang Kraus schimpfte über die Leistung des Pokalsiegers und hatte Verständnis für die Pfiffe der Fans: „So etwas kann man sich nicht bieten lassen. Aber ich sage, auch mit Detari hätte die Mannschaft heute nicht besser gespielt.“

Darüber läßt sich streiten. Kein Zweifel besteht aber darin, daß „das zarte Pflänzchen Fußball“, das Eintracht-Präsident Dr. Klaus Gramlich nach dem Verkauf des ungarischen Super-Stars wieder wachsen lassen wollte, schon nach acht Tagen Bundesliga eingegangen ist wie eine Primel. Dafür gibt es Gründe.

Der Verkauf von Lajos Detari hat der Mannschaft das „Herz herausgerissen“ (Feldkamp). Die neuen Spieler Peter Hobday, Jörn Andersen, Stefan Studer, Heinz Gründel und Maximilian Heidenreich wurden verpflichtet, um die Mannschaft gezielt zu verstärken. Die Einkäufe sollen angeblich auf Lajos Detari, der dann für über 15 Millionen Mark zu Olympiakos Piräus verkauft wurde, zugeschnitten worden sein. Auf dem Spielfeld stützte die Mannschaft diese Behauptung der Verantwortlichen. Denn der Eintracht scheint tatsächlich nur ein Kopf, ein Spielmacher zu fehlen.

Dennoch sind Zweifel erlaubt. Denn bislang hieß es immer, daß Peter Hobday als Verstärkung für Lajos Detari geholt wurde. Wäre Detari geblieben und der Engländer gekommen, hätte die Eintracht drei Ausländer (Jörn Andersen, Norwegen) in ihrem Team.

Dies wiederum will die Eintracht jetzt unbedingt verhindern. Da der Druck, nach dem miserablen Start, einen Spielmacher zu verpflichten immer größer wird, kam sofort der von Bayer Leverkusen entlassene Tita als Nachfolger für Detari ins Gespräch. Doch Manager Kraus lehnt ab: „Tita ist ein interessanter Mann. Aber wir haben zwei Ausländer. Ich rechne damit, daß Hobday erst nach der Vorrunde Deutscher wird. Für uns ist Tita kein Thema.“ Das paßt sowenig zusammen wie zur Zeit das Spiel der Eintracht.

Auch wenn Präsident Dr. Klaus Gramlich in der Stadion-Zeitung verkündete, daß die Detari-Millionen Mark investiert würden, lehnen Trainer Feldkamp und Manager Kraus derzeit Neuverpflichtungen ab. „Wir müssen mit dem Kader hinten raus kommen, den wir haben“, sagt der Manager. Das wird nicht leicht. Denn Schwierigkeiten hat die Eintracht nicht nur im Mittelfeld. Die Probleme beginnen in der Defensive. In der letzten Saison spielte sich Manni Binz als Libero in die U-21-Nationalmannschaft. Trainer Feldkamp konnte sich sogar vorstellen, daß Manni bald von Franz Beckenbauer eingeladen würde. Nun stellt Feldkamp Binz meist vor die Abwehr, damit er das Mittelfeld stärken soll. Die Folge: Binz gelingt es nicht, das Mittelfeld entscheidend anzutreiben und unter seinem verstärkten Offensivdrang leidet die Abwehr.

Sowohl vor dem 0:1 durch Wolfgang Wolf, wie auch beim 0:2 durch Frank Elser wurde die Eintracht ausgekontert. Binz fehlte in der Verteidigung. Durch die Umstellung wurde der Eintracht eine weitere Stärke der letzten Saison genommen. Ein Schwäche aus dem letzten Jahr wurde dafür übernommen. „Wir haben: uns vor dem Spiel gesagt, daß es ganz schwer werden wird, gegen die Stuttgarter ein Tor zu machen. Aber wir wollten uns nicht verrückt machen lassen“, sagte Dietmar Roth.

Doch dann sei die Mannschaft wieder ins offene Messer gelaufen, wie im letzten Jahr gegen Bochum, Kaiserslautern und Homburg. Roth ärgerte sich über die mangelnde Routine: „Wenn es nicht läuft, dann müssen wir auch einmal mit einem 0:0 zufrieden sein.“ (Abendpost-Nachtausgabe vom 01.08.1988)


Sensation durch Wolf und Elser

Jubel beim Neuling aus Stuttgart über das erste Erfolgserlebnis in der Bundesliga, Ratlosigkeit bei Eintracht. Durch einen sensationellen Auswärtserfolg beim Pokalgewinner glückte den Schwaben ein unerwarteter Streich und ließ den mißglückten Saisonauftakt gegen Bochum (1:2) vergessen. Dem Schlußlicht aber droht bei 0:4 Punkten ein ähnlicher Fehlstart wie im letzten Jahr, als das Team von Karlheinz Feldkamp mit 1:7 Zählern miserabel begann.

Die Hausherren besaßen zwar eine optische Überlegenheit, die Tore jedoch markierte Stuttgart. „Unsere defensive Haltung in der ersten Halbzeit hat mir nicht gefallen, obwohl sie verständlich war, weil wir Bochum noch in das offene Messer gelaufen waren“, erklärte Kickers Coach Krafft. Der größere Mut nach der Pause wurde durch Treffer des Ex-Lauterers Wolf (62.) und von Elser (71.) belohnt. Die Eintracht konnte durch den eingewechselten Balzis nur noch Ergebnis-Kosmetik betreiben (83.).

Das reichte allerdings nicht mehr aus, um die 11.000 Zuschauer zu versöhnen. Vor allem die Fans des verkauften Ungarn Detari forderten „Vorstand raus!“ Feldkamp hatte sogar mit noch mehr Mißfallensäußerungen gerechnet: „Wir kommen aber in die Schußlinie, wenn die Heimspiele verloren werden. Ohne die Kickers abzuwerten, solch ein Spiel muß gewonnen werden, egal wie.“

Während sich sein Kollege Krafft über einen Sieg freuen durfte, „der verdient war, weil wir in der zweiten Halbzeit doch einige schöne Spielzüge zeigten“, muß Feldkamp bei Null beginnen. Schon das Pokalspiel beim VfL Wolfsburg am Samstag und die Begegnung beim FC St. Pauli erhalten richtungsweisenden Charakter. „Zur Zeit heißt es für uns, mit dem derzeitigen Aufgebot vom Ende wegzukommen und uns freizukämpfen“, so Feldkamp.

Von überstürzten Einkäufen mit den rund zehn Millionen Mark aus dem Detari-Transfer hält auch Manager Kraus nichts. „Wir werden nicht mit aller Gewalt auf dem Markt tätig, momentan gibt es keine Alternative für Detari“, äußerte er, „ich verstehe, daß sich das Publikum solchen Fußball nicht bieten läßt, ich lasse aber auch nicht gelten, daß die Mannschaft so schlecht gespielt hat, weil sie ohne Detari auskommen muß.“ Der Nigerianer Okwaratji (früher Ulm) und der Argentinier Margetic werden bis zum Mittwoch noch getestet. (Fußball-Woche vom 01.08.1988)

 

 

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