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Eintracht Frankfurt - Bayer
05 Uerdingen |
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Bundesliga 1983/1984 - 19. Spieltag
2:2 (2:0)
Termin: Sa 28.01.1984, 15:30 Uhr
Zuschauer: 13.750
Schiedsrichter: Volker Huster (Niederlahnstein)
Tore: 1:0 Ralf Falkenmayer (25.), 2:0 Jan Svensson (44.), 2:1 Matthias Herget (70.), 2:2 Friedhelm Funkel (90.)
Eintracht Frankfurt | Bayer 05 Uerdingen |
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Nur Sekunden …
Die Ruhe in Person scheint dagegen Trainer Weise zu sein: "Solange mit Nürnberg, Offenbach und uns drei Mannschaften fast gleichauf liegen, besteht kein Grund zur Panik. Ich bin auf einen Kampf bis zum letzten Spieltag eingestellt." Und mit einem Blick auf den Spielplan, der den Frankfurtern in den letzten sechs Spielen vier Meisterschaftsaspiranten als Gegner beschert, beweist sich Weise als Prophet: "Die Eintracht wird am Ende die Meisterschaft entscheiden." Ein Grund für den verhaltenen Optimismus des Trainers dürfte mit in der Tatsache begründet liegen, dass Weise für das Spiel gegen die Werkself personell fast aus dem Vollen schöpfen kann. Am Samstag stehen bis auf den Langzeitverletzten Jürgen Mohr und Sievers, den eine Grippe ausbremst, alle anderen 16 Spieler des Kaders zur Verfügung. Denn die Sperre von Norbert Fruck ist abgelaufen, und Bodo Mattern hat nach seiner Knieoperation das allerdings durch Schnee und Matsch am Stadion und am Riederwald arg beeinträchtigte Training aufgenommen. Auf den bisher verhinderten Torjäger setzen nicht nur die Anhänger, sondern auch die Mitspieler große Hoffnungen, die Körbel verbalisiert: "Bei ihm hat man wenigstens das Gefühl, dass er mal ein wichtiges Tor schießt." Auch die verhaltene Zuversicht von Ronald Borchers macht sich an einem Einsatz "des Brechers" Bodo Mattern fest, von dem er sich vor allem mehr Kampfkraft der Eintracht erhofft: "Wir haben nicht mehr diese Fighter in der Mannschaft wie einst Kalla Wirth, Dieter Lindner, Friedel Lutz oder Horst Heese, die in der ebenso kritischen Saison 1970/71 das Steuer noch herumgerissen und die Eintracht gerettet haben. Heute können Charlie Körbel oder Michael Sziedat bis zum Umfallen kämpfen und eine große Leistung zeigen, aber durch die Unerfahrenheit anderer, jüngerer Spieler kommt es immer wieder zu einem Nackenschlag." Neben Mattern füllt eine weitere Personalie im Vorfeld des Uerdingen-Spiels die Zeilen der Gazetten. Der 20-jährige Mittelfeldspieler aus dem Frankfurter Stadtteil Niederursel Ralf Falkenmayer, den Weise als Spielmacher aufbauen will, weckt die Begehrlichkeiten anderer Vereine. 'Bayern, HSV, Köln, Leverkusen und andere', so will es die Abendpost-Nachtausgabe wissen, 'würden für ihn gerne eine Million ausgeben'. Weise ist sich allerdings sicher, "dass der Ralf bei uns bleibt, selbst wir absteigen sollten. Ralf will wohl seine kranken Eltern nicht verlassen. Frau Falkenmayer hat den Ralf gut betreut und immer wieder angespornt." Gegenüber der Startaufstellung in Dortmund verändert Weise seine Mannschaft auf zwei Positionen: Für erkrankten Sievers, der zudem in Dortmund enttäuscht hatte, rückt Berthold ins Team, um als Außenverteidiger den Defensivblock mit Pahl, Kraaz, Körbel und Sziedat zu stärken und gleichzeitig Druck nach vorne aufzubauen, im Mittelfeld bleibt mit Trieb, Borchers, Kroth und Falkenmayer alles beim Alten, und im Sturm kommt Bodo Mattern als Partner von Jan Svensson zu seinem ersten Bundesligaspiel für die Eintracht. Der Gast aus Krefeld kann im Gegensatz zur Eintracht relativ entspannt in die Partie gehen. Der von Timo Konietzka trainierte Aufsteiger ist zwar als Abstiegskandidat in die Saison gestartet, hat sich aber mit derzeit 19 Zählern einen Acht-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 erspielt und belegt aktuell Rang 9 in der Tabelle. Den Mann, der darauf gebrannt hatte, der Eintracht heute zu zeigen, dass es ein Fehler war, ihn zu Beginn der Saison an Uerdingen abzugeben, werden die Zuschauer freilich auf der Reservebank sehen: Helmut Gulich. Der 23-Jährige hat bislang zwar schon vier Treffer für die Werkself erzielt, es aber nicht geschafft, sich einen Stammplatz in der ersten Elf zu erarbeiten. Auflaufen wird dagegen mit Sascha Jusufi ein weiterer Spieler mit einem, wenn auch indirekten Bezug zum Frankfurter Fußball. Denn sein Vater Fahrudin bestritt von 1966 bis 1970 insgesamt 111 Bundesligaspiele für die Eintracht und gilt als Prototyp des stürmenden Außenverteidigers. Zwar sind die Zufahrtswege zum Stadion von Schnee und Eis geräumt, dennoch wollen nur knapp 14.000 Zuschauer die 19. Folge des Klassenkampfs der Eintracht live verfolgen. Selbst die als verkaufsfördernd angedachte Maßnahme der Eintracht, gegen Vorlage der Uerdingen-Eintrittskarte auf den Topzuschlag (sic!) für das Spiel gegen den Verein aus Bieber am 25. Februar zu verzichten, bringt also keinen Erfolg.
In den letzten fünf Minuten vor dem Halbzeitpfiff eröffnet sich für die Uerdinger zweimal die Chance zum Ausgleich. Feilzer scheitert in der 40. Minute mit einem Flachschuss ebenso an Pahl wie nur eine Minute später Klinger. In der 44. Minute fällt schließlich ein Tor - aber nicht Pahl ist der Geschlagene, sondern Vollack. Unmittelbar beteiligt ist wie schon beim 1:0 Bodo Mattern, dessen Schrägschuss von Jan Svensson, der mit dem Rücken zum Tor steht, unhaltbar für den Uerdinger Torhüter zum 2:0 ins Netz verlängert wird. Nach dem Wechsel zeigen sich die Uerdinger bestrebt, den Anschlusstreffer zu erzielen, und haben damit in der 50. Minute beinahe Erfolg, als Feilzer einen von Kraaz per Kopf abgewehrten Herget-Freistoß aus 16 Metern an den Pfosten zimmert. Die nächste große Chance in der zweiten Halbzeit hat der Frankfurter Trieb in der 53. Minute, der Vollack mit einem Heber zu einer Ganzparade zwingt. Zur Unterstützung der Krefelder Angriffsbemühungen wechselt Konietzka wenig später den offensiven Christian Sackewitz für Sascha Jusufi ein. Bei der Eintracht kommt in der 60. Minute Schreml für Berthold.
Fünf Minuten später beginnt für die Anhänger der Eintracht - und auch für die Mannschaft - das Zittern, als Herget einen Freistoß aus 20 Metern zum Anschlusstreffer über die Mauer und in den linken Torwinkel hebt. Um der nun verständlicherweise aufkommenden Nervosität Herr zu werden, suchen die Frankfurter, angetrieben durch ihren Trainer, ihr Heil weiter im Angriff. Weise bringt für den entkräfteten Mattern, der eine gelungene Bundesligapremiere im Stadion gezeigt hat, mit Tobollik einen frischen Stürmer. Es ergeben sich Chancen für den Tabellenletzten, und in der 84. Minute hat es der eingewechselte Tobollik auf dem Fuß, alles klar zu machen. Nach einem schönen Pass von Borchers geht der Pole alleine auf das Tor zu und lässt Keeper Vollack aussteigen. Doch statt mit dem Ball ins Tor zu laufen, schiebt er die Kugel eindeutig zu sachte gen Torlinie, wo inzwischen der zurückgeeilte Ludger van de Loo steht und klären kann.
Ausgerechnet Friedhelm Funkel. Den 30-jährigen
Neusser und die Eintracht verbindet eine stationsreiche gemeinsame
Geschichte, bei der die Frankfurter meist die tragische Rolle übernahmen.
Das erste Kapitel wird am 19. Februar 1977 geschrieben, als die Eintracht
mit Trainer Gyula Lorant anlässlich des Viertelfinals im DFB-Pokal
beim Zweitligisten Bayer 05 Uerdingen gastiert. Bis zur 84. Minute
führen die Frankfurter standesgemäß mit 3:1, ehe Friedhelm
Funkel der Anschlusstreffer zum 3:2 gelingt (Endstand 6:3 für
Uerdingen nach Verlängerung). Kapitel Zwei folgt am 24. Mai 1980.
Uerdingen empfängt als
Dietrich Weise: "Es ist schwer heute die richtigen Worte zu finden. Wir sind nicht schlechter als die Hälfte der anderen Mannschaften, doch unsere Tragik ist: Da schießen wir schon mal zwei Tore, und es reicht immer noch nicht. Zum Glück haben die beiden mitgefährdeten Mannschaften jeweils zwei Punkte verloren. Wir müssen uns eben ganz auf den drittletzten Platz konzentrieren. Es ist schwer, die Mannschaft nach solchen Niederschlägen wieder aufzubauen. Von den vier hundertprozentigen Chancen, die wir hatten, will ich gar nicht reden. Das gehört offensichtlich zu unserem Spiel dazu." Timo Konietzka: "Heute haben wir die Tragik eines Fußballspiels gesehen. Ich habe die Eintracht bewundert, denn wir waren eigentlich ohne Chance. Doch am Ende hat mir diese Mannschaft leidgetan. Wer so kämpft, so spielt und in der letzten Sekunde dann dennoch den Sieg abgibt, das ist schon Tragik. Wir konnten uns erst nach dem 1:0 einigermaßen lösen, ich bin riesenfroh über diesen Punkt, der eigentlich ein großes Geschenk ist. Ich hoffe, dass wir dieses Glück weiterhin haben." Friedhelm Funkel: "Die Eintracht war heute die bessere Mannschaft. Wenn man schon 2:0 führt und dann noch einen Punkt abgibt, kommt das einer Niederlage gleich. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was das für ein Schicksalsschlag ist." |