Eintracht Frankfurt - VfL Bochum |
Bundesliga 1982/1983 - 5. Spieltag
0:1 (0:0)
Termin: Sa 11.09.1982, 15:30 Uhr
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Osmers (Bremen)
Tore: 0:1 Stefan Pater (49.)
Eintracht Frankfurt | VfL Bochum |
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Trainer | Trainer
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Eintracht eine Chaotentruppe Die Eintracht ist zu einer Chaotentruppe geworden: Innerhalb von acht Tagen verlor sie auch das zweite Heimspiel. Nach dem 0:1 gegen Eintracht Braunschweig folgte jetzt das 0:1 gegen den bisher sieglosen Tabellenletzten VfL Bochum. Stefan Pater erzielte in der 49. Min. vor 10.000 Zuschauern im Waldstadion das spielentscheidende Tor. Die Eintracht bot auf der ganzen Linie eine katastrophale Leistung und hatte riesiges Glück, daß die pfeilschnellen Bochumer Stürmer Schreier und Pater nicht noch ein weiteres halbes Dutzend klarster Torchancen ausnutzten. Die größte Gelegenheit der Eintracht war ein Elfmeter, mit dem aber Werner Lorant beim Stande von 0:0 an dem Bochumer Torwart Zumdick, zusammen mit Libero Bast der überragende Spieler auf dem Platz, scheiterte. Für die Frankfurter Eintracht ab er hat nach dieser schlechten Leistung und mit 2:8 Punkten (jetzt vorletzter Rang) der Abstiegskampf bereits beängstigende Formen angenommen. Die Zeichen bei der Eintracht waren schon früh auf Sturm gestellt, denn Bruno Pezzey hielt es nicht lange in seinem Hoheitsgebiet. Daß dadurch mehr Verwirrung vor dem Frankfurter als vor dem Bochumer Tor entstand, lag freilich nicht unbedingt am frühen Offensivdrang des Österreichers (sieht man von einer verunglückten Rückgabe in der 4. Minute ab), sondern an den geradezu fahrlässigen und dilettantischen Fehlern derer, die ihm den Rücken freihalten sollten: Werner Lorant und Ralf Falkenmayer. So hatten die Bochumer in der ersten Halbzeit die kapitalsten Torchancen, und was allein Christian Schreier an dicksten Möglichkeiten versiebte, war — aus Bochumer Sicht — schon zum Schreien. 10. Minute: Nach einem kapitalen Fehler von Falkenmayer stürmte Schreier allein auf Pahl zu. Doch mit den Fingerspitzen konnte der Frankfurter Torhüter den Ball gerade noch zur Ecke ablenken. 38. Minute: Wieder war Schreier durch, und die Rettungstat von Sziedat im Strafraum ging haarscharf an einem Elfmeter vorbei. 43. Minute: Nachdem er im Luftkampf Pezzey regelwidrig weggestoßen hatte, stand Schreier ein drittes Mal allein vor dem Eintracht-Tor — und traf nur den Pfosten! Wenn man noch aufzählt, daß in der 30. Minute Sziedat einen Kopfball von Pater von der Linie schlug, kann sich jeder ausmalen, wie sehr die Eintracht-Abwehr wackelte. Und was tat sich vorn? Viel Power zwar, die sich jedoch in Rauch auflöste, zumal die Frankfurter den Bochumer Torhüter Zumdick so richtig warmschossen. Cha explodierte als einziger, es gab ein paar brenzlige Strafraumszenen, aber viel mehr auch nicht, sieht man von dem Volleyschuß Nickels nach einem Zuspiel Neubergers in der 35. Minute ab. Das war bereits die zweite Heldentat des Bochumer Torhüters, der in der 33. Min. bereits die allergrößte Torchance der Eintracht zunichte gemacht hatte: Er hielt einen Elfmeter von Werner Lorant, einen Elfmeter freilich, der völlig unberechtigt war. Denn Wölk hatte Cha astrein vom Ball getrennt. Der Elfmeterpfiff im Stadion überraschte daher jeden, Bochumer wie Frankfurter. Irgendwann mußten sich die groben Schnitzer der Eintracht rächen. In der 49. Minute war es dann soweit: Lorant verlor den Ball an Pater, und trotz des Rettungsversuchs von Pezzey schoß der Bochumer Mittelstürmer aus vollem Lauf den Ball zum 1:0 in den Winkel. Die Eintracht war nun völlig von der Rolle, das Chaos wurde nur noch von der Angst übertroffen, die alles lähmte. Pezzey spielte schwer und schwerfällig, Körbel fehlte jegliche Konzentration, selbst Nickel spielte seine Pässe den Mitspielern in den Rücken, Borchers gewann keinen Zweikampf gegen Jakobs. Mit ihren Freistoßvarianten verwirrten sich die Frankfurter nur selbst und nicht die Bochumer. Allein Cha und Neuberger genügten den normalen Ansprüchen. Es gab zwar zehn Minuten lang ein hoffnungsvolles Powerplay, als Künast für Sziedat in der 63. Minute ins Spiel kam. Nickel touchierte mit einem 40-Meter-Freistoß die Querlatte, ein Kopfball von Körbel ging knapp daneben, und dann rettete Dieter Zumdick gegen Nickel. Sonst fing die Bochumer Abwehr um ihren überragenden Libero Dieter Bast alles ab. Zu einfallslos, zu stupide spielte die Eintracht im Angriff immer nur hohe Bälle in den Strafraum. In diesem chaotischen Spiel aber mußten die Bochumer mit ihren Kontern weitere Tore machen. Es war erschreckend für die Frankfurter, wie die pfeilschnellen Schreier und Pater zu zweit die entblößte, desolate Eintracht-Abwehr überspielten. Viermal tauchte allein Stefan Pater mutterseelenallein vor Pahl auf, scheiterte aber jedesmal am eigenen Unvermögen oder am Frankfurter Torhüter. Hier, spätestens in der 75. und 77. Minute, hätte Pater das Spiel endgültig entscheiden können. Doch Glück für ihn und den VfL Bochum, daß die Eintracht an diesem Tag unfähig war, den Ausgleich zu erzielen. (Abendpost-Nachtausgabe)
Eintracht-Vize Zenker: „Jetzt muß es Konsequenzen geben!“ Das Präsidium der Frankfurter Eintracht tritt am heutigen Nachmittag zu einer Sitzung zusammen. Was dabei herauskommen wird? Vize Wolfgang Zenker: „Konsequenzen nach diesem erneuten Debakel müssen gezogen werden. In welchem Bereich, kann ich noch nicht sagen. Auf jeden Fall müssen die Ursachen erforscht werden, wieso die gleiche Mannschaft, die noch gegen Leverkusen so gut spielte, jetzt so jämmerlich versagt. Das ist mir unbegreiflich? Sind Senekowitschs Tage gezählt? Nach den Katastrophen-Spielen gegen Braunschweig und Bochum wird nicht nur hinter vorgehaltener Hand gefragt, ob Trainer Helmut Senekowitschs Tage bereits gezählt sind. Der Österreicher gab sich auch am Samstag äußerst ratlos. Mit Aussagen wie „So eine Talsohle habe ich noch nicht erlebt“, oder „Die Eintracht hat nicht mehr die große Mannschaft wie vor vier Jahren“ oder „Die Nervosität war zu groß“ konnte er bei keinem, ob Vereins-Verantwortlichen oder Journalisten, Aha-Effekte auslösen. Zu einer Analyse des desolaten Zu-stands seiner Mannschaft war er nicht fähig. Seine erste Bemerkung „Wir hätten auch 6:0 verlieren können“, was zweifellos stimmte, kam einer Bankrotterklärung gleich. Geht die Eintracht in ihrer 20. Bundesliga-Saison vor die Hunde? 2:8 Punkte gegen mittelmäßig bis schwach eingestufte Gegner, über 30.000 Zuschauer, die schon auf der Soll-Seite verbucht werden müssen, und in den nächsten Wochen die Spiele in München, gegen Hamburg, in Mönchengladbach und gegen Stuttgart! Es kann derzeit keinen Zweifel geben: die Eintracht muß erstmals nach der Saison 1970/71 wieder gegen den Abstieg kämpfen. Das sieht auch Zenker so, wiewohl er fest behauptet: „Da verwette ich mein Haus: die Eintracht wird nicht absteigen!“ Nun hat ja Wolfgang Zenker mit seiner jüngsten Wette (er setzte 50.000 DM auf einen Eintracht-Sieg mit mindestens drei Toren) Schiffbruch erlitten, könnte man meinen, der Vize sieht es nicht so: „Ich habe nicht nur Kritik, sondern auch Zustimmung erfahren. Immerhin sind fast 10.000 DM von den Wettsiegern auf das Eintracht-Konto überwiesen worden.“ Das ist angesichts des Zuschauer-Defizits nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber, so Zenker „wir stecken unseren Kopf nicht in den Sand. Ich habe gesagt, daß zum Heimspiel gegen den HSV ein neuer Stürmer präsentiert wird, und dazu stehe ich. Natürlich ist kein Geld da, aber ich denke an eine Leihgabe.“ Namen wollte er nicht nennen. Karger trainiert ab heute wieder mit Bernd Hölzenbein bleibt im Gespräch — die Fort Lauderdale Strikers sind im US-Halbfinale an Seattle gescheitert —, auch der Name Harald Karger taucht wieder auf. Ab heute wird der einstige Publikumsliebling wieder mittrainieren, nachdem er sich wochenlang beim Darmstädter Fitmacher Schneller in Schuß brachte. Ob er das Training ohne Schmerzen durchstehen und den Anschluß wiederfinden kann, steht in den Sternen. Alles kleine Hoffnungsschimmer, mehr nicht. Gedankenspiele um Zukunfts-Team Wolfgang Zenker, das soll man ihm glauben, macht es sich nicht einfach. Er denkt heute schon an die nächste Saison und spricht dabei auch das leidige Generationsproblem an, daß „nicht zu Religionskämpfen zweier Lager hochgeputscht werden darf. Es hat keinen Sinn, ausschließlich auf den zweifellos talentierten Nachwuchs zu setzen. Wenn ein 37jähriger Willi Neuberger noch mehr bringt als ein 18jähriger Uwe Müller, dann muß ich halt Neuberger einsetzen, auch wenn es umgekehrt besser wäre. Ich habe schon eine Mannschaft für die nächste Saison aufgestellt, in der Nickel, Neuberger und Lorant nicht mehr berücksichtigt sind, weil sie höchstwahrscheinlich aufhören werden, und in der auch nicht mehr mit Cha oder Pezzey kalkuliert wird, weil es diese beiden aus bekannten Gründen wegzieht. Ich stehe ständig mit Spielern aus der 1. und 2. Liga in Kontakt und versuche alles, damit der Verein nicht untergeht.“ Schön und gut, nur kommt auch der Vizepräsident
an der Tatsache nicht vorbei, daß kein Geld in der Kasse ist. Und
solange Kapitän Bruno Pezzey behauptet, daß „der Nachwuchs
derzeit nichts wert ist“, und dabei von Trainer Senekowitsch noch
unterstützt wird, darf man sich nicht wundern, daß das Vertrauen
der Jungen in die Vereinspolitik schwindet (bestes Beispiel: ein völlig
verunsicherter Falkenmayer) und sie eines nicht mehr fernen Tages nach
neuen Ufern Ausschau halten werden.
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