SV Waldhof Mannheim - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1982/1983 - 1. Hauptrunde

2:0 (1:0)

Termin: 28.08.1982
Zuschauer: 11.000
Schiedsrichter: Aron Schmidhuber (Ottobrunn)
Tore: 1:0 Bruno Pezzey (34., Eigentor), 2:0 Alfred Schön (84.)

 


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SV Waldhof Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Uwe Zimmermann
  • Dimitrios Tsionanis
  • Günter Sebert
  • Roland Dickgießer
  • Oskar Bauer
  • Ulf Quaisser
  • Hans Hein
  • Dieter Schlindwein
  • Alfred Schön
  • Paul Linz
  • Fritz Walter

 


 

Wechsel
  • Stefan Knapp für Dimitrios Tsionanis (53.)
  • Karl-Heinz Bührer für Fritz Walter (73.)
Wechsel
Trainer
  • Klaus Schlappner
Trainer



Schimpf und Scham

Nachdem die Eintracht die Scharte der Auftaktniederlage beim KSC mit dem 5:0-Heimsieg gegen Bayer Leverkusen ausgewetzt hat, soll nun bei Waldhof Mannheim im DFB-Pokal der nächste Pflichtspielsieg folgen. Einfach wird das nicht, obwohl die Eintracht die Waldhöfer bereits vor zweieinhalb Jahren aus dem Pokal geworfen hat: 2:0 hieß es am 5.1.1980 im Waldstadion vor nur 3.500 Zuschauern am Ende für die Frankfurter. Doch wie damals erwartet die Elf von Main mit Sicherheit ein hartes Stück Arbeit.

Die Waldhöfer, die seit ihrem Aufstieg in die 2. Liga im Jahr 1974 ein Dasein im Mittelfeld der Tabelle fristeten, haben in den letzten beiden Spielzeiten jeweils den 6. Platz belegt und wollen in dieser Runde unter ihren neuen Trainer Klaus Schlappner höher hinaus. Schlappner übrigens ist als ehemaliger Co-Trainer des SV Darmstadt 98 in Frankfurt kein Unbekannter. Im April 1979 fügte er der Eintracht gleich in seinem ersten Bundesligaspiel als Cheftrainer mit den „Feierabend-Profis“ vom Böllenfalltor eine schmerzliche 0:2-Niederlage zu, nachdem er den beim damaligen Schlusslicht kurz zuvor entlassenen Lothar Buchmann interimsweise ersetzen durfte.

Der Start in die neue Runde verlief jedoch auch beim SV Waldhof durchwachsen. Nach dem 2:0-Auftaktsieg beim Zweitliganeuling TuS Schloss-Neuhaus, die noch als Amateure die Eintracht vor fünf Jahren im Pokal zu einem Wiederholungsspiel zwangen, folgte eine 0:1-Heimniederlage gegen Kickers Offenbach. Am letzten Wochenende hielt sich Schlappners Truppe dafür am Bornheimer hang schadlos und schlug den FSV Frankfurt mit 2:0.

Stichwort 2. Liga: Armin Görtz weilt zum Probetraining beim Zweitligisten FC Augsburg. Wegen des Überangebots an Mittelfeldspielern, will ihn die Eintracht verleihen oder verkaufen. Die Augsburger kämen den Riederwäldern gelegen, denn so könnte man einen Teil der Ablöse (250.000 DM) verrechnen, die die Eintracht noch für Martin Trieb abzutragen hat. Bleiben soll dagegen Joachim Jüriens - und zwar im Tor. Gegen die Kritiker, die einen Wechsel zu Jürgen Pahl vorschlagen, weil Jüriens gegen Leverkusen ein Ball entglitt, verteidigt Trainer Helmut Senekowitsch seine Nummer eins energisch: „Will man den Jungen umbringen oder aufbauen?“ Er habe häufiger gespielt und mehr trainiert als Pahl und sei damit nach dem herrschenden Leistungsprinzip die Nummer eins. Erst nach gravierenden Fehlern könne an einen Wechsel gedacht werden, bestimmt der Fußballlehrer.

Ersetzen muss er dagegen den verletzten Ronald Borchers, der sich gegen Leverkusen einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zugezogen hat. „Gerade als unser Spiel auf Touren kam und ich mich auch besser zurechtfand“, erzählt er. „Es war ein Mordsschlag. Ich hab’ mich sofort auswechseln lassen. Es war wohl schon zu spät.“ Diese Einschätzung bestätigt Mannschaftsarzt Dr. Runzheimer nach der Untersuchung: „Die nächsten zehn Tage wird das nichts.“ Nichts werden soll es auch für den Mannheimer Sturmführer im Duell mit Karl-Heinz Körbel, der sich aber mit Ankündigungen zurückhält: „Aber ich sage nicht, dass Fritz Walter kein Tor schießt. Jedes Mal wenn ich mich dazu hinreißen ließ, hat’s prompt eingeschlagen.“ Damit das nicht passiert, setzt Trainer Senekowitsch auf Konterspiel aus verstärkter Abwehr. „Da können Pezzey und ich viel eher nach vorne gehen, weil wir wissen, dass hinten alles dicht ist“, freut sich der Vorstopper.

„Mit Falkenmayer oder Neuberger“ wollte Senekowitsch Borchers ersetzen. Kurz vor Spielbeginn ist klar: Ralf Falkenmayer hat den Vorzug bekommen und dem Routinier Willi Neuberger bleibt erneut nur die Bank, von der er aber bereits an den ersten beiden Spieltagen jeweils in der 67. Minute ins Spiel wechselte. Auch beim SVW Mannheim, der sich vor dieser Saison mit Paul Linz, dem Torjäger des Freiburger FC verstärkt hat, fehlt mit dem Kapitän und Spielmacher Böhni ein wichtiger Mann.

Akteure, die mit dem Ball umzugehen wissen, fehlen dieser Partie vor 11.000 Zuschauern im Stadion am Alsenweg dann leider von Beginn an. Dilettantische Fehler hier, dumme Fouls dort – ein schönes Spiel sieht anders aus. Der Stimmung auf den Rängen tut das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Das zuweilen ruppige Zweikampfverhalten der Gastgeber wird vom eigenen Anhang natürlich kräftig bejubelt, während bei den Frankfurter Fans der Blutdruck steigt, weil die eigene Elf der Leidenschaft der Waldhöfern lediglich mit der Routine des Erstligisten zu begegnen versucht.

Bevorzugtes Ziel der Mannheimer Attacken ist Bum-Kun Cha, der sich davon auch beeindruckt zeigt. Kaum einmal kann er sich gegen seinen bissigen Gegenspieler Dimitrios Tsionanis durchsetzen. Das wiederum bringt Bernd Nickel als Spielmacher in Not, der sich so verzweifelt wie vergeblich nach einem Abnehmer für seine langen Bälle umschaut. Dass die Eintracht dennoch zur ersten Tormöglichkeit der Begegnung kommt, ist der Kopfballstärke Körbels geschuldet, der ansonsten aber auch nicht seinen besten Tag erwischt hat. Stefan Lottermann nimmt die Vorlage des Vorstoppers im Strafraum aus der Luft, scheitert mit seinem sehenswerten Schuss in der 20. Minute aber an der Querlatte.

Zwischen Angst und Arroganz bewegen sich die Spieler der Eintracht, bei der die einen den heißen Atem des Gegenspielers im Nacken spüren, während die anderen sich ihrer Überlegenheit so sicher sind, dass sie versäumen, diese auch unter Beweis zu stellen. Vertreter der zuletzt genannten Fraktion sind Bruno Pezzey, dem deutlich anzumerken ist, dass er den zweitklassigen Gegner am liebsten mit ein paar gepflegten Hackentricks aus dem Wettbewerb kegeln möchte, und Stefan Lottermann, dessen schon immer schwankende Leistungen jedoch kaum zur Überheblichkeit berechtigen. In der 33. Minute profitiert dann Junioren-Nationalspieler Alfred Schön von der unangebrachten Lässigkeit Lottermanns, der anstatt den Ball ins Aus zu schlagen, zwei Gegenspieler zu umkurven versucht. Schön erkämpft das Leder, geht auf der linken Seite durch und spielt zudem noch Werner Lorant aus. Schöns folgende Flanke köpft Pezzey, der die Eintracht gegen Waldhof im Pokalspiel zweieinhalb Jahre zuvor in Führung gebrachte hatte, unhaltbar für Jüriens zum 1:0 für die Gastgeber ins lange Eck.

Jetzt, das ist allen klar, wird es noch schwerer für die Gäste. Schwung kommt ohnehin fast ausnahmslos nur über die linke Seite der Eintracht, die Uwe Schreml und Falkenmayer beackern. Die Kampfkraft des einen und die Technik des anderen ergänzen sich in dieser Partie ganz gut. (Am Ende des Spiels wird ihr Einsatz und ihr Eifer jedoch lediglich mit jeweils einer Gelben Karte des schwachen Schiedsrichters Schmidhuber aus Ottobrunn „belohnt“ werden.) Da die Eintracht aber praktisch ohne Sturm spielt, sind es die Waldhöfer, die vor der Pause noch einmal eine Chance zu einem Treffer erhalten: Hein bombt den Ball in der 40. Minute knapp über die Querlatte ins Toraus.

In der Halbzeitpause bekommt Lottermann von seinem Trainer die fällige Rechnung aufgemacht, die unter dem Strich Neuberger anstelle des Ex-Offenbachers in der Mannschaft sieht. Neuberger spielt mit Übersicht, aber auch bedächtig. Ruhe in das Spiel der eigenen Elf zu bringen, ist jedoch keine gute Idee, wenn man in Rückstand liegt und die Offensivabteilung offensichtlich bereits vor dem Anpfiff Valium im Fencheltee hatte. Ungeachtet dessen richten sich die Mannen von Trainer Schlappner in Erwartung des kommenden Sturmlaufs in der eigenen Hälfte häuslich ein. Das Bollwerk um den überragenden Libero Sebert ist für die Eintracht kaum zu knacken.

Als Trainer Schlappner in der 53. Minute Stefan Knapp für Tsionanis in die Partie bringen muss, wittern die Gäste etwas Morgenluft. Tatsächlich kommen die Frankfurter nun zu Möglichkeiten und nach einer Stunde fast zum Ausgleichstreffer. Beim Versuch, Lorant vom Ball zu trennen, knallt Hein den Ball auf den eigenen Kasten, doch zum Glück für ihn und seine Truppe kann er damit Torwart Zimmermann nicht überraschen. In toller Manier wehrt der Keeper den Schuss zur Ecke ab. Nur zwei Minuten später muss dann das 1:1 fallen. Schreml zieht nach einem langen Diagonalpass von Lorant, der sonst nur durch hohe Bälle in den gegnerischen Strafraum auffällt, auf der linken Seite auf und davon. Kurz darauf steht er blank vor dem Kasten von Zimmermann, zieht den Ball aber am Tor vorbei. Sechzig Sekunden später hat dann Pezzey die Möglichkeit, seinen Lapsus aus dem ersten Durchgang auszugleichen, doch auch sein Kopfball verfehlt – wenn auch nur knapp – sein Ziel.

Der Eintracht läuft die Zeit davon. Schon wird die Brechstange ausgepackt und die Deckung entblößt. Das ist eine Einladung, die die konterstarken Gastgeber, bei denen in der 73. Minute Bührer für den trefferlos gebliebenen Walter kommt, nur zu gerne annehmen. Zwischen der 73. und der 75. Minute taucht Mittelstürmer Linz zweimal allein vor Jüriens auf, doch mit zwei prächtigen Paraden verhindert der Schlussmann den finalen Niederschlag. Der lange Keeper gibt heute keinen Anlass zum Meckern. Er beherrscht seinen Strafraum ungewohnt sicher, kommt immer schnell aus dem Kasten und pflückt die Flanken und Eckbälle so gelassen wie reife Früchte im eigenen Garten.

Zwischen den beiden Möglichkeiten für den SVW ist Helmut Gulich nach seinem Debüt im März im Europapokalspiel in Tottenham, als er ebenfalls für Künast eingewechselt wurde, zu seinem zweiten Pflichtspieleinsatz für die Eintracht gekommen und sofort verwarnt worden. Nach Ansicht von Schmidhuber soll Gulich unangemeldet ins Spiel eingegriffen haben. Dabei hatte der Linienrichter dem Stürmer zuvor signalisiert, dass er das Spielfeld betreten dürfe. Doch Schmidhuber hatte die Partie gar nicht unterbrochen und bestrafte den Spieler: Gelb für Gulich. „Unsinnig“, lautet nicht nur der Kommentar von Trainer Senekowitsch.

Dessen Elf stürmt nun mit wachsender Verzweiflung, doch ohne den Anflug einer Idee, wie man diese Mannheimer Mauer knacken könnte. Offensichtlichster Ausdruck dieser Hilf- und Ratlosigkeit sind die Weitschüsse, die Nickel mit dem Prädikat letzte Hoffnung abfeuert. In der 84. Minute hat das Warten auf den K.o. aber ein vorzeitiges Ende, als Schön von der Mittellinie startet, die Frankfurter Abwehrspieler stehen lässt, selbst den bislang so zuverlässigen Michael Sziedat wie einen Schulbuben überläuft und zum 2:0 einschießt. Der dreimalige Pokalsieger, der zuletzt vor etwas mehr als einem Jahr in Stuttgart gegen den 1. FC Kaiserslautern triumphierte, scheidet in der 1. Runde aus. Diese Eintracht, das sollte langsam jedem klar werden, wird so schnell keine Triumphe mehr feiern.

„Ich bin sehr enttäuscht. Keine Bewegung, keine Ideen, keine Kombinationen“, urteilt Trainer Senekowitsch: „Der Sturm hat komplett versagt. Da war nichts mehr von dem 5:0 über Leverkusen zu sehen. Wir hatten wirklich keine Chance zu gewinnen.“ „Wir wussten, dass Waldhof heimstark ist, doch unser Sturm ließ sich schon zu Beginn den Schneid abkaufen“, bemängelt auch Kapitän Pezzey. Besonders Künast hat wiederum bewiesen, das man mit ihm auf fremden Platz nur zu zehnt spielt: „In Waldhof hatte ich eine halbe Minute Blickkontakt mit ihm, aber der Junge war wie hypnotisiert“, berichtet Nickel über den Angreifer, dem Senekowitsch seit Wochen vorbetet: „Du musst ein Strizzi werden. Wir haben so wenig Stürmer, dass dich gar keiner verdrängen kann.“ Aber es ist nicht nur Künast. „Wir hätten noch eine Stunde weiterspielen können und dennoch kein Tor gemacht, dazu fehlte einfach der Biss“, stellt Körbel fest und Nickel stimmt zu: „Unsere Auswärtsschwäche ist eklatant. In der ersten Halbzeit ließen wir uns den Schneid abkaufen und in der zweiten Halbzeit rannten wir nur blind an. Bei der 0:1-Niederlage in Karlsruhe hatten wir wenigstens noch Chancen herausgespielt. Dieser Pokal-K.o. kann einen bösen Knacks für die nächsten Wochen geben“, befürchtet „Dr. Hammer“, was Pezzey wie folgt kommentiert: „Das kann ich nicht ausschließen. Auf jeden Fall wird es mit dieser Mannschaft in der Umbruchphase sicherlich noch manchen weiteren Rückschlag geben.“

Präsident Axel Schander ist dennoch nicht der einzige, der sich wünscht, dass der Trainer die jungen Amateure aus der A-Jugend-Meisterelf bei den Lizenzspielern einbaut. „Ich kann jetzt nicht von den Buben erwarten, dass sie die Karre aus dem Dreck ziehen. Sie würden doch nur sinnlos verheizt“, erteilt Senekowitsch diesen Überlegungen einen Absage. Was in den letzten Jahren an Verjüngung versäumt worden sei, könne er jetzt in vier Wochen nicht nachholen, wehrt er sich: „Ich habe die Verantwortung für die Mannschaft zu tragen. Es geht ja auch um meinen Kopf. Die Eintracht kann unmöglich wollen, dass wir absteigen.“ Das aber könne bei einer weiteren Verjüngung leicht der Fall sein. Die Elf müsse erst stabil und erfolgreich spielen, „dann hat auch der Nachwuchs eine Chance, Fuß zu fassen. Alles andere ist lebensgefährlich.“

Das sieht auch Pezzey so, der auf den Hinweis, dass mit Trieb und Sievers zwei Junioren-Weitmeister nur auf der Bank saßen, entgegnet. „Wir haben mit Künast, Schreml und Falkenmayer drei (Junge) eingebaut. Das geht nicht so radikal, sondern nur schrittweise, denn das Risiko ist zu groß.“ „Wir haben nacheinander Jahr für Jahr mit Grabowski, Hölzenbein und zuletzt Nachtweih wichtige Stammspieler abgegeben und immer nur mit jungen Leuten den Kader aufgefüllt“, erinnert der Kapitän und mahnt: „Man kann nicht verjüngen, erfolgreich sein und auch noch Schulden abbauen.“ Und ob tatsächlich versucht werden sollte, Hölzenbein aus den USA zurückzuholen, „das habe ich nicht zu entscheiden. Das Kapitel Hölzenbein hat sich der Verein auch selbst eingebrockt. Außerdem stehen diese Überlegungen im klaren Widerspruch zur Verjüngungspolitik.“

„Ich schäme mich für unsere Fans ebenso wie für unsere Mannschaft“, kommentiert derweil Präsident Schander das Auftreten der Mannschaft und des Anhangs, die sich mit den Einsatzkräften der Polizei einen Kampf lieferten, den man gerne und nur von ihrem Team gesehen hätte. „Man kann hier in Waldhof verlieren, aber nicht so ...“, moniert Schander und nimmt lediglich Uwe Schreml aus, der verbissen gekämpft hat: „Aber der ist ja noch neu und unverdorben und wird’s auch noch lernen zu scheiberln anstatt schremln.“ „Ich habe dafür zu sorgen, dass Geld in die Kasse kommt und die Mannschaft verspielt es. Die Mannschaft erkennt nicht, wie ernst es um unseren Verein bestellt ist. Deprimierend, wie sich unsere teure Truppe von Waldhof ausspielen ließ”, schimpft Schander nach dem überraschenden Aus im Pokal, das der klamme Verein mal wieder nicht in seiner Finanzplanung berücksichtigt hatte.

„Wir haben mit der Mannschaft vor dieser Saison lange Gespräche geführt, in denen wir die Spieler eindringlich darauf hingewiesen haben, dass nur sie den Verein aus der finanziellen Misere herausführen können. Die Vereinsführung hat alles getan und mit allen Mitteln um die Lizenz gekämpft, damit bei der Eintracht weiterhin Profifußball gespielt werden kann. Da ist es für das Präsidium einfach deprimierend, wenn es einen solchen Einsatz sieht. Ich spreche der Mannschaft ab, dass sie weiß, wie es um den Verein bestellt ist“, wettert Schander: „Das Präsidium wird sich zusammensetzen und beraten, was getan werden kann. Ich behalte mir jedenfalls Maßnahmen gegen die Mannschaft vor. Das bin ich dem Verein und jenen Gönnern schuldig, die mit ihren Bürgschaften für die Lizenzerteilung gesorgt haben“, erinnert er an die Schulden der Eintracht, die vier Millionen Mark betragen sollen und nimmt auch Senekowitsch in die Pflicht: „Ich bin sicher, dass auch der Trainer Maßnahmen ergreifen wird.“

„Mit mir als Kapitän hat noch keiner gesprochen“, entgegnet Pezzey im Interview: „Ich kann mir auch nicht vorstellen, an welche Maßnahmen der Präsident denkt. Ich finde es nicht richtig, dass für die Fehler, die in der Vergangenheit im Verein gemacht wurden, immer nur die Mannschaft verantwortlich gemacht wird. Sie war es doch, die in den letzten Jahren Erfolge für die Eintracht verbuchen konnte, den UEFA-Cup 1980 und den DFB-Pokalsieg 1981. Damals wurde es versäumt, Kapital auf die Seite zu schaffen. Stattdessen wurden sogar Schulden gemacht!“ „Über Zahlen will ich mich grundsätzlich in der Öffentlichkeit nicht äußern“, bescheidet Pezzey den nachfragenden Journalisten, stimmt diesem aber zu, dass die Niederlage in Mannheim auch finanzielle Nachteile für die Mannschaft mit sich bringen wird: „Nur so viel: Das Scheitern ist nicht nur schlecht für den Verein, sondern auch für uns Spieler. Der Pokalwettbewerb war unsere große Chance in dieser Saison.“

„Ich bin jetzt zehn Jahre bei der Eintracht. Das ändert sich nicht mehr, und wenn man sich den Mund fusselig redet“, sagt Körbel, doch es kommt zu einer Aussprache des gesamten Präsidiums mit der Mannschaft. Danach nimmt der Präsident Abstand von den angekündigten Maßnahmen, während die Spieler einräumen, schlecht, sogar ängstlich und blind gespielt zu haben. „Aber Lässigkeit und Pomadigkeit kann uns keiner vorwerfen. Auch Desinteresse am Verein nicht“, sagt Nickel weiter: „Das bringt doch nichts, wenn wir uns jetzt selbst zerfleischen. Sonst ist die Eintracht im nächsten Jahr garantiert zweitklassig!“

„Jeder macht Fehler“, gibt Pezzey zu Protokoll und zu bedenken: „Wir Spieler wussten schon, wie’s um den Verein steht, bevor Axel Präsident war. Der Verein hat doch Fehler gemacht, als wir noch oben standen, UEFA-Cup- und DFB-Pokalsieger waren. Es ist das einfachste, uns jetzt zu prügeln“, findet Pezzey, „aber damit kommt die Eintracht bestimmt nicht aus dem Dreck und der Verein nicht zur Ruhe.” Genau an dieser Stelle sieht sein Vorgesetzter Senekowitsch das Gegenmittel: „Jetzt hilft nur Ruhe, sonst gute Nacht. Die Lage ist ernster als noch vor Wochen. Die nächste Zeit wird schlimm genug für uns. Es ist fraglich, ob die im Umbruch befindliche Mannschaft den Leistungsdruck aushält. Falls die Talfahrt anhält.“

Zu allem Überfluss kann Körbel nicht dabei helfen, diese Fahrt zu stoppen. Er hat sich eine schwere Bänderdehnung im rechten Knie zugezogen, als ihm bei einem Rückzieher Paul Linz von hinten aufs Bein sprang. Nach vier Minuten Behandlung humpelte Körbel zwar weiter, bekam jedoch sofort nach Spielschluss einen dicken Verband. Nachdem er am nächsten Tag bei Dr. Runzheimer und Masseur Schmidt zwei Stunden Stangerbad und Strombehandlung unter dem Magnetfeld hinter sich gebracht hat, ist der Abwehrspieler niedergeschlagen: „Ohne Verband kann ich nicht mal Gas geben, geschweige denn laufen.“ (rs)


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