Eintracht Frankfurt - Bayer
Leverkusen |
Bundesliga 1982/1983 - 2. Spieltag
5:0 (1:0)
Termin: Di 24.08.1982, 20:00 Uhr
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Wilfried Heitmann (Drentwede)
Tore: 1:0 Michael Künast (19.), 2:0 Michael Künast (48.), 3:0 Bruno Pezzey (63.), 4:0 Bum-Kun Cha (74.), 5:0 Bum-Kun Cha (82.)
Eintracht Frankfurt | Bayer Leverkusen |
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Nickels Superecken Höchst eindrucksvoll demonstrierte die Eintracht des Helmut Senekowitsch 10.000 begeisterten Zuschauern im Frankfurter Waldstadion zur Heimpremiere der neuen Bundesligasaison ihre körperliche Kraft und ihren spielerischen Witz. Mit 5:0 (1:0) fegte die Eintracht die Mannschaft von Dettmar Cramer, Bayer Leverkusen, förmlich vom Platz, wobei Bernd Nickels raffinierte Eckstöße die Bayer-Abwehr taumeln ließen wie einen angeschlagenen Boxer. Vier der gut zwei Dutzend Nickel-Eckbälle führten zu vier Toren durch Künast (2), Pezzey und Cha. Nur das 5:0 entsprang einem der herrlichen Spielzüge der Eintracht, einem Doppelpaß zwischen den beiden überragenden Spielern, Bernd Nickel und Bum Kun Cha, der seine Superleistung mit seinem zweiten Tor krönte. Der bedauernswerteste Spieler des Abends: Bayer-Torwart Uwe Greiner. Er fand's zum Greinen, wie ihm Nickels Bälle und die Kopfbälle von Künast, Pezzey und Cha nur so um die Ohren flogen. Bayer Leverkusen fehlten die Verletzten Elmer und Hermann, dafür konnte Dettmar Cramer („Wir haben es schwer, uns einzuspielen“) auf seinen neuen Spielmacher Röber zurückgreifen. Helmut Senekowitseh dagegen ging dieses Duell der neuen Trainerprominenz in der Bundesliga mit unveränderter Formation an. „Die Mannschaft hat in Karlsruhe gut gespielt, warum sollte ich also etwas ändern“, sagte er und sah sein Festhalten am schwächsten Spieler von Karlsruhe schon nach 19 Minuten belohnt: Michael Künast erzielte das 1:0 mit dem Kopf nach einem Eckball von Nickel und einer Kopfballstafette über Körbel und Pezzey. Die Eintracht bestimmte vor der Pause das Spiel, ohne freilich den harmlosen Gegner in Grund und Boden zu spielen. Sie wechselte ständig das Tempo. Die Frankfurter hatten drei weitere kapitale Chancen, die jedoch Torwart Greiner mit prächtigen Paraden bei strammen Schüssen von Cha und Nickel sowie bei einem Kopfball des Koreaners zunichte machte. Die Leverkusener sorgten nur einmal für echte Gefahr vor dem Eintracht-Tor, als der Millionen-Einkauf Waas nach einem Querpaß von Wojtowicz in der 38. Minute den Ball glashart, aber ganz knapp, über das Tor schoß. Den Unmut der Zuschauer zog sich Schiedsrichter Wilfried Heitmann zu, als er Körbel nach einem Foul an Hörster die gelbe Karte zeigte, kurz darauf aber vergleichsweise schwere Fouls von Winklhofer (er war nach einer halben Stunde als Prellbock gegen Schremls Vorstöße für Förster ins Spiel gekommen) und Bruckmann ohne Verwarnung durchgehen ließ Auch versagte er der Eintracht einen klaren Elfmeter, als Cha bei einem Kopfball vor dem Tor von seinem Gegenspieler Saborowski weggestoßen wurde. Nach der Pause demonstrierte die Eintracht ihrem Publikum, was sie an körperlicher Kraft und spielerischem Elan draufhat und nahm Bayer unter den Beifallsstürmen der Zuschauer regelrecht auseinander. Es waren Nickels Eckbälle vor allem, die Leverkusen von einer Konfusion in die andere und in die totale Niederlage stürzten. Der schwarze Wuschelkopf Pezzeys und der Blondschopf Künast verwirrten Torwart Uwe Greiner nach Nickels raffiniert geschnittenen Eckstößen völlig. In der 58. Minute griff der Leverkusener Torhüter, irritiert durch Pezzey, daneben und Künast drückNickels Eckball mit dem Bauch über die Linie. In der 63. Minute stieß dann Pezzey, der mehr auf dem Mittelstürmer-Posten denn auf seiner Libero-Position zu finden war, Nickels Eckball mit dem Kopf ins Tor. Was Pezzey und Künast mit dem Kopf erreichten, schaffte der pfeilschnelle und brandgefährliche Bum Kun Cha mit seinen Schüssen aus vollem Lauf leider nicht, nämlich Greiner zu bezwingen. Also machte auch der Koreaner sein Tor nach einer Nickel-Ecke mit dem Kopf in der 74. Minute. Zwischendurch, im Gefühl des sicheren Vorsprungs, hatte Helmut Senekowitsch seine beiden ..Edelreservisten“ Falkenmayer und Neuberger für Lottermann und Borchers ins Spiel gebracht. Acht Minuten vor dem Abpfiff klappte es dann endlich bei Cha, als er Greiner mit einem harten Schuß aus vollem Lauf zum 5:0 zu bezwingen. Die Stimme des Trainers Helmut Senekowitsch (Eintracht Frankfurt): Als meine Mannschaft in der zweiten Halbzeit das Forechecking forciert hat, war es ganz andere Eintracht. Und bei noch etwas mehr Druck hätten wir noch höher gewinnen können. Nach der Pause haben wir den Leverkusener Verteidigern keine Ruhe mehr gelassen, und das hat sich ausgezahlt. Lottermann und Borchers habe ich wegen Verletzungen ausgetauscht.“
„Hast du keinen Muskelkater?“ — „Nein, Wadenkrämpfe“, grinste Bernd Nickel. Die linke Wade war an diesem Abend besonders strapaziert worden. 25 (!) Eckbälle trat Spezialist Bernd Nickel vor das Tor von Bayer Leverkusen, vier drückten Michael Künast (2), Bruno Pezzey und Bum Kun Cha ins Tor. „Bei Kerlen mit Gardemaßen wie Pezzey, Körbel, Künast und Borchers müssen die Dinger einschlagen,“ sagte Nickel nur trocken zu seinen brasilianisch-kunstvoll getretenen Eckbällen. Nun könnte man meinen, Bernd Nickel (33) hätte beim 5:0 (1:0) der Frankfurter Eintracht über Bayer Leverkusen nur noch von der Eckfahne aus Regie geführt, als Stand-Fußballer sozusagen. Falsch! Der dienstälteste Eintracht-Spieler war an diesem Abend Eckpfeiler und Mittelpunkt des Spiels, in Hochform und voller Freiheiten. Mit Bum Kun Cha zauberte er einen Doppelpaß zum 5:0 ins Netz. Als Krönung fehlte nur ein eigenes Tor. Bernd Nickel, dem der neue Trainer Helmut Senekowitsch alle Freiheiten eines Spielmachers einräumt wie einst Gyula Lorant einem Jürgen Grabowski, sprüht seitdem vor Spielfreude. „Die sechs Wochen Vorbereitung haben mich konditionell stark gemacht, und solange die Jungs laufen und sich als Anspielstation anbieten, habe ich keine Probleme, sie mit Pässen zu bedienen“, sagte Nickel. Sein einstiger Trainer Dettmar Cramer („Ich stieß 1978 bei der Eintracht auf heftigsten Widerstand, als ich mich damals für einen Drei-Jahres-Vertrag für Nickel einsetzte. Heute sieht man, was Nickel für die Eintracht noch wert ist“) vergaß vor lauter Schwärmerei über seinen einstigen Schüler den Schmerz der Niederlage seiner jetzigen Mannschaft. Cramer: „Das Wort zum Nickel: Er versteht es glänzend, das Tempo zu verschleppen und dann wieder zu forcieren. Es ist zwecklos, ihm einen Abwehrspieler auf die Füße zu stellen, denn Nickel besitzt die Klasse, sich selbst die freien Räume zu schaffen, die er braucht. Er ist eine erfreuliche Erscheinung auf den deutschen Fußballplätzen.“ Bernd Nickel und sein jetziger Trainer Helmut Senekowitsch liegen auf gleicher Wellenlänge. Senekowitsch predigt das Forechecking („In der zweiten Halbzeit haben wir damit Leverkusen völlig durcheinandergebracht“) und Bernd Nickel praktiziert es: „Wir müssen schon ab und zu vorne ein bißchen herumstochern.“ Senekowitsch fordert Bewegung im Spiel. „Wenn sich
alles bewegt, brauche ich gar nicht mehr hinzugucken, wo ich die Bälle
hinspielen soll“, sagt Bernd Nickel. Und dem Spielmacher imponierte
die konsequente Linie des neuen Trainers: „Nach Karlsruhe hatte
ich gedacht, er läßt den Michael Künast draußen.
Seine Linie hat sich bestätigt. Künast hat ihm das Vertrauen
mit zwei Toren gedankt.“ Das Paar Senekowitsch-Nickel wandelt auf
den Spuren von Lorant-Grabowski. (Abendpost-Nachtausgabe vom 25.08.1982)
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