Hertha BSC Berlin - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1979/1980 - 10. Spieltag
1:0 (0:0)
Termin: Sa 27.10.1979, 15:30 Uhr
Zuschauer: 38.000
Schiedsrichter: Karl-Josef Assenmacher (Hürth)
Tore: 1:0 Thomas Remark (82.)
Hertha BSC Berlin | Eintracht Frankfurt |
|
|
Wechsel | Wechsel
|
Trainer
|
Trainer |
Der „Fehleinkauf“ schlug zu Nach der 0:2-Enttäuschung von Bukarest folgte für die zu vorsichtig taktierende Frankfurter Eintracht eine neue Niederlage beim Angstgegner in Berlin, während Hertha mit dem Sieg im Abschiedsspiel von Kuno Klötzer wieder etwas Luft schöpfte. Bewundernswert, wie sich die Berliner der enormen Nervenbelastung gewachsen zeigten, und der junge Remark nach einer starken kämpferischen Mannschaftsleistung von der Mittellinie abging und nach Doppelpaß mit Sidka das Tor des Tages schoß. „Besonders ärgerlich für uns“, knurrte Eintracht-Trainer Rausch, „weil Remark im ganzen Spiel gegen Müller keinen Ball gesehen hatte.“ Die Frankfurter mit dem starken Tandem Neuberger-Körbel, das über 20 Minuten durch eine Platzwunde des Liberos (im Kopfballduell mit Milewski) auseinandergerissen wurde, warteten vergeblich auf Konterchancen. Zumal Cha Bum zwar anfangs Sziedat entwischte, doch nachher bei dem energisch zupackenden Verteidiger an der Kette lag, und Karger sich nie Förster entziehen konnte. Dieser Förster bot mit couragierter Offensive (und einigen Weitschüssen) die größte Überraschung des Spiels. Der Vorstopper konnte allerdings auch „marschieren“, weil Kliemann gegen seine alten Frankfurter Kameraden eine perfekte Leistung zeigte. Kuno Klötzer: „ein Super-Ausputzer.“ Die Chancen auf beiden Seiten waren an den Fingern einer Hand abzuzählen. Als Sidka von hinten durch Lorant umgestoßen wurde (12.), wäre vielleicht ein Elfmeter dringewesen, doch den „Ausgleich“ lieferte Nüssing, der Borchers zu Fall brachte (88.) - nach Meinung des 32jährigen Karl-Josef Assenmacher nicht im, sondern außerhalb des Strafraums. Vor den Augen der gesamten DFB-Prominenz auf der Tribüne, einschließlich Jupp Derwall und Vorgänger Helmut Schön, hat Hertha vielleicht noch rechtzeitig die Bremsen gezogen. „Diese taktisch hervorragend eingestellte Mannschaft wird nicht absteigen“, zollte Friedel Rausch auch dem beurlaubten Kuno Klötzer ein Sonderlob und wollte seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Wir doch: Wer in Berlin Hertha schlagen will, der muß aggressiver spielen und darf nicht nur auf Konterchancen lauern. Hertha hat zwar mit dem fulminanten Solo von Remark endlich wieder einmal zu Hause ein Tor erzielt, doch ob die Mannschaft nun über den Berg ist, wird sich erst in Köln, daheim gegen Bremen und in Uerdingen herausstellen.
Auf dem Pfad der Untugend geblieben Es war wie immer in den letzten Jahren, nur hatte Hertha BSC die „Berlin-Hilfe“ aus Frankfurt diesmal notwendiger als sonst. Nichts vermochte die Eintracht aus ihrem Mißerfolgsrhythmus, den sie in den Zusammentreffen mit den Herthanern traditionsgemäß pflegt, zu bringen. Nicht die Verlockung einer im Siegesfall winkenden Prämie von rund viereinhalbtausend Mark je Mann (basierend auf den Einnahmen aus dem letzten Heimspiel gegen Bayern München). Nicht das durch die blamable UEFA-Pokalvorstellung am Mittwoch in Bukarest eigentlich für ein Weilchen bereits ausgeschöpfte Repertoire an Niederlagen. Nicht die Tatsache, daß auf der Ehrentribüne die geballte Ladung an DFB-Prominenz inklusive Bundestrainer Jupp Derwall, Alt-Bundestrainer Helmut Schön sowie die DFB-Trainer Dietrich Weise und Erich Ribbeck zusah. Nicht einmal die relativ bescheidene Leistung ihres in den Abstiegsstrudel geratenen Gegners. Die Frankfurter blieben unbeirrbar auf dem Pfad der Untugend. Und so gelang es ihnen tatsächlich, aus Berlin erneut zwei Minuspunkte zu entführen. Grund zum Tadeln fand Eintracht-Trainer Friedel Rausch indes nicht. Zwar bekannte er seine Enttäuschung, doch sah er sich gleichzeitig auch zu lobenden Worten veranlaßt: „Wir haben achtzig Minuten lang das Spiel kontrolliert, Zweikämpfe gewonnen und im Mittelfeld hervorragend gedeckt. Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat unwahrscheinlich viel gegeben!“ Offensichtlich schloß der bescheiden gewordene Trainer hier auch die großen Mengen Nonsens ein. Jedenfalls bewirkte sein Urteil rundum Kopfschütteln und mancher, bis hinein in die Berliner Kreise, fragte bang, ob er denn auf einem anderen Spiel gewesen sei. Die Neutralen um Helmut Schön beflachsten das Spiel, und die Honoratioren des Hessischen Fußball-Verbandes hatten den Flachs über das lecke Flaggschiff ihres Landes aus dem Munde der Kameraden aus anderen Verbänden zu ertragen. Symptomatisch für den scheinbar unausrottbaren Mangel und fußballerischen Anachronismus im Eintracht-Spiel war jene Szene unmittelbar nach der Pause, als Ronald Borchers an der Mittellinie den Ball und freie Bahn hatte. Statt diese seltene Gelegenheit beherzt zu nutzen und mutig loszurennen, blieb der junge, einst so kräftige und spurtschnelle Mann stehen, suchte verwirrt einen Mitspieler, den er hätte mit dem Ball schicken können, fand ihn nicht und bekam das Spielobjekt prompt weggenommen. Im Angriff der Eintracht mühten sich mit Karger und Cha die beiden letzten Riederwälder, die bereit sind, in vorderster Reihe die Knochen hinzuhalten und sich trotz Vielfachbewachung durch ständiges Rochieren freizulaufen und für ein Zuspiel anzubieten. Außerdem durfte Karger auch noch immer dann die Kopfballabwehr vor dem eigenen Tor erledigen, wenn Hertha-Libero Kliemann nach vorne stürmte. Im Frankfurter Mittelfeld tat der älteste Spieler für den Schwung nach vorne noch am meisten. Grabowski war außerdem der einzige, der sich wenigstens dann und wann in Schußnähe des Berliner Tores durchkämpfte und dann auch das Ziel ansteuerte. Bernd Nickel, interessanterweise diesmal dem Hölzenbein vorgezogen, versteckte sich so tief in der Defensive, daß selbst sein ehemaliger Frankfurter Kollege Kliemann erstaunt fragte: „Was hat der denn so weit da hinten gemacht?“ Na, was schon? Er hat versucht möglichst ungestört seine langen Pässe zu schlagen, für die es allerdings schon seit langem im bewegungsarmen Eintracht-Spiel keine Abnehmer mehr gibt. Lorant hatte erst mit Krämer, dann mit Nüssing genug zu tun. Für den Aufbau blieb da nicht viel. Nachtweih tat sich erneut durch Laxheit in der Defensive hervor und brachte auch kaum etwas Gescheites für die Offensive zustande. Körbel als Bewacher von Milewski, Müller als Aufpasser von Remark und vor allem Libero Neuberger, der zusätzlich durch gelegentliche Soli übers halbe Feld für die wenigen Glanztaten des Spiels sorgte, waren die wirkungsvollsten Frankfurter Abwehrakteure. Ausgerechnet hier aber ergab sich dann die entscheidende Lücke. Libero Neuberger schied wegen einer stark blutenden Wunde an der Nase aus. Helmut Müller ließ Remark nach dessen Doppelpaß mit Sidka unbehindert ziehen, und Torhüter Funk warf sich zu früh zu Boden, so daß Remarks Schuß ins Ziel traf. Eigentlich hätte diese Partie keinen Treffer verdient gehabt. So aber wurde wenigstens der Berliner Siegeswille (der der offensichtlich auf ein Remis spekulierenden Eintracht fehlte) belohnt. Kliemann, Förster und Cha-Bewacher Sziedat ragten bei Hertha heraus. (FR)
|