Eintracht Frankfurt - Hertha
BSC Berlin |
Bundesliga 1978/1979 - 9. Spieltag
2:2 (1:1)
Termin: Sa 14.10.1978, 15:30 Uhr
Zuschauer: 29.000
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Euskirchen)
Tore: 1:0 Bernd Hölzenbein (10.), 1:1 Erich Beer (22.), 1:2 Karl-Heinz Granitza (62.), 2:2 Wolfgang Kraus (90.)
Eintracht Frankfurt | Hertha BSC Berlin |
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Eine Zangengeburt "Die Fäden sind gezogen. Mir geht es den Umständen entsprechend gut. Ich sehe zwar aus wie ein Indianer, werde aber vermutlich in der nächsten Woche aus dem Krankenhaus entlassen und dann geht's nach einigen Tagen Pflege zu Hause wieder voll zur Sache", hat Eintracht-Trainer Knefler versprochen. Und er hält Wort. Nicht einmal drei Wochen nach seinem schweren Autounfall, bei dem ein unfallflüchtiger Raser bei Höchstgeschwindigkeit Knefler von der Autobahn abgedrängt und bei einer Brücke mit seinem PKW mehrere Meter in die Tiefe hatte stürzen lassen, steht Otto Knefler beim Donnerstagstraining der Eintracht wieder auf dem Platz, der ihm so viel bedeutet. Der "eiserne Otto" ist zurück und macht seinem Spitznamen alle Ehre. "20 Kilo habe ich seit meiner Bestzeit verloren" sagt er, doch die Folgen mehrerer Rippenbrüche, Schnitt- und Platzwunden können den 55jährigen nicht länger von seiner Mannschaft fernhalten, obwohl er nach Ansicht der Ärzte noch sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Wie der Trainer, dem im letzten Jahr der Magen entfernt wurde, das verlorene Gewicht wieder aufholen soll, interessiert den pflichtbesessenen Fußballlehrer nicht, nur eines ist ihm wichtig: "Gegen Berlin muss ich am Samstag wieder dabei sein. Ich habe schon mit Grabowski und Hölzenbein besprochen, wie wir die Hertha packen." Hertha BSC ist einer der Angstgegner der Eintracht, deren letzter Heimsieg gegen die Berliner bereits fünf Jahre zurückliegt. Unvergessen ist natürlich die Begegnung vom 28. Januar dieses Jahres, als die Eintracht ein Debakel erlebte und mit 0:5 unterging. "Die bisherigen Ergebnisse gegen Hertha dürfen eigentlich nicht belastend sein, sondern sie müssen stimulierend wirken", fordert Manager Udo Klug, der nun die Trainingsleitung wieder an Knefler abgibt. "Die Blamage der letzten Saison ist die größte Motivation für uns", glaubt auch Bernd Hölzenbein, während Kapitän Grabowski sich eine eigene Sicht der Dinge gönnt: "Wir müssen die vielen positiven Dinge aus dem Spiel in Stuttgart wiederholen, motivieren muss uns niemand." Dazu kommt, dass die Bilanz des Angstgegners in der bisherigen Bundesligasaison alles andere als furcht einflößend ist. Der Tabellenzwölfte hat nur einen einzigen Punkt auf fremden Plätzen geholt und der stammt vom 1. Spieltag aus dem torlosen Unentschieden beim Aufsteiger Darmstadt 98. Außerdem kann Trainer Knefler gegen die Berliner fast aus dem Vollen schöpfen, die Auswahl ist wieder größer geworden. Zum einen ist Bernd Hölzenbeins Muskelverhärtung abgeklungen - seit Wochenbeginn ist er beim Lauftraining schon wieder mit von der Partie. Zum anderen sind auch Norbert Nachtweihs Blessuren aus dem Spiel in Stuttgart abgeklungen und Stürmer Rüdiger Wenzel meldet sich nach auskuriertem Schlüsselbeinbruch, den er sich vor vier Wochen im Spiel gegen Mönchengladbach zugezogen hat, ebenfalls zurück. Wenzel wird allerdings vorerst nur zweite Wahl sein, denn Borchers hat in den letzten Wochen mit guten Leistungen überzeugen können. Nachtweih muss allerdings auch mit der Bank vorlieb nehmen. "Ich möchte nicht mit zwei angeschlagenen Leuten beginnen", bestimmt der Trainer des Tabellenfünften, denn Bernd Hölzenbein hat das Abschlusstraining erfolgreich absolviert: "Nur mit dem Elfmeterschießen klappt's noch nicht", murmelt der "Holz", "aber das besorgt bei uns ja der Werner Lorant." Der ist vom überraschend schwachen Kartenvorverkauf genervt: "Mein Gott, sind die Leute hier verwöhnt. Wir gewinnen jedes Heimspiel. Trotzdem lassen die Fans auf sich warten." Zu Beginn der Partie sorgt dann Erich Beer, der zuerst verletzt gemeldet wurde, nun aber doch eingesetzt wird, für einige Verwirrung bei der Eintracht. Beer pendelt ständig zwischen Mittelfeld und Sturmspitze bin und her und wird dabei abwechselnd von Lorant und Körbel gedeckt. Erst nach gut 20 Minuten haben die Frankfurter ihre Zuständigkeitsprobleme gelöst, wobei Lorant sicher schon bessere Tage erwischt hat als diesen Samstag. Sonst hat die Eintracht aber kaum Probleme mit den Gästen. Von Beginn an sucht sie die Offensive, beherrscht die Berliner im Feldspiel recht sicher und im Angriff setzt der überzeugende Borchers die Akzente. Borchers trägt in der 10. Minute auch wesentlich zum 1:0 bei. Bei der dritten Frankfurter Ecke durch Jürgen Grabowski lässt ihn Kliemann unbewacht, weil sich der Herthaner ausschließlich auf Bruno Pezzey konzentriert. Borchers nutzt seine Freiheiten, verlängert mit dem Kopf und Bernd Hölzenbein drückt den Ball aus kurzer Distanz über die Linie. In den nächsten zehn Minuten verpasst es die Eintracht, aus ihrer spielerischen Überlegenheit zusätzliches Kapital zu schlagen. Die Berliner Abwehr ist durch den Gegentreffer aus den Fugen geraten. Den Wirbel des Eintracht-Sturms sieht Kuno Klötzer auf der Berliner Bank mit immer größerem Unbehagen. In der 18. Minute gibt es dann gleich zwei dicke Gelegenheiten zum 2:0. Zunächst läuft über den rechten Flügel eine Musterkombination über Werner Lorant und Bernd Hölzenbein, bei dessen Flanke aber Ronald Borchers, bedrängt von Kliemann, über den Ball tritt … Nur 30 Sekunden später überwinden Kraus und Grabowski mit einem Doppelpass erneut die Hertha-Abwehr. Grabowskis halbhoher Schuss von der Strafraumgrenze verfehlt das Tor nur um Zentimeter. Völlig überraschend gelingt den Berlinern in der 22. Minute der Ausgleich. Die erste Ecke findet die Hintermannschaft der Eintracht in einer meditativen Phase. Pezzey, der durch eine Kopfverletzung mitgenommen ist, steht bei Blechschmidts Hereingabe völlig falsch, und Uwe Kliemann kann unbedrängt den Ball per Kopf auf Erich Beer ablegen, der Koitka mit einem harten Schuss keine Abwehrchance lässt. Von dieser Minute an ist der Faden, der das Spiel der Eintracht zusammengehalten hat, völlig gerissen. Da aber auch die Hertha keine Anstalten macht, die Initiative zu ergreifen, verflacht die Partie zusehends. Es kommt lediglich noch zu einer nennenswerten Aktion. In der 28. Minute flankt Grabowski präzise auf den Kopf von Kraus, doch seinem Kopfball sind die Fäuste von Nigbur im Weg. Nachdem Ronald Borchers sich in der 35. Minute erneut gegen den angeschlagenen Uwe Kliemann durchgesetzt hat, zieht Hertha-Trainer Klötzer die Konsequenzen. Er beordert Libero Brück zu Borchers und lässt nun Kliemann den Ausputzer spielen. Brück führt sich gleich mit einem bösen Foul ein. Borchers war im Mittelfeld an ihm vorbeigezogen, als der Berliner ihm von hinten die Beine wegtritt. Eine Ermahnung von Schiedsrichter Eschweiler ist die verdiente Quittung. Nach der Pause fehlt Uwe Kliemann. Aber nicht etwa wegen seiner enttäuschenden Leistung, sondern wegen einer schweren Verletzung. Nach einem Duell mit Ronald Borchers ist er umgeknickt: "Es knirscht so komisch, ich glaube, es ist etwas gebrochen." Uwe Kliemann wird zu einer Röntgenaufnahme ins Krankenhaus gefahren. Borchers, der Kliemann zuvor bereits auf dem Platz bittere Minuten bereitet hatte, in dem er dem Hünen immer wieder enteilte, wurde das Handicap seines Gegenspielers erst spät gewahr: "Ich habe erst kurz vor der Pause gemerkt, dass Kliemann verletzt war. Da fing er plötzlich an zu humpeln." Doch auch Bruno Pezzey ist bereits früh angeschlagen. "Ich habe unheimliche Kopfschmerzen und kann den Kopf kaum drehen", klagt Pezzey, der einen Schlag ins Genick bekommen hat. "Vielleicht muss ich ihn auswechseln", befürchtet Otto Knefler. An Pezzeys Kopf liegt es freilich nicht, dass die Eintracht nicht zum zweiten Tor kommt. Wolfgang Kraus gleich nach der Pause und Ronalds Borchers in der Folge haben genügend Möglichkeiten zum erfolgreichen Abschluss. Kraus' Volleyschuss in der 48. Minute pariert der nun immer stärker werdende Norbert Nigbur. Borchers unterläuft zudem das gleiche Missgeschick wie im ersten Abschnitt, diesmal aber völlig freistehend. "Innerlich habe ich schon gejubelt, ich habe den Ball schon drin gesehen. Dass ich ihn nicht getroffen habe, dafür gibt es keine Erklärung und auch keine Entschuldigung", übt Borchers Selbstkritik. Dann ist es Ruedi Elsener, der vor dem Tor versagt. Freistehend zögert er so lange mit dem Schuss, bis der für Kliemann eingewechselte Förster dazwischenfahren kann. Zerknirscht wirkt Elsener, der sechs Meter vor dem Tor den Schuss regelrecht verschlafen hat. "Plötzlich war der Ball da und ich wusste nicht, wo das Tor war. Bis ich geschaut habe, war alles vorbei", versucht Elsener seinen Aussetzer zu erklären. Zu spät, auch für ihn ist einige Minuten später alles vorbei, zumindest für heute. Die Eintracht setzt nun auf völlige Offensive und zieht den Kürzeren. Mit einem langen Pass von Holger Brück geht Erich Beer auf und davon, spielt dann zum freigelaufenen Granitza und der schießt den Ball, allerdings aus abseitsverdächtiger Position, ins Eck. 1:2 in der 62. Minute und die Angst vor dem Angstgegner wird bei der Eintracht immer größer. Die Frankfurter sind nun zum Stürmen verdammt, was ihre ohnehin nicht mehr sattelfeste Abwehr noch anfälliger für Konter macht. Die Gastgeber profitieren nun davon, dass die Hertha im Sturm nicht abgeklärt genug spielt und Körbel zeitweise den einsamen Retter in höchster Not gibt. Die Eintracht kämpft auf Teufel komm raus und hat Glück, dass der heute seinen freien Tag genommen zu haben scheint. Pezzey, der seine Kopfverletzung in der Kombination der hektischen Stimmung und massiver Adrenalinschübe offensichtlich vergessen hat, hält es längst nicht mehr in der Abwehr. Doch nicht nur er, auch die beiden Außenverteidiger Neuberger und Müller stürmen, was das Zeug hergibt und hält. Wäre da nicht Norbert Nigbur, der sich in der Rolle des Spaß- und Spielverderbers von Minute zu Minute besser gefällt, der Ausgleich wäre schon gefallen. Doch so ist es gleich, was aufs Tor kommt - es wird die Beute Nigburs. Als Nigbur endlich einmal geschlagen ist, wird deutlich, dass der Teufel nicht ohne Grund abwesend ist. Die Glücksgöttin Fortuna ist heute wahrscheinlich an seiner Seite anzutreffen. In der 67. Minute jedenfalls trifft der druckvollste Frankfurter Angreifer mit einem Mordsschuss nur die Latte. "Den hätte auch Nigbur nicht gehalten", ärgert sich Borchers. Trainer Knefler hat genug gesehen und wechselt Elsener aus. Für den Schweizer kommt jedoch nicht der wiedergenesene Stürmer Wenzel, sondern Mittelfeldspieler Nachtweih. "Ich habe auf meinen Einsatz gebrannt. Ich hätte mich gern ins Getümmel gestürzt", ist Wenzel enttäuscht. Der Trainer begründet seine Entscheidung, Pezzey in den Sturm geschickt zu haben: "Ohne Pezzey hätte ich die ganze Abwehr umkrempeln müssen." Außerdem: "Wenzel hat seit seiner Verletzung noch nicht gespielt. Ich bringe nicht nur einen Namen aufs Feld."
Es laufen die letzten Sekunden. Noch einmal ist Grabowski zur Eckfahne geeilt, um von dort den 20. Eckball nach innen zu bringen. Pezzey tummelt sich im Strafraum, der Ball kommt zu ihm und prallt von ihm ab. Körbel stoppt das Leder mit der Brust und schießt aus 8 Metern, doch Brück ist zur Stelle und rettet auf der Linie. Wolfgang Kraus nimmt sich des Abprallers an, trifft aber nur die Latte. Es ist wie verhext, doch kein Zauberspruch hält ewig. Noch einmal kommt der Ball zu Kraus, derweil Nigbur kurz die Orientierung verloren hat und außerhalb seines Kastens steht. Aus dem Gewühl heraus nimmt der "Scheppe" die Pille volley und drischt die Kugel endlich, endlich, endlich ins Tor! Darauf scheint Schiedsrichter Eschweiler nur gewartet zu haben. Er pfeift die Partie ab. Selten zuvor wurde die Frankfurter Eintracht nach einem Unentschieden zu Hause mit so viel Beifall verabschiedet wie nach dem 2:2 gegen Hertha BSC Berlin, dabei hat sie zum ersten Mal in dieser Saison ein Heimspiel nicht gewinnen können. "Wieder ein Heimpunkt verloren. Wir brauchen uns nichts vorzumachen, das ist schlecht. Andererseits ist es uns in letzter Sekunde gelungen, einen Punkt zu retten. Das ist wieder gut", fasst Kapitän Grabowski die gemischten Gefühle zusammen und bilanziert: "Wenn man in der letzten Minute das Ausgleichstor erzielt, dann hat man einen Punkt gewonnen." Grabowski moniert aber auch die aktuelle Ausbeute der Eintracht: "Wir hätten aus den letzten beiden Spielen drei Punkte holen können." Geholt wurde jedoch nur ein einziger … "Wir hatten Chancen, um acht Spiele zu gewinnen", schimpft Willi Neuberger, will aber keinem seiner Stürmern einen Vorwurf machen. Außerdem hatte er "den Glauben schon verloren, dass uns der Sturmlauf nach dem Berliner Führungstor noch zum Ausgleich führen würde." "Ich hatte immer gehofft, dass wir das Glück haben, wie Stuttgart letzte Woche gegen uns. Zum Teil ist es ja nun eingetroffen", freut sich Borchers, dem die Uhr an der elektrischen Anzeigetafel zu schaffen gemacht. "Bei jeder Unterbrechung habe ich nervös mich oben geschaut, als der Zeiger dann auf 17.15 Uhr sprang, dachte ich, es sei alles vorbei." "Und doch haben wir gekämpft bis zum Schluss. Das zeichnet die neue Eintracht aus", lobt Grabowski, der so in den vergangenen Jahren nicht nur einmal die letzte Bereitschaft vermisst hatte. "Wir haben toll gekämpft und teilweise auch brillant gespielt. Wir dürfen nicht übersehen, wie geschickt die Hertha gekontert hat", stimmt Otto Knefler in das Lob seines Mannschaftsführers ein. Beschönigen will er den verdienten, aber am Ende glücklichen Punktgewinn jedoch nicht: "Das war wohl eine Zangengeburt." Doch selbst wenn die "Wiedergutmachung", die die Sportzeitung der Frankfurter Eintracht groß angekündigt hatte, nur bedingt gelungen ist, gibt es nach dem Abpfiff fast nur glückliche Gesichter in der Frankfurter Kabine. Es gibt aber auch Ausnahmen. "Eigentlich hätte ich vorzeitig aufhören müssen", bedeutet Hölzenbein mit Blick auf den dicken Verband um seinen rechten Oberschenkel, "aber ich wollte unseren Sturmlauf nicht unterbrechen." Fernschüsse waren ihm mit dieser Behinderung nicht möglich, zumal er eine schmerzstillende Spritze aus grundsätzlichen Erwägungen, die auf eigenen Erfahrungen beruhen, ausgeschlossen hatte: "Vor Jahren hab' ich mir geschworen: Das machst du nie wieder …" Auch Bruno Pezzey schleicht mit hängendem Kopf in die Umkleideräume. Halsmuskelverletzung lautet die Diagnose bei Pezzey bei ihm. Pezzey hatte in der 12. Minute einen Schlag in den Nacken bekommen. "Die Verletzung hatte ich schon vorher, doch da tat's erst richtig weh", klagt er mit gesenktem Lockenkopf. Uwe Kliemann liegt derweil bereits im Krankenhaus. Sein Fuß wurde eingegipst, er hat sich wie befürchtet, etwas gebrochen – den Mittelfuß. "Jetzt habe ick ooch den ersten Bruch meines Lebens ab", knurrt Kliemann, der bereits Operationen am Meniskus und an der Bandscheibe hinter sich gebracht hat. Es ist bisher ohnehin nicht seine Saison: Am 2. und 3. Spieltag leitete er jeweils mit einem Eigentor die Niederlagen gegen Kaiserslautern und Nürnberg ein. Mit der Diagnose der Ärzte werden die enttäuschenden Vorstellungen der beiden sonst so souveränen Abwehrhünen verständlich. "Pezzey bot eine Mordsleistung, weil er mit dieser Halsmuskelverletzung weitergespielt hat", kommentiert Knefler das Durchhalten seines Liberos. Schon zur Pause hatte Pezzey gebeten, in der Kabine bleiben zu dürfen. "Ich wollt' raus. Die Schmerzen waren zu stark." Doch statt der warmen Dusche bekam der österreichische Nationalspieler zwei Spritzen, die die Schmerzen etwas betäubten. An den Kopfschmerzen lag es freilich nicht, dass ihm beim ersten und einzigen Eckball der Berliner ein folgenschwerer Fehler unterlief, als er Uwe Kliemann sträflich unbewacht gelassen hatte: "Da hab' ich falsch gestanden", gibt Pezzey freimütig zu, dem nicht entgangen ist, dass er auf der Gegenseite Kliemann beim 1:0 erfolgreich abgelenkt hat. Überhaupt hatte Pezzey heute in der Offensive weitaus bessere Szenen, als bei seiner eigentlichen Aufgabe, der Organisation der Abwehr. Zu bemängeln ist allein, dass es seinen sonst so gefährlichen Kopfbällen an der Präzision mangelte. "Da fehlte die Kraft", gesteht er sichtlich geschlaucht. "Es hat blöd ausgeschaut, aber wenigstens einen Punkt gebracht", tröstet sich der Libero. "Der Bruno war nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Dafür haben wir sicherlich zu offensiv gespielt", räumt Grabowski ein, dass die Spielweise nach dem 1:1 sicher nicht die klügste gewesen sei. "Aber man darf auch die Rechnung nicht ohne den Gegner machen. Die Berliner sind für uns nun mal ein undankbarer Kontrahent", will er den Rang des Gegners angemessen gewürdigt wissen. Die Hertha scheint für die Eintracht unabhängig von der aktuellen Form ein gefürchteter Spielpartner zu bleiben, obwohl Otto Knefler versucht hat, seiner Elf dergleichen auszureden: "Ich habe meiner Mannschaft gesagt, dass sie keinen Angstgegner haben darf. Dennoch habe ich in den ersten zwanzig - von uns hervorragend gespielten - Minuten einige Hemmungen gesehen."
Insgesamt ist Otto Knefler aber hochzufrieden, auch wenn er fragt, wie er denn bei solchen Spielen wieder gesund werden soll: "Das Publikum hat ein tolles Spiel erlebt, in dem wir durch diesen unheimlichen Fuchs Erich Beer fast sogar 1:3 hätten verlieren können. Schade war, dass Borchers, der gegen Kliemann eine große Partie zeigte, diese Chancen vergeben hat." Keine Chance bei der Eintracht sieht dagegen Lothar Skala mehr. Der ehemalige Offenbacher belegt bei den Frankfurtern seit langer Zeit die Rolle des Edelreservisten. An Bruno Pezzey wird für Skala auch in Zukunft kein Weg vorbei führen, die Offerte des US-Proficlubs Chicago Stings kommt da nicht ungelegen. "Offiziell ist aber noch niemand an uns herangetreten, und schon gar kein Vertreter der Chicago Stings", schränkt Manager Klug zwar ein, bestätigt aber: "Es ist ein gewisses Interesse da." Und dann geht alles recht schnell: Aus Klugs "Skala ist nicht uninteressiert" wird: "Ich glaube, alle Beteiligten haben guten Grund zufrieden zu sein." Skala jedenfalls ist es: "Ich bin unheimlich froh, dass es geklappt hat. Bei Eintracht ging für mich doch nichts mehr." 65.000 Mark Gewinn sollen für die Eintracht durch den Transfer des nicht benötigten Reservisten herausspringen. Während Skala den Sprung über den "großen Teich" wagt, sitzt Bernd Nickel am Ostseestrand und hat endlich wieder Land in Sicht. "Spätestens Mitte November werde ich wieder bei der Mannschaft sein", ist "Dr. Hammer" optimistisch, nachdem ihm im 1. Saisonspiel in Schalke die Achillessehne gerissen war. Nickel, der im Ostseebad Damp ein Haus besitzt, ist mit dem Verlauf seiner Rehabilitation sehr zufrieden. Die medizinische Behandlung in der Klinik von Prof. Schoberth, die physiotherapeutische Betreuung durch Klaus Bergmeier, den Masseur der Handball-Nationalmannschaft, und das Aufbautraining bei Sportlehrer Werner Würger verlaufen nach Auskunft von Nickel so optimal und sind dermaßen harmonisch abgestimmt, "dass ich in meinem Wiederherstellungsprozess mehr als eine Woche vor der Zeit liege". Seit Anfang Oktober arbeitet Bernd Nickel bei zunehmender Dosierung auf dem Laufband, an der Kraftmaschine und auf dem Fahrradergometer. Nun wird er auch mit leichtem Lauftraining beginnen: "In der nächsten Woche hoffe ich, den ersten 3000-Meter-Lauf unter voller Belastung absolvieren zu können." Überstürzen will er nichts. "Ich breche hier in Damp erst dann die Zelte ab, wenn ich zu der Kraft und Kondition zurückgefunden habe, um ein komplettes Bundesligaspiel durchzuziehen." Nickels Laune wird nur durch die Punkteteilung der Eintracht etwas getrübt und dadurch, "dass Hertha BSC nach dem 2:2 unser Angstgegner bleibt. Jetzt dürfen wir am Wochenende auf keinen Fall in Köln verlieren, sonst sind wir für die nächste Zeit erst mal weg vom Fenster. Das aber wäre jammerschade, denn mit den neuen Leuten sind wir wirklich stärker und geschlossener geworden, vor allem in der Abwehr." Mit der Angst vor der Hertha muss die Eintracht also wohl weiter leben, Angst um seine Zukunft hat Nickel jedoch nicht: "Es kann sein, dass ich nach meiner Rückkehr etwas Geduld aufbringen muss, weil die Mannschaft sich möglicherweise gerade in einer Erfolgsserie befindet. Doch keine Bange, ich komme wieder. Dafür bin ich viel zu ehrgeizig. Ich sitze jedenfalls nicht hier in Damp und zittere um meinen Posten." (rs)
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