SV Werder Bremen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2013/2014 - 5. Spieltag

0:3 (0:2)

Termin: 14.09.2013, 15:30 Uhr
Zuschauer: 40.060
Schiedsrichter: Dr. Felix Brych (München)
Tore: 0:1 Václav Kadlec (14.), 0:2 Václav Kadlec (34.), 0:3 Sebastian Prödl (77., Eigentor)

 

 

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SV Werder Bremen
Eintracht Frankfurt

  • Sebastian Mielitz
  • Clemens Fritz
  • Sebastian Prödl
  • Assani Lukimya
  • Luca Caldirola
  • Mehmet Ekici
  • Cedrick Makiadi
  • Felix Kroos
  • Franco Di Santo (26.)
  • Eljero Elia
  • Aaron Hunt

 


 

Wechsel
  • Aleksandar Ignjovski für Mehmet Ekici (46.)
  • Theodor Gebre Selassie für Felix Kroos (46.)
  • Nils Petersen für Aaron Hunt (78.)
Wechsel
Trainer
  • Robin Dutt
Trainer

 

 

Kung Fu, Kadlec und ein Klassespiel

Vorbei ist die Länderspielpause und damit die letzte Gelegenheit, die Akkus aufzuladen, bevor in den kommenden 23 Tagen gleich sieben Spiele auf dem Programm stehen. “Von der Physis ist das kein Problem, das Training wird reduziert und im Normalfall machst du nur Regeneration. Was es kompliziert macht, sind die Reisen. Du weißt morgens oft gar nicht, in welcher Stadt du gerade bist“, erklärt Armin Veh, der immerhin weiß, wer der aktuelle Gegner ist und mit Blick auf das bislang bescheidene Punktekonto von seiner Mannschaft fordert, an der Weser etwas zu holen: “Wir haben bis jetzt nur das Spiel in Berlin vergeigt. Aber es wird natürlich nicht besser, wenn du gut spielst und trotzdem verlierst. Es ist wichtig, dass wir jetzt Ergebnisse liefern.“

Doch dazu muss der Trainer seine Mannschaft ordentlich durcheinander wirbeln, denn neben Schwegler, der nach seinem Innenbandriss wohl bis zum Ende der Hinrunde ausfallen wird, hat es auch Rosenthal erwischt. Der 30-Jährige zog sich einen Muskelfaserriss in der Wade zu und fällt ebenso aus wie Meier, dessen Oberschenkel ihm erneut massive Probleme bereitet. Dazu gesellt sich Schröck mit einer Kniestauchung und auch Flum ist nach seiner gerade erst überstandenen Adduktorenverletzung noch keine Option für die Startelf. “Das trifft uns natürlich. Wir hatten lange Zeit kaum Verletzungen und jetzt auf einmal fast mehr Probleme als in den zwei Jahren vorher zusammen“, klagt der Trainer, um zu ergänzen: “Wir bringen trotzdem eine gute Mannschaft auf den Platz.“ So soll es sein, Jung kehrt nach fünf Wochen Verletzungspause wieder in die Abwehr zurück, vor der Russ als “Sechser“ agieren wird. Neuzugang Tranquillo Barnetta übernimmt nach erst drei gemeinsamen Trainingseinheiten die Position von Meier, da der Trainer Inui lieber auf der Außenbahn als in der Mitte sieht. Rode sowie Aigner komplettieren das Mittelfeld hinter der einzigen Spitze Kadlec.

“Werder Bremen International“ war jahrelang fast schon Routine für die Hanseaten. Doch spätestens nach der letzten Saison, als sie dem Abstieg mit 34 Punkten bei 66 Gegentoren gerade so von der Schippe gesprungen sind, macht sich neuer Realismus an der Weser breit. Die Abwehr soll zunächst stabilisiert werden, was nach dem Abgang von Sokratis zum BVB keine leichte Aufgabe ist. "Wir sind in der Findungsphase und das wird auch noch eine ganze Zeit lang so bleiben. Wir müssen uns darauf fokussieren, möglichst lange zu null spielen“, erklärt Trainer Robin Dutt, dessen Mannschaft nach zwei 1:0-Siegen gegen Braunschweig und Augsburg zuletzt in Dortmund und Gladbach verloren hat. Zudem werden im Umfeld Forderungen laut, den in Hoffenheim aufs Abstellgleis geschobenen Tim Wiese zurück zu holen, was zwar offiziell lautstark abgelehnt wird, bei Stammtorhüter Mielitz aber nicht eben für Hochgefühle sorgt. Dafür ist er ebenso gesetzt wie Kapitän Fritz und Prödl in der Abwehr, zu der sich heute Lukimya anstelle von Selassie gesellt. Für den verletzten Junuzovic wird Ekici zusammen mit Elia und Makiadi das offensive Mittelfeld hinter den beiden Sturmspitzen Hunt und Debütant Di Santo - der 24-jährige chilenische Neuzugang von Wigan Athletics - bilden.

Ob die Abwehr der Bremer ihre Hausaufgaben gemacht hat, muss sie gleich am Anfang zeigen, denn die Gäste übernehmen die Initiative. Nachdem Lukimya nach wenigen Sekunden eine Kopfballhereingabe von Aigner zur Ecke klärt, brennt es kurz darauf auf der anderen Außenbahn. Inui wuselt sich im Zusammenspiel mit Rode an den linken Strafraumrand und passt die Kugel quer vor den Fünfmeterraum, wo erst Barnetta und dann am langen Pfosten Aigner um eine Schuhbreite zu spät kommen (3.). Das sieht gut aus, das Leder läuft schnell und direkt durch die Reihen der Eintracht, während Werder meist nur zuschauen kann und zudem bei Ballbesitz massive Probleme hat, gegen die sehr früh angreifenden Frankfurter auch nur über die Mittellinie zu kommen. Kadlec beispielsweise setzt erst Fritz und nach dessen Rückpass zum Torhüter sogleich Mielitz unter Druck, so dass dieser die Kugel prompt Barnetta vor die Füße spielt. Der zieht aus 25 Metern ab, verfehlt den Kasten aber mit seinem Schlenzer (7.).


Kadlec

Druckvoll bleibt es. Barnetta präsentiert sich als Antreiber mit viel Übersicht und auch Rode agiert ungemein bissig. So wie in der 14. Spielminute, als der 28-jährige Schweizer einen Ball am Mittelkreis erobert und sofort nach vorne spielt. Rode sieht, dass Inui sich auf links freiläuft und passt ihm das Leder zielgenau in den Lauf. Der 25-Jährige behält gegen gleich drei Bremer den Überblick und legt die Kugel mit einem kurzen Haken zum hinter ihm heran sausenden Oczipka, der quer in die Mitte spielt, wo Kadlec sie aus kurzer Distanz zum 1:0 in die Maschen setzt.

Auch nach der Führung bleibt die Eintracht spielbestimmend und kommt zu weiteren Chancen durch Rode sowie Barnetta, dessen Kopfballaufsetzer nach toller Vorarbeit von Oczipka knapp neben dem linken Pfosten landet (19.). Erst jetzt zeigt sich Bremen einmal gefährlich vor dem Frankfurter Strafraum, als es Freistoß für die sogenannten Hausherren gibt. Hui, Trapp springt an Ekicis Aufsetzer aus gut 20 Metern vorbei, der zum Glück knapp neben dem rechten Pfosten ins Toraus segelt (22.). Setzt Werder nach? Jedenfalls muss Anderson kurz darauf mit einer starken Grätsche im Strafraum gegen Elia klären, so dass es Ecke von der rechten Seite gibt. Hunt schlenzt diese hoch vor den Fünfer, wo zwar vier Frankfurter lauern, Di Santo aber dennoch zum Kopfstoß kommt und den Ball gegen den linken Innenpfosten köpft, von wo aus er Trapp in die Arme springt (23.). Drei Minuten später springt Di Santo noch einmal, als er das Leder auf der linken Seite vor Oczipka erobern will. Aber wie, mit ausgestreckten Bein und dem Fuß auf Kopfhöhe will er an das Runde und trifft stattdessen den 24-Jährigen voll im Gesicht, der blutend auf den Boden sackt. Schiedsrichter Brych fackelt nicht lange und gibt dem Argentinier Rot, der für diese Tätlichkeit eine dreiwöchige Denkpause vom DFB erhält. Während dessen wird Oczipka am Seitenrand minutenlang an Stirn und Nase behandelt und getapt, um in der Pause Bekanntschaft mit der Nadel des Mannschaftsarztes zu machen.


Oczipka

“Die ersten 30 Minuten haben wir überragend gespielt“, freut sich Heribert Bruchhagen in der Unterbrechungsphase völlig zu Recht. In der Tat, 60 Prozent Ballbesitz und 68 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind die schnöden Zahlen, auf dem Platz gleicht die Überlegenheit allerdings fast einer Demonstration. Die Eintracht verlagert geschickt das Spiel, um das Tempo nach Belieben zu variieren, während Werder meist nur zuschauen kann. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass Schwegler, Meier, Flum und Rosenthal fehlen, aber sie werden kaum vermisst, was auch an Barnetta liegt, der sich nahtlos in Mannschaft und System einfügt. “Tranquillo ist ein Supermann“, lobt ihn Rode fast überschwänglich, während der Trainer ein wenig nüchterner meint: “Er hat reingepasst. Das war gut.“

So ist es, denn wieder steht der Schweizer Neuzugang im Brennpunkt, als er einen Ball tief in der Hälfte der Bremer abfängt und zu Inui legt, der ihn auf die rechte Außenbahn zu Jung schlenzt. Der hat viel Platz und flankt die Kugel zentimetergenau auf den Kopf von Kadlec, gegen dessen tollen Kopfstoß aus zehn Metern kein Kraut gewachsen ist. Mit Wucht landet das Leder zum 2:0 im rechten oberen Toreck (34.). Nur nicht abheben, nicht alles klappt beim 21-Jährigen, so dass der Trainer sogleich einschränkt: “Er ist ein außergewöhnliches Talent, aber noch kein außergewöhnlicher Spieler. Er hat noch viel zu lernen und muss den Ball besser fest machen.“ Reinmachen kann er immerhin. Und noch etwas merkt Armin Veh an: “Nach einer Roten Karte kommt es immer zu personellen Verschiebungen, da können die Räume enger werden. Man darf nicht glauben, dass nach dem 2:0 alles entschieden ist. Bremen ist immer wieder gefährlich vor unser Tor gekommen.“ Stimmt, angetrieben von den eigenen unzufriedenen Fans zeigt sich Hunt wohl aus Trotz erst mit einem gefährlichen Aufsetzer (36.), dann mit einer Freistoßflanke, die Elia kurz vor der Torlinie kläglich grätschend versiebt (43.) und schließlich mit einem Schuss von der Strafraumgrenze, die Trapp parieren kann (45.).


Trapp

Nach einer gepfefferten Kabinenpredigt kommen bei den Hausherren Selassie und Ignjovski für Felix Kroos und Ekici sowie neuer Schwung ins Spiel. Sogleich wird es brenzlig, als Trapp nach einem Freistoß von Hunt gegen Makiadi Kopf und Kragen riskieren muss, aber Sieger bleibt (47.). Doch trotz der verbissenen Bremer Bemühungen gibt es vorerst keinen weiteren Grund zum aufgeregt Luft schnappen. Die Eintracht geht zwar nicht mehr so entschlossen zu Werke wie im ersten Abschnitt, aber noch reicht es gegen die weitgehend harmlosen Werderaner. Die probieren es mit allen Mitteln, wie Hunt in der 58. Minute eindrucksvoll beweist, als er eine Hereingabe in den Strafraum nicht wirklich unter Kontrolle bekommt. So fädelt er geschickt bei Russ ein und macht den Andi Möller. Schiedsrichter Brych steht eigentlich gut, fällt aber dennoch auf die Schauspieleinlage herein und entscheidet auf Strafstoß, den der Schwalbende selbst ausführt. “Ich habe mich sofort beim Pfiff für die linke Ecke entschieden“, erklärt Kevin Trapp, der den halbhoch geschossenen Ball gekonnt zur Seite abwehrt.

Kurz darauf kommt Flum für den heute klasse spielenden Inui, so dass Barnetta auf die linke Seite rutscht und der Ex-Freiburger vor die Abwehr, die nun etwas mehr zu tun bekommt, ohne dass es jedoch gefährlich wird. Viele Fehlpässe bestimmen das Geschehen, die Eintracht hat im Gefühl der sicheren Führung einen Gang zurück genommen, was Armin Veh aber für normal hält. Zudem: “Nach dem 2:0 hatten wir zur Sicherheit einen Mann mehr hinten gelassen. Und schon ist es vorbei mit der Überzahl.“ Wie erneut mit der Konzentration bei den Standards, als sie nach einer Freistoßflanke von Hunt den Ball einfach nicht raus bekommen. Ein Bremer liegt im Fünfer, Caldirola köpft auf Makiadi, der gerade noch von Zambrano am Einnetzen gehindert wird (71.). Die Grünen gewinnen zu viele Kopfballduelle im Strafraum, was Armin Veh nicht wirklich überrascht: “Durch die Ausfälle waren wir hinten ziemlich klein.“


Oczipka

Dafür aber hellwach im richtigen Moment, nachdem sie das Tempo für einige Minuten rausnehmen. Nach dem gefühlt 28-sten Querpass durch die eigenen Reihen sieht Rode, dass sich Jung auf der rechten Seite freiläuft und passt ihm den Ball aus dem Halbfeld punktgenau zu, während in der Mitte Aigner und Kadlec starten. Jung verwertet die Flanke direkt, Aigner verpasst, nicht aber Prödl, der den heißen Atem des Frankfurter Mittelstürmers spürt. Der 26-jährige Österreicher ist so überrascht, dass sein Klärungsversuch gründlich in die Hose geht. Der Ball rauscht fröhlich zum 3:0 unter die Latte, das Spiel ist gelaufen (77.). Leider auch für Oczipka, der sich nach einem Sprint an den rechten Oberschenkel fasst und sich einen Muskelfaserriss zuzieht (85.). Für ihn kommt Djakpa, der ebenso wie der kurz zuvor für Kadlec eingewechselte Lakic die letzten Minuten unter den Gesängen der Gästefans entspannt absolvieren kann. Die Eintracht fährt hochverdient den zweiten Saisonsieg ein, um sich mit sechs Punkten auf Rang 13 in der Tabelle einzuordnen. (tr)


Stimmen zum Spiel

Armin Veh: "Wir haben gezeigt, dass wir auch trotz der vielen Verletzten in der Lage sind, so Fußball zu spielen, wie wir das wollen. Die Mannschaft ist sehr konzentriert in das Spiel gegangen, war nach dem 2:0 und mit der Überzahl allerdings etwas zu pomadig. Der Sieg geht aber natürlich in Ordnung. Jetzt können wir uns auf Europa freuen. Und nicht nur das, vor allem kann sich die Europa League auf uns freuen. Wir haben jede Woche eine super Kulisse in Frankfurt, die sich das auch verdient hat."

Heribert Bruchhagen: “Das ist ein tolles Ergebnis, das gibt für die nächsten Wochen Schwung.“

 

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