Eintracht Frankfurt - TSG Hoffenheim

Bundesliga 2012/2013 - 19. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: 26.01.2013, 15:30 Uhr
Zuschauer: 38.100
Schiedsrichter: Dr. Jochen Drees (Münster-Sarmsheim)
Tore: 1:0 Martin Lanig (35.), 1:1 Kevin Volland (65.), 2:1 Stefan Aigner (67.)

 

 

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Eintracht Frankfurt
TSG Hoffenheim

 


  • Tim Wiese
  • Patrick Ochs
  • Matthieu Delpierre
  • Jannik Vestergaard
  • Andreas Beck
  • Eugen Polanski
  • Tobias Weis
  • Luis Advíncula
  • Kevin Volland
  • Takashi Usami
  • Joselu

 

Wechsel
Wechsel
  • Roberto Firmino für Luis Advíncula (46.)
  • Vincenzo Grifo für Takashi Usami (70.)
  • Eren Derdiyok für Tobias Weis (76.)
Trainer Trainer
  • Marco Kurz

 

 

Ein Sieg mit mulmigem Gefühl

Polanski, Advincula, Acquah, Abraham… “Wenn es mal nicht läuft, kaufen sie halt ein paar Spieler dazu“, zuckt Armin Veh die Schultern über das Geschäftsgebaren der Hoffenheimer, die zwar noch immer Dorf, aber schon lange nicht mehr “Doll“ sind um sarkastisch zu ergänzen: “Manche haben sechs, sieben Stürmer, ich habe zwei. Ist ja eine Unverschämtheit, wenn ich sage: ‘Ich brauche noch einen.“ Längst ist das Werben um die Stürmer De Carmago und Lakic zu einer lästigen Hängepartie geworden, während sich abzeichnet, dass auch Erwin Hoffer die Eintracht verlassen wird, nachdem Köhler, Friend und Kouemaha bereits bei ihren neuen Arbeitgebern weilen. Dafür hat sich ein ungebetener Gast in Frankfurt eingenistet, Jung und Schwegler hat die Grippe niedergestreckt, so dass Celozzi als rechter Außenverteidiger spielen und Lanig den Kapitän ersetzen wird, der immerhin auf der Bank Platz nehmen kann. Ebenso wie Winterneuzugang Marco Russ, für den Bamba Anderson nach seiner knapp zweimonatigen Verletzungspause und nur einer Woche Training wieder in die Stammelf rutscht. “Eine Bauchentscheidung“, meint Armin Veh.

Mit lautem Getöse von Manager Müller haben die Kraichgauer unterdessen ihren langjährigen Leistungsträger Compper an den AC Florenz abgegeben, vier neue Spieler geholt und Torhüter Wiese in der Winterpause zwar die Kapitänsbinde abgenommen, dafür aber medial wertvoll den Rücken gestärkt. Abstiegsangst beim Provinzclub, der seit inzwischen acht Spielen sieglos ist und als Tabellensechzehnter bereits acht Punkte Rückstand auf Rang 15 hat. So ist es mehr Zweckoptimismus, den Trainer Kurz präsentiert: “Es wird ein sauschweres Spiel, die Eintracht ist fußballerisch enorm stark auf allen Positionen. Dennoch haben wir Möglichkeiten, dort drei Punkte zu entführen." Hierfür stellt er seine Mannschaft im Vergleich zum torlosen Remis gegen Mönchengladbach gleich auf mehreren Positionen um. Für den angeschlagenen Johnson spielt der Ex-Frankfurter Ochs auf der für ihn ungewohnten linken Abwehrseite, Neuzugang Polanski vor der Abwehr, Advincula agiert als Rechtsaußen und im Sturm beginnt Joselu anstelle von Derdiykok.

Weit unruhiger als bei den Spielern ist es bei den Fans und Offiziellen der Eintracht nach der Rauch-, Böller- und Feuerwerksaktion in Leverkusen, die heftig diskutiert wird. Stellungnahmen der Ultras, des Nordwestkurvenrats, der FuFa und des Fansprecher-Gremiums machen die Runde, in denen mal sehr, mal weniger verklausuliert darum geworben wird, künftig auf Pyrotechnik und sonstige Knallkörper im Stadion zu verzichten. Die Eintracht entschuldigt sich unterdessen offiziell bei den Verantwortlichen in Leverkusen und sendet vor der anstehenden ersten Anhörung beim DFB-Kontrollausschuss “Hilferufe“ in Form eines Appells von Heribert Bruchhagen: “Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem es auch nichts mehr nutzt, dass man uns bestraft. Wir brauchen jetzt die Hilfe aller, das heißt die Hilfe des DFB, die Hilfe der Zuschauer, die Hilfe der vernünftigen Fans.“ Tatsächlich ist die Stimmung im Stadion bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nur fast auf eben diesem. “Keine Macht den Chaoten – Ihr nervt!“ steht auf einem großen Banner in der Ostkurve, auf einem anderen wird gefordert: “Pyromanen aussortieren“, während die Mannschaften beim Einlaufen leiser als sonst begrüßt werden.

Wie üblich, versucht die Eintracht sofort das Spiel in die Hand zu nehmen und kommt sogleich zu einer ersten Möglichkeit, als Oczipka von der linken Außenbahn an den Elfmeterpunkt flankt. Meier kommt mit den Haarspitzen ran, aber Wiese kann den Kopfball Richtung rechtes Toreck zur Seite lenken (3.). In der Mitte stockt es hingegen noch, Rode wirkt fahrig und verliert in der Vorwärtsbewegung die Kugel an Volland, den er sogleich umreißt und dafür Gelb kassiert (5.). "Es ist nicht so einfach, was alles auf ihn einprasselt", zeigt sein Trainer vor dem Hintergrund all der Wechselgerüchte Verständnis, "es ist normal, dass er da mal ein bisschen durchhängt." Leider zeigen sich auch Rodes Mitspieler verunsichert, zumal Nebenmann Lanig die nötigen Einsatzzeiten und damit die Übersicht des erkrankten Kapitäns fehlt. So mangelt es den Frankfurtern an einer zentralen Anspielstation, einem Rhythmusgeber. Da Celozzi und Oczipka auf den Außenpositionen zudem schnell bedrängt werden, wird die Kugel viel quer oder gar zurück auf Torhüter Trapp gespielt, der sie lang nach vorne schlägt. Dummerweise hängt aber Delpierre wie eine Klette an Meier, so dass der kaum einen der langen Bälle unter Kontrolle bekommt.

Gut nur, dass Hoffenheim ebenso fahrig agiert und die Kugel nur selten über mehr als drei Stationen zum Laufen bringt. Volland alleine sorgt für ein wenig Wirbel, in dem er erst einen Freistoß über die Latte schlenzt, um Minuten später nach Doppelpass mit Usami seinen Meister in Trapp zu finden, der sich energisch in seinen Schuss aus zehn Metern wirft und so den Rückstand verhindert (17.). Einen Treffer verhindert zwei Minuten später das Aluminium, als sich Inui artistisch am rechten Strafraumrand durchsetzt und Celozzi bedient, der kurz vor der Torauslinie scharf zurück flankt. Der Ball wird leicht abgefälscht, so dass Matmour in Rückenlage köpfen muss und nur die Querstange trifft. Lanig setzt zwar nach, kann das Leder aber erst im Toraus auf Meier chippen, der die Kugel versenkt (19.).

Die Chancen bleiben aus dem Spiel heraus rar. Dafür segelt Torhüter Wiese wunderschön an einem mit viel Effet getretenen Freistoß von Oczipka vorbei, doch der der sichtlich überraschte Aigner kann die vor dem langen Pfosten aufsetzende Kugel aus drei Metern nur über die Latte drücken (24.). Die Eintracht setzt nach und Lanig sich nach einem Einwurf am linken Fünfmetereck gegen Polanski sowie Vestergaard durch, um zurück auf Meier zu passen, dessen Schuss Ochs mit allerdings angelegtem Arm für seinen geschlagenen Torhüter abwehrt (26.).

Nach einigen Minuten mit Mittelfeldgeplänkel zündet Oczipka nach Pass von Lanig auf halblinks plötzlich den Turbo. Auf dem Weg zur Strafraummitte lässt er drei Hoffenheimer einfach stehen und legt die Kugel zu Inui, der sie mit viel Gefühl im Fußgelenk an den Elfmeterpunkt lupft. Wiese kommt raus, aber Lanig ist schneller und trifft den Ball im Grätschen, der vom ihn bedrängenden Delpierre so abgefälscht wird, dass er trotz des Rettungsversuchs von Beck zum 1:0 im linken Toreck landet (35.). Das war ein klasse Einsatz des 28-Jährigen, der von 2003 bis 2006 bei dem Provinzclub kickte und zu seinem dritten Saisontreffer bescheiden meint: “Ich bin froh, der Mannschaft helfen zu können. Ich versuche immer, torgefährlich zu sein.“ Danach wirken die Gäste noch verunsicherter als zuvor, doch leider kann die Eintracht daraus kein Kapital schlagen. Lediglich Inui probiert es noch einmal aus vollem Lauf, doch sein Schüsschen ist kein Problem für Torhüter Wiese (43.).

Zur zweiten Halbzeit kommt bei den Gästen Firmino für den schwachen Advincula und damit neuer Schwung ins Spiel, während die Eintracht diesen wohl in der Kabine vergessen hat. Immer wieder kann der heftig rotierende Volland jetzt auf den Flügeln wirbeln. Diesmal setzt er sich nach einem der zahlreichen Ballverluste von Rode am linken Strafraumeck gegen Zambrano durch und spielt flach an den Fünfmeterraum. Firmino kommt freistehend zum Schuss, aber mit einer Blitzreaktion kann Trapp die knappe Führung festhalten (49.). Weiter spielt fast nur noch der Tabellensechzehnte. Polanski zimmert nach Vorlage von Volland freistehend über den Kasten und zwei Minuten später kann erneut Trapp Joselu am erfolgreichen Einschuss hindern (56.). “In der zweiten Halbzeit haben wir nur reagiert“, schüttelt Ersatzkapitän Meier den Kopf: “Da haben wir das Spiel aus der Hand gegeben und die erforderlich Aggressivität vermissen lassen. Aber nur wenn wir aggressiv sind, spielen wir auch gut Fußball.“

Von gutem Fußball sind zum Glück auch die ehemaligen Dolldörfler Lichtjahre entfernt, sonst hätten sie die Lethargie und die statisch wirkende Abwehr der Frankfurter längst überrumpelt. Aber ebenso wie Ochs, der meist nur durch Fouls an Aigner auffällt, wirkt das Gestochere in Richtung Tor bieder und harmlos. Kaum ist dies geschrieben, stochern sie allerdings erfolgreich vor dem Strafraum der Eintracht rum. Irgendwie kommt der Ball zu Beck auf der rechten Außenbahn, der Platz hat und ihn einfach wuchtig in die Mitte drischt. Volland springt zwischen dem überraschten Oczipka und Anderson dazwischen und versenkt das Leder aus fünf Metern zum 1:1 im langen Toreck (65.).

Quasi mit dem Anstoß sprintet Oczipka nach vorne und flankt in den Strafraum, diesmal aber kann Ochs vor Aigner zur Ecke klären, die Oczipka von der rechten Seite ausführt. Scharf in die Mitte fliegt die Kugel. Wiese hampelt, Joselu will mit dem Kopf klären, verlängert den Ball aber nur am weiter wirr durch die Gegend hüfenden Wiese ans lange Toreck, wo Aigner keine Mühe hat, ihn zum 2:1 ins Netz zu nicken (67.). “Wenn Joselu ihn nicht verlängert, boxe ich ihn weg. Aber so etwas passiert halt, wenn man unten drinsteht“, meint Wiese ziemlich frustriert. Verärgert sind sie hingegen nach dem Spiel beim Hopp-Club, der kurz vor Ende der Transferperiode einen neuen Torhüter einkauft, um “Wiese zu schützen“, wie Manager Müller in der ihm eigenen Logik verkünden wird.

Trainer Kurz stellt nun um und bringt mit Derdiyok für Weis einen zweiten Stürmer, während bei der Eintracht Schwegler für Lanig kommt, um das Spiel wieder unter Kontrolle zu bekommen. Occéan darf auch ran, für ihn verlässt Inui den Platz (71.). Ansonsten plätschern die letzten zwanzig Minuten fast ereignislos vor sich hin. Die Eintracht bestimmt jetzt das Geschehen weitgehend, Hoffenheim zeigt noch ein paar halbherzige Angriffsversuche, während das Publikum liebevoll und aus vollem Hals “Absteiger“ rufen darf, um die eigene Mannschaft schließlich lautstark zu feiern. Denn 33 Zähler nach 19 Spieltagen bedeuten weiterhin Platz 4 in der Tabelle.


Stimmen zum Spiel

Armin Veh: "In der Bundesliga kannst du schnell vier, fünf Spiele am Stück verlieren. Deshalb war es so wichtig, am zweiten Spieltag der Rückrunde zu gewinnen. Ich bin glücklich, dass wir das geschafft haben. Die ganze Mannschaft hat gut gefightet gegen einen guten Gegner, der aufgrund seiner Leistungen nicht in den unteren Tabellenregionen sein müsste. Da sieht man, wie eng die Bundesliga ist."

Bruno Hübner: “Wir hatten vorher ein mulmiges Gefühl, gerade deshalb ist das ein ganz wichtiger Sieg.“ Und zur Stürmersuche: “Die Suche sieht gut aus. Bis Donnerstag ist einer da.“


Srdjan Lakic kommt, Hoffer geht

Lange hat es gedauert, das Gefeilsche zwischen Bruno Hübner und Klaus Allofs, dem Manager vom VfL Wolfsburg. Doch wie versprochen, kann der neue Stürmer am Mittwoch vorgestellt werden und sogleich im Mannschaftstraining einsteigen. Srdjan Lakic, der 29-jährige kroatische Stürmer wird bis Juni 2014 vom VfL Wolfsburg ausgeliehen, wobei die Eintracht nach Informationen des “kicker-Sportmagazins“ eine Kaufoption von unter einer Million inne haben soll. “Er ist kopfballstark und arbeitet gut gegen den Ball. Das brauchen wir. Ich glaube schon, dass er zu uns passt, deshalb haben wir ihn ja geholt. Aber ich erwarte keine Wunderdinge“, freut sich Armin Veh über den Neuzugang. Zerschlagen hat sich indes die Verpflichtung des 19-jährigen Stürmers Marko Livaja von Inter Mailand sowie der Plan, den Serben Gojko Kacar vom Hamburger SV zur Eintracht zu holen.

Verlassen wird die Eintracht nach 37 Spielen und 10 Toren hingegen auf eigenen Wunsch der 26-jährige Erwin Hoffer. In Absprache mit dem SSC Neapel, bei dem er nach wie vor unter Vertrag steht, wechselt er auf Leihbasis zum 1. FC Kaiserslautern, bei dem Hoffer bereits in der Saison 2010/11 spielte. (tr)

 

 


 

 

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