Eintracht Frankfurt - Bayer 04 Leverkusen

Bundesliga 2010/2011 - 22. Spieltag

0:3 (0:2)

Termin: Sa 12.02.2011, 15:30 Uhr
Zuschauer: 42.600
Schiedsrichter: Guido Winkmann (Kerken)
Tore: 0:1 Simon Rolfes (9.), 0:2 Renato Augusto (32.), 0:3 Hanno Balitsch (84.)

 

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Eintracht Frankfurt Bayer 04 Leverkusen

 


  • René Adler
  • Daniel Schwaab
  • Stefan Reinartz
  • Sami Hyypiä
  • Michal Kadlec
  • Simon Rolfes
  • Arturo Vidal
  • Sidney Sam
  • Renato Augusto
  • Gonzalo Castro
  • Eren Derdiyok

 

Wechsel
Wechsel
  • Hanno Balitsch für Sidney Sam (67.)
  • Lars Bender für Gonzalo Castro (80.)
  • Stefan Kießling für Eren Derdiyok (84.)
Trainer Trainer

 

Ein neuerlicher Tiefpunkt

Amanatidis wird aus dem Kader geworfen

“Er spielt keine Rolle mehr bei Michael Skibbe. Er spielt keine Rolle mehr in meinen Planungen.“ So brachial kurz endet auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Leverkusen der seit einer Woche in den Medien ausgetragene Streit zwischen dem Trainer und Ioannis Amanatidis um dessen Fitnesszustand. “Er hat gesagt, ich sei nicht fit und nicht mehr schnell genug und dass ich abbaue und nicht alle Trainingseinheiten absolvieren könne. Da muss ich einfach reagieren, denn seine Aussagen sind schlichtweg falsch“, meint der 29-Jährige, der dem Trainer bereits im November vorwarf, dass “bei uns das Leistungsprinzip außer Kraft“ gesetzt ist.

Nach der Pressekonferenz wird eilends versucht, die medialen Scherben zu kitten, die der für Heribert Bruchhagen und die Spieler überraschende Alleingang des Trainers verursacht hat. In der offiziellen Presseerklärung ein paar Stunden später wird aus dem kategorischen “keine Rolle mehr“ ein “vorerst keine Rolle“ und ein “zurzeit“. Zudem wird Amanatidis vom Vorstandschef aufgefordert, künftig “jegliche Äußerung in der Öffentlichkeit zu seiner sportlichen Situation und Michael Skibbe zu unterlassen.“ Das von “vorerst“ jedoch keine Rede sein kann, bestätigt der Trainer kurz vor dem heutigen Heimspiel: “Ioannis hat sich mehrfach gegenüber Mannschaft, Trainer und Verein gegenüber nicht richtig verhalten. Er wird dementsprechend nicht mehr von mir berücksichtigt.“ Doch schon eine unruhige Woche später werden sich die Wogen nach dem Einschreiten von Heribert Bruchhagen und einer Entschuldigung von Amanatidis mit einem Burgfrieden wieder glätten. Zumindest vorläufig …


Zurück zum Spiel

Trotz allem: Fußball wird am Samstag auch gespielt. Ausgerechnet gegen den Tabellenzweiten, der bislang auswärts sieben Siege und nur eine Niederlage kassiert hat, soll es nach dem Willen des Trainers gelingen: “Wir wollen nicht nur das erste Tor, sondern auch den ersten Sieg des Jahres feiern.“ Zum Glück kann er auf Pirmin Schwegler zurückgreifen, der beim Länderspiel der Schweizer Nationalmannschaft auf Malta am Mittwoch übel zugerichtet wurde. “Er ist am Knöchel, am Oberschenkel und im Gesicht getroffen worden“, erklärt Michael Skibbe. Keine Alternative mehr ist hingegen Nikola Petkovic, der diesmal in den heißen Süden ausgeliehen wird. Bis zum 30. Juni wird er beim saudi-arabischen Erstligisten Al Ahli Saudi Klub in Dschidda spielen. So gibt es keine Änderung in der Startaufstellung der Eintracht. Schwegler spielt vor der Abwehr und Ochs, Caio, Meier sowie Köhler bilden das offensive Mittelfeld hinter Gekas.

Zuversichtlicher als in Frankfurt sind sie in Leverkusen, auch wenn es zuletzt eine 1:0-Niederlage gegen Nürnberg gab. “Wir müssen wieder versuchen, ein homogenes Team zu stellen. Wenn alle Normalform haben oder etwas besser spielen, können wir dort gewinnen“, meint Jupp Heynckes, der ebenso wie Michael Ballack eine kämpferische Eintracht erwartet: “Sie werden es uns ähnlich schwer machen wie Nürnberg und um jeden Zentimeter Boden fighten. Da kriegen wir nichts geschenkt.“ Geschenkt bekommt Ballack auch keinen Startplatz. Überraschend spielt Sam auf der rechten Außenbahn neben Augusto und Castro, während Vidal neben Rolfes im defensiven Mittelfeld aufläuft. Anstelle von Kießling setzt der Trainer auf Derdiyok im Sturm.

Gute Stimmung im Waldstadion, nur wenige Pfiffe erklingen beim Namen des Trainers, der Amanatidis aussortiert hat. Und die Marschrichtung scheint klar, die Eintracht probiert aus einer tief stehenden Abwehr, zu Angriffen zu kommen, während die Werkself das Spiel im Mittelfeld zu kontrollieren versucht. Spiegelbild für diese Halbzeit ist jedoch bereits die 3. Spielminute, als ein Rückpass von Caio am Mittelkreis direkt bei Castro landet, der das Leder sogleich dankbar nach vorne legt. Der Konter wird geklärt, aber Tzavellas spielt das Leder nicht nach vorne oder zu Nikolov, sondern einfach ins Seitenaus. Ebenso hilflos wirkt es, als Renato Augusto sich kurz darauf auf der rechten Außenbahn durchsetzt, um die Kugel flach in die Mitte zu passen. Franz grätscht vorbei, aber zum Glück auch der hinter ihm lauernde Derdiyok (5.).

Wo bleibt der Kampf, wo der Einsatz? Fast teilnahmslos traben sie dem Tabellenzweiten hinterher, um die Kugel bei Ballbesitz sogleich wieder zu verlieren. Erste Pfiffe ertönen bei einem Fehlpass von Meier, der sich zuvor noch über das zweifelhafte Renommee beklagt hatte, dass Köhler und er genießen: “Wenn es läuft, sind die anderen die Heilsbringer. Wenn es nicht läuft, sind wir die Sündenböcke.“ Völlig richtig, doch heute präsentieren sich beide in erschreckender Form, aber auch bei den Mitspielern erreicht die Fehlpassquote im Laufe des Spiels beachtliche Werte. Immerhin geht Franz energisch dazwischen, als Augusto fast genüsslich durch das Halbfeld dribbelt. Es gibt Freistoß, den Vidal vor den Fünfmeterraum schlenzt. Hyypiä setzt sich im Kopfballduell energisch gegen Franz durch, um das Leder quer nach links zu köpfen. Während Meier die Orientierung verliert, macht Rolfes einen Schritt, trifft den Ball aus der Drehung zwar nicht richtig, aber gut genug, damit er als Aufsetzer vorbei an Nikolov zum 0:1 im linken Toreck landet (9.).

Nach wie vor kann Leverkusen fast nach Belieben kombinieren, während die Eintracht kaum aus der eigenen Hälfte kommt oder aber ihre Angriffe durch teils haarsträubende Fehlpässe selbst unterbindet. So in der 16. Spielminute, als Köhler sich einmal mehr festdribbelt und den Ball an Schwaab verliert, der sofort nach vorne sprintet. Sam drängt Köhler ab, so dass der 23-Jährige ungehindert in den Strafraum kommt, Meier ins Leere grätschen lässt, um vor Russ aus 7 Metern mit links abzuziehen. Doch der Ball trudelt nur am rechten Torpfosten vorbei.

“Wir dachten, Frankfurt spielt so rustikal und aggressiv wie die Nürnberger letzte Woche. Aber sie wollten nichts von uns in den ersten 20 Minuten“, meint Balitsch über den erschreckenden Auftritt der Eintracht überrascht. So laufen sich Altintop und Fenin warm, werden aber nicht eingewechselt, weil Skibbe seine Spieler nicht demütigen will: “Es wäre eine herausragende Strafe für einen gewesen, dabei waren doch alle schlecht.“ So bleiben sie schlecht, haben aber Glück, dass die Werkself nicht konsequent genug in die Spitze spielt. Immerhin kommt Gekas kurz darauf nach einem schlampigen Abspiel von Schwaab vor dem linken Strafraumeck an die Kugel, um sie quer auf Caio zu legen. Doch der kann sich nicht gegen Rolfes durchsetzen (22.).

Endlich spielen die Adler ein wenig mutiger und in der 26. Spielminute gibt es Freistoß nach einem Foul an Schwegler. Tzavellas tritt das Leder von der rechten Außenbahn in den Strafraum, Gekas und Russ bekommen den Ball nicht unter Kontrolle, so dass Derdiyok mit dem Kopf klären kann. Genau zu Caio am Elfmeterpunkt, dessen Schuss ins rechte Toreck Adler aber halten kann. Doch dies bleibt ein Strohfeuer, weiterhin spielen sie ängstlich und lethargisch. So verliert Schwegler den Ball gegen Renato Augusto, um ihm fast gelangweilt hinterher zu traben, während er die Kugel mit der Hacke zu Vidal spielt. Am linken Strafraumeck lässt Vidal Jung lässig stehen, um quer zur Strafraumlinie wieder auf Renato Augusto zu passen. Während Tzavellas vor ihm herumirrt, ohne einzugreifen zu können, zieht der 23-Jährige auf die rechte Seite und schießt aus 18 Metern durch die Beine von Russ aufs Tor, wo Nikolov nur mit den Fingerspitzen an den nicht sonderlich gut platzierten Schuss kommt. So steht es 0:2 nach 32 Spielminuten … und hätte bereits eine Minute später 0:3 stehen können, doch der nach einem langen Pass vom Mittelkreis völlig freistehende Castro lupft das Leder zum Glück nur auf das Tornetz.

So schleppt sich das Spiel aus Frankfurter Sicht weiter erschreckend schwach in Richtung Halbzeitpause, bis es Freistoß für Leverkusen von der rechten Seite gibt, den Sam ausführt. Der Ball fliegt vor den Fünfmeterraum, wo Hyypiä fast unbedrängt von Franz den Ball an den rechten Innenpfosten köpft, von wo er dem unentschlossen auf der Linie stehenden Nikolov in die Arme springt (42.). “Wir wollten aggressiv sein und dagegenhalten. Das hat genau zwei Minuten geklappt. Danach sind wir nur noch zurückgewichen, haben nur noch reagiert und waren mit dem 0:2 zur Pause noch gut bedient“, schimpft Trainer Skibbe, während Leverkusens Sportchef Völler meint: “Wir waren überrascht, wie passiv Frankfurt spielte. Sie spielten, als hätten sie Angst vor uns.“

So bringt Michael Skibbe Altintop und Fenin für Tzavellas sowie Caio ins Spiel, so dass Köhler nun in die Verteidigung rutscht und Fenin als zweiter Stürmer agiert. Und dies scheint tatsächlich zu fruchten, denn die Eintracht beginnt die zweite Hälfte schwungvoll und mit viel Druck nach vorne. Vor allem Altintop will es wohl seinen Kritikern zeigen, denn er ist fast an jeder Offensivaktion beteiligt. So in der 49. Spielminute, als er von der linken Seite in den Strafraum marschiert, um zu Fenin zurück zu passen. Aber Schwaab und Adler können klären. Kurz darauf gelingt Schwegler endlich ein kluger Querpass auf Jung, der mit Ochs einen schnellen Doppelpass spielt, um das Leder scharf in die Mitte zu schlagen. Wieder ist Altintop zur Stelle, trifft die Kugel bei seinem Scherenschlag aber nicht richtig, so dass der Ball vor den rechten Pfosten springt und Gekas ihn aus spitzem Winkel nicht kontrolliert köpfen kann (53.). Kurz darauf scheitert Altintop mit einem Fernschuss (54.) sowie einem Kopfball über das Tor nach der ersten Ecke für die Eintracht (57.).

Unterdessen zürnt und tobt Jupp Heynckes ob der laxen Spielweise seiner Werkself, die dies tatsächlich zu hören scheint und reagiert. Leverkusen geht wieder engagierter in die Zweikämpfe und drängt die Eintracht in die eigene Hälfte. Es gibt Ecke von der rechten Seite, die Sam hoch hinter den langen Pfosten schlenzt. Rolfes verlängert mit dem Kopf zu Vidal, dessen Schuss aus 16 Metern verunglückt und als Querschläger schlussendlich von Hyypiä ins rechte Toreck geköpft wird. Aber Nikolov ist zur Stelle und kann den Ball um den Pfosten lenken (58.). Auch bei dieser Ecke droht Gefahr, aber Jung reagiert schneller als Rolfes und kann den Ball wegschlagen. Nachdem Gekas zu einer weiteren Chance kommt (62.), reagiert Trainer Heynckes und bringt Balitsch für Sam. Leverkusen lässt die Eintracht nun kommen und macht die Räume geschickt eng, was den Frankfurtern überhaupt nicht schmeckt (67.). Vorbei ist der Schwung der letzten Minuten.

Es läuft bereits die 81. Spielminute, Altintop setzt sich in der Mitte durch und passt den Ball schön auf Ochs, der wiederum zurück auf Jung spielt, dessen Flanke hoch vor den Strafraum fliegt. Meier setzt sich im Luftkampf gegen Rolfes durch, doch Torhüter Adler kann seinen wuchtigen Kopfball aus 7 Metern mit den Fingerspitzen noch an die Latte lenken (81.). Drei Minuten später wird es dann bitter. Balitsch zieht vom linken Strafraumeck aus über einen Doppelpass mit Renato Augusto nach innen, um mit dem kurz zuvor für Derdiyok eingewechselten Kießling erneut Doppelpass zu spielen und den Ball über den sich ihm entgegen werfenden Nikolov ins Netz zu lupfen. Wie Pappfiguren sieht die Abwehr aus, bei der Köhler auch noch das Abseits aufhob. So steht es 3:0 für Leverkusen, während die enttäuschten Zuschauer in Scharen das Stadion verlassen.

Danach ist die Luft raus, das Spiel kämpft sich zu seinem traurigen Ende. Zumindest für die tief enttäuschten und ihren Frust heraus pfeifenden Fans, denn einige der Spieler schaffen es tatsächlich, kurz nach dem Schlusspfiff lächelnd und munter plauschend ihre Trikots zu tauschen. Es ist die sechste Niederlage im elften Heimspiel der schlechtesten Rückrundenmannschaft, die die wenigsten Tore aller Bundesligisten erzielt, seit fünf Spielen kein Tor mehr geschossen hat und auf Platz 12 in der Tabelle rutscht. Mit vier Punkten Vorsprung auf die Relegationsränge. Kein Grund zum Lächeln. (tr)


Stimmen zu Spiel

Michaels Skibbe: "In der ersten Halbzeit sind wir nur zurückgewichen und hinterher gelaufen. Da haben wir Bayer einfach spielen lassen. Das war mir viel zu eindeutig. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft eine tolle Reaktion gezeigt und sich fünf bis sechs Chancen herausgearbeitet. Das hatten wir uns gewünscht. Jetzt werden wir weiter daran arbeiten, dann schießen wir auch wieder Tore. Wir werden uns dagegenstemmen, weiter in den Abstiegsbereich hineinzurutschen.“

Heribert Bruchhagen: “Wir müssen einräumen, dass uns Leverkusen in allen Belangen überlegen war. Wir hatten nichts entgegenzusetzen und sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen. Wir stecken in einer Krisenphase. Davon muss man sprechen, wenn man in fünf Spielen nicht einmal gewonnen hat. Aber in der Vergangenheit hat uns immer ausgezeichnet, dass wir uns in Krisenphasen nicht nervös haben machen lassen. Die Mannschaft wird sich verbessern und die nötigen Ergebnisse erzielen.“

Benjamin Köhler: “Die ganze Rederei bringt doch nichts. Wir müssen schleunigst aus der Misere rauskommen, um nicht nach ganz unten durchgereicht zu werden. Die Rückrunde ist totale Scheiße.“

Aufsichtsratschef Wilhelm Bender: “Es wäre sicher besser gewesen, sich auf das Spiel zu konzentrieren, als in Interviewkriegen Zwietracht in die Mannschaft zu tragen. Das ist nichts, was uns voranbringt. Das belastet die Spieler.“

 

 

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