Bayer 04 Leverkusen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2009/2010 - 12. Spieltag

4:0 (3:0)

Termin: Freitag, 06.11.2009, 20:30 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Tore: 1:0 Stefan Kießling (2.), 2:0 Stefan Reinartz (6.), 3:0 Toni Kroos (11.), 4:0 Lars Bender (86.)

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Bayer 04 Leverkusen Eintracht Frankfurt

  • Fabian Giefer
  • Daniel Schwaab
  • Manuel Friedrich
  • Sami Hyypiä
  • Gonzalo Castro
  • Tranquillo Barnetta
  • Arturo Vidal
  • Stefan Reinartz
  • Toni Kroos
  • Stefan Kießling
  • Eren Derdiyok

 


 

Wechsel
  • Lars Bender für Eren Derdiyok (83.)
  • Theofanis Gekas für Tranquillo Barnetta (88.)
  • Tomasz Zdebel für Arturo Vidal (88.)
Wechsel
Trainer Trainer

Elf Minuten

Voll des Lobes ist Trainer Skibbe für den aktuellen Tabellenführer der Bundesliga: "Ich bin überhaupt nicht überrascht über den Saisonverlauf der Leverkusener. Es ist eine Mannschaft, die ich zum Großteil mit zusammengebaut habe. Sie hat nicht so viele Schwächen. Aber ich möchte meinen Jungs keine Angst machen und zu viel über die Stärken von Bayer sprechen. Wir werden uns warm anziehen.“

Mit dieser etwas eigenen Motivation stellt Michael Skibbe seine Mannschaft notgedrungen auf drei Positionen um. Für Nikolov, der die Folgen seiner Prellung aus dem Bochumspiel noch nicht überwunden hat, feiert heute Ralf Fährmann sein Debüt im Kasten der Adler. Zudem spielt Bajramovic für Ochs, der beim letzten Heimsieg einen Rippenbruch davon getragen hatte und für Chris, der erneut Rückenprobleme hat, kommt Vasoski erstmals nach seiner 6-wöchigen Verletzungspause in der Innenverteidigung zum Einsatz. Franz spielt ein weiteres Mal auf der für ihn ungewohnten Position als rechter Verteidiger. Trotz zuletzt schwacher Leistungen darf Teber erneut im Mittelfeld neben Caio spielen und im Sturm sollen Meier und Liberopoulos für Torgefahr sorgen.

Auch bei Leverkusen gibt es ein Torwartdebüt. Da Adler aufgrund einer Augenentzündung ausfällt und Ersatztorhüter Fernandez verletzt ist, steht heute der 19jährige Fabian Giefer erstmals im Tor der Profis. Ansonsten verzichtet der Herr Heynckes auf Änderungen in der Startelf und fordert seine Mannschaft zu schnellem Spiel auf: “Ich möchte gegen Frankfurt eine Bayer-04-Mannschaft sehen, wie in der ersten Halbzeit bei Schalke 04. Damit meine ich, dass wir mit derselben Leidenschaft, mit demselben Einsatz sowie derselben Motivation auftreten müssen. Die Eintracht ist eine Mannschaft, die man unter Druck setzen und bei der man das Tempo hochhalten muss.“

Gesagt, getan. Leverkusen hat Anstoß und lässt den Ball zunächst kurz in den eigenen Reihen laufen, bevor es sofort schnell wird. Derdiyok verlängert eine Flanke in den Lauf von Kießling, der jedoch im Strafraum von Franz und Vasoski gestoppt werden kann (1.). Und weiter spielt sich die Werkself das Leder nach Belieben im Mittelfeld zu. Die Adler schauen und staunen.

Die 2. Spielminute bricht an, Barnetta hat am Mittelkreis den Ball, Caio und Spycher stehen gemütlich bei ihm, als er das Leder einfach so zu Kießling im Halbfeld spielt, der sofort auf die rechte Seite in den Lauf von Derdiyok passt. Spycher läuft ihm hinterher, streckt sein Bein, um den 21jährigen am Flanken zu hindern, was jedoch gründlich misslingt. Franz und Vidal verpassen, nicht aber Reinartz, der mutterseelenallein am linken Strafraumeck an den Ball kommt und abzieht. Zum Glück ist Torhüter Fährmann schnell draußen und kann parieren, aber das Leder springt hoch in die Mitte. Teber versucht sich halbherzig im Kopfballduell mit Barnetta, der den Ball auf Kießling vorlegt. Aus 2 Metern schiebt der die Kugel ins Netz zum 1:0 für Leverkusen (2.).

Von Aufbäumen bei den Adlern keine Spur, Leverkusen lässt den Ball schnell in der Hälfte der Eintracht kreisen, die dem Treiben hilflos zuschaut. Derdiyok kommt zum Kopfball, den Torhüter Fährmann locker halten kann (3.). Weiterhin findet das Spiel ausschließlich in der Hälfte der Eintracht statt.


Teber und Franz

Dann die 6. Spielminute, ein Passversuch von Kießling wird von Caio zur Ecke gelenkt, die Barnetta von der rechten Seite ausführt. Franz klärt gerade so vor Hyypiä und Barnetta läuft erneut an. Der Ball kommt vor den kurzen Pfosten, wo Meier kräftig schläft, als Reinartz einen Schritt macht, Schwegler sich verschätzt und Spycher am kurzen Pfosten nicht einmal hoch hüpft, als der 20jährige das Leder über den Kapitän hinweg zum 2:0 ins kurze Eck köpft. Auch Torhüter Fährmann reagiert bei der Aktion zu spät, befindet sich aber in guter Gesellschaft mit den erfahrenen Abwehrkollegen.

Es bleibt dabei, ohne Gegenwehr kann Leverkusen nach Herzenslust kombinieren, die Adler versuchen erst gar nicht, eigene Konter zu starten. Doch dazu müssten sie erst mal an das Leder kommen und den Ball zu einem Mitspieler passen. So verliert Caio am Mittelkreis das Leder an Schwaab, verzichtet auf ein Nachsetzen und Kießling kann auf der rechten Außenbahn mit dem Ball nach vorne sprinten. Mit zwei kurzen Haken in die Mitte versetzt er erst Russ und dann Schwegler, bevor er zu Derdiyok in der Mitte spielt. Franz kommt gerade noch vor ihm an den Ball, der rollt jedoch zurück zu Kroos, der unbedrängt aus knapp 20 Metern abzieht und den Ball unhaltbar für Torhüter Fährmann im rechten Torwinkel versenkt. Das 3:0 nach 11 Minuten!

Die Werkself lässt das Spiel nun wesentlich lockerer angehen, so dass auch die Adler ein klein wenig ihre Kombinationen üben können. Gefährlich ist dies natürlich nicht, so dass Vidal im eigenen Strafraum einfach mal das Leder für Liberopoulos auflegt. Doch Friedrich kann den Schuss problemlos abblocken (19.). Kurz darauf wagt auch Meier mal ein Schüsschen, um Torhüter Giefer ein klein wenig in Bewegung zu bringen (20.). Mehr wird er zunächst nicht zu tun bekommen.

Denn nur Leverkusen spielt. Spycher klärt einen Kopfball von Hyypiä nach Ecke von Barnetta auf der Linie, Trainer Skibbe bringt Korkmaz für Caio (22.), ein Frankfurter Fan kommt irgendwie in den Innenraum, wird aber nach kurzem Sprint aufgehalten und im Gästeblock werden ein paar bengalische Feuer gezündet. Es raucht ein bisschen, jedoch nicht auf dem Platz. Die Eintracht dümpelt weiter herum, bis Schiedsrichter Zwayer endlich zur Pause pfeift.

"Ich kann nur mutmaßen, dass die Umstellungen nicht so gelungen sind. Wir waren völlig ungeordnet in der Abwehr und sind hier in 20 Minuten abgeschossen worden. Das ist ein bitterer Abend für uns", sagt Heribert Bruchhagen in der Pause konsterniert.

Zur zweiten Halbzeit wird es nicht besser. Leverkusen lässt den Ball locker durch die eigenen Reihen laufen. Die Adler schauen dem Treiben zumeist ratlos zu. Derdiyok kommt in der Anfangsphase zu zwei Chancen (47. / 51.) und die Adler ein paarmal über den Mittelkreis. Dann doch einmal eine Torgelegenheit für die Eintracht, die erneut von Leverkusens Rechtsverteidiger eingeleitet wird. Vidal spielt den Ball zurück zu Torhüter Giefer, der das Leder direkt zu Liberopoulos an der Strafraumgrenze spielt. Der jedoch ist überrascht, einmal den Ball zu bekommen, legt ihn sich zu weit vor, um beim Grätschversuch nur den sich ihm entgegenstürzenden Torhüter Giefer mit dem Fuß zu treffen (59.).

Immerhin, Liberopoulos hat eine Zweikampfquote von 14 Prozent, bei Teber sind es 15 Prozent und der Gesamtschnitt bei den gewonnenen Zweikämpfen liegt bei den Adlern bei 38 Prozent. Indiskutabel. Und so geht es weiter, bis zur 86. Spielminute. Korkmaz verliert am Mittelkreis den Ball, über zwei schnelle Pässe kommt der Ball zu Reinartz, der auf der rechten Außenbahn ein paar Schritte läuft und dann den Ball flach vor den Strafraum passt. Bender sprintet heran, um von Franz verfolgt Torhüter Fährmann am linken Fünfmetereck zu überlaufen und die Kugel aus spitzem Winkel ins Tor zu schieben. Zum 4:0 für Leverkusen (86.), dem Endstand. (tr)

Stimmen zum Spiel

Michael Skibbe nach dem Schlusspfiff: “Wir sind in den ersten 15 Minuten überrollt worden. Abgesehen von Pirmin Schwegler, der auf diesem Niveau mitspielen kann, habe ich zu wenig gesehen, dass für dieses Spiel ausreichend Substanz da war. Wir müssen uns bei Eintracht Frankfurt in den nächsten ein- bis eineinhalb Jahren völlig anders aufstellen, um in der Bundesliga konkurrenzfähig zu bleiben. Bayer hatte eine ganz exzellente Spielstärke, dagegen waren wir schlicht zu durchschnittlich. Caio habe ich rausgenommen, weil er zu schlecht war und ich einen Spieler bringen wollte, der den Ball besser halten kann.“

Maik Franz: “Es kann nicht sein, dass wir gegen Mannschaften, die über uns stehen, immer einen auf den Sack kriegen. Da müssen wir uns alle hinterfragen.“

Heribert Bruchhagen: “Das war schon heftig. Wir waren von der ersten Minute an ungeordnet. Erstaunlich, dass wir so viele Leute hinten hatten, aber keine Kompaktheit.“

Die Pressekonferenz nach dem Spiel und Reaktionen

Michael Skibbe: "Wenn das mit der Eintracht so weitergeht und wenn wir nicht endlich einen Hebel ansetzen und Vollgas geben, dann werden wir in der Liga durchgereicht bis ganz unten - zwar nicht in dieser Saison, aber wir werden schwächer und schwächer und schwächer. Der ganze Verein ist jetzt aufgerufen, die Ärmel aufzukrempeln und die Sachen besser zu machen. Jeder muss volle Pulle Vollgas geben. Wichtig ist, dass wir Konkurrenzfähigkeit anstreben. Ich fasse mir da auch an die eigene Nase, nehme aber auch jede Nase mit, die mir auf dem Weg hilft, uns zu verbessern. Eintracht Frankfurt muss sich verändern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu müssen wir uns in allen, ich wiederhole, in allen Bereichen verbessern. Meine Mannschaft ist leider viel zu durchschnittlich besetzt."

Michael Skibbe über die Transferpolitik: “Transfers, die wenig kosten, aber viel bringen, sind möglich. Doch dafür muss Manpower da sein. Man muss solche Spieler kennen, sichten, pflegen, scouten. Wir wissen, dass wir Dinge aufzuholen haben. Wir müssen bei unseren Spielern auf ein besseres Niveau kommen. Der Club muss endlich aufwachen, muss endlich die Zeichen der Zeit erkennen, muss moderner und offener werden.“

Heribert Bruchhagens Reaktion: "Diese Aussagen von Michael sind seiner maßlosen Enttäuschung nach dem Spiel geschuldet. Wir arbeiten doch seit sechs Jahren beharrlich an dem gleichen Ziel: die Eintracht besser zu machen. Und wir sind im Vorstand selbstbewusst genug zu wissen, dass wir das schon richtig machen. Wir müssen uns dafür nicht rechtfertigen. Ich werde mich an dem Ping-Pong-Spiel nicht beteiligen."

Einen Tag später erzählt der Vorstandsvorsitzende, dass er sich in der vergangenen Woche zweimal mit Vorstandsberater Hölzenbein, Finanzchef Pröckl, Trainer Skibbe sowie dessen Assistent Boekamp zu strategischen Gesprächen getroffen hat: “Nichts deutete da auf die Aussagen hin. Da hat er nicht so argumentiert, ich muss mal nachfragen, was genau er meint. Ich gehe davon aus, dass vieles dem Spiel geschuldet ist.“

Zur Kritik am Scoutingsystem und der Forderung nach einem neuen Stürmer als Ersatz für den verletzten Amanatidis sagt Bruchhagen lapidar: "Die Spieler, die gehandelt werden, kennt doch jeder Journalist. Die müssen nicht gescoutet werden. Ich bin froh, so einen profunden Mann wie Bernd Hölzenbein an meiner Seite zu haben, was Sachkenntnis, Seriosität und Loyalität angeht. Ich bin nicht erfreut darüber, dass einer, der mir seit fünf Jahren zur Seite steht, wegen unbedachter Äußerungen plötzlich in den Fokus gerät."

Zum Glück gibt es tags darauf ein weiteres Gespräch zwischen Michael Skibbe und Heribert Bruchhagen, zu dessen Ergebnissen Stillschweigen vereinbart wird. Eine Fortsetzung der öffentlichen Debatte folgt hoffentlich nicht.


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