Eintracht Frankfurt - Hertha BSC Berlin

Bundesliga 1998/1999 - 22. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: So 14.03.1999 18:00
Zuschauer: 26.000
Schiedsrichter: Jürgen Aust (Köln)
Tore: 0:1 Eyjölfur Sverrisson (59.), 1:1 Chen Yang (73.)

 

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Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin

 

     

  • Gabor Király
  • Eyjölfur Sverrisson
  • Dariusz Wosz
  • Michael Preetz
  • Dick van Burik
  • Sixten Veit
  • Andreas Thom
  • Piotr Reiss
  • René Tretschok
  • Ilija Aracic
  • Andreas Neuendorf

 

Wechsel

Wechsel

  • Michael Hartmann für Ilija Aracic (46.)
  • Pal Dardai für Sixten Veit (57.)
  • Rob Maas für Andreas Thom (75.)

Trainer

Trainer

  • Jürgen Röber

 

Mit alter Taktik an Profil gewonnen

"Das ist Unsinn, ein Kalauer. Ein guter oder ein schlechter, ganz wie sie wollen", brummelt Manager Rohr nur kurz angebunden vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC, während Reinhold Fanz die Schultern zuckt: "Das belastet mich nicht, hier überrascht mich nichts. Ich war doch schon vor dem ersten Spiel in Frage gestellt. Dabei war allen klar, dass die Mannschaft bis zum letzten Tag um den Klassenerhalt kämpfen muss.“ Grund für die jüngsten Brummeleien ist die Titel-Geschichte im Kicker-Sportmagazin, das erfahren haben will, dass Jörg Berger - der die Eintracht bereits 1989 bis April 1991 trainierte – als Trainer engagiert werde, wenn die Frankfurter ihr Heimspiel gegen den aktuellen Tabellensechsten aus Berlin verlieren. Zudem bringt sich der Oberhausener Trainer Aleksandar Ristic in einem Interview mit dem Radiosender “FFH“ ungefragt selbst ins Gespräch, was nicht nur in Frankfurt für heftiges Kopfschütteln sorgt.


Titelzeile des “kicker“

Ein Dreier gegen die Hertha ist dennoch nach drei sieglosen Spielen Pflicht aber dafür tut eine Änderung im Spielsystem not, monieren sie innerhalb der Mannschaft: “Wir können nicht ändern, was der Trainer für richtig hält, Fanz hält schließlich den Kopf dafür hin. Es liegt natürlich auch an uns, wir verlieren zu viele Bälle, spielen ohne Selbstvertrauen, sind gehemmt. Uns fehlt ein Erfolgserlebnis“, meint Bernd Schneider, während Alexander Schur wie gewohnt mit geballter Faust appelliert: "Schonfristen gibt es nicht mehr. Wir werden von der ersten Minute an Gas geben. So etwas wie gegen Gladbach und in Stuttgart können wir den Fans nicht mehr anbieten. Das ist wie schlechtes Essen in einem Restaurant. Da geht irgendwann dann keiner mehr hin.“ Immerhin zeigt sich der Trainer ob der anhaltenden Kritik lernbereit, gewährt einen Ruhetag und wirft nach intensiven Gesprächen mit der Mannschaft seine taktischen Pärchen-Spielereien über den Haufen, auch wenn dies öffentlich natürlich heftig dementiert wird. “Sein System hat eben nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hatte“, traut sich daher Bernd Schneider erst nach dem Spiel in Nürnberg öffentlich zu sagen, bei dem auch Alexander Schur erklärt: "Wir müssen weiter mit der Ehrmantraut-Taktik spielen. Da bin ich mir sicher, dass wir die Klasse halten."

Zurück zum Sonntags-Heimspiel, bei dem Fjørtoft und Yang als echte Doppelspitze vor Brinkmann, Sobotzik und Schneider im offensiven Mittelfeld agieren werden. Dafür müssen Bounoua und Amstätter wieder auf die Bank, Schur spielt in der Abwehr und Janßen rutscht aus dem Mittelfeld für den grippegeschwächten Houbtchev auf die Liberoposition.


Das meint der G-Block

Trotz zuletzt nur zwei magerer Unentschieden träumen Manager Dieter Hoeneß und der Trainer des Tabellensechsten weiter von internationalen Plätzen, doch offiziell wird Jürgen Röber nicht müde, zu warnen, zumal in der Fremde bereits sechs Niederlagen auf dem Hertha-Konto stehen: "Die nächsten fünf Spiele sind für die Saison entscheidend. Da müssen wir konzentriert und mit vollem Einsatz reingehen, denn wir treffen jetzt auf Klubs, bei denen es um die Existenz geht.“ Im Waldstadion setzt er dafür auf totale Offensive und bringt neben Michael Preetz, Ilja Aracic und Piotr Reiss als Sturmspitzen, die im Mittelfeld von Tretschok sowie Wosz unterstützt werden sollen. “Ich will von vornherein großen Druck auf die Frankfurter ausüben“, erklärt er seine Aufstellung, in der van Burik und Reich die gelbgesperrten Herzog und Hartmann ersetzen.

Doch Druck übt zunächst nur die Eintracht aus, die kaum wieder zu erkennen ist nach den letzten schnöden Auftritten. Couragiert spielen sie nach vorne, werden aber leider nur fast belohnt. Knapp zwei Minuten sind gespielt, als Schneider einen Freistoß in den Strafraum schlenzt und Fjørtoft sich im Kopfballduell zwar gegen van Burik durchsetzt, aber den Kasten von Torhüter Kiraly um Zentimeter verfehlt. Der Einsatz stimmt, Hertha kann kaum Druck ausüben, bleibt aber gefährlich, sobald sich doch wieder ein Stockfehler einschleicht. Gut, dass die Abwehr hellwach ist und Bindewald nach einem Konter in letzter Sekunde vor dem einschussbereiten Reiss retten kann. Ansonsten hat die Defensive um den gut dirigierenden Janßen die drei Berliner Stürmer fest im Griff.

"Ich hatte gesagt, dass wir in der ersten halben Stunden bis zum Umfallen kämpfen müssen. Dann kann man sehen, wie sich unser Spiel entwickelt. Die meisten Bundesliga-Mannschaften scheuen die kämpferische Komponente", erklärt Alexander Schur, der ebenso wie seine Nebenleute kaum einen Zweikampf verliert. Tatsächlich schmeckt dies den Gästen überhaupt nicht, im Mittelfeld spielen sie hektisch und über die Flügel geht kaum etwas, während die Frankfurter von Minute zu Minute selbstbewusster auftreten und Torhüter Kiraly in den Blickpunkt rückt, während Nikolov nur bei einem Distanzschuss von Veit zucken muss. Unglaublich aber wahr, sieben Ecken erspielt sich die Eintracht in der ersten Halbzeit, aber es fehlt weiter das Tor. Dabei fehlen nur Millimeter, als Yang das Leder nach einem Eckball an die Latte köpft (34.). Schade, doch auch die Hertha macht es bei ihrem besten Spielzug nicht besser. Denn nach einer herrlichen Flanke von Wosz in die Schnittstelle der Abwehr stehen sich Preetz und Thom bei der Ballannahme gegenseitig im Weg, so dass Nikolov sich die Kugel schnappen kann.

Während Reinhold Fanz ebenso wie die Zuschauer mit dem Auftritt ihrer Mannschaft zufrieden sind, schimpft Herthas Trainer in der Pause wie ein Rohrspatz: "Wir haben in den ersten 45 Minuten das Spiel nicht kontrolliert. Wir haben so gute Fußballer, die müssen mal den Ball ruhig spielen können." Als Reaktion nimmt er Aracic für Hartmann raus und kehrt zur gewohnten Taktik mit zwei Spitzen zurück. Doch auch die zweite Halbzeit beherrscht zunächst die Eintracht, auch wenn das Abschlusspech ihnen hold bleibt. Kurz hintereinander scheitern erst Sobotzik und dann Yang an Gästekeeper Kiraly. Nachdem Dardai bei den Gästen für den verletzten Veit kommt, versuchen die sich auch einmal mit einem Angriff, der allerdings zur Ecke geklärt wird. Während sich die Gastgeber noch ordnen, führt Thom die Ecke kurz auf Wosz aus, der den Ball haargenau auf den freistehenden Sverrisson zirkelt. Der 30-jährige Isländer steigt hoch und köpft die Kugel zur unverdienten Führung für die Gäste ins linke Toreck (59.).

Das darf nicht wahr sein, doch die Eintracht berappelt sich schnell und verstärkt den Druck, während die Hertha sich weit zurück zieht und auf Konter lauert, was kaum fünf Minuten nach der Führung fast Erfolg hat. Reiss kann nach einem öffnenden Pass in der Mitte durchbrechen, doch Nikolov reagiert glänzend und pariert den Schuss. Reinhold Fanz reagiert und bringt Westerthaler für Kaymak, was tatsächlich belohnt wird. Denn nach einem missratenen Querpass von Dardai schnappt sich Westerthaler die Kugel und startet. Er sieht, dass Yang mitläuft und flankt das Runde passgenau auf den Chinesen, der es zum 1:1 in die Maschen köpft (73.).

Nun entwickelt sich ein offener Schlagabtausch, es ist ein richtig gutes Spiel. Fjørtoft und Schneider auf der einen und Preetz sowie Wosz auf der anderen Seite kommen noch zu weiteren guten Chancen. Spannung für die Zuschauer, die zwischen Torschrei und Verzweiflung schwanken, was dem klasse spielenden Libero Janßen ein Dorn im Auge ist: “Aus meiner Sicht haben wir in der letzten Viertelstunde viel zu blauäugig den Angriff gesucht. Das hätte auch schief gehen können." Doch am Ende bleibt es beim Unentschieden, für das es diesmal keine Pfiffe sondern lang anhaltenden Applaus für die Spieler gibt. Es keimt wieder Hoffnung auf, zumal die Eintracht an den punktgleichen Nürnbergern vorbei zieht und wieder auf Rang 15 steht.


Stimmen zum Spiel

Reinhold Fanz: " Letztendlich müssen wir mit dem 1:1 zufrieden sein. Wir hatten uns vorgenommen, richtig dagegenzuhalten und das haben wir auch gemacht. Ich bin mit der Mannschaft sehr zufrieden."

Präsident Rolf Heller: “Ich bin wahnsinnig zufrieden. Die Mannschaft hat sensationell gekämpft. Wenn wir so weiterspielen, schaffen wir es. Das Team hat Biss gezeigt, im Abschluss hat nur das letzte Quäntchen Glück gefehlt. Aber Hauptsache, die Mannschaft ist wieder da."

Manager Gernot Rohr: "Beim 1:0-Sieg gegen die Bayern waren die spielerischen Akzente nicht so ausgeprägt, wurde eine Chance reingemacht, während gegen Hertha sieben oder acht Chancen erarbeitet wurden. Noch nie war das Team so offensiv auf- und eingestellt. So langsam greifen die Methoden von Fanz. Auch ein Magath hat in Bremen vier, fünf Spiele bis zum ersten Sieg gebraucht. Unter Ehrmantraut gab es in den ersten fünf Spielen zwei Punkte, jetzt sind es drei. Fanz ist ein hervorragender Trainer, und die Mannschaft hat bewiesen, dass sie seine Ideen umsetzen kann. Zudem haben wir heute das Publikum zurückgewonnen."

Präsident Rolf Heller zu den Gerüchten um eine Trainer-Ablösung: “Ich habe mich mit Reinhold Fanz unterhalten. Mit der mutigen Entscheidung Janßen als Libero aufzustellen hat er Profil bewiesen. Selbst wenn wir gegen Berlin verloren hätten, wäre er Trainer geblieben. Das habe ich der Mannschaft auch vor dem Spiel gesagt."

Jan-Aage Fjørtoft: "Wir haben zwei Punkte liegenlassen. Aber fern von jeglichem Enthusiasmus bin ich davon überzeugt, dass wir nun die beste Spieler- und Taktik-Mischung gefunden haben."


Die Eintracht will einen Stadion-Neubau

Noch träumen und planen sie bei der Eintracht. Anstelle der von den Stadtpolitikern favorisierten Umbaus des Waldstadions in ein reines Fußball-Stadion wollen Präsidium und Verwaltungsrat der Stadt ein Konzept vorlegen, nach dem auf dem Gelände der ehemaligen Radrennbahn ein neues Stadion “mit viel Komfort und Service" für rund 50.000 Zuschauer entsteht, dass die Eintracht eigenständig betreiben könnte, wie Vizepräsident Dr. Lämmerhirth und Verwaltungsratschef Bernd Ehinger betonen. Angeblich gibt es sogar schon erste Verhandlungen mit der Bertelsmann-Tochter Ufa Sports, die bereits beim HSV und bei der Hertha Millionen investiert hat.

Nach Schätzungen des Vizepräsidenten würde ein Neubau rund 145 Millionen Mark kosten, also nur 20 Millionen Mark mehr als die von der Stadt favorisierte Modernisierung des Waldstadions. Doch nicht nur im Bauausschuss ist die Skepsis über die jüngsten Träume groß: “Da scheint mir zu viel Wunschdenken dabei zu sein. Der Betrag, der genannt wurde, ist eine willkürliche Schätzung", meint ein Mitglied nur achselzuckend, während Sportdezernentin Sylvia Schenk anmerkt: “Nur ein mit der Stadt abgestimmtes, von Betreibergesellschaft und Hauptnutzer beiderseitig getragenes Gesamtkonzept hat hinreichende Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg und dauerhafte Stabilität. Ohne uns kann die Eintracht gar nichts." Es passiert auch nichts, außer Streitereien zwischen Stadt-Politikern und den Verantwortlichen bei der Eintracht… (tr)

 

 

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