Eintracht Frankfurt - Werder Bremen

Bundesliga 1998/1999 - 14. Spieltag

0:2 (0:0)

Termin: Fr 20.11.1998 20:00
Zuschauer: 27.500
Schiedsrichter: Edgar Steinborn (Sinzig)
Tore: 0:1 Andreas Herzog (47.), 0:2 Rade Bogdanovic (72.)

 

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Eintracht Frankfurt Werder Bremen

 

     

  • Frank Rost
  • Dieter Eilts
  • Jens Todt
  • Bernhard Trares
  • Raphael Wicky
  • Rade Bogdanovic
  • Sven Benken
  • Havard Flo
  • Andree Wiedener
  • Andreas Herzog
  • Victor Skripnik

 

Wechsel

Wechsel

  • Lodewijk Roembiak für Dieter Eilts (46.)
  • Torsten Frings für Havard Flo (46.)
  • Dirk Flock für Andreas Herzog (80.)

Trainer

Trainer

 

 

Eine Niederlage, die den Schwelbrand entzündet …

Vorbei ist die so erfolgreiche englische Woche mit sieben Punkten. Endlich kann der Akku ein wenig aufgeladen werden, während die Offiziellen weiter auf der Suche nach einem geeigneten Stürmer sind, der den bis zur Winterpause nicht mehr zur Verfügung stehenden Chen Yang ersetzt. Fündig geworden zu sein scheint Gernot Rohr mit dem Ex-Gütersloher Stürmer Angelo Vier, der zurzeit bei Rapid Wien spielt und gerne in die Bundesliga wechseln würde. Auch Horst Ehrmantraut ist von dem 26-Jährigen angetan, doch ausgerechnet Präsident Heller verkündet vor dem Spiel gegen Werder Bremen, dass “eine Verpflichtung kein Thema mehr ist“, weil Vier “nicht bundesligatauglich“ sei. Grummelnd nimmt dies der Trainer zur Kenntnis und warnt davor, die seit sieben Spielen in der Bundesliga sieglosen Bremer auf die leichte Schulter zu nehmen: "Das wird ein Krimi. In dem Spiel entscheidet sich, in welche Richtung wir künftig marschieren: Stabilisieren wir uns oder kämpfen wir weiter gegen den Abstieg." Ohne Yang, der bereits mit der chinesischen Olympiamannschaft zur Vorbereitung auf die Asienspiele in Bangkok weilt, vertraut er weitgehend dem Team, das sich zuletzt in Hamburg so kämpferisch präsentiert hat. Somit agiert Epp als einzige Spitze vor den beiden Offensiven Sobotzik und Schneider. In der Abwehr wird statt Uwe Schneider wieder Kutschera auflaufen und Schur erhält als Zusatzaufgabe Bremens Spielmacher Herzog zugewiesen.

Während die Offiziellen in Frankfurt eitel Sonnenschein mimen, stürmt es beim Tabellensechzehnten an der Weser. Richtig laut und ätzend ist er geworden, der neue Bremer Trainer Felix Magath, der vor vier Spieltagen Wolfgang Sidka ablöste und bislang noch keinen Sieg einfahren konnte. Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Kaiserslautern platzt ihm endgültig der Kragen, es gab Sonderschichten mit der Rute und die Ankündigung, die Mannschaft in Frankfurt ordentlich durcheinander zu wirbeln. Viel Respekt vor der Eintracht scheint Magath jedenfalls nicht zu haben: "Ich rechne nicht mit einer allzu offensiven Frankfurter Elf und glaube nicht, dass wir in der Defensive vor große Probleme gestellt werden." Gleich fünf Neue stehen in der Startelf, Frank Rost löst überraschend Brasas im Tor ab und Wicky rutscht als Libero hinter die Abwehr, so dass Trares - der 1983 mit der Eintracht deutscher A-Jugendmeister wurde - auf die rechte Außenbahn ausweichen muss. Nur die Bank ist hingegen für Ailton und Roembiak reserviert, denn vor Herzog im zentralen Mittelfeld sollen Bogdanovic und Floh für Torgefahr sorgen.

Frostige Temperaturen herrschen an diesem Freitagabend im Waldstadion und die Eintracht kann die Zuschauer in der Anfangsphase nicht eben erwärmen. Zwar übernehmen sie gegen die unglaublich nervös agierenden Bremer schnell die Kontrolle, doch irgendwie fehlen der unbedingte Wille und die nötige Konzentration. Das beweist Sobotzik eindrucksvoll, als er sich zwar im Zusammenspiel mit Epp leicht in den Bremer Strafraum arbeiten kann, dann aber den Ball frei vor Torhüter Rost verstolpert, so dass die Situation geklärt wird (6.).

Die Gastgeber bleiben zwar auch in der Folge überlegen, aber zu oft geht es durch die Mitte, wo Schneider und Sobotzik längst nicht so gut wie noch in der Vorwoche harmonieren. Oder sie versuchen es über die rechte Seite, wo Brinkmanns Pässe regelmäßig beim Gegner landen. Dennoch kommen die Frankfurter zu weiteren Chancen, weil Bremen nicht konsequent nachsetzt. So geht ein Kopfball von Pedersen nur knapp am Pfosten vorbei (20.) und Rost muss sein ganzes Können aufbieten, um einen geschnippelten Freistoß von Weber um den Pfosten zu lenken (34.). Aber das war es auch schon an guten Szenen in der Offensive, was den Kapitän sichtlich auf die Palme bringt, zumal er auf der linken Seite kaum Pässe bekommt: “An der Auslinie zu verhungern, das macht keinen Spaß. Außerdem stand Todt kurz vor Gelbrot. Beim nächsten Foul gegen mich wäre er runter gegangen, aber ich bekomme ja keinen Ball." Da dies auch für die Bremer Sturmspitzen gilt, geht es mit dem insgesamt enttäuschenden 0:0 in die Pause.

Zumindest in der Bremer Kabine gibt es wohl das inzwischen übliche Donnerwetter. Felix Magath bringt Roembiak für Eilts, der die rechte Außenbahn beackern soll und Frings für den unauffälligen Flo im Sturm. Mit Erfolg, so scheint es, denn mit dem Wiederanpfiff stürmen sie einfach einmal über Libero Wicky nach vorne, der zu Herzog passt. Diesmal ist Schur nicht nah genug am Spielmacher, so dass der nach einem kurzen Haken von der Strafraumgrenze aus abzieht und das Leder einfach zum 1:0 im rechten Toreck versenkt. Es ist die erste Führung seit dem 19. September für Werder und eine heftig kalte Dusche für die Eintracht in der 47. Minute.


Skripnik im Zweikampf mit Pedersen

Der Treffer scheint die Gäste zu beflügeln, plötzlich übernehmen sie das Geschehen auf dem Platz, während die Frankfurter immer häufiger einen Schritt zu spät kommen. Trotzdem haben sie jetzt die große Chance zum Ausgleich, als ein Angriff am Mittelkreis abgefangen werden kann und Sobotzik zusammen mit Houbtchev nach vorne sprintet. Sobotzik spielt den Libero prima frei, doch auf seinem Weg in den Strafraum zaudert Houbtchev so lange mit dem Abschluss, dass die Situation bereinigt wird (55.). So ein Ärger, Horst Ehrmantraut reagiert fünf Minuten später und nimmt die schwachen Epp und Brinkmann aus der Partie, um ebenfalls umzustellen. Sobotzik rutscht in den Sturm, Weber ins Mittelfeld und Gebhardt sowie Pisont besetzen nun die Außenbahnen. Doch so recht kommen sie nicht durch, zumal André Wiedener Bernd Schneider höchst effektiv bewacht und dem Rest die Übersicht fehlt, um Angriffe ohne Sturm einzuleiten. “Nur Ehrmantraut schafft es, so falsch aufzustellen“, wird im berüchtigten Block 8 neben Manager Rohr gegrantelt und auch Vizepräsident Dr. Lämmerhirth doziert über die “falsche Taktik“, weiß die Sport-Bild neunmalklug zu berichten.

Dafür hat Roembiak auf der rechten Außenbahn jetzt den nötigen Raum, den er bei einem Konter zu nutzen versteht. Er sprintet fast bis zur Torauslinie, um das Leder in die Mitte zu flanken, wo der mitlaufende Bogdanovic keine Probleme hat, es an Nikolov vorbei zur 2:0-Führung ins Netz zu schieben (72.). “Mit Rade haben wir einen Supergriff getan. Einen Stürmer mit so viel Spielverständnis und Durchschlagskraft kann sich jeder Spielmacher nur wünschen“, freut sich Andreas Herzog. Den hätte auch Horst Ehrmantraut sicher gerne im Kader, doch stattdessen hat er weder den verletzten Westerthaler noch Yang zur Verfügung, so dass es jetzt der 18-jährige Henry Nwosu versuchen soll, der unmittelbar nach dem zweiten Treffer für Kutschera kommt.

Doch er ist gegen die jetzt souverän aufspielenden Bremer ebenso überfordert wie einige seiner erfahrenen Kollegen, stellt der Kapitän nach dem Spiel wütend fest: "Das hat man schon die ganze Woche gemerkt, dass es bei einigen zu locker zuging. Einigen sind die Erfolge wohl zu Kopfe gestiegen." In das gleiche Horn stößt der Trainer: "Nur mit 100 Prozent können wir in der Bundesliga bestehen. Das kann nicht jedes Mal gelingen." Heute jedenfalls nicht, denn am Ende stehen sie nach vier Spielen ohne Niederlage mit leeren Händen da, bleiben aber in der Tabelle auf Rang 11. Doch der Vorsprung auf den Tabellensechzehnten aus Bremen beträgt nur noch drei Zähler.


Horst Ehrmantraut platzt der Kragen, das Präsidium eiert und mahnt …

In der Pressekonferenz nach dem Spiel holt Horst Ehrmantraut aus. Wütend ist er auf die mangelnde Unterstützung aus dem Präsidium und die Ankündigung, erst in der Winterpause über eine Vertragsverlängerung zu reden. "Es müsste doch möglich sein, die Leistung eines Trainers nach fast zwei Jahren einschätzen zu können und nicht von einigen Spielen abhängig zu machen", klagt der Trainer. Außerdem erfahre er von Kritik nur hintenherum: "Es gibt wohl Teile des Präsidiums, die nicht hinter mir stehen. Aber wenn jemand im Präsidium eine andere Vorstellung hat, dann soll er mir das offen sagen." Wenn aber solche Dinge in die Öffentlichkeit getragen würden, sei dies "der Tod eines jeden Vereins".

Im Präsidium herrscht unterdessen betretenes Schweigen, zumal sich Rolf Heller bereits verabschiedet hat, um bis zum 6. Dezember auf Asien-Reise zu weilen. So wird am Montag nach einer gemeinsamen Sitzung ohne den Präsidenten eilig eine “wachsweiche Pressemitteilung“ (FAZ) veröffentlicht: “Das Präsidium von Eintracht Frankfurt bedauert es sehr, dass Trainer Horst Ehrmantraut am vergangenen Wochenende über die Medien auf Vertragsverhandlungen vor der Winterpause gedrängt hat. Bereits im Februar wurde zwischen den Beteiligten verabredet, Gespräche über die zukünftige Zusammenarbeit vor Weihnachten zu führen (…) Es werden zu diesem Thema in den nächsten Tagen keine weiteren Stellungnahmen von Präsidiumsmitgliedern erfolgen.“

Gleichzeitig wird aus “interessierten Kreisen“ in die Presse lanciert, dass Tennis Borussia Berlin Interesse an der Verpflichtung von Horst Ehrmantraut habe, wie der technische Direktor Gernot Rohr salbungsvoll bestätigt und dem Trainer mit gespaltener Zunge freistellt, sofort aus seinem Vertrag auszusteigen: “Uns liegen Insider-Informationen vor, dass es dieses Angebot gibt. Wenn er seine Zukunft woanders sieht, werden wir ihm keine Steine in den Weg legen und innerhalb von wenigen Stunden entscheiden." Ein mögliches Interesse weist TeBe-Manager Schindelmeiser allerdings ebenso wie Gespräche mit Ehrmantraut vehement zurück und auch der Trainer weist Verhandlungen von weit sich, um als "Reaktion auf die Aktionen von Gernot Rohr" nachzulegen: “Ich kann nicht nachvollziehen, dass sich ein Gernot Rohr vor etwa drei Wochen vor die Medien stellt und sagt, in der Winterpause entscheide sich, ob der Trainer bleibt oder nicht. Das hörte sich ja so an, dass der Verein entscheidet, dass ich im Winter direkt beurlaubt werde. Der Gernot Rohr ist hier seit sechs Wochen. Er weiß gar nicht, was hier in zwei Jahren harter Arbeit entstanden ist."

Peinlich genug, aber der technische Direktor legt nach, obwohl sich das Präsidium doch Schweigen verordnet hatte: “Ehrmantraut ist im Verein umstritten, diese Situation habe ich bei meiner Arbeitsaufnahme hier vorgefunden. Mich hat überrascht, wir sehr er umstritten ist. Es sind Leute im Mitarbeiterstab frustriert. Das hat niemand erfunden, das ist ein Fakt. Besonders mit Dr. Lämmerhirdt ist das Verhältnis total vergiftet.“ Wie passend, dass der Vizepräsident sofort dementiert: “Wo der Krampf herkommt, weiß ich auch nicht.“ Fast zeitgleich lässt sich auch Schatzmeister Patella vom Radiosender FFH eine Aussage entlocken: "Viele im Präsidium können sich vorstellen, dass im Falle einer Trennung vom Trainer Gernot Rohr das Training übernimmt." Darüber können nicht nur viele Fans den Kopf schütteln, auch Alexander Schur hat zu dem elenden Krampf eine eindeutige Meinung: "Wenn die Eintracht diesen Trainer gehen lässt, macht sie einen genauso großen Fehler wie beim Rauswurf von Yeboah und Gaudino." (Fortsetzung folgt…) (tr)


Frankfurter Neue Presse vom 24. November 1998
(Auszüge aus dem Kommentar von Klaus Veit):

“Horst Ehrmantraut war d e r Glücksfall schlechthin für Eintracht Frankfurt. Das hat aber das Präsidium mehrheitlich nicht begriffen. Statt ihm einen sachkompetenten Manager an die Hand zu geben, holten sie Gernot Rohr, der sich schnell als machtkompetenter Gegenspieler darstellte. Als er, kaum am Riederwald (…) sich intern distanziert über Ehrmantraut äußerte, da bekamen die zuvor schweigenden Heckenschützen neuen Aufwind. So schossen sie aus der ersten (Lämmerhirdt, Rohr, Patella) und der zweiten Reihe (Talentsucher wie Otto Müller und Istvan Sztani). Sachliche Argumente gab es dabei kaum. Es galt meist, persönliche Mütchen zu kühlen (…).

Wenigstens war der Sachverstand groß genug, dass die Forderung von Ehrmantraut, frühzeitig ehrliche Gespräche über eine Vertragsverlängerung zu führen, nicht für die sofortige Entlassung missbraucht wurde. Porzellan wurde genug zerschlagen - hauptsächlich von Präsidiumsseite. Schade, dass Rolf Heller derzeit in Thailand weilt. Dem Präsidenten - zusammen mit Verwaltungsratssprecher Bernd Ehinger - wäre es am ehesten zuzutrauen, die Scherben wieder zu einem haltbaren Ganzen zusammenzufügen (…). Dass Sachlichkeit endlich Eitelkeiten verdrängt.“

 

 

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