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Eintracht Frankfurt - Werder Bremen |
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Bundesliga 1998/1999 - 14. Spieltag
0:2 (0:0)
Termin: Fr 20.11.1998 20:00
Zuschauer: 27.500
Schiedsrichter: Edgar Steinborn (Sinzig)
Tore: 0:1 Andreas Herzog (47.), 0:2 Rade Bogdanovic (72.)
Eintracht Frankfurt | Werder Bremen |
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Eine Niederlage, die den Schwelbrand entzündet … Während die Offiziellen in Frankfurt eitel Sonnenschein
mimen, stürmt es beim Tabellensechzehnten an der Weser. Richtig laut
und ätzend ist er geworden, der neue Bremer Trainer Felix Magath,
der vor vier Spieltagen Wolfgang Sidka ablöste und bislang noch keinen
Sieg einfahren konnte. Nach der 0:1-Heimniederlage gegen Kaiserslautern
platzt ihm endgültig der Kragen, es gab Sonderschichten mit der Rute
und die Ankündigung, die Mannschaft in Frankfurt ordentlich durcheinander
zu wirbeln. Viel Respekt vor der Eintracht scheint Magath jedenfalls nicht
zu haben: "Ich rechne nicht mit einer allzu offensiven Frankfurter
Elf und glaube nicht, dass wir in der Defensive vor große Probleme
gestellt werden." Gleich fünf Neue stehen in der Startelf, Frank
Rost löst überraschend Brasas im Tor ab und Wicky rutscht als
Libero hinter die Abwehr, so dass Trares - der 1983 mit der Eintracht
deutscher A-Jugendmeister wurde - auf die rechte Außenbahn ausweichen
muss. Nur die Bank ist hingegen für Ailton und Roembiak reserviert,
denn vor Herzog im zentralen Mittelfeld sollen Bogdanovic und Floh für
Torgefahr sorgen. Die Gastgeber bleiben zwar auch in der Folge überlegen, aber zu oft geht es durch die Mitte, wo Schneider und Sobotzik längst nicht so gut wie noch in der Vorwoche harmonieren. Oder sie versuchen es über die rechte Seite, wo Brinkmanns Pässe regelmäßig beim Gegner landen. Dennoch kommen die Frankfurter zu weiteren Chancen, weil Bremen nicht konsequent nachsetzt. So geht ein Kopfball von Pedersen nur knapp am Pfosten vorbei (20.) und Rost muss sein ganzes Können aufbieten, um einen geschnippelten Freistoß von Weber um den Pfosten zu lenken (34.). Aber das war es auch schon an guten Szenen in der Offensive, was den Kapitän sichtlich auf die Palme bringt, zumal er auf der linken Seite kaum Pässe bekommt: “An der Auslinie zu verhungern, das macht keinen Spaß. Außerdem stand Todt kurz vor Gelbrot. Beim nächsten Foul gegen mich wäre er runter gegangen, aber ich bekomme ja keinen Ball." Da dies auch für die Bremer Sturmspitzen gilt, geht es mit dem insgesamt enttäuschenden 0:0 in die Pause. Zumindest in der Bremer Kabine gibt es wohl das inzwischen übliche Donnerwetter. Felix Magath bringt Roembiak für Eilts, der die rechte Außenbahn beackern soll und Frings für den unauffälligen Flo im Sturm. Mit Erfolg, so scheint es, denn mit dem Wiederanpfiff stürmen sie einfach einmal über Libero Wicky nach vorne, der zu Herzog passt. Diesmal ist Schur nicht nah genug am Spielmacher, so dass der nach einem kurzen Haken von der Strafraumgrenze aus abzieht und das Leder einfach zum 1:0 im rechten Toreck versenkt. Es ist die erste Führung seit dem 19. September für Werder und eine heftig kalte Dusche für die Eintracht in der 47. Minute.
Der Treffer scheint die Gäste zu beflügeln, plötzlich übernehmen sie das Geschehen auf dem Platz, während die Frankfurter immer häufiger einen Schritt zu spät kommen. Trotzdem haben sie jetzt die große Chance zum Ausgleich, als ein Angriff am Mittelkreis abgefangen werden kann und Sobotzik zusammen mit Houbtchev nach vorne sprintet. Sobotzik spielt den Libero prima frei, doch auf seinem Weg in den Strafraum zaudert Houbtchev so lange mit dem Abschluss, dass die Situation bereinigt wird (55.). So ein Ärger, Horst Ehrmantraut reagiert fünf Minuten später und nimmt die schwachen Epp und Brinkmann aus der Partie, um ebenfalls umzustellen. Sobotzik rutscht in den Sturm, Weber ins Mittelfeld und Gebhardt sowie Pisont besetzen nun die Außenbahnen. Doch so recht kommen sie nicht durch, zumal André Wiedener Bernd Schneider höchst effektiv bewacht und dem Rest die Übersicht fehlt, um Angriffe ohne Sturm einzuleiten. “Nur Ehrmantraut schafft es, so falsch aufzustellen“, wird im berüchtigten Block 8 neben Manager Rohr gegrantelt und auch Vizepräsident Dr. Lämmerhirth doziert über die “falsche Taktik“, weiß die Sport-Bild neunmalklug zu berichten. Dafür hat Roembiak auf der rechten Außenbahn jetzt den nötigen Raum, den er bei einem Konter zu nutzen versteht. Er sprintet fast bis zur Torauslinie, um das Leder in die Mitte zu flanken, wo der mitlaufende Bogdanovic keine Probleme hat, es an Nikolov vorbei zur 2:0-Führung ins Netz zu schieben (72.). “Mit Rade haben wir einen Supergriff getan. Einen Stürmer mit so viel Spielverständnis und Durchschlagskraft kann sich jeder Spielmacher nur wünschen“, freut sich Andreas Herzog. Den hätte auch Horst Ehrmantraut sicher gerne im Kader, doch stattdessen hat er weder den verletzten Westerthaler noch Yang zur Verfügung, so dass es jetzt der 18-jährige Henry Nwosu versuchen soll, der unmittelbar nach dem zweiten Treffer für Kutschera kommt.
In der Pressekonferenz nach dem Spiel holt Horst Ehrmantraut aus. Wütend ist er auf die mangelnde Unterstützung aus dem Präsidium und die Ankündigung, erst in der Winterpause über eine Vertragsverlängerung zu reden. "Es müsste doch möglich sein, die Leistung eines Trainers nach fast zwei Jahren einschätzen zu können und nicht von einigen Spielen abhängig zu machen", klagt der Trainer. Außerdem erfahre er von Kritik nur hintenherum: "Es gibt wohl Teile des Präsidiums, die nicht hinter mir stehen. Aber wenn jemand im Präsidium eine andere Vorstellung hat, dann soll er mir das offen sagen." Wenn aber solche Dinge in die Öffentlichkeit getragen würden, sei dies "der Tod eines jeden Vereins". Im Präsidium herrscht unterdessen betretenes Schweigen, zumal sich Rolf Heller bereits verabschiedet hat, um bis zum 6. Dezember auf Asien-Reise zu weilen. So wird am Montag nach einer gemeinsamen Sitzung ohne den Präsidenten eilig eine “wachsweiche Pressemitteilung“ (FAZ) veröffentlicht: “Das Präsidium von Eintracht Frankfurt bedauert es sehr, dass Trainer Horst Ehrmantraut am vergangenen Wochenende über die Medien auf Vertragsverhandlungen vor der Winterpause gedrängt hat. Bereits im Februar wurde zwischen den Beteiligten verabredet, Gespräche über die zukünftige Zusammenarbeit vor Weihnachten zu führen (…) Es werden zu diesem Thema in den nächsten Tagen keine weiteren Stellungnahmen von Präsidiumsmitgliedern erfolgen.“
Peinlich genug, aber der technische Direktor legt nach, obwohl sich das Präsidium doch Schweigen verordnet hatte: “Ehrmantraut ist im Verein umstritten, diese Situation habe ich bei meiner Arbeitsaufnahme hier vorgefunden. Mich hat überrascht, wir sehr er umstritten ist. Es sind Leute im Mitarbeiterstab frustriert. Das hat niemand erfunden, das ist ein Fakt. Besonders mit Dr. Lämmerhirdt ist das Verhältnis total vergiftet.“ Wie passend, dass der Vizepräsident sofort dementiert: “Wo der Krampf herkommt, weiß ich auch nicht.“ Fast zeitgleich lässt sich auch Schatzmeister Patella vom Radiosender FFH eine Aussage entlocken: "Viele im Präsidium können sich vorstellen, dass im Falle einer Trennung vom Trainer Gernot Rohr das Training übernimmt." Darüber können nicht nur viele Fans den Kopf schütteln, auch Alexander Schur hat zu dem elenden Krampf eine eindeutige Meinung: "Wenn die Eintracht diesen Trainer gehen lässt, macht sie einen genauso großen Fehler wie beim Rauswurf von Yeboah und Gaudino." (Fortsetzung folgt…) (tr)
“Horst Ehrmantraut war d e r Glücksfall schlechthin für Eintracht Frankfurt. Das hat aber das Präsidium mehrheitlich nicht begriffen. Statt ihm einen sachkompetenten Manager an die Hand zu geben, holten sie Gernot Rohr, der sich schnell als machtkompetenter Gegenspieler darstellte. Als er, kaum am Riederwald (…) sich intern distanziert über Ehrmantraut äußerte, da bekamen die zuvor schweigenden Heckenschützen neuen Aufwind. So schossen sie aus der ersten (Lämmerhirdt, Rohr, Patella) und der zweiten Reihe (Talentsucher wie Otto Müller und Istvan Sztani). Sachliche Argumente gab es dabei kaum. Es galt meist, persönliche Mütchen zu kühlen (…). Wenigstens war der Sachverstand groß genug, dass die Forderung von Ehrmantraut, frühzeitig ehrliche Gespräche über eine Vertragsverlängerung zu führen, nicht für die sofortige Entlassung missbraucht wurde. Porzellan wurde genug zerschlagen - hauptsächlich von Präsidiumsseite. Schade, dass Rolf Heller derzeit in Thailand weilt. Dem Präsidenten - zusammen mit Verwaltungsratssprecher Bernd Ehinger - wäre es am ehesten zuzutrauen, die Scherben wieder zu einem haltbaren Ganzen zusammenzufügen (…). Dass Sachlichkeit endlich Eitelkeiten verdrängt.“
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