SpVgg Unterhaching - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1997/1998 - 29. Spieltag

1:2 (0:0)

Termin: So 03.05.1998 15:00
Zuschauer: 4.500
Schiedsrichter: Peter Lange (Herrenberg)
Tore: 0:1 Thomas Sobotzik (52.), 1:1 Altin Rraklli (59., Handelfmeter), 1:2 Ralf Weber (88.)

 

 

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SpVgg Unterhaching Eintracht Frankfurt

     

  • Udo Mai
  • Alexander Strehmel
  • Stephan Täuber
  • Ivica Vladimir
  • Jochen Seitz
  • Alfonso Garcia
  • Matthias Zimmermann
  • Markus Oberleitner
  • Abdelaziz Ahanfouf
  • Matthias Lust
  • Altin Rraklli

 

 

Wechsel

  • Arne Tammen für Jochen Seitz (61.)
  • Matthew Okoh für Alfonso Garcia (70.)
  • Thomas Radlspeck für Abdelaziz Ahanfouf (74.)

Wechsel

Trainer

  • Willi Entenmann

Trainer

 

 

Mit Köpfchen zum Last-Minute-Sieg

Neun Punkte Vorsprung und noch sechs Spiele, da verfällt selbst Ansgar Brinkmann in Euphorie: “Ich freue mich wie ein kleines Kind auf die Bundesliga. Ich träume vom Münchner Olympiastadion oder vom Westfalenstadion.“ “Träumen kann er", meint Horst Ehrmantraut, der in dieser Woche das Training ein wenig lockerer angehen ließ, da Ermüdungserscheinungen im Spiel gegen Meppen unübersehbar waren. Konzentration und Ruhe ist angesagt, so dass der gestrenge Trainer mit seiner Mannschaft einen Empfang bei Ministerpräsident Eichel bereits nach einer Stunde verlässt und seinen Spielern nahelegt, alle Interviewwünsche abzulehnen. Es geht zwar nicht nach München ins Olympiastadion, sondern nur in den Sportpark des Münchener Vorortes Unterhaching, aber auch vor dem Tabellensiebten mahnt Horst Ehrmantraut: “Das wird eine ganz harte Nuss. Die können jetzt befreit aufspielen, stehen sehr kompakt in der Abwehr, sind sehr diszipliniert und ungeheuer heimstark.“ Zudem muss der Trainer kurzfristig umstellen, da Alexander Schur sich mit Magenschmerzen abmeldet und sich Epp im Aufwärmtraining eine Zerrung zuzieht, so dass Gebhardt und Güntensperger als zweite Spitze neben Westerthaler in die Startelf rutschen.

“Ich sehe meine Arbeit hier als Herausforderung. Wir haben den kleinsten Etat der zweiten Liga und stehen noch vor Mannschaften wie Uerdingen, Leipzig oder Fortuna Düsseldorf. Das ist doch bewundernswert“, lobt sich unterdessen Trainer Willi Entenmann, der nach seiner Entlassung in Nürnberg Lorenz-Günther Köstner bei der SpVgg ablöste. Zu Recht, denn trotz immenser Verletzungssorgen konnte Unterhaching unter seiner Regie mit vier Siegen und drei Unentschieden den Abstand zu den Abstiegsrängen auf sieben Punkte ausbauen. Und zuletzt gab es gar in Jena den ersten Auswärtssieg in seiner Amtszeit, obwohl der Trainer mangels Defensivpersonal “praktisch mit "sechs Stürmern gespielt" hat. Auch wenn dies ebenso wie die Tatsache, dass die Münchener Vorstädter zuletzt Anfang Dezember zuhause verloren haben, so recht niemanden zu interessieren scheint. Ein Zuschauerschnitt von gerade einmal 2.000, noch kein abgeschlossener Fernsehvertrag mit Premiere und sehr strenge Lizenzauflagen durch den DFB werden auch künftig keine großen Sprünge zulassen.

Immerhin ist es diesmal voll im Sportpark zu Unterhaching, denn gut 2.000 Frankfurter Fans sind in den Münchener Süden gereist, um die Aufstiegstour ihrer Eintracht lautstark zu unterstützen. "Es wäre toll, wenn so viele Eintracht-Fans mitfahren, dass wir fast ein Heimspiel haben", sagte Horst Ehrmantraut noch in Frankfurt und sein Wunsch wird erfüllt. Aber die Anhänger sehen gegen die stürmisch beginnenden Unterhachinger zunächst unkonzentriert wirkende Gäste. So kann sich Zimmermann gleich zu Beginn im Halbfeld durchsetzen und in den Strafraum sprinten, um von Zampach von den Beinen geholt zu werden. Glück für die Eintracht, denn Schiedsrichter Lange zeigt nicht auf den Elfmeterpunkt (4.).

Kurz darauf aber verlässt sie das Glück, als Kutschera Güntensperger auf die Reise schickt. Der bricht seinen Spurt mit schmerzverzerrten Gesicht ab und muss mit einem Muskelfaserriss im Oberschenkel vom Platz, so das jetzt Sead Mehic den zweiten Stürmerplatz einnimmt (7.). Pikant daran ist, dass Güntensperger diese Verletzung nach den Worten von Präsident Heller (im September 1998) angeblich nur vorgetäuscht habe, um nach dem quasi feststehenden Aufstieg bei den letzten Spielen nicht mehr antreten zu müssen. Denn in der Schweiz erwartet ihn – bereits zum zweiten Mal – eine Haftstrafe wegen Fahrerflucht und Fahren unter Alkoholeinfluss. Die dreimonatige Haftstrafe könnte er auf diese Weise antreten, ohne die Saisonvorbereitung zu verpassen. Ob diese Unterstellung stimmt, ist allerdings zweifelhaft. Denn der Präsident wird in der Causa “Güntensperger“ keine rühmliche Rolle spielen und tatsächlich tritt Urs seine Haftstrafe erst Mitte Juni an, was die Eintracht der Öffentlichkeit jedoch verschweigt (mehr dazu im Spielbericht vom 26. Juli 1998 gegen Maccabi Haifa im Saisonrückblick 1998/1999).

Zurück zum Spiel, bei dem es jetzt eine zähe Angelegenheit für die Zuschauer wird. Unterhaching spielt ideenlos nach vorne, während sich die Eintracht mit Kampf dagegen stellt, bei Ballbesitz allerdings nur Krampf anbietet. Daher springen wir in die Schlussphase der ersten Halbzeit. Nachdem Mehic mit seinem Schussversuch an Torhüter Mai scheitert, kann immerhin Weber für einen kurzen Aufschrei sorgen, als er eine Freistoßflanke von Zampach aus fünf Metern knapp neben den Pfosten setzt (45.). So geht es mit dem torlosen Unentschieden und der fünften gelben Karte, die der Kapitän drei Minuten zuvor kassierte, in die Kabinen. So trist wird es zum Glück nicht bleiben, denn die Partie nimmt an Dramatik zu.

Und zwar nach einem Standard in der 52. Spielminute, den Sobotzik von der Strafraumgrenze aus vor das Tor schlenzt. Torhüter Mai orientiert sich nach rechts, doch die Kugel wird von der Mauer so abgefälscht, dass sie unhaltbar zum 1:0 für die Eintracht im linken Toreck landet.

Unterhaching reagiert sofort mit wütenden Angriffen. Oberleitner ist es, der nach einer zu kurz abgewehrten Ecke plötzlich aus dem Hinterhalt schießt. Nikolov scheint geschlagen, doch Mehic kann mit vollem Körpereinsatz auf der Linie klären. Klarer Fall für den unsicheren Schiedsrichter, der sofort auf Strafstoß entscheidet und dem konsternierten Mehic, der sich bei seiner Rettungstat mit den Händen auf dem Boden abgestützt hatte, die rote Karte zeigt. “Das ist eine beschämende Entscheidung“, wettert Horst Ehrmantraut, während der schimpfende Houbtchev die gelbe Karte erhält und der Linienrichter einigen Spielern bestätigt, dass er ebenfalls kein Handspiel gesehen hat.

Und wo der Trainer schon richtig in Rage ist, legt er vor den Fernsehkameras gleich nach: “Wir werden auf einer mündlichen Verhandlung bestehen. Der Fehler des Schiedsrichters darf nicht dazu führen, dass Sead auch noch einige Wochen gesperrt wird. Es ist katastrophal, was hier abläuft. Doch das ist ja kein Einzelfall. Köln steigt wegen eines Schiedsrichterfehlers ab. Der DFB muss das ganze Schiedsrichterwesen umstrukturieren, darf nicht solche Anfänger schicken. Schließlich geht es um Millionen." Rraklli indes ist das Gezeter egal, sicher verwandelt er den Elfmeter zum 1:1-Ausgleich (59.).

Gegen die in Unterzahl spielenden Gäste wittert Unterhaching seine Chance und verstärkt den Druck jetzt weiter. Aber die Abwehr steht und wenn sich doch einmal eine Lücke auftut, ist Nikolov ein sicherer Rückhalt. So wie in der 63. Minute, als er gegen den auf ihn zustürmenden Garcia prächtig reagiert. Auch Horst Ehrmantraut reagiert und bringt mit Flick sowie Wolf für die bereits verwarnten Zampach und Sobotzik zwei frische Kräfte (71.). Mit vereinten Kräften stellen sie sich nun dem wilden, aber meist ungeordneten Sturmlauf der Münchener Vorstädter, ohne sich so recht aus der Umklammerung lösen zu können.

Weber, Wolf
Wolf stellt den
Siegtorschützen Weber

Jedenfalls bis zur 88. Spielminute, als Gebhardt die sechste Ecke für die Eintracht von der linken Seite aus vor den Fünfmeterraum schlenzt. Weber ist zur Stelle und köpft das Leder wuchtig ins rechte Toreck zur erneuten Führung. Mit einem Befreiungsschrei rennt der Kapitän zu seinem Trainer und umarmt ihn, denn gut zwei Minuten später ist er unter Dach und Fach. Der siebte Auswärtssieg, den Spieler, Trainer und auch Präsident Heller ausgiebig mit den Frankfurter Fans feiern.

Die Eintracht hat jetzt 58 Punkte und damit zehn Punkte Vorsprung auf Rang vier, das jetzt wieder Gütersloh einnimmt, nachdem der FC gegen Wattenscheid nur 0:0 spielte und Freiburg mit einem 1:0-Sieg in Mainz dafür sorgte, dass die Abstiegsängste dort riesengroß werden.


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: “Der Aufstieg ist faktisch noch nicht realisiert, aber den festen Glauben daran habe ich schon. Unser Plus heute war die kompakte Abwehrarbeit. Spielerisch haben wir nicht unbedingt geglänzt, so dass uns viele Abspielfehler unterlaufen sind. In der entscheidenden Phase hat sich aber Ralf Weber enorm gesteigert und seine Kollegen mitgerissen."

Alexander Schur: “Obwohl ich nicht gespielt habe, habe ich in diesem Spiel eine Gänsehaut gehabt. Neben dem 1. FC Kaiserslautern sind wir die beste Mannschaft im deutschen Profifußball“ (Anmerkung: Das Team von Trainer Otto Rehhagel liegt als Bundesligaaufsteiger seit dem vierten Spieltag ununterbrochen auf Rang 1 mit aktuell vier Punkten Vorsprung vor den Bayern).


Die Vertragsverhandlungen laufen, “Zico“ verlängert für vier Jahre

“Der Mann wird immer ein gestörtes Verhältnis zum Ball haben. Verstolperte so manche Aktion, aber korrigierte sofort derartige Fehler durch Einsatz und Kampfkraft“, bewertet die FAZ die Unterhachinger Leistung von Uwe Bindewald, der bereits seit elf Jahren bei der Eintracht kickt und als inzwischen 30-Jähriger nun für vier Jahre verlängern wird. “Der Vertrag ist fertig, Bindewald hat schon seine mündliche Zusage gegeben und braucht nur noch zu unterschreiben", erzählt Geschäftsstellenleiter Klaus Lötzbeier.

Noch keinen Konsens hat die Eintracht hingegen mit Schur, Brinkmann und Kutschera erzielt, was angeblich vor allem an der Höhe des Gehaltes liegt. Auch der im Sommer ablösefreie Weber hat sich noch immer nicht für die Eintracht entschieden: "Ich benötige noch ein wenig Zeit", denn seine Alternative sind ein “Rentenvertrag mit der Zusicherung eines Postens nach Beendigung seiner Karriere“ oder eben eine “neue sportliche Herausforderung“ mit entsprechendem Handgeld.

Auch die Verhandlungen über potentielle Neuzugänge laufen im Hintergrund. Verteidiger Donald Agu vom FC Augsburg und Istvan Pisont von Beitar Jerusalem, den der Trainer bereits zu Beginn dieser Saison unbedingt verpflichten wollte, haben bereits zugesagt, Bernd Schneider wird wohl kommen, wenn Jena absteigt und neben Toni Polster gilt Bruno Labbadia als Wunschposition für den Sturm, die sich jedoch nicht realisieren lassen werden. (tr)

 

 

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