Eintracht Frankfurt - FC Carl Zeiss Jena

2. Bundesliga 1997/1998 - 25. Spieltag

2:2 (0:2)

Termin: Fr 03.04.1998 19:00
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Weber (Essen)
Tore: 0:1 Heiko Weber (25.), 0:2 Bernd Schneider (35.), 1:2 Urs Güntensperger (51.), 2:2 Ansgar Brinkmann (52.)

 

 

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Eintracht Frankfurt FC Carl Zeiss Jena

 

     

  • Mario Neumann
  • Matthias Lindner
  • Frank Nierlich
  • Mario Röser
  • Heiko Cramer
  • Jens Gerlach
  • Axel Jüptner
  • Bernd Schneider
  • Olaf Holetschek
  • Slawomir Chalaskiewicz
  • Heiko Weber

 

Wechsel

Wechsel

  • Matthias Wentzel für Mario Röser (53.)
  • Daniel Bärwolf für Heiko Cramer (86.)
  • Mark Zimmermann für Heiko Weber (90.)

Trainer

Trainer

 

 

Ein Spiel, zwei Halbzeiten

In der Vorrunde waren die Thüringer der erste Stolperstein nach dem Traumstart mit 19 Punkten aus sieben Spielen. Es kam die 1:2-Niederlage in Jena, die Eintracht holte sich in den nächsten fünf Spielen nur drei Pünktlein, um dann allerdings eine neue Serie zu beginnen, die noch immer anhält. “Wir sind also gewarnt, vor allem weil Jena durch den Punktgewinn in Freiburg und den Sieg über Gütersloh mit neuem Selbstbewusstsein anreisen wird. Wir müssen das Richtige unter Berücksichtigung des Gegners tun“, erklärt Horst Ehrmantraut, der sein Team gegenüber dem Spiel in Leipzig umstellen muss. So steht Libero Houbtchev zwar wieder zur Verfügung, dafür aber fallen Gebhardt aufgrund von Schmerzen im Fuß und Sobotzik nach einer Viruserkrankung aus, die den Einsatz von Antibiotika nötig machte. Wolf und Güntensperger machen sich allerdings umsonst Hoffnungen auf einen Einsatz, denn der Trainer setzt auf Offensive und lässt überraschend Sawieh als dritten Stürmer neben Epp und Westerthaler auflaufen, so dass Brinkmann, Schur, Weber und Zampach, der auf die linke Außenbahn wechselt, das Mittelfeld bilden.

So richtig kommen sie in Jena trotz der zuletzt Mut machenden Ergebnisse nicht von der Stelle, nachdem Stefan Engels im Dezember vom Trainerstuhl gekippt wurde und überraschend Reiner Hollmann geholt wurde, der zuletzt den ägyptischen Club El Ahly Kairo trainierte, allerdings bereits in der Saison 1992/93 beim FC Carl Zeiss auf dem heißen Stuhl saß. Zwar konnte der neue Übungsleiter bereits 9 Punkte einsammeln, doch noch immer liegen die Thüringer auf Rang 16 mit allerdings nur noch drei Zählern Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz. An den Abstiegskampf sind sie also gewöhnt, so dass Hollmann “noch viele Herzinfarkt-Spiele“ erwartet. Auch in Frankfurt, denn “es hat sich in den letzten Wochen ein kämpferisches Klima in meiner Mannschaft entwickelt, das ihresgleichen sucht.“

Bei der Eintracht sind das kämpferische und das spielerische Klima leider in der Kabine geblieben. Rumpeln ist Trumpf gegen die sich weit in die eigene Hälfte zurückziehenden Gäste. Ein ums andere Mal wird die Kugel ideenlos quer gespielt. Dazu gesellen sich einfache Abspielfehler, die Jena aber nicht zu nutzen vermag. Es ist grausam, was den Zuschauern geboten wird. Zampach kommt auf der linken Seite nicht zurecht, Sawieh verspringen die Bälle bereits bei der Annahme und weder Weber noch dem immer wieder nachrückenden Houbtchev oder Brinkmann gelingt es, wenigstens einmal ein Zeichen zu setzen. Bezeichnend ist die 25. Spielminute, als Weber und Sawieh im Halbfeld der Thüringer der Versuch eines Doppelpasses derart gründlich missrät, dass Bernd Schneider den Ball unbedrängt schnell nach vorne spielen kann. Genau in die Lücke der Abwehr, in der Schur auch noch das Abseits aufhebt, so dass Heiko Weber freie Fahrt hat und die Kugel vorbei an Nikolov zur 1:0-Führung für die Gäste in die Maschen zimmert (25.).

Auch nach dem Rückstand geht kein Ruck durch die Frankfurter, im Gegenteil. Tatsächlich ist es möglich, das Leder noch ängstlicher als zuvor durch die eigenen Reihen hoppeln zu lassen, so dass die Thüringer keinerlei Probleme haben, ihren Strafraum in jungfräulichem Zustand zu bewahren. Und wer gedacht hat, schlimmer geht nimmer, sieht sich getäuscht. Zehn Minuten später schiebt Schur die Kugel seinem Gegenspieler Heiko Weber vor die Füße, der nicht lang fackelt und sie auf den nach vorne sprintenden Schneider spielt. Der künftige Adler sieht, dass Nikolov ein wenig weit vor seinem Kasten steht und schnixt die Kugel mit einem schönen Lupfer zum 0:2 in die Maschen (35.). “Unglaublich, das ist ein einziger Black-Out. Beim ersten Tor habe ich das Abseits aufgehoben, dem zweiten ging ein Fehlpass von mir voraus und anschließend habe ich auch noch falsch eingegriffen. Dazu fehlen mir selbst die Worte", ärgert sich Alexander Schur maßlos, während sich auch Gäste-Trainer Hollmann nur wundert: “Die waren ja gar nicht auf dem Platz.“

“Eine Abreibung war das, der Teppich hat gebrannt“, sagt Ralf Weber zu der nun folgenden Halbzeitpredigt des Trainer und ergänzt: “Zu Recht, das war die schlechteste erste Halbzeit der gesamten Saison. Zum ersten Mal haben die Zuschauer zur Halbzeit gepfiffen, das sagt alles.“ Einer der Zuschauer ist der verletzte Janßen, der immerhin einen guten Rat für seine Kollegen hat: “Sofort in den Bus steigen, zum Riederwald fahren und sich auf das nächste Spiel vorbereiten." Doch der Trainer rüttelt sie laut und energisch auf: "Da stimmt nichts, spielerisch, taktisch und im Kopf", schimpft er, um an die Ehre der Spieler zu appellieren. Als Güntensperger, der jetzt für Sawieh kommt, nach der Kopfwäsche auf den Platz geht, stellt er fest: "Als ich den Jungs in die Augen sah, wusste ich, dass noch etwas geht." Und tatsächlich. Auf dem Platz steht, nein rennt jetzt eine Eintracht, die es wissen will und den Vorwärtsgang einlegt. Angriff um Angriff rollt in die gegnerische Hälfte, so dass Jena jetzt nicht mehr aus der eigenen Hälfte heraus kommt.

Es läuft die 52. Spielminute, diesmal geht es über die linke Seite mit Westerthaler, der sieht, dass Güntensperger vor den langen Pfosten läuft, während Weber vor dem kurzen Pfosten zwei Gegenspieler auf sich zieht. Butterweich und platziert kommt die Flanke, die Güntensperger zum 1:2-Anschlusstreffer im Netz versenkt, um grinsend anzumerken: “Westerthaler hat mir den Ball an den Kopf geschossen. Das war der Funke, den wir brauchten.“ So ist es, kaum eine Minute später erkämpft sich Schur die Kugel und legt sie mit einem schönen Pass genau in die Gasse, so dass Brinkmann das Leder erlaufen kann, weitersprintet und den Ball am ihm entgegen laufenden Torhüter Neumann zum 2:2 in den Kasten schlenzt. "Nach diesem Blackout hätten wir das Spiel auch noch verlieren können", meint Gäste-Trainer Reiner Hollmann, während er mit ansehen muss, wie Schur und Brinkmann immer wieder das Spiel an sich ziehen, um neue Angriffe einzuleiten. Doch noch will der dritte Treffer nicht fallen, auch wenn Houbtchev, Schur und sogar der weit aufgerückte Bindewald beste Chancen auslassen.

Es läuft bereits die Nachspielzeit, als Houbtchev zu Epp flankt, der sich mit einem Haken in den Strafraum dribbelt, um sich den Ball zurecht zu legen. Wentzel setzt rustikal nach und reißt den 29-Jährigen um. Eine klare Sache für alle auf dem Platz und im Stadion, nur nicht für Schiedsrichter Hans-Jürgen Weber, der zwischen seinen Tomaten auf den Augen “einen Zweikampf sieht, bei dem sich beide Spieler festhielten.“ "Kaum zu glauben, dass Herr Weber Erstliga-Schiedsrichter ist. Diese Entscheidung war ein Skandal“, wütet Horst Ehrmantraut, während Epp sein zerrissenes Trikot in die Kamera zeigt und mault: "Soll ich mir einen anderen Namen kaufen? Klarer geht es nicht mehr, ganz Jena lacht sich kaputt.“ Zumindest heimlich und nach dem Spiel: "Aus meiner Sicht war es eine elfmeterreife Situation", gestand nicht nur Bernd Schneider, auch Jenas Trainer Hollmann gibt zu: “Wir hätten uns über einen Elfmeter nicht beschweren können."

So bleibt es beim Unentschieden, dass der Eintracht nach dem zwölften Spiel ohne Niederlage weiter Rang Zwei hinter den punktgleichen Nürnbergern beschert. Da Frankfurts nächster Gegner Gütersloh gegen Cottbus gewinnen konnte, beträgt der Vorsprung auf die Nichtaufstiegsplätze jetzt acht Zähler.


Stimmen zum Spiel

Horst Ehrmantraut: "Ich ärgere mich total über dieses Ergebnis, die erste Halbzeit und die letzte Spielminute, die nagen noch an mir. Erst in der zweiten Halbzeit war der Kopf bei meiner Mannschaft frei gewesen. Aber ein Unentschieden zuhause ist entschieden zu wenig."

Alex Schur: “Auch gegen Jena haben wir gekämpft und gezeigt, dass wir kein Spiel verloren geben. Gewinnen kann man nur mit Arbeit. Wenn man ängstlich ist und in Panik verfällt, klappt gar nichts."

Präsident Rolf Heller: "Im Endeffekt ist das noch ein positives Ergebnis, Jena hat phasenweise hervorragenden Fußball gespielt.“


Die “Eintracht Frankfurt Marketing und Service-GmbH“ wird gegründet

Um auf die "wirtschaftlichen Herausforderungen" der Zukunft besser reagieren zu können, hat der Verein zum 1. April die “Eintracht Frankfurt Marketing und Service-GmbH“ mit Vizepräsident Dr. Lämmerhirdt als ehrenamtlichen Geschäftsführer gegründet. "Dies ist die kleinste Form einer Hinwendung zur Kapitalgesellschaft und soll die Eintracht am Markt besser positionieren", erklärt Präsident Heller. Die neue GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Verein ist, soll sich um Werbung, die Vermarktung der Eintracht sowie um die Abwicklung des Ticket-Verkaufs kümmern.

Ferner soll sie als Makler für die zukünftigen Fernsehrechte der Eintracht auftreten. Die Millionen-Angebote mehrerer großer Vermarktungsfirmen, unter anderem UFA Sports, IMG (Bertelsmann) und dem Kirch/Springer-Gemeinschaftsunternehmen ISPR, hat die Eintracht dementsprechend zurückgestellt. "Als Verein wären wir nicht in der Lage gewesen, unsere Fernsehrechte selbst zu vermarkten, mit dem Instrument der GmbH glauben wir, dass dies machbar ist“, erklärt Rolf Heller und lässt in einer Pressemitteilung des Präsidiums am 6. April verkünden: “Neben der besseren Transparenz der Erfolgsbeiträge der einzelnen Bereiche bietet die GmbH für die Zukunft alle Entwicklungsmöglichkeiten, von der Aufnahme des Lizenzspielerbereichs (sofern der DFB die Spielberechtigung künftig auch an Kapitalgesellschaften vergibt) bis hin zur Umwandlung in eine Aktiengesellschaft.“ (tr)

 

 

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