SpVgg Unterhaching - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1996/1997 - 6. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: 15.09.1996
Zuschauer: 5.500
Schiedsrichter: Friedrichs (Lennestadt)
Tore: 1:0 Stefan Reich (9.), 2:0 Frank Schmöller (54.), 2:1 Matthias Becker (77.)

 

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SpVgg Unterhaching Eintracht Frankfurt

  • Jürgen Wittmann
  • Jörg Bergen
  • Ralf Bucher
  • Dennis Grassow
  • Stephan Täuber
  • Andreas Hartig
  • Stefan Reich
  • Alfonso Garcia
  • Matthias Lust
  • Thomas Radlspeck
  • Frank Schmöller

 


 

Wechsel

  • Albert Gröber für Frank Schmöller (61.)
  • Ivica Vladimir für Alfonso Garcia (72.)
  • Alexander Strehmel für Andreas Hartig (84.)

Wechsel

Trainer

  • Lorenz-Günther Köstner

Trainer

 

Zchadadse sieht Rot

“Er hat so viel Talent und fußballerische Anlagen. Aber wenn er auf dem Platz steht und ein Trikot übergezogen hat, dann ist da eine Blockade", sinniert Dragoslav Stepanovic über die Leistungen des 22-jährigen Matthias Becker, der bislang ebenso wenig überzeugen konnte wie Johnny Ekström, der bei der Niederlage gegen Meppen ein Pfeifkonzert der Zuschauer über sich ergehen lassen musste. Irgendwo auch zu recht, meint der Trainer, der die Laufarbeit der beiden als “unzureichend“ empfindet und zudem Schwächen beim Torschuss ausgemacht hat. Dennoch - oder einfach, weil ihm die Alternativen fehlen - setzt Stepi beim Spiel im Münchener Vorort Unterhaching auf den 31-jährigen Schweden als Sturmpartner von Güntensperger. Auf der rechten Außenbahn soll sich Timo Reuter anstelle von Bindewald beweisen und in der Abwehr gibt es ebenfalls zwei neue Gesichter. Da sich Oka Nikolov im Training einen Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel zugezogen hat, wird der 19-jährige Sven Schmitt sein Debüt als Torhüter in der Zweiten Liga feiern. Unterstützung erhält er von Libero Dickhaut sowie den Manndeckern Zchadadse und Roth, der für Pejovic beginnt. Das Minimalziel ist “ein Punkt“ bei den Remis-Königen der Liga.

In der Tat, vier Unentschieden und einen Sieg gegen den FSV Zwickau konnte der Vorjahres-Überraschungsvierte bislang einfahren und ist damit seit dem 2. Juni unbesiegt. Nur registriert die Erfolge noch immer kaum jemand, was angesichts eines Saisonetats von 5, 5 Millionen Mark, permanent klammer Kassen und Nachforderungen der Berufsgenossenschaft in Millionenhöhe Anlass zur Besorgnis gibt. So rufen sie bei der SpVgg geschwind die Aktion “ausverkaufter Sportpark“ aus, bei der sogar der Trainer eifrig Plakate klebt. Denn richtig voll war die Bude zuletzt am 8. Juni 1992, als es für Unterhaching um den Aufstieg in die Zweite Liga gegen Reutlingen ging. Aber auch heute stehen die Chancen auf Zuschauermassen angesichts der jüngsten Leistungen der Eintracht eher bescheiden aus. “Ich dachte, die kommen als Spitzenreiter“, meint der Trainer, der von den Gästen nicht gerade ein Offensivspektakel erwartet: “Da brauche ich nur auf die voraussichtliche Aufstellung schauen.“ So sind es nur 5.500 - von denen auch noch knapp 1500 aus Frankfurt sind - statt der erhofften 9.000 Zuschauer, die den Weg in den Sportpark finden. Die aber sollen einen Sieg der Heimelf sehen, fordert Lorenz-Günther Köstner. Die vermeintlich defensive Eintracht will er ohne den rotgesperrten Zimmermann sowie die verletzten Zeiler und Hofmann mit seiner Flügelzange aus Lust und Hartig knacken. Wenig überraschend ist hingegen, dass sich Gaudino auf eine Sonderbewachung freuen darf, die Manndecker Bucher übernimmt, da Kapitän Bergen in die Defensive zurückkehrt.

Wie erwartet, denken die Gäste zunächst gar nicht daran, offensiv zu agieren. Ruhig, geradezu aufreizend lässig spielen sich die Frankfurter die Kugel in der Anfangsphase meist in der eigenen Hälfte zu, während Unterhaching auf die Chance zu schnellen Gegenstößen lauert. Die sich prompt ergibt, als Radlspeck im Zusammenspiel mit Lust auf der linken Außenbahn Reuter ausspielt, um den Ball flach in den Strafraum zu passen. Schmöller verlängert an den Elfmeterpunkt, wo Reich sich mutterseelenallein die Ecke aussuchen kann und eiskalt zum 1:0 einnetzt (8.). Schon wieder ein früher Rückstand, schon war die Abwehr nicht im Bilde.


Gaudino und sein
Kettenhund Bucher

Wütend über sich selbst, versuchen die Frankfurter nun, konsequent nach vorne zu spielen, doch es gelingt wenig. Gaudino fehlt nach seiner gerade erst ausgeheilten Wadenzerrung die Spritzigkeit, um sich von seinem Kettenhund zu lösen. Zudem bekommt der Spielmacher kaum Hilfe von Komljenovic oder Bommer, der vom ach so fröhlichen Publikum mit “Geh ins Altersheim“-Sprechchören bedacht wird. Nichts Neues gibt es auch auf den Außenbahnen. Der 23-jährige Timo Reuter wirkt sichtlich überfordert und Rossi präsentiert sich ähnlich antrittsschwach wie gegen Meppen, so dass die Stürmer kaum einmal die Gelegenheit haben, eine Flanke zu verarbeiten. Ganz anders Unterhaching, das es immer wieder über die linke Seite versucht und die Frankfurter Abwehr mit den ständig die Positionen wechselnden Schmöller und Radlspeck von einer Verwirrung in die Nächste stürzt. So hätte es nach 40 Minuten gut und gerne 3:0 stehen können, wenn Radlspeck bei seinen Schüssen von der Strafraumgrenze den Ball nicht jeweils um Zentimeter neben den Pfosten gesetzt hätte. Das Aluminium trifft dafür auf der anderen Seite Güntensperger kurz vor der Pause, nachdem Ekström einen kurzen lichten Moment hat und dem Schweizer eine schöne Flanke auf Kopfhöhe serviert. Mehr Wind machen sie allerdings nicht vor dem Kasten von Wittmann.

Ohne Wechsel geht es in die zweite Halbzeit, in der die Eintracht weiter erfolglos versucht, sich Chancen heraus zu spielen. "Wir versuchen zu oft, das Spiel zu machen. Das sieht dann pomadig aus, ist es aber gar nicht, weil der Gegner sich zurückgezogen hat und wir kein Mittel finden, ihn auszuspielen", erklärt Bommer mit rosaroter Brille das quälende Ballgeschiebe, das sie den Zuschauern präsentieren, während der angeschlagene Gaudino einräumt, dass “ich heute meist einen Schritt zu spät war“. Dafür zeigt Unterhaching, wie es erfolgreich und ohne Schnörkel geht. Radlspeck setzt sich am rechten Strafraumeck mit Leichtigkeit gegen Roth durch, läuft weiter und flankt kurz vor der Torauslinie flach und punktgenau in den Rücken der Frankfurter Abwehr, wo Schmöller seinen Gegenspieler Zchadadse nicht vermisst und zum 2:0 einnetzt (55.).

Jetzt reagiert Dragoslav Stepanovic und bringt Bindewald ins Spiel, allerdings nicht als Ersatz für den schwachen Roth, sondern für Rossi auf der linken Seite. Zu der Leistung des Italieners meint der Trainer nur: “Enttäuschend, man kann den überhaupt nicht erkennen.“ Kürzer formuliert der Sport-Informationsdienst seine Bewertung über Rossi: “Schönwetter-Fußballer“. Aber auch mit Bindewald ändert sich nichts am Geschehen auf dem Platz, bis der große Regen einsetzt und Stepi erneut wechselt. Dworschak und Becker kommen für Güntensperger sowie Ekström ins Spiel, der von den Verantwortlichen sogleich in Schutz genommen wird (75.). "Johnny hat nicht genügend Bälle bekommen, die er verarbeiten konnte. Wenn er die bekommt, dann kann er auch was machen", meint Dragoslav Stepanovic und Manager Hölzenbein ergänzt: "Wir haben auf dem Video gesehen, wie schlecht Ekström angespielt wurde." Allerdings werden die Beiden wohl auch verfolgt haben, wie schlecht Johnny sich im Vergleich zu den quirligen Hachinger Stürmern bewegt hat. Dafür macht es Becker jetzt besser und erzielt nach einer Ecke aus dem Gewühl heraus überraschend den 2:1-Anschlusstreffer (77.).

Es könnte noch was gehen, zumal die beiden Neuen tatsächlich für frischen Wind sorgen. Aber die Frankfurter stellen sich mal wieder selbst ein Bein. Zunächst senst Roth Radlspeck - den er zuvor meist nur mit unfairen Mitteln halten konnte - bei einem Gegenstoß vor dem Strafraum um und kassiert von Schiedsrichter Friedrichs die gelb-rote Karte (83.). Und nur zwei Minuten später platzt Zchadadse der Kragen, als der Linienrichter die Fahne hebt. “Du blinde Sau“, beschimpft er ihn und kassiert prompt die Rote Karte, was Dragoslav Stepanovic heftig zetern lässt: "Es ist enttäuschend, wenn einer wie er, der Kapitän der georgischen Nationalmannschaft ist, nach solch einem schlechten Spiel auch noch Rot sieht. Damit hat er die Mannschaft in einer wichtigen Phase geschwächt." Vom DFB erhält er zur Belohnung einen Tribünenplatz für die nächsten drei Partien. Mit neun Mann auf dem Platz können sie tatsächlich nichts mehr bewegen und fügen sich der zweiten Saisonniederlage, welche die Eintracht von Rang drei auf acht in der Tabelle ‘abstürzen‘ lässt. Allerdings bleibt es eng, gleich sechs Mannschaften haben zehn Punkte auf ihrem Konto, während Spitzenreiter Kaiserslautern zwölf und die Teams auf den Aufstiegsrängen jeweils elf Zähler haben.


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: “Ich bin heute nicht grundsätzlich von unserem Spiel enttäuscht, aber davon, dass unsere Spitzen so selten eingesetzt wurden. Ansonsten will ich die Leistung nicht überbewerten, wir haben noch so viele Spiele und unser Ziel bleibt weiter, bis zum Hinrunden-Ende unter den ersten Fünf platziert zu sein.“

Lorenz-Dieter Köstner, Trainer Unterhaching: "Der Stepi, der hat zwar noch einen langen Weg vor sich, doch wenn abgerechnet wird, dann zählt die Eintracht zu den Aufsteigern."

Manager Bernd Hölzenbein: "Mit der heutigen Einstellung gewinnt man in der Zweiten Liga keinen Blumentopf. Es muss wieder das Fiebern und das Engagement wie vor den ersten Spielen Einzug halten. Das hat zuletzt gefehlt. Die Mannschaft muss verinnerlichen, dass jeder Zweitligist gegen uns oder Kaiserslautern 120 Prozent gibt. Da kann man nur bestehen, wenn jeder läuft und läuft und kämpft und kämpft. Mit Quer- und Schönspielen geht es nicht."

Interims-Präsident Dieter Lindner zur nach wie vor stockenden Suche nach einem Nachfolger: "Am 26. September gehe ich für eine Woche in den Urlaub nach Ibiza, spätestens dann betrachte ich meine Mission als beendet."


Sascha Amstätter wird im nächsten Jahr Eintrachtler

Einen ersten Neuzugang kann die Eintracht derweil vermelden, allerdings erst für die kommende Spielzeit. Der 18-jährige Mittelfeldspieler Sascha Amstätter vom FSV Frankfurt erhält einen Zweijahresvertrag am Riederwald. (tr)


 

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