Eintracht Frankfurt - Fortuna Köln

2. Bundesliga 1996/1997 - 4. Spieltag

3:1 (0:0)

Termin: 25.08.1996
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Hilmes (Nordhorn)
Tore: 1:0 Maurizio Gaudino (47.), 1:1 Dirk Lottner (78.), 2:1 Maurizio Gaudino (80.), 3:1 Urs Güntensperger (90.)

 

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Eintracht Frankfurt Fortuna Köln

 


  • Andreas Wessels
  • Dirk Lottner
  • Jürgen Radschuweit
  • Hans-Jörg Schneider
  • Olaf Renn
  • Jörg Lipinski
  • Nico Niedziella
  • Charles Akonnor
  • Antoine Hey
  • Rachid Azzouzi
  • Rainer Krieg

 

Wechsel

Wechsel

  • Christoph Dengel für Jörg Lipinski (60.)
  • Christian Pförtner für Rachid Azzouzi (69.)
  • Thomas Brdaric für Rainer Krieg (75.)

Trainer

Trainer

  • Jürgen Gelsdorf


 

Nur Gaudino glänzt, dafür aber richtig

"Wir haben eine Mannschaft mit Mut und Charakter, die die Zuschauer durch ihre erfolgreichen Spiele eingeladen hat. Deswegen brauche und werde ich keinen Druck wegnehmen. Druck ist das Schönste, was es gibt. Er ist angenehm, und nur so kommt man nach oben", schwadroniert Dragoslav Stepanovic gestenreich über das wieder aufflammende Interesse an der Eintracht vor dem Spitzenspiel gegen den punktgleichen Tabellenführer aus der Kölner Südstadt. Vorsorglich schränkt er aber mahnend ein: "Wir sind bis jetzt auf einem guten Weg. Nicht mehr und nicht weniger." Immerhin haben sie sich spätestens nach dem Sieg in Mannheim Respekt erworben und Selbstbewusstsein gesammelt, wie Maurizio Gaudino bestätigt: "Nach dem ganzen Durcheinander vor der Saison merken die Gegner auch, dass es bei uns läuft. Die haben im Hinterkopf, das ist ja die Eintracht und die kann man nicht so einfach schlagen." Dafür aber trotz des Auswärtssieges ordentlich umkrempeln, wie der Trainer bei der Aufstellung beweist. Denn Neuzugang Rossi wird erstmals auf der linken Außenbahn beginnen, während Bindewald für Becker auf die rechte Seite muss. Da Komljenovic Adduktorenprobleme hat, agiert Dickhaut im defensiven Mittelfeld und Pejovic soll neben den Manndeckern Zchadadse und Roth die Liberoposition ausfüllen. Immerhin bleibt es in der Offensive bei Gaudino sowie den beiden Stürmern Ekström und Güntensperger.

Eigenlob gibt es wie üblich auch im Rheinland zuhauf. “Wir haben endlich ein Team, das die richtige Einstellung besitzt und auf das wir bauen können“, freut sich Fortuna-Präsident und -Macher Jean “Schäng“ Löring nach den ersten drei Spieltagen mit zwei Heimsiegen und einem Unentschieden in Mannheim. Nach einer enttäuschenden Vorsaison, in der sie nur dank eines furiosen Endspurts mit sieben Spielen ohne Niederlage im Mittelfeld landeten, ist in dieser Spielzeit das obere Tabellendrittel das erklärte Ziel von Trainer Jürgen Gelsdorf, der auf eine kompakte Defensive setzt. Sehr zum Leidwesen der beiden neuen Stürmer Thomas Brdaric (aus Düsseldorf) und Christoph Dengel (aus Kaiserslautern), die auf ihren Einsatz drängen. Aber auch in Frankfurt müssen die beiden mit der Bank Vorlieb nehmen, denn der Trainer setzt weiter auf seinen Einmann-Sturm mit dem bislang in jedem Saisonspiel erfolgreichen Torschützen Rainer Krieg, hinter dem Hey sowie Akonnor bei den erwarteten Kontern in die Spitze stoßen sollen.

Genug Eintrittskarten wurden diesmal wohl gedruckt, dennoch ist der Besucherantrag an diesem Nachmittag – es ist das erste offizielle Sonntagsspiel der Eintracht - so groß, dass die Begegnung erst mit fünfzehnminütiger Verspätung angepfiffen werden kann. Die noch immer wartenden Zuschauer verpassen allerdings nicht all zu viel, denn beide Mannschaften beschnuppern sich zunächst im vielbevölkerten Mittelfeld. Der gegenseitige Respekt ist spürbar, zudem müssen sich die Frankfurter offenkundig erst an ihre zum Teil ungewohnten Positionen gewöhnen. So ist Sicherheit Trumpf und beide Torleute können dem langweiligen Treiben in den ersten zwanzig Minuten gelassen zuschauen. Dann aber setzt Güntensperger mit einem feinen Hakentrick Gaudino auf der linken Seite ein, der sofort abzieht, aber an Torhüter Wessels scheitert, der sich noch breiter macht als er eh schon ist (22.).

Ansonsten bieten sie meist nur Stückwerk, Gaudino fehlen die Anspielstationen, denn die Spitzen sind sehr gut abgedeckt. Auf den Außenbahnen ist von Bindewald – von dem man dies als Manndecker auch kaum erwarten kann – sowie von Rossi rein gar nichts zu sehen und Abräumer Dickhaut weigert sich konsequent, am Spielgeschehen aktiv teilzunehmen. So agieren die Südstädter in der Folgezeit immer mutiger, übernehmen die Initiative und kommen zu ersten Chancen durch Schüsse aus der zweiten oder gar dritten Reihe. So prüfen Lottner, Krieg und Akonnor Torhüter Nikolov aus der Distanz, können diesen aber nicht überwinden (31./32.). Was vor allem Fortuna-Kapitän Dirk Lottner sehr ärgert: “Wir hätten führen müssen zur Pause. Stepanovic hat nach unserem Spiel gegen die Hertha gesagt, wir wären eine Schweinebande. Das wollten wir ihm heimzahlen.“


Vergrätscht: Akonnor gegen Gaudino

Daran scheitert die Schweinebande allerdings ebenso wie Pejovic beim Versuch, einen umsichtigen Libero zu spielen, so dass Dragoslav Stepanovic in der Pause reagiert, Dickhaut nach hinten schickt und den 1,96 Meter großen Serben ins defensive Mittelfeld beordert. Wo Pejovic prompt einen seiner berüchtigten weiten Bälle nach vorne holzt, den Güntensperger trotz zweier Gegenspieler mit dem Kopf zu Gaudino verlängern kann. Der 29-Jährige fackelt nicht lange und haut die Kugel aus acht Metern zum 1:0 in die Maschen (47.).

Köln reagiert sofort, lässt dadurch aber Lücken im Mittelfeld zu, welche die Eintracht prompt zu einem Konter nutzt. Über den glänzend aufspielenden Gaudino, Menze und Güntensperger kommt der Ball zu Ekström, der sich frei vor Torhüter Wessels die Ecke aussuchen kann, es aber mal wieder zu genau machen möchte und das Runde um Haaresbreite neben das Eckige schiebt (56.). So ein Mist, wieder fehlt die Cleverness, die Chancen auch reinzumachen. So geraten die Frankfurter immer stärker unter Druck. Sie kämpfen verbissen, auch der Einsatz stimmt, aber bis auf Gaudino verlegen sie sich jetzt darauf, den Ball einfach blind nach vorne zu schlagen, so dass die Fortuna prompt den nächsten Spielzug starten kann.

Der Frankfurter Trainer reagiert auf das heillose Durcheinander und bringt erst Dworschak für den schwachen Menze und dann Reuter sowie Becker für Ekström und Zchadadse (73./76.), während auch Jürgen Gelsdorf sein Wechselkontingent mit drei frischen Offensivkräften ausschöpft. Es läuft bereits die 79. Spielminute, nach einem rustikalen Einsatz von Pejovic vor dem Strafraum gibt es Freistoß aus halbrechter Position, den Lottner ausführt. Und wie, gefühlvoll schlenzt er die Kugel unhaltbar für Nikolov zum 1:1 ins lange Toreck. Die Kölner jubeln und noch während Kapitän Dirk Lottner seine Mitspieler auffordert, hinten gefälligst dicht zu machen, zieht Becker auf der rechten Außenbahn los und schickt Reuter, der sofort abzieht. Wessels kann den strammen Schuss nur abklatschen und Gaudino ist zur Stelle, um den Abpraller aus 14 Metern zur erneuten Führung zu versenken (80.). “Die machen aus Sch… Gold“, stöhnt der Fortuna-Kapitän nur.

Jetzt durchhalten, denn die Südstädter antworten sofort, aber wieder ist es Gaudino, der beim nächsten Gegenstoß zur Stelle ist, den Wessels diesmal leider parieren kann (83.). Aufgeschoben, ist nicht aufgehoben, nach einigen Minuten des verbissenen Abwehrkampfes löst er sich wieder aus der eigenen Hälfte, während Becker den Ball auf rechts nach vorne trägt. Gaudino fordert und bekommt die Kugel, wartet, bis sich Güntensperger von seinem Gegenspieler löst und flankt gefühlvoll in den Strafraum. Genau richtig für den Schweizer, der sich hochschraubt und das Leder zum 3:1 ins Netz köpft (89.). Was für eine Erleichterung, Gaudino rennt Richtung Trainerbank, wo ihn Dragoslav Stepanovic mit weit ausgebreiten Armen empfängt, während die Zuschauer völlig aus dem Häuschen sind.

"Maurizio Gaudino war in den letzten drei Jahren tot. Keiner wusste, wo er lebt - in Mexiko, England, Paraguay, Uruguay oder sonst wo. Jetzt ist er wieder da und hat gezeigt was für ein Weltklassespieler er noch immer ist. Er war immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“, lobt der Trainer überschwänglich, aber zu Recht den Mann des Tages. Denn kurz darauf ist es vollbracht, nach dem dritten Sieg im vierten Spiel steht die Eintracht gemeinsam mit Kaiserslautern an der Tabellenspitze. Die Hochstimmung bei Team und Umfeld ist dem Trainer allerdings kurz darauf schon nicht mehr geheuer. Also hebt er mahnend seinen Finger: “Ich muss die Mannschaft warnen, nicht zu viel vom Glück Gebrauch zu machen. Diesmal haben wir trotz des Sieges angesichts unserer Leistung einen kleinen Dämpfer bekommen.“


Die Eintracht sucht (noch immer) den Super-Präsidenten …

Über vier Monate ist es bereits her, seit das alte Präsidium um Matthias Ohms und Schatzmeister Joachim Erbs abgesetzt wurde und Dieter Lindner, Peter Röder und Wolfgang Knispel die Geschäfte übergangsweise leiten. Bereits vor drei Wochen erklärte Dieter Lindner, dass für ihn am 31. August als Präsident Schluss sei, doch daraus wird nichts. Denn im dichten Vereinsgestrüpp aus Wahlausschuss, Verwaltungsrat und rundem Tisch nebst VIP-Besserwissern verheddern sich die Kandidaten oder geben frustriert auf. Zudem ist die schlechte Finanzlage ein Hemmnis für einige Bewerber. Da nach dem “Bosmann-Urteil“ Spielerwerte nicht mehr als Sicherheiten für den bis zum 30. Juni laufenden BfG-Kredit über 4,5 Millionen Mark hinterlegt werden können, droht die Lizenzverweigerung für die kommende Spielzeit, sofern dieser nicht ohne Sicherung verlängert werden kann. Genug Gründe also, sich nicht einzubringen. Wer dennoch eine Bewerbung wagt, muss zunächst bei Sportdezernentin und Wahlausschuss-Leiterin Sylvia Schenk vorsprechen. Was nicht allen behagt, zumal die Absagen meist schnell bei der Presse landen. So wird dem früheren Geschäftsführer Reiner Schäfer ebenso wie Josef Wolf - der berühmte “Acht-Tage-Präsident“ von 1988 - schnell eine mediale Abfuhr erteilt, bevor der runde Tisch ein Urteil fällt.

"Gesucht wird wohl eine Mischung aus Mutter Teresa, Franz Beckenbauer und Roman Herzog“, lästert der ebenfalls durchgefallene Kandidat Peter Wössner, woraufhin Verwaltungsratssprecher Metz erbost erwidert: “Wir wollen einen Kandidaten, der eine Gallionsfigur ist." So legen sie sich insgeheim auf den Unternehmer und Honorar-Professor Jürg W. Leipziger fest, der aber beim Blick auf die Finanzlage und die Absage von Schatzmeister Knispel, mit ihm längerfristig zusammen zu arbeiten, ebenfalls die Reißleine zieht. So muss Dieter Lindner notgedrungen erst einmal weiter machen. (tr)

 

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