SV Waldhof Mannheim - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 1996/1997 - 3. Spieltag

1:2 (1:1)

Termin: 19.08.1996
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Koop (Boizenburg)
Tore: 1:0 Norbert Hofmann (8.), 1:1 Maurizio Gaudino (17.), 1:2 Urs Güntensperger (74.)

 

>> Spielbericht <<

SV Waldhof Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Marco Langner
  • Alois Schwartz
  • Andreas Wagenhaus
  • Michael Köpper
  • Jens Gerlach
  • Jürgen Luginger
  • Mirko Reichel
  • Fabrizio Hayer
  • Norbert Hofmann
  • Bjarki Gunnlaugsson
  • Andrzej Kobylanski

 


 

Wechsel

  • Marek Czakon für Jürgen Luginger (58.)
  • Thomas Epp für Bjarki Gunnlaugsson (58.)
  • Frank Scheuber für Fabrizio Hayer (66.)

Wechsel

Trainer

  • Klaus Schlappner

Trainer

 

 

Ein offener Schlagabtausch mit garantiert dem richtigen Sieger

“Beim Start war ich wegen einer Adduktorenverletzung bandagiert und gegen Zwickau habe ich fast nur mit links geschossen. Doch jetzt habe ich keine Probleme mehr“, erzählt Maurizio Gaudino vor dem Montagsspiel in seiner alten Heimat, in der er unter seinem Entdecker Klaus Schlappner den Durchbruch geschafft hat. Dragoslav Stepanovic hört dies natürlich gerne, denn den Trainer plagen Verletzungssorgen in seinem kleinen Kader. Neben Zchadadse, der sich im Training einen Muskelfaserriss zugezogen hat, muss Rudi Bommer ebenfalls aufgrund eines Muskelfaserrisses weiterhin pausieren und Neuzugang Rossi hat noch erheblichen Trainingsrückstand, so dass an einen Einsatz des Italieners aus Mexiko nicht zu denken ist. So beginnt Roth in der Defensive, Bindewald und Becker besetzen die Außenpositionen und Komljenovic spielt mit Menze vor der Abwehr.

Nachdem im Vorjahr der Zweijahresplan von Uli Stielecke gnadenlos scheiterte und sie sich statt auf den Aufstiegsrängen lange Zeit im Abstiegskampf tummelten, aus dem sie Klaus Schlappner wieder herausführte, sind sie vorsichtiger geworden am Waldhof. Nicht mehr der Aufstieg ist das Ziel, sondern nur noch “absolut oben mitzuspielen“, erklärt Präsident Wilfried Gaul. Da sie die Lizenz nur unter strengsten Auflagen erhalten haben, sind den Mannheimern zudem auf dem Transfermarkt genau wie der Eintracht die Hände gebunden, so dass der Trainer seinem Team “Zusammenarbeit“ als Motto auf den Weg in die neue Saison gibt. Doch nach nur einem Punkt aus den ersten beiden Spielen stehen sie unter Zugzwang und Klaus Schlappner fordert unverblümt: “Wir haben heute zu punkten.“ Da die Abwehr in den ersten Begegnungen alles andere als sattelfest war, hat der Trainer diese bereits beim Pokalauftritt beim Chemnitzer FC erfolgreich umgestellt, so dass auch heute Schwartz als Libero und Köpper als Manndecker vor der neuen Nummer eins Langner agieren werden. Im Sturm ersetzt Gunnlaugsson Czakon, der neben Kobylanski stürmen wird.

Es herrscht eine prächtige Stimmung im ausverkauften Carl-Benz-Stadion, weit mehr als 5000 Frankfurter haben die kurze Reise nach Mannheim gemacht, um ihre Mannschaft lautstark zu unterstützen. Was sie in der Anfangsphase auch wirklich nötig hat, denn die Hausherren legen wie angekündigt mit offenem Visier los. Das sieht gar nicht gut aus, denn bei der Eintracht klaffen große Lücken zwischen Abwehr und Mittelfeld, was Kobylanski prompt nutzt, um eine erste Flanke vor den Fünfmeterraum zu schlagen, die Wagenhaus um Stollenbreite verpasst (3.). Auch die Frankfurter legen bei Ballbesitz jetzt den Vorwärtsgang ein, aber in der eigenen Hälfte agieren sie weiter fast vogelwild. Schon wieder gibt es ein Missverständnis zwischen Roth und dem hypernervösen Menze vor dem eigenen Sechzehner, ein Waldhöfer geht dazwischen, wird aber von Menze zu Fall gebracht, so dass es Freistoß aus 18 Metern in halbrechter Position gibt. Hofmann schaut kurz auf und schlenzt die Kugel einfach ansatzlos ins kurze Torwarteck. Zum 1:0 für Waldhof, bei dem Nikolov, der in die tief stehende Sonne blicken musste, eine eher traurige Figur abgibt (8.).

Der Rückstand schockt die Frankfurter allerdings nicht. Im Gegenteil, vor allem Gaudino nimmt die Zügel in die Hand und initiiert mit viel Übersicht die Angriffe über wenige Stationen. Aber auch Waldhof hält sich nicht lange mit Ballsicherung auf, sondern spielt weiter nach vorne, so dass das Spiel hin und her wogt. In der 17. Minute sind die Gäste am Zug, diesmal geht es über die rechte Seite mit Becker, der ansonsten die eigenen Fans durch seine lässige Spielweise eher verärgert. Diesmal spielt er jedoch einen prima Doppelpass mit Güntensperger, um den Ball aus dem Lauf in die Mitte zu spielen. Gaudino kommt an die Kugel, düpiert den ihm entgegen stürzenden Torhüter Langner erst mit einem Lupfer, um sie dann volley zum 1:1 ins Netz zu zimmern. Während die Fans das tolle Tor noch bejubeln, kontert die Eintracht schon wieder über Gaudino, der für Ekström auflegt. Johnny zeigt zwar ein tolles Solo, will es aber wieder einmal zu genau machen. Statt einfach halbhoch zu schießen, versucht er ihn ins zu Toreck zirkeln. Der Ball will aber nicht und segelt knapp über die Latte (18.).

Waldhof legt noch einen Gang zu und spielt trotz der Kontergefahr mutig nach vorne, während die Eintracht jede sich bietende Gelegenheit nutzt, um ebenfalls schnell Richtung Mannheimer Strafraum zu kommen. Das Spiel macht Spaß, auch wenn die offene Defensive auf beiden Seiten Schlappner die Glatze und Stepanovic die Locken sicher kräuseln lässt. Dafür ist Nikolov nun auf dem Posten und kann einen Kopfball des freistehenden Lugingers mit einem tollen Hechtsprung aus der unteren Ecke fischen (26.). Die Abwehr bleibt hingegen wackelig bei den Gästen, lediglich Pejovic erweist sich als Fels in der Brandung, in dem er einen Ball nach dem anderen aus dem Strafraum köpft oder schlägt. Hinten vogelwild und vorne fahrlässig mit den Möglichkeiten. Diesmal will es Güntensperger nach kurzem Sprint zu genau machen und setzt seinen Schuss Zentimeter neben den rechten Pfosten (36.). Da Waldhof sein Zielwasser ebenfalls verlegt hat, geht es nicht mit einem 3:3 sondern nur mit dem 1:1 in die Halbzeit.

Ohne Wechsel geht das Spiel im zweiten Abschnitt mit viel Angriffswucht und hinten offenen Scheunentoren weiter. Wechselhaft wie das Spielgeschehen bleibt auch Nikolov im Kasten der Frankfurter, der erst einen harmlosen Freistoß von Hoffmann durch die Hände flutschen lässt, so dass Pejovic klären muss, dafür nur eine Minute später einen Kopfball von Hayer mit einer fantastischen Reaktion zur Ecke klärt (51.). Konsequent fahrlässig bleiben sie im Angriff, diesmal setzt Komljenovic Ekström mit einem tollen Pass in die Gasse in Szene, aber erneut scheitert der Schwede mit seinem unplatzierten Schuss an Langner (53.).

Ein Zähler reicht ihm nicht und so setzt Klaus Schlappner alles auf eine Karte. Für Luginger und Gunnlaugsson kommen mit Czakon sowie Thomas Epp, der in der nächsten Saison das Eintracht-Trikot tragen wird, gleich zwei neue Stürmer (58.). Tatsächlich legen die Hausherren noch einen Zahn zu und bringen die Eintracht in dieser Phase ziemlich in Bedrängnis. Aber Kobylanski und Reichel können ihre guten Chancen nicht nutzen, während die Eintracht jetzt in die Lücken stößt, gegen die selbst Scheunentore wie Mauselöcher wirken. Roth ist es diesmal, der einen wunderschönen Pass aus der eigenen Hälfte Richtung Güntensperger schlägt, der sich rechtzeitig gelöst hat. Diesmal behält er nach seinem Sprint die Nerven und überwindet den sich ihm entgegen stürzenden Langner mit einem geschickten Heber zur 2:1-Führung für die Eintracht (74.).

Waldhof reagiert mit wütenden Angriffen, aber Nikolov und die Latte wachsen jetzt über sich hinaus. Zunächst entschärft der 22-Jährige zwei platzierte Schüsse von Reichel und Luginger, dann rettet erst die Unterkante der Latte bei einem Hammer von Kobylanski und dann Nikolov beim Nachschuss des 26-jährigen Polen (85.). Klasse, wie sie jetzt alle für den ersten Auswärtssieg im Jahr 1996 kämpfen, selbst Gaudino packt kurz vor Schluss die Sense gegen Luginger aus, um sich die gelbe Karte redlich zu verdienen. Die bekommt auch Pejovic, nachdem er Epp mit einer Grätsche in die seitliche Werbebande haut, sich vor ihm drohend aufbaut und ihm ein paar nette Worte zubrüllt. Und nachdem Nikolov einen letzten Kracher von Luginger entschärfen kann, ist er vollbracht, der erste Auswärtssieg der Eintracht seit dem 6. Mai 1995 (1:0 in Bochum). Ein verdienter Erfolg für den neuen Tabellenzweiten, denn die Frankfurter waren über weite Strecken die technisch bessere Mannschaft und hatten zudem die klareren Tormöglichkeiten. Was sie vor den jubelnden Fans ausgiebig feiern. (tr)


Stimmen zum Spiel

Dragoslav Stepanovic: “Die Mannschaft ist zusammengerückt, hat eine sehr gute Leistung gezeigt und verdient gewonnen. Aber die Unterstützung unserer Fans war auch einfach großartig. Da standen 8000 Fans hinter unserem Tor und hätten sich am liebsten in den letzten acht Minuten alle ins Tor gestellt, um es dicht zu machen. Ich bedanke mich bei all denen, die die ersten Erfolge ermöglicht haben. Schließlich war ich selbst anfangs auch nicht so überzeugt."

Bernd Hölzenbein über Gaudino: “Er ist ein absolutes Vorbild.“

Maurizio Gaudino: “Es macht einen Riesenspaß mit dieser Mannschaft. Diese Glücksmomente will ich genießen."

 

 

>> Spieldaten <<

 

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