Werder Bremen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1985/1986 - 10. Spieltag

4:0 (1:0)

Termin: Sa 05.10.1985, 20:00 Uhr
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Horst-Peter Bruch (Bischmisheim)
Tore: 1:0 Michael Kutzop (21., Foulelfmeter), 2:0 Bruno Pezzey (46.), 3:0 Frank Ordenewitz (71.), 4:0 Frank Ordenewitz (83.)

 

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Werder Bremen Eintracht Frankfurt

  • Dieter Burdenski
  • Bruno Pezzey
  • Michael Kutzop
  • Yasuhiko Okudera
  • Norbert Meier
  • Wolfgang Sidka
  • Benno Möhlmann
  • Thomas Wolter
  • Mirko Votava
  • Frank Ordenewitz
  • Frank Neubarth

 


 

Wechsel
  • Günter Hermann für Norbert Meier (78.)
Wechsel
Trainer
  • Otto Rehhagel
Trainer

 

Brav und bieder

Die Schlüsselszene, nach einer guten Viertelstunde, spielte sich am Rande des Spielfeldes ab. Thomas Berthold kehrte dem Spiel den nackten Rücken, tauschte sein vorn zerrissenes Trikot gegen ein frisches Leibchen mit der Nummer 8. Typisch: Die Frankfurter Eintracht ist ordentlich, da fliegen keine Fetzen. So auch beim 0:4 (0:2) gegen Werder Bremen. Nun ist eine Niederlage beim unbesiegten Bundesliga-Spitzenreiter wahrhaftig keine Schande. Aber so brav und bieder darf sich natürlich keine Profi-Mannschaft in ihr Schicksal ergeben.

Ohne Torjäger Rudi Völler kam Werder Bremen am Samstagabend zu einem verdienten 4:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt Dabei galten die Hessen fast schon als Angstgegner nach einem Sieg und einem Unentschieden in den vergangenen zwei Jahren im Weserstadion.

Doch die Eintracht fand in der ersten Halbzeit nie zu ihrem Spiel, blieb ängstlich in ihren Aktionen und ließ vor allem eines vermissen: Torgefährlichkeit. Anders die Gastgeber, die allerdings ein Geschenk von Jürgen Pahl benötigten, um in Schwung zu kommen. Der Torwart der Frankfurter foulte Ordenewitz im Strafraum, als dieser kaum noch die Möglichkeit hatte, an den Ball zu kommen. Kutzop verwandelte den Elfmeter sicher.

Bei den Bremern war erstmalig nach seinem Bänderriß Benno Möhlmann wieder dabei. Und der Kapitän fügte sich nahtlos ein. Ja, er wurde zur spielbestimmenden Person, weil er rackerte, als habe es die schwere Verletzung nie gegeben. Auf der Gegenseite tat sich Nationalspieler Berthold schwer, den eigenen Angriffen Druck zu verleihen und Ordnung in die Aktionen zu bringen.

Quasi mit dem Pausenpfiff erzielte ausgerechnet der Ex-Frankfurter Bruno Pezzey das 2:0. Er schaltete nach einer Kopfballvorlage von Möhlmann am schnellsten. Nach dem Wiederanpfiff warfen die Frankfurter alles nach vorne. Libero Theiss schaltete sich immer wieder in die Angriffe ein. Aber er blieb ebenso erfolglos, wie die stumpfen Spitzen Friz, Bühler und der später eingewechselte Krämer.

Durch die offensive Spielweise, die meistens am Bremer Strafraum ihr Ende fand, boten sich reihenweise Konter für den SV Werder. Zwei davon nutzte Frank Ordenewitz eiskalt zum 4:0-Endstand.

„Wir können nicht mehr knüppeln“

„Dabei hatten wir wirklich Bammel vor diesem Spiel“, sagte Rudi Völler in Erinnerung an die beiden letzten Heimspiele gegen die Eintracht (2:3, 3:3). Doch nicht einmal das Fehlen des Bremer Torjägers veranlaßte die Frankfurter, die Ärmel hochzukrempeln und in die Hände zu spucken.

Die Eintracht blieb ordentlich, wurde nicht zu einem „dreckigen Dutzend“, sondern benahm sich wie eine Schar Ministranten, die sich in eine Disco verirrt hat: Sie spielte anständig, nett und brav, schön und sauber — bis zur Strafraumgrenze. Dahinter richtete keiner Schaden an. Ihre mangelnde Gefährlichkeit wirkt niederschmetternd, nicht erst seit Bremen. In zehn Bundesligaspielen hat die Eintracht ganze neun Tore erzielt (davon drei durch Elfmeter) — so wenig wie kein anderer Klub. „Bis zum Strafraum hat die Eintracht nicht so schlecht gespielt, aber vorne fehlt ihr ein Torschütze, fehlt der Abschluß“, sagte Otto Rehhagel und sagte damit dem Kollegen Dietrich Weise nichts Neues.

Der Eintracht-Trainer: „Vorn fehlt uns Athletik, Wucht. Ich wünschte, unsere Stürmer wären nur halb so resolut wie dieser Neubarth.“ Das bleibt wohl ein Wunschtraum. Nun richtete der beispielhafte Neubarth noch nicht einmal Unheil an, vergab sogar hochkarätige Chancen, „aber wie er mit Haken und Ösen zur Sache geht, davon können sich unsere vorn eine Scheibe von abschneiden“, sagte sein Gegenspieler Karl-Heinz Körbel, der in der Pause in der Kabine laut wurde und seiner Mannschaft vorwirft: „Wir können nicht mehr knüppeln.“

Krämer und Friz sind nun für das Spiel gegen Mönchengladbach das nächste Hoffnungs-Pärchen, nachdem bei Uwe Bühler „die Grenzen der Geduld“ auch bei Dietrich Weise erreicht sind, der Trainer dessen Verpflichtung mittlerweile auch als Fehleinkauf auf seine Kappe nimmt. Weise: „Keine Frage, ich bin von Uwe maßlos enttäuscht.“ Was aber, wenn nun der arme Harald Krämer nicht Frankfurts Frank Neubarth wird? Weise: „Man muß sich Gedanken machen, einen neuen Stürmer zu verpflichten, und die mache ich mir nicht erst seit Bremen.“ Fest steht: So brav und bieder wie in Bremen, macht die Frankfurter Eintracht ihre nächsten Gegner bestimmt nicht nieder, und die heißen immerhin Borussia Mönchengladbach, Bayern München und Stuttgart. (Abendpost-Nachtausgabe)

 

 

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