Bayer Leverkusen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1983/1984 - 20. Spieltag

2:2 (2:0)

Termin: Sa 04.02.1984, 15:30 Uhr
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Gerhard Theobald (Wiebelskirchen)
Tore: 1:0 Herbert Waas (7.), 2:0 Herbert Waas (32.), 2:1 Jan Svensson (57.), 2:2 Uwe Müller (90.)

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Bayer Leverkusen Eintracht Frankfurt

  • Rüdiger Vollborn
  • Walter Posner
  • Dieter Bast
  • Jürgen Gelsdorf
  • Wolfgang Patzke
  • Rudolf Wojtowicz
  • Peter Hermann
  • Jürgen Röber
  • Wolfgang Vöge
  • Bum-Kun Cha
  • Herbert Waas

 


 

Wechsel
  • Roman Geschlecht für Wolfgang Patzke (66.)
  • Thomas Zechel für Herbert Waas (79.)
Wechsel
Trainer Trainer

 

Der Joker sticht unterm Bayer-Kreuz

In der Woche vor dem Spiel bei Bayer 04 Leverkusen gibt es einiges zu tun für die Verantwortlichen der Eintracht - und zwar sowohl für den sportlichen als auch für den administrativen Part der Vereinsführung. Für Trainer Weise gilt es, die Spieler nach dem unglücklichen 2:2 gegen Uerdingen wieder aufzurichten. Bis eine Minute vor Abpfiff hatte es so ausgesehen, als könne die Eintracht ihren zweiten Saisonsieg verbuchen. Doch dann kam das dicke Ende in Form eines Fehlers von Körbel und des Ausgleichs durch Friedhelm Funkel.

Parallel müssen sich die Verantwortlichen Gedanken zur nächsten Saison machen, bei der nicht klar ist, in welcher Liga die Eintracht antreten wird. Eine Fülle auslaufender Verträge machen diese Planung jedoch nicht einfacher, denn bei Pahl, Jüriens, Fruck, Borchers, Körbel, Sziedat, Schreml und Trieb laufen die Verträge mit dem Ende der aktuellen Saison aus, Mohr hat lediglich einen Vertrag für die Bundesliga. "Wir werden die Gespräche nicht auf die lange Bank schieben. Die Spieler sollen wissen, woran sie sind", so Präsident Klaus Gramlich. "Wen wir halten wollen, den wollen wir auch für die Zweite Liga halten", macht der Präsident deutlich. "lediglich die Bezahlung wird eine Klasse tiefer dementsprechend geringer sein." Fest einplanen kann Gramlich auf jeden Fall den Trainer, denn sein Vertrag gilt auch für die Zweite Liga.

Gute Nachrichten gibt es derweil aus der Frankfurter Uniklinik. Dort wurde Richard Kress am Freitag letzter Woche am Herzen operiert und eine künstliche Aortaklappe eingesetzt. Eine Woche nach der erfolgreichen Operation ist der schnelle Rechtsaußen der Meister von 1959 auf dem besten Wege zur Gesundung und kann das Bett bereits verlassen.

Gegenüber der Startaufstellung gegen Uerdingen nimmt Coach Weise keine Änderungen vor. Pahl wird also das Tor hüten, Berthold, Kraaz, der es mit dem Nationalspieler Herbert Waas zu tun haben wird, Sziedat und Körbel den Abwehrblock bilden. Für Letztgenannten ist das heutige Spiel durchaus ein besonderes, denn er ist der Gegenspieler von Bum-Kun Cha, mit dem er seit dessen Frankfurter Zeit befreundet ist. Beim ersten Aufeinandertreffen der beiden hatten sich freilich weder der Koreaner noch der Dossenheimer freundschaftlich zurückgehalten. Denn am dritten Spieltag erzielte Cha das zwischenzeitliche 1:1, Karl-Heinz Körbel war kurz vor Schluss Torschütze zum 2:2, das letztlich auch das Endergebnis bedeutete. Mit einem 2:2 wie im Hinrundenspiel wären die Frankfurter auch dieses Mal zufrieden. Die Chancen darauf stehen gar nicht so schlecht, denn auch in der letzten Saison konnte die Eintracht beim 1:1 - das Frankfurter Tor schoss übrigens Cha - am 19. Spieltag in Leverkusen punkten und damit den ersten Auswärtspunkt in der Spielzeit 82/83 holen.

Falkenmayer, Kroth, Trieb und Borchers sollen im Mittelfeld die Fäden ziehen, im Sturm Bodo Mattern und Svensson für Tore sorgen. "Mattern hat seine Sachen gegen Uerdingen sehr gut gemacht", so Weise. "Ich bin froh, dass nun auch im Angriff ein echter Konkurrenzkampf entbrannt ist." Für Uwe Müller bleibt nur die Rolle auf der Bank, Tobollik fällt sogar ganz aus dem Kader, denn, so Weise, "auswärts ist Cezary keine Alternative. Er muss erst kapieren, dass in der Bundesliga ohne Kampfgeist überhaupt nichts geht." Die restlichen Plätze aus der Auswechselbank nehmen Sievers, Schreml und Jüriens ein.

Auch Weises Konterpart Dettmar Cramer, der im De-facto-Tausch gegen Gyula Lorant im Dezember 1977 von den Bayern zur Eintracht kam, mangels Erfolg bereits im Juni 1978 die Konsequenzen zog und eine Option zur Vertragsverlängerung nicht wahrnahm, kann aus dem Vollen schöpfen - freilich auf höherem, durch Einkäufe für mehr als drei Millionen Mark aus der Bayer-Werkskasse zu Beginn der Saison manifestierten, Niveau als die Sparkurs-Eintracht. Zwar muss er auf seinen torgefährlichen Mittelfeldspieler Thomas Hörster verzichten, der verletzt ist, mit Waas, Cha und Vöge stehen ihm aber durchaus treffsichere Angreifer zur Verfügung. Auch die Defensive des Werksclubs ist unter anderem mit Torhüter Vollborn sowie Bast und Gelsdorf ordentlich besetzt.

Es ist kalt und Leverkusen keine Fußballstadt. Daher ist es kaum verwunderlich, dass sich nur knapp 8.000 Zuschauer im Haberland-Stadion eingefunden haben, als Schiedsrichter Gerhard Theobald aus Wiebelskirchen um 15:30 Uhr das Heimspiel des Tabellen-7. gegen den 17. anpfeift.

Mit jugendlicher Unbeschwertheit geht die Eintracht ans Werk. Doch nicht das Leverkusener Tor gerät durch die Angriffsbemühungen der Frankfurter unter Druck, vielmehr schafft der Offensivdrang der Weise-Bubis Platz für die beiden schnellen Leverkusener Stürmer Waas und Cha. Bereits in der 7. Minute ist es soweit - das Ansinnen der Eintracht, mitspielen zu wollen, wird bestraft. Herbert Waas schnappt sich in der eigenen Hälfte den Ball, spielt erst Kroth, dann Körbel aus und wird erst im Strafraum von Kraaz und Sziedat gestellt. Doch die beiden Defensiven werden sich nicht so recht einig, lachender Dritter ist Waas, der den Ball noch einmal zurückerobern und aus kurzer Distanz zum 1:0 für den Gastgeber einschießen kann.

Nun ist die Eintracht zum offenen Schlagabtausch, der in den ersten Minuten freiwillig gesucht wurde, gezwungen. Schließlich soll möglichst schnell der Ausgleichstreffer her. So versucht sich Ronald Borchers, beweist mit seinen Schüssen aber nur, dass der erfolgreiche Torabschluss nicht unbedingt zu seinen Stärken zählt. Falkenmayer wirkt ungewohnt fahrig und unmotiviert, Thomas Bertold ist in der ihm zugedachten Rolle als offensiver Verteidiger sichtlich überfordert.

Effizienter treten dafür die Leverkusener auf. In der 19. Minute ist es erneut Waas, der die Frankfurter Abwehr bei einem Konter düpiert und eine Flanke nach innen zieht. Dort steht Cha und köpft den Ball ins Frankfurter Tor. Doch der Treffer zählt nicht, der Linienrichter signalisiert, dass der Ball zuvor die Torauslinie überschritten habe.

Nach einer guten halben Spielstunde ist es dann aber soweit: Jürgen Röber spielt Waas an, der dreht sich mit dem Ball am Fuß, gibt einen Flachschuss ab, der, abgefälscht, Jürgen Pahl überrascht und zum 2:0 für den Werksclub im Netz landet.

Nur drei Minuten später fällt der Anschlusstreffer für die Eintracht, als Vollborn einen Kopfball von Mattern nicht festhalten kann und Svensson den Ball regelgerecht über die Linie drückt. Allein der Schiedsrichter sieht es anders und entscheidet - wie eine spätere Sichtung der Fernsehbilder zeigen wird, fälschlicherweise - auf "gestrecktes Bein gegen den Torhüter" und auf Freistoß für Leverkusen.

Kurz vor der Pause bremst Körbel seinen Freund Cha auf eher rustikale Weise - die logische Konsequenz aus dem Foul ist die vierte Gelbe Karte für den Mannschaftskapitän in der laufenden Saison, die ihn im nächsten Heimspiel gegen Arminia Bielefeld auf die Tribüne verbannen wird.

Wohl passende, freilich nicht überlieferte Worte findet Trainer Weise in der Halbzeitpause. Denn nach Wiederanpfiff geht die Eintracht frisch zu Werke, profitiert von den zahlreichen Abspielfehlern des Gegners und übernimmt, je weiter das Spiel fortschreitet, mehr und mehr das Kommando auf dem Platz.

Kann Posner den Anschlusstreffer in der 54. Minute noch verhindern, als er einen Kopfball von Thomas Berthold von der Linie kratzt, ist es drei Minuten später endlich geschafft: Ronald Borchers legt den Ball auf Thomas Kroth, dessen Schuss erfährt durch Svensson eine Kurskorrektur, und der Ball findet seinen Weg an Vollborn vorbei ins kurze Eck. Nun drängt die Eintracht auf den Ausgleich, Vollborn muss zwei Weitschüsse von Kroth und Borchers abwehren. Eine Viertelstunde vor dem zu erwartenden Abpfiff greift Trainer Weise ins Spiel ein, wechselt den Mittelfeldakteur Trieb aus und bringt mit Uwe Müller einen weiteren Stürmer.

Auf dem Platz sieht sich Leverkusen in die Defensive gedrängt, die wenigen Konter der Platzherren werden von Körbel, Kraaz und Co souverän abgefangen. Die letzten drei Minuten sind dann nichts für schwache Nerven.

In der 88. Minute wird Bodo Mattern von Posner gefoult, den fälligen Freistoß zieht Falkenmayer aufs Tor, doch der Erfolg der Frankfurter Versuche, diesen Ball in den Kasten zu bugsieren, wird zweimal von Leverkusenern auf der Linie verhindert. Anschließend tritt Falkenmayer auf den Plan, als ihm Posner eine Ecke von Borchers direkt vor die Füße köpft. 'Falke' zieht ab und trifft die Unterkante der Latte. Nun will Bodo Mattern die Kugel endgültig per Kopf ins Tor befördern, wird von Svensson behindert, der den Ball zwar Richtung Tor lenkt, dort aber von Bast von der Linie geschlagen wird.

Die 90. Minute. Die Eintracht wirft alles nach vorne. Ralf Falkenmayer schlägt einen Ball in den reichlich mit Spielern angefüllten Strafraum. Bast verpennt, Röber verfehlt, Mattern kommt nicht an den Ball. Goldrichtig reagiert dafür Joker Uwe Müller und bugsiert die Kugel aus dem Gewühl heraus zum Ausgleich ins Tor.

Die Frankfurter jubeln und erwarten den Abpfiff. Doch Schiedsrichter Theobald bittet die Mannschaften zur Mittellinie und bedeutet, dass er nachspielen lassen werde. Leverkusen will diese Zusatzminuten nicht ungenutzt verstreichen lassen und schaltet um auf Angriff. Die Herzen der Eintrachtspieler stehen fast still, als ein hoher Ball in den Frankfurter Strafraum den Weg zum freistehenden Cha findet. Der Koreaner versucht, den Ball mit der Hacke ins Frankfurter Tor zu lenken, doch Pahl reagiert prächtig und hält das Unentschieden fest. Eigentlich kann Cha sich sogar glücklich schätzen, das 3:2 nicht erzielt zu haben, denn "... bei aller Freundschaft, aber dann hätte ich ihn erschossen", wird nach dem Spiel Karl-Heinz Körbel augenzwinkernd erklären, welcher Gefahr sich der schussstarke und trickreiche Koreaner im Erfolgsfall ausgesetzt hätte. Cha, der bei dieser Aussage neben dem Frankfurter Kapitän steht, lächelnd schweigend.

Mit elf Punkten bleibt die Eintracht auf dem vorletzten Tabellenplatz, zwei Punkte vor dem Club aus Nürnberg und zwei Punkte hinter dem Vizemeister von 1959, der zurzeit den Relegationsplatz 16 belegt. Zwei Heimspiele stehen jetzt auf dem Programm: Zunächst geht es am nächsten Spieltag gegen die Arminen aus Bielefeld, die heute einen 1:0-Heimspielerfolg gegen den Club aus Nürnberg verbuchen konnten. Anschließend kommt mit der Mannschaft aus Bieber, die an diesem Wochenende den 1. FC Köln mit 2:0 bezwingen konnten, einer der ärgsten Konkurrenten der Eintracht beim Gerangel um einen möglichen Klassenerhalt ins Waldstadion. (fgo)


Stimmen zum Spiel

Dettmar Cramer: "Ich habe gewusst, dass Frankfurt eine bessere Mannschaft hat, als der Tabellenplatz aussagt. Mein Team hat die Erwartungen nicht erfüllt. Die Frankfurter haben bravourös gekämpft, sie wurden für ihr riesengroßes Laufpensum und für ihre kluge Spielanlage zurecht mit dem Ausgleich belohnt."

Dietrich Weise: "Ich war letzte Woche nicht so deprimiert wie die Spieler und bin heute nicht so euphorisch. Wir haben endlich einmal das Glück gehabt, das uns bislang fehlte. Obwohl der Ausgleich erst in der letzten Sekunde gefallen ist, haben wir uns den Punkt redlich verdient."

Karl-Heinz Körbel: "Wir haben das Glück erzwungen."

Uwe Müller: "Ich hatte einfach Glück, dass drei Leverkusener über den Ball getreten haben."

Thomas Kroth: "Wir wissen jetzt, dass wir es schaffen können, aber wir wissen auch, dass wir noch 14 weitere Schlachten zu schlagen haben."

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