FC Sochaux - Eintracht Frankfurt

UEFA-Cup 1980/1981 - Achtelfinale, Rückspiel

2:0 (2:0)

Termin: 10.12.1980
Zuschauer: 12.000 
Schiedsrichter: van Langenhove (Belgien)
Tore: 1:0 Bernard Genghini (17.), 2:0 Patrick Revelli (44.)

>> Spielbericht <<

FC Sochaux Eintracht Frankfurt

  • Albert Rust
  • Jean-Pierre Posca
  • Jean-Luc Ruty
  • Jaques Bonneway
  • Abdel Djaadaoui
  • Zvonjo Ivesic
  • Patrick Revelli
  • Eric Benoit
  • Yannick Stopyra
  • Bernard Genghini
  • Philippe Anziani

 


 

Wechsel
  • Sali Durkalic für Jean-Pierre Posca (68.)
Wechsel
Trainer
  • René Hauss
Trainer

 

Ängstliche Schneehasen

Durchaus optimistisch tritt die Eintracht die Reise zum Achtelfinal-Rückspiel im UEFA-Cup nach Sochaux an. "Normalerweise darf nichts passieren", glaubt Kapitän Bernd Hölzenbein, und Eintracht-Trainer Lothar Buchmann appelliert an die Lernfähigkeit seines Teams: "Wenigstens weiß die Mannschaft jetzt, dass sie sich von der ersten bis zur letzten Minute konzentrieren muss." Aber auch René Hauss, der Trainer des Peugeot-Werksteams, gibt sich zuversichtlich: "Wir gehen voll auf Offensive. Schon ein 2:0 reicht uns."

Dass es in der französischen Kleinstadt, die zwar nur 6.000 Einwohner, aber als Standort des größten Automobilwerks von Peugeot mehr als doppelt so viele Arbeitsplätze aufweist, hart auf hart gehen wird, zeigt sich schon bei der Ankunft am Dienstag. Der Platz im Stadion Auguste-Bonal ist mit einer fünf Zentimeter hohe Pulverschneeschicht bedeckt, der Boden darunter ist vereist. Ein Training auf diesem Platz wird der Eintracht nicht erlaubt, um die Platzverhältnisse nicht weiter zu verschlechtern und dadurch die Durchführung des Spiels nicht zu gefährden. Und auch das Ausweich-Trainingsgelände, ein Hartplatz, ist vereist. Da Buchmann kein Interesse verspürt, zum Training in eine angebotene Halle zu wechseln, reduzieren sich die Vorbereitungen auf einige Läufe und gymnastische Übungen am Spielfeldrand.

Ein Machtwort hat derweil das Präsidium der Eintracht am Montagabend zum schwelenden Streit zwischen Trainer Lothar Buchmann und Bernd Nickel gesprochen. Nickel erhält ob seiner Kritik am Trainer einen formellen Verweis, den Eintracht-Vizepräsident Dieter Lindner folgendermaßen begründet: "In jedem Lizenzspielervertrag gibt es eine Klausel, wonach es den Spielern verboten ist, zu vereinsinternen Angelegenheiten öffentlich Stellung zu beziehen. Wer über die Stränge schlägt, muss dafür die Konsequenzen tragen."

Nun, Nickel fährt mit nach Sochaux und findet dort auch einen Platz in der Startaufstellung. Für Stefan Lottermann bleibt daher vorerst nur der Platz auf der Bank. Nicht spielen kann Harald Karger, dessen Einsatz von Kapitän Bernd Hölzenbein zwar gewünscht wird, der aber erneut Schmerzen im rechten Knie verspürt.

Schon kurz nach dem Anpfiff zeigt es sich, dass die Franzosen mit den widrigen Platzbedingungen - noch beim Einlaufen wünscht sich Libero Pezzey Langlaufski statt Fußballschuhe - besser zurecht kommen. Dirigiert von Bernard Genghini, der von Benoit und dem Jugoslawen Ivecic unterstützt für eine deutliche Überlegenheit der Werksmannschaft im Mittelfeld sorgt, schießen sie aus allen Lagen und schlagen Bälle in den Strafraum auf die beiden Stürmer Revelli und Stopyra.

Revelli ist es auch, der das Spiel de facto bereits in der 14. Minute entscheidet. Denn bei einem Zusammenstoß mit dem französischen Stürmer verletzt sich Torhüter Pahl, bleibt aber sichtbar humpelnd in seinem Kasten. Derart in seinen Bewegungsabläufen eingeschränkt, ist er drei Minuten später chancenlos, als der Ball nach einem Schrägschuss von Genghini von Revelli abfälscht wird und langsam ins Tor trudelt.

Trotz ihres wenig überzeugenden Spiels gelingt der Eintracht nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer der Franzosen fast der Ausgleich. Bezeichnend dabei, das weder der bei Ruty komplett abgemeldete Bum-Kun Cha noch Norbert Nachtweih, den Buchmann als zweite Spitze agieren lässt, beteiligt sind. Vielmehr ist es Bernd Nickel mit einer seiner wenigen guten Szenen in diesem Spiel, der Bruno Pezzey per Freistoßflanke bedient. Doch der Kopfball des Österreichers landet am Gebälk des vom wenig beschäftigten Rust gehüteten Tores. Kurz danach ist für Pahl das Spiel vorbei - mit Verdacht auf einen Wadenbeinbruch wird er ausgewechselt. Für ihn steht nun Klaus Funk im Tor, der von Trainer Buchmann den Vorzug vor Joachim Jüriens erhielt.

Kurz vor der Pause dann der nächste Schock für die Eintracht. Einen Schuss von Genghini kann Funk nur unglücklich abwehren, den Abpraller setzt Revelli zum 2:0 ins Netz. In diesem Moment ist die Eintracht - so denn sich am Spielstand nichts ändert, - aus dem UEFA-Cup ausgeschieden.

Den Totalausfall im Sturm sollen nach der Pause Pezzey und Hölzenbein kompensieren, die nach vorne beordert werden. Doch vor allem dem großen und wuchtigen Österreicher ist anzumerken, dass ihm der glatte Schneeboden deutliche Schwierigkeiten bereitet. Mit der Einwechslung von Stefan Lottermann für den enttäuschenden Nachtweih will Buchmann mehr Schwung in die Angriffsformation bringen. Doch offensiv klappt heute wenig, auch Neuberger, im Hinspiel noch einer der Aktivposten, ist vor allem damit beschäftigt, Halt auf dem rutschigen Boden zu finden.

Einzig Borchers gelingen einige gute Flanken, die in der Mitte keinen Abnehmer finden. Und so ist Sochaux, das nun Platz für Konter hat, dem 3:0 näher als die Eintracht dem Anschlusstreffer. So klatscht in der 54. Minute ein Kopfball Stopyras an die Latte und verhindert Funk in der 77. Minute nacheinander gegen Stopyra und Durkalic mit zwei Paraden ein weiteres Erfolgserlebnis der Franzosen. Drei Minuten vor Schluss hat Cha die Chance, sein bislang schlechtes Spiel vergessen zu machen. Doch zunächst allein vor dem gegnerischen Tor schafft es der Koreaner nicht, Torhüter Rust, der hilflos auf dem Boden sitzt, zu überwinden, sondern lässt sich in letzter Sekunden vor dem erfolgreichen Abschluss von Djaadaoui den Ball abnehmen. Mit einer Chance von Borchers, dessen Torstoß im Strafraum abgeblockt wird, endet das Spiel - nicht die Eintracht, sondern der FC Sochaux zieht in das Viertelfinale des UEFA-Cups ein (und wird im Halbfinale an AZ Alkmaar scheitern). Eine mögliche Titelverteidigung haben die Frankfurter allerdings nicht in Frankreich verspielt, sondern schon durch zwei unnötige späte Gegentore beim 4:2 im Hinspiel. (fgo)


Stimmen zum Spiel

Lothar Buchmann: "Für uns ist dies eine furchtbare Niederlage, die aber aufzeigt, wo unser Problem liegt: in unserer Nachlässigkeit und Überheblichkeit. Wir haben Sochaux durch die beiden Gegentore im Hinspiel dermaßen aufgebaut, dass die Franzosen jeglichen Respekt vor uns verloren hatten. Wir zeigten keine Courage und spielten in der ersten Halbzeit überängstlich. Keiner riskierte eine Schramme. Es wird eine Zeitlang dauern, um dieses Ausscheiden zu überwinden."

René Hauss: "Ich glaube, wir haben uns verdient für das Viertelfinale qualifiziert. Wir hatten das Spiel in der ersten Halbzeit total im Griff und gestatteten Frankfurt über die gesamten 90 Minuten nur eine Torchance durch Pezzey. In der zweiten Halbzeit machten die Frankfurter zwar mehr Druck, doch am Ende hätten wir sogar noch das 3:0 erzielen können. Es war das beste Spiel unserer Mannschaft in dieser Saison. Wir sind überglücklich, dass wir weitergekommen sind."

Achaz von Thümen: "Das war sicher die teuerste Niederlage, die ich in meiner Präsidentenzeit erlebt habe. Schlimmer war nur noch das 3:5 in St. Pauli. Ich habe jedoch beim UEFA-Beobachter Beschwerde eingelegt, weil uns die Franzosen über den Tisch gezogen haben. Sie wussten, warum sie uns nicht vorher im Stadion trainieren ließen, wie es der Verband vorschreibt."

Dieter Lindner: "Wir haben in Sochaux mindestens eine Million Mark, wenn nicht gar eineinhalb Millionen verspielt. Die Folgen sind noch nicht abzusehen."

Udo Klug: "Unsere Mannschaft erkennt zu spät, wann sie konzentriert und kühl bleiben muss."

Bruno Pezzey: "Ich verstehe nicht, warum wir auf diesem Boden spielerisch glänzen wollten, Bälle stoppen, sicher zuspielen, in den freien Raum passen. Das war doch alles Mist. Hier zählt doch nur knüppeln, kämpfen, Zweikampfe gewinnen, dem Gegenspieler keinen Zentimeter Raum lassen. Aber wir wagten uns ja höchstens auf fünf Meter an die Franzosen heran."

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg