Eintracht Frankfurt - Hamburger SV

Bundesliga 1977/1978 - 3. Spieltag

0:2 (0:0)

Termin: Mi 17.08.1977, 20:00 Uhr
Zuschauer: 55.000
Schiedsrichter: Walter Engel (Reimsbach)
Tore: 0:1 Felix Magath (77.), 0:2 Georg Volkert (90.)

 

 

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Eintracht Frankfurt Hamburger SV

 


 

Wechsel
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Trainer Trainer
  • Rudolf Gutendorf


 

Frankfurt stürmt, der HSV siegt

Taumelt die Frankfurter Eintracht nach der Serie ohne Niederlage nun in eine Kette voller Niederlagen? Fünf Tage nach dem 2:3 bei Schalke 04 folgte vor 57.000 Zuschauern im nahezu ausverkauften Frankfurter Waldstadion nun eine 0:2-(0:0-)Niederlage im Bundesliga-Hit gegen das Starensemble vom Hamburger SV. Und sie war kaum weniger unglücklich als die in Gelsenkirchen. Denn trotz eines nahezu 90 Minuten währenden Powerplays und Sturmlaufs gelang den Frankfurtern einfach kein Tor. Kargus als wahrer Tausendsassa und zwei eiskalte Konter versetzten der Eintracht den K. o. Die Frankfurter hatten freilich Chancen in Hülle und Fülle, doch sie nutzten sie nicht. Was Kargus nicht mehr hätte halten können, das verhinderte dann zu allem Pech Pfosten und Latte. Es war wie verhext. Der HSV freilich hatte mit seiner Taktik Erfolg. Sie war darauf abgestellt, mit verstärkter Abwehr ein 0:0 zu halten und das Glück mit Kontern zu versuchen. Und dieses Glück hatte der HSV. Magath in der 77. Minute und Volkert in der 90. Minute führten die Konter auch zu K.-o.-Schlägen, als die Eintracht an Rudi Kargus zu verzweifeln begann.

Riesige Überraschung vor dem Anpfiff: Gyula Lorant fühlte sich nicht länger an die alte Fußball-Weisheit, wonach man eine erfolgreiche Mannschaft nicht ändern sollte, gebunden: er krempelte nach der Niederlage in Schalke die Mannschaft auf der rechten Seite um. Das Tandem Peter Reichel/ Roland Weidle mußte auf der Bank bleiben. Dafür gab Lothar Skala sein Bundesliga-Debüt bei der Eintracht, und Wolfgang Kraus, der in Schalke zur Halbzeit Dragoslav Stepanovic hatte Platz machen müssen, kehrte ins Team zurück.

Lorants Überlegung: „Auf der rechten Seite wurde mir zu eintönig gespielt. Ich erhoffe mir von Skala und Kraus die gleiche Initiative wie auf der linken von Neuberger und Stepanovic. Sie sollen auf der rechten Seite mehr herausholen." Von der rechten Seite — vor allem von dem quirligen Kraus (brausender Beifall, als er Magath den Ball durch die Beine schoß) — kam dann auch die Initialzündung zu einem halbstündigen Power-Play der Eintracht, in dem die langen Kerls in der HSV-Abwehr zwar ins Wanken gerieten, aber nicht umfielen.

Vor allem Dragoslav Stepanovic hielt das Tempo hoch und die Eintracht-Angriffsmaschine auf Touren. Wenzel versetzte ein ums andere Mal Peter Nogly. Jürgen Grabowski (bei einem Revanchefoul erhielt er die gelbe Karte) und Bernd Hölzenbein taten sich hingegen gegen die Härte ihrer traditionellen HSV-Rivalen Ripp und Hidien schwerer.

Chancen, aber keine Tore — mehr brachte der Elan der Eintracht-Spieler, die stets einen Schritt schneller am Ball und eine Nuance energischer im Zweikampf waren, in dieser Power-Phase nicht ein. Grabowski hatte mit seinen Schüssen kein Glück. Sie gingen daneben. Nicht anders erging es Nickel mit einem raffinierten Drehschuß in der 28. Minute.

Was seine Vorderleute nicht mit den Stiefelspitzen gerade noch zu einer Fülle von Ecken ablenkten, das meisterte Kargus — so einen Kopfball und einen glasharten Freistoß von Hölzenbein in der ersten Viertelstunde oder einen gefährlichen Weitschuß von Skala. Erst nach einer halben Stunde kam der HSV zu einer ersten Torchance, die Keegan, der bis dahin als vorderste Sturmspitze gegen Körbel keinen Stich bekommen hatte, aber völlig freistehend mit einem harmlosen Schuß in Koitkas Arme kläglich vergab.

Dennoch waren diese Szene und Rudi Gutendorfs Gesten von der Bank das Signal für den HSV, nun seinerseits die Initiative zu ergreifen. Im Nu häuften sich brenzlige Szenen im und am Eintracht-Strafraum. Keegan löste sich von Körbel und kam in Fahrt. Stepanovic mit einem Foul (er erhielt die gelbe Karte) und Skala mit einer Grätsche mußten den Engländer in letzter Sekunde bremsen. Körbel mußte einmal den Ball mit dem Kopf von der Linie stoßen, und die zweitgrößte Rettungstat vollbrachte in der 36. Minute Nickel, der sich Steffenhagen in letzter Sekunde in den Schuß warf.

Mit heißem Herzen ging die Eintracht auch die zweite Halbzeit an. Neuberger und Nickel waren jetzt die Tempo-Bolzer. Mit wahrer Besessenheit kämpfte die Eintracht, doch trotz Kämpfe und Technik, Kampf und Kunst — das Tor wollte nicht fallen. 47. Minute: Hölzenbein, der immer gefährlicher wurde, schmetterte einen Freistoß aus 25 Metern an die Querlatte. Dann schien gegen Kargus kein Kraut gewachsen. Seine größte Tat: In der 64. Minute drehte er im Hechtsprung einen Rückzieher von Wenzel mit den Fingerspitzen um den Pfosten. In der 71. Minute wäre aber auch Kargus machtlos gewesen, als Körbels Kopfball an den Pfosten sprang. Wieder eine halbe Stunde Powerplay und wieder kein Tor.

Der HSV überstand abermals die Abwehrschlacht und konterte eiskalt. Der zweite gefährliche Konter in der zweiten Halbzeit führte dann in der 74. Minute prompt zum Führungstor. Nach einem Paß von Steffenhagen kam Magath am Elfmeterpunkt frei zum Schuß, und Koitka war geschlagen.

Die Eintracht bäumte sich gegen die Niederlage auf, und in der 84. Minute schien das Anrennen der Eintracht wenigstens mit dem Ausgleichstor belohnt. Doch Kargus, dieser Hexenmeister, erwischte auch noch diesen Ball, den Stepanovic aus drei Metern ins rechte Toreck hob. Den endgültigen K. o. versetzte der Eintracht dann mit einem weiteren Konter Georg Volkert, der allein nach einem Steilpaß auf Koitka zustürmte und ihm mit einem Schuß aus vollem Lauf ins lange Eck keine Chance ließ.

Stimmen zum Spiel

Gyula Lorant: „Mit der Brechstange zu spielen, das ist überhaupt nicht unsere Spielart. Wir müssen nun etwas Geduld haben und uns durchbeißen. Nervlich ist meine Mannschaft nicht mehr so stark, doch ich kann ihr keinerlei Vorwurf machen. Wir müssen lediglich etwas die Hektik vor dem Tor ablegen. Aber noch einmal so großes Pech wie heute werden wir nicht haben."

Rudi Gutendorf: „Wir haben kühl und kalt gespielt und unser Konzept durchgehalten. Eine Spitzenmannschaft wie die Eintracht muß man mit dieser Spielweise aus dem Konzept bringen."


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