Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Bundesliga 1975/1976 - 23. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 06.03.1976, 15:30 Uhr
Zuschauer: 45.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Weyland (Oberhausen)
Tore: 1:0 Klaus Beverungen (70.)

 

 

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Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Bernd Helmschrot
  • Manfred Ritschel
  • Wolfgang Rausch
  • Amand Theis
  • Lothar Skala
  • Lars Bastrup
  • Hermann Bitz
  • Norbert Janzon
  • Josef Hickersberger
  • Siegfried Held
  • Rainer Blechschmidt

 

Wechsel Wechsel
  • Egon Bihn für Lars Bastrup (62.)
  • Peter Berg für Rainer Blechschmidt (78.)
Trainer Trainer
  • Zlatko Cajkovski



Sieg gegen den Abstiegskandidaten

Endlich! Nach fünf Jahren wieder ein Sieg der Frankfurter Eintracht im Main-Derby über die Offenbacher Kickers. Mit 1:0 fiel der Erfolg vor 45.000 Zuschauern im Frankfurter Waldstadion ebenso knapp wie verdient aus. „Am Sieg der Eintracht gibt es nichts zu rütteln", sagte Bundestrainer Helmut Schön. „Aufgrund ihrer spielerischen Überlegenheit ist der Sieg vollauf verdient." Der Bundestrainer rügte freilich, daß die Eintracht zu sehr versucht habe, mit der Brechstange zum Erfolg zu kommen. Schön: „Die Eintracht hat vor allem in der ersten Halbzeit unklug gespielt. Sie versuchte es mit Gewalt und gab damit den Kickers immer wieder Gelegenheit, zu klären." Auch Helmut Schön empfand es als wohltuend, daß diesmal die Gehässigkeiten der letzten Jahre auf dem Spielfeld weitgehend ausblieben. Das Derby war seit langem das erste, was Niveau und Dramatik anbetrifft, aber auch nicht gerade überragend. Das „goldene" Tor schoß Klaus Beverungen in der 70. Minute, wobei die Eintracht diesmal von einem der vielen Fangfehler Bernd Helmschrots profitierte. Bis dahin hatte es die Kickersabwehrreihe immer wieder verstanden, die Angriffswellen der Eintracht abzufangen und die Schnitzer ihres unsicheren Torwarts auszubügeln. Die Kickers kämpften bewunderungswürdig und sahen zumindest einige Momente nicht wie eine Mannschaft aus, die Angst vor dem Abstieg haben muß. Überragender Mann auf dem Platz war Peter Reichel, der 90 Minuten lang Siggi Held nicht zur Entfaltung kommen ließ und dennoch pausenlos nach vorne marschierte.

Tschik Cajkovski eröffnete das Puzzlespiel „Wer paßt zu wem?", als er Siggi Held als zurückhängenden Mittelstürmer mit der Nr. 9 auf dem Rücken einlaufen ließ und den Dänen Lars Bastrup auf Rechtsaußen beorderte. Sinn und Zweck der Maßnahme: entweder Karlheinz Körbel, der zuletzt stets seine Last mit dem Kickers-Kapitän hatte, blieb abermals bei Held, oder aber der Eintracht-Vorstopper ließ sich von Bastrup als kopfballstärkster Abwehrspieler der Eintracht aus dem Abwehrzentrum herauslocken. Dietrich Weise änderte trotz Cajkovskis Maßnahme seine Order nicht: Peter Reichel spielte gegen Siggi Held, Körbel gegen Bastrup.

Von der taktischen Variante der Kickers profitierte zunächst die Eintracht, denn der ungemein offensive und drangvolle Peter Reichel zwang Siggi Held in der ersten Halbzeit permanent in die Defensive. Und auch Karlheinz Körbel begann bald pausenlos zu marschieren. Seine Taktik, Rainer Blechschmidt zu Jürgen Grabowski zu stellen, änderte der Kickers-Trainer hingegen bereits nach zehn Minuten. Denn in dieser Anfangszeit machte der Eintracht-Kapitän mit seinem Bewacher, was er wollte. In dieser Phase spielte die Eintracht denn auch brillant auf und zeigte fliegende Kombinationen. Erst als Cajkovski den giftigeren Hermann Bitz von Kraus wegnahm und zu Grabowski beorderte, wurde der Eintracht etwas von ihrer totalen Offensive genommen.

Das Spiel entbehrte der Hektik und der Böswilligkeit vergangener Derbys. Es ging wohltuend friedlich und fair zu. Damit fehlte aber auch streckenweise die übliche Dramatik. Erst in der 40. Minute, als Rainer Blechschmidt Wolfgang Kraus umsäbelte und mit der gelben Karte verwarnt wurde und Bitz den am Boden liegenden Kraus noch mit dem Fuß traf, loderte die alte Feindseligkeit vorübergehend auf.

Trotz ihrer drückenden spielerischen Überlegenheit konnte sich die Eintracht kaum klare Torchancen herausspielen. Es blieb bei turbulenten Torraumszenen im Kickers-Strafraum. Zu massiv, zu gut gestaffelt und von Libero Rausch zu gut organisiert war die Kickers-Hintermannschaft. Die Eintracht versuchte ihr Glück mit hohen Bällen in den Strafraum. Und obwohl Bernd Helmschrot bei einem halben Dutzend solcher Flanken, Freistöße und Eckbälle danebengriff und erschreckende Unsicherheit verriet, brachte die Eintracht den Ball gegen die vielbeinige Kickers-Abwehr nicht ins Tor.

Die Kickers verlegten sich mit ihren beiden Sturmspitzen Bastrup und Janzon auf gelegentliche Konter und hatten dabei in der ersten Halbzeit zwei gute Torchancen. In der 9. Minute, als Wienhold einen gefährlichen Kopfball von Janzon parierte, und in der 12. Minute, als ein weiterer Kopfball von Hickersberger das Eintracht-Tor verfehlte.

Nach dem Wechsel forcierte die Eintracht das Tempo, erhöhte sie den Druck, nachdem sie die Schrecksekunde in der 47. Minute überstanden hatte. Ein weiter Bogenschuß von Theis hatte sich aufs Lattenkreuz von Wienholds Kasten gesenkt. Bernd Nickel spielte auf einmal wie aufgedreht, und Peter Reichel marschierte weiterhin schier unaufhaltsam. Doch es fehlte das witzige, spritzige Zusammenspiel, um die Kickers-Abwehr zu überwinden. Die Eintracht spielte mehr mit der Brechstange als mit Brillanz. So fegten die Kickers-Spieler, allen voran Rausch und Theis, der Wenzel sicher im Griff hatte, die Bälle immer wieder serienweise aus ihrem Strafraum heraus.

Torschrei in der 57. Minute bei den Eintracht-Fans unter den 45.000 Zuschauern, doch der sonst nicht gerade souveräne Schiedsrichter Weyland hatte Grabowskis Abseitsstellung klar erkannt und seinem Treffer die Anerkennung verweigert. In der 61. Minute wechselten beide Seiten aus. Bei den Kickers kam Bihn für Bastrup, der gegen Körbel keinen Stich bekommen hatte und auch dessen Offensivdrang nicht hatte eindämmen können. Bei der Eintracht löste der kopfballstarke Klaus Beverungen Roland Weidle ab, der ein enormes Arbeitspensum im Mittelfeld verrichtet hatte.

Der Einsatz von Klaus Beverungen zahlte sich bereits in der 70. Minute aus, denn er nutzte die vielen brenzligen Torraumszenen, verursacht durch die Unsicherheit von Bernd Helmschrot, mit einem Hinterhaltschuß zum verdienten Führungstreffer der Eintracht. Und so kam das goldene Tor zustande: Foul von Bitz an Grabowski an der rechten Strafraumgrenze, Nickels Freistoß, Helmschrot entpuppte sich einmal mehr als „Fliegenfänger" und den von einem Kickersspieler dennoch abgewehrten Ball donnerte Beverungen aus dem Hinterhalt durch das vielbeinige Gewühl ins Netz, wobei die Flugbahn des Balles von einem Spieler noch abgefälscht wurde. Diesmal hatten die Kickersspieler die kapitalen Fehler ihres Torwarts nicht mehr ausbügeln können.

Die Kickers bäumten sich gegen die drohende Niederlage auf. Berg kam in der 77. Minute für Blechschmidt, und Neuberger einmal mehr großartiger Organisator seiner Abwehr, mußte eine brenzlige Torszene bereinigen und eine Chance seines Libero-Kollegen Friedel Rausch vereiteln. Doch die dicksten Torchancen hatten in der Schlußphase die Eintrachtspieler. Jürgen Grabowski spitzelte nach einer Vorlage von Hölzenbein am Elfmeterpunkt den Ball übel Helmschrot hinweg — an den Pfosten. Und vier Minuten vor Schluß setzte Wolfgang Kraus völlig frei vor dem Kickers-Torhüter den Ball neben das Tor.

Stimmen zum Spiel

Dietrich Weise: „Wir sind sehr froh, daß es endlich mal geklappt hat, die Kickers zu schlagen. Für die Offenbacher ist es natürlich tragisch, durch ein halbes Eigentor zu verlieren, aber uns ist es in den vergangenen Jahren ja auch oft so ergangen. Insgesamt ist der Sieg der Eintracht aber wohl verdient. Wir haben heute zwar nicht glanzvoll gespielt, obwohl wir in einer guten Verfassung sind momentan, haben wir unsere Nerven nicht in den Griff bekommen. Dennoch gab's natürlich in der Kabine Sekt."

Tschik Cajkovski: „Die Eintracht war besser und hat dieses schwache Derby verdient gewonnen. Wir hatten einfach zu viele Ausfälle und haben ein billiges Tor kassiert. Ich bin überrascht, wie fair das Spiel und auch die Zuschauer waren. Wir haben heute einfach nicht flüssig genug gespielt und viel zu viel gedribbelt. Dadurch kam Hektik in unsere Reihen. Die Eintracht hat uns 90 Minuten unter Druck gesetzt. Bernd Helmschrot hat zwar gut gehalten, war aber schuld ab entscheidenden Tor, als er eine Flanke durch die Arme rutschen ließ."

Klaus Beverungen: Schütze des entscheidenden Tores: „Es war doch gut, daß ich noch reingekommen bin. Es ist ein unheimliches Gefühl, so ein Tor geschossen zu haben."

Wolfgang Kraus: „Endlich ein Sieg. Zum zweiten Tor fehlte mir bei meiner großen Chance kurz vor Schluß die Kraft."

Bernd Nickel: „Dieses eine Tor hätte früher fallen müssen, dann hätten wir die Kickers schön laufen lassen können."

Willy Konrad, Manager der Kickers: „Es war ein verdienter Sieg der Eintracht. Bei uns haben einige Leute, die sonst im Derby auftrumpfen, versagt."

Manfred Ritschel: „Die Eintracht war um dieses eine Tor besser. Wir konnten im Mittelfeld einfach den Ball nicht halten und wurden deswegen nervös. Das Spiel war erstaunlich fair."

 

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