Schalke 04 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1975/1976 - 22. Spieltag

2:4 (2:0)

Termin: Sa 21.02.1976, 15:30 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Hermann Schröder (Lahnstein)
Tore: 1:0 Erwin Kremers (18.), 2:0 Klaus Fischer (29.), 2:1 Bernd Hölzenbein (50.), 2:2 Rüdiger Wenzel (55.), 2:3 Rüdiger Wenzel (60.), 2:4 Bernd Hölzenbein (81.)

 

 

>> Spielbericht <<

Schalke 04 Eintracht Frankfurt

  • Norbert Nigbur
  • Jürgen Sobieray
  • Klaus Fichtel
  • Hans-Günter Bruns
  • Helmut Kremers
  • Klaus Fischer
  • Herbert Lütkebohmert
  • Erwin Kremers
  • Branko Oblak
  • Hannes Bongartz
  • Manfred Dubski

 


 

Wechsel
  • Bernd Thiele für Hans-Günter Bruns (58.)
Wechsel
Trainer
  • Max Merkel
Trainer



Sieg auf Schalke

Tolle Eintracht! Innerhalb von zehn Minuten machten die Frankfurter aus einem 0:2-Rückstand ein 3:2 und feierten seit 1964 vor 25.000 geschockten Zuschauern im Parkstadion mit 4:2 den ersten Sieg in Gelsenkirchen gegen Schalke 04. Bernd Hölzenbein und Rüdiger Wenzel, zusammen mit dem umsichtigen Libero Willi Neuberger und dem im Mittelfeld unermüdlich rackernden Bernd Nickel überragende Spieler bei der Eintracht, schossen je zwei Tore. In einem überaus offensiven Spiel machte Schalke das Tempo nur eine Halbzeit lang, dann wurde sie von den Frankfurter Technikern ausgespielt. Die Eintracht bestimmte Taktik und Tempo in diesem Spiel geschickter und nutzte vor allem nach der Pause ihre Chancen weitaus besser als in den ersten 45 Minuten. Damit hat die Eintracht aus den letzten vier Spielen 8:0 Punkte geholt — eine stolze Serie.

Beide Mannschaften spielten mit nur zwei echten Sturmspitzen, hüben Erwin Kremers und Fischer, drüben Hölzenbein und Wenzel. Dennoch bevorzugten Schalke wie die Eintracht aus einem massiven Mittelfeld heraus eine herzerfrischende Offensive. Das schuf packende Torszenen, zumal sich die Rivalen einander großzügig viel Bewegungsfreiheit ließen. Etwa J. Grabowski und Helmut Kremers.

Wenn die Schalker dennoch in der ersten Halbzeit die weitaus größeren Vorteile auf ihrer Seite hatten, dann weil sie viel explosiver angriffen, weil der blendend aufgelegte Branko Oblak für Klaus Beverungen viel zu trickreich war und Bongartz sich zwar von Müller scheinbar in die Defensive drängen ließ, um dann in der Eintracht-Hälfte plötzlich um so überraschender und gefährlicher aufzutauchen. Auf diese Weise fiel denn auch in der 18. Minute das 1:0, als Bongartz Müller wieder einmal einfach stehen ließ, eine raffinierte Flanke vor das Eintracht-Tor zog und Erwin Kremers aus dem Gewühl heraus den Ball über die Linie drückte.

Vorteile für Schalke brachten auch die Duelle, die Klaus Fischer gegen Karl-Heinz Körbel gewann — und dabei nicht nur in der Luft. So stürmte der Schalker Mittelstürmer in der 29. Minute unwiderstehlich auf und davon, drängte Körbel mit dem Körper so geschickt ab, daß der Eintracht-Vorstopper ins Stolpern geriet und zu Boden stürzte, während Fischer aus vollem Lauf den Ball flach ins lange Eck zum 2:0 hämmerte. Bis dahin hatte bereits Oblak in der 10. und 28. Min., allein vor Wienhold stehend, zwei faustdicke Chancen versiebt.

Aber auch die Eintracht hatte ihre guten Tormöglichkeiten, doch in bester Position zielten Wenzel, der seinem Bewacher Bruns öfter davonlief, und Nickel immer wieder genau auf Norbert Nigbur. In der zweiten Minute schon schoß Wenzel den Schalker Torwart an, anstatt den Ball souverän über ihn hinweg ins Tor zu heben. In der 26. Min. prallte sein Kopfball nach einem Freistoß von Willi Neuberger Nigbur an den Oberarm, und im Nachfassen erwischte der Schalker Torwart den Ball noch vor der Linie. Dann hatte Nickel in der 35. Minute das Anschlußtor praktisch auf' dem Fuß. Seelenruhig ließ er zwei Schalker Abwehrspieler aussteigen, legte sich den Ball auch noch kaltschnäuzig vors linke Schußbein — doch der Schuß war dann viel zu harmlos und genau auf Nigbur gezielt. Zwischendurch standen sich Hölzenbein und Wenzel vor Nigbur im Weg, und ein andermal fehlten einem Hölzenbein-Solo nur der krönende Abschluß. Man sieht, auch die Frankfurter hatten ihre Chancen in der ersten Halbzeit.

Zur zweiten Halbzeit brachte Dietrich Weise Wolfgang Kraus für Roland Weidle. Aber Helmut Müller blieb bei Hannes Bongartz, dem Schalker Spielmacher, obwohl der Frankfurter hilflos hinter dem blonden Spielregisseur herirrte. So mußte Torwart Günther Wienhold über das ganze Spielfeld schreien, um Müller darauf aufmerksam zu machen, daß sein Gegner an völlig anderer Stelle des Platzes frei herumlief.

Helmut Kremers (Reichel angelte sich den Ball gerade noch vor der Linie mit dem Knie), und Lüdkebohmert (Wienhold drehte mit einer Glanzparade den Gewaltschuß über die Latte) hatten sofort zu Beginn der zweiten Halbzeit gleich zwei riesige Torchancen. Aber das nächste Tor gelang der Frankfurter Eintracht nach einer höchst kuriosen Eckballkapriole. 3 Eckstöße hintereinander schoß B. Nickel. Jedesmal hatte der neun Meter entfernt hochspringende Oblak sich anschießen lassen und den Ball ins Aus befördert. Beim viertenmal sprang Oblak nicht mehr hoch. Und das war sein Fehler. Nickels strammer Schuß fand freie Bahn vor das Schalker Tor, wo Hölzenbein den Ball über die Linie ins Schalker Netz drückte.

Jetzt trumpfte die Eintracht ganz groß auf. Die Schalker schienen plötzlich ihrem großen Tempo der ersten Halbzeit zum Opfer zu fallen. Sie spielten wie gelähmt. Bernd Hölzenbein wurde immer druckvoller und hatte nur zwei Minuten nach seinem Tor sogar die Chance zum Ausgleich, schoß aber allein in günstigster Position daneben. Die Schalker waren plötzlich völlig weg. Die Abwehr ein einziger verwirrter Haufen. Auch ein Wechsel von Thiele für Bruns, der den ungemein beweglichen Wenzel nicht halten konnte, änderte nichts. Ein Paß von Nickel und Rüdiger Wenzel verlängerte in wahrer Müller-Manier in der 56. Minute die Vorlage zum 2:2.

Der ungemein drangvolle Frankfurter Mittelstürmer ließ in der 60. Minute nach einem neuen Zuspiel von Nickel raffiniert Helmut Kremers aussteigen und schoß glashart an dem herausstürzenden Nigbur vorbei das 3:2. Innerhalb von zehn Minuten hatten die Frankfurter aus einem 0:2 ein 3:2 gemacht!

Die Ruhe und Übersicht eines Neuberger und der enorme Fleiß eines Bernd Nickel sorgten dafür, daß das zaghafte Schalker Aufbäumen im Keim erstickt wurde. Und vorne sorgten Hölzenbein und vor allem der ungemein bewegliche und stets anspielbare Wenzel immer wieder für lichterlohe Gefahr. In der 74. Minute konnte Hölzenbein das Spiel bereits entscheiden, als ihm Wenzel geschickt den Ball überließ und damit völlig freie Bahn zum Schalker Tor verschaffte. Der Nationalspieler schoß aber abermals den Ball Nigbur in die Arme.

In der 80 Minute aber erzielte Bernd Hölzenbein dann doch noch das alles entscheidende 4:2. Mutterseelenalleine stürmte er nach einem weiteren Befreiungsschlag Willi Neubergers auf Nigbur zu. Fichtel und Helmut Kremers verfolgten ihn. Diesmal aber schoß Hölzenbein nicht, sondern umspielte Nigbur eiskalt und drückte den Ball ins leere Tor. Aus einem 0:2 war ein 3:2 geworden, und mit dem 4:2 feierte schließlich die Frankfurter Eintracht nach zwölf Jahren den ersten Sieg über Schalke 04 in Gelsenkirchen. „

Nun macht mir ihn nicht gleich zu groß", wehrte Dietrich Weise gegen den Wenzel-Wirbel nach dem Spiel, konnte sich aber selbst mit unverhohlenem Stolz die Bemerkung nicht verkneifen: „Das wird noch einer!"

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