Eintracht Frankfurt - Karlsruher SC

Bundesliga 1975/1976 - 1. Spieltag

0:2 (0:1)

Termin: Sa 09.08.1975, 15:30 Uhr
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Weyland (Oberhausen)
Tore: 0:1 Bernd Hoffmann (20.), 0:2 Bernd Hoffmann (85.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Karlsruher SC

 


  • Siegfried Kessler
  • Jürgen Kalb
  • Ewald Schäffner
  • Günther Fuchs
  • Rainer Ulrich
  • Bernd Hoffmann
  • Wilfried Trenkel
  • Karl Berger
  • Winfried Schäfer
  • Martin Kübler
  • Peter Gutzeit

 

Wechsel Wechsel
  • Roland Vogel für Peter Gutzeit (63.)
Trainer Trainer
  • Carl-Heinz Rühl

 

 

Hauptsache Heimspiel

Hans-Joachim Andree ist bei Eintracht Bad Kreuznach im Gespräch. "Nach der Rückkehr des Kreuznacher Präsidenten Pieroth aus dem Urlaub stehen wir zurzeit in intensiven Verhandlungen", bestätigt Trainer Weise, "aber entschieden ist es noch nicht." Andree wäre der dritte bei der Eintracht mit Ende der letzten Saison ausgeschiedene Spieler, der dann einen neuen Verein gefunden hätte. Trinklein ist weiter arbeitslos, doch Thomas Rohrbach hat kürzlich bei Ethnikos Piräus in Griechenland einen neuen Arbeitgeber und Jürgen Kalbs Wechsel zum Auftaktgegner Karlsruher SC stand ja bereits in der letzten Saison fest.


Rohrbach filmt jetzt
in Piräus

In dieser Spielzeit kann Dietrich Weise mit seiner Frankfurter Eintracht erstmals auf eigenem Platz in die Bundesliga starten. "Hauptsache ein Heimspiel", freut sich Weise über die Ansetzung des 1. Spieltages. Doch nach einem positiv bewerteten 1:1 beim 1. FC Köln vor zwei und einem 3:0-Sieg in Bremen zum Auftakt vor einem Jahr, wird es gegen den Aufsteiger aus Karlsruhe ungleich schwerer für eine ähnlich positive Überraschung zu sorgen. Alle Welt geht davon aus, dass der zweifache, amtierende DFB-Pokalsieger, der zu den Meisterschaftsfavoriten gezählt wird, den KSC in die Schranken weisen wird. Lediglich über die Höhe des Sieges wird am Main noch diskutiert.

"Normalerweise wird ein Neuling zum Saisonauftakt als gutes Los betrachtet", weiß auch Weise, meldet aber Bedenken an, "doch mir wären die Aufsteiger im Winter lieber, wenn die Plätze schwerer werden. Zumal sie jetzt noch von einer Begeisterung getragen werden, die Berge versetzen kann." Was der überaus selbstbewusste KSC-Trainer Carl-Heinz Rühl beweist, der im Waldstadion angeblich ausschließlich die Schiedsrichter fürchtet: "Wir haben in Frankfurt nur Angst vor Elfmetern." Ein Zusammenhang zwischen den Unparteiischen und den Elfmetern kann Weise nicht erkennen, wohl aber mit der Spielweise seiner Elf: "Wir spielen im Waldstadion immer voll auf Angriff. Das heißt zwangsläufig, dass sich die meisten Zweikämpfe im Strafraum abspielen. Bei unseren beweglichen Spielern bleibt dann eben öfter mal das Bein eines Gegners stehen. Im Übrigen sollte man in so Sachen ruhig und vorsichtig bleiben. Solche Äußerungen werden gerade bei Elfmeterentscheidungen schnell zum Bumerang, denn wir erhalten auch nicht mehr Strafstöße zu Hause als die anderen."

Rühl hat jedoch bereits in der Saisonvorbereitung unter Beweis gestellt, dass er Bescheidenheit und Zurückhaltung nicht für eine Tugend hält. "Diese Karlsruher Mannschaft wird sicherlich nicht von Abstiegssorgen geplagt werden, denn sie hat großartig und weit besser als Rot-Weiß Essen gespielt", lautete das Urteil des englischen Nationaltorhüters Pat Jennings nach dem 2:1-Testspielsieg des KSC über die Tottenham Hotspurs, doch Rühl machte dieses Lob nicht verlegen, im Gegenteil, er legte nach: "Das Spiel meiner Mannschaft war mir teilweise zu gut. Von der Taktik her haben wir Fußball geboten, wie er kaum besser sein kann. Die Abwehr hat geschickt verzögert, und wie aus dem Lehrbuch wurde zwischen Mittelfeld und Angriff blitzschnell gekontert. Etwas mehr Schussglück, und wir hätten weit höher gewonnen. Auf alle Fälle hat sich die Mannschaft die Siegprämie redlich verdient." "Siegfried ist trotz seiner 34 Jahre ein Phänomen und hielt gegen Tottenham im Stil eines Weltklassemannes", bedachte Rühl nach dieser Partie außerdem selbst Ersatzkeeper Kessler, der Stammtorhüter Wimmer gut vertrat, mit einem übertrieben anmutenden Lob.

An seiner Seite weiß der nicht maulfaule Trainer Präsident Roland Schmider, der sich selbst nicht in der Tradition des Schalker Präsidenten sieht: "Ich will Günter Siebert nicht nacheifern." Wie Trainer Rühl ist auch der Präsident des KSC Jahrgang 1939 und somit der jüngste aller Bundesligapräsidenten. An seiner Qualifikation für das Amt hat in Karlsruhe dennoch keiner Zweifel, am allerwenigsten Schmider selbst, der sich und Rühl für ein sich optimal ergänzendes Team hält: "Ich glaube, dass ich etwas von Finanzen verstehe und ich glaube auch, dass Herr Rühl viel vom Fußball versteht." Mit Erich Fehlberg, dem langjährigen Geschäftsführer des KSC, passte es dagegen laut Schmider nicht mehr: "Der autoritäre Führungsstil, Spieler wie Sklaven zu behandeln, ist heute passe. Die jungen Menschen sind reifer geworden." Von diesen lässt sich Schmider nach einem Sieg auch schon mal angezogen ins Entmüdungsbecken stecken und ablichten: "Damit die Spieler nicht denken, ich bin ein Halbgott."

Schmider ist auf dem Boden geblieben und dort auf drei Ebenen engagiert und erfolgreich: in Beruf, Sport und Kommunalpolitik. Mit 28 Jahren wurde er Prokurist bzw. mit 30 Jahren Geschäftsführer bei Coca-Cola für das Konzessionsgebiet Karlsruhe, mit 32 Jahren Zweiter Vorsitzender und mit 34 Jahren Präsident des KSC sowie im April dieses Jahres als Kandidat der FDP ins Karlsruher Stadtparlament gewählt. "Durch meine berufliche Tätigkeit kam ich mit dem Karlsruher SC zusammen, und als Verein ist man immer wieder auf die Unterstützung der Kommune angewiesen", sagt er, betont aber seine gesellschaftlichen Ambitionen als Kommunalpolitiker: "Mir ging es nicht um den KSC, sondern um den Sport in Karlsruhe." Dem dürfte bereits dadurch geholfen sein, dass das Bundesligagründungsmitglied KSC nach sieben Jahren Abwesenheit wieder erstklassig ist.

Mit dem KSC verbindet man bei der Eintracht aber unangenehme Erinnerungen: Die zweite Heimniederlage der Eintracht gegen den KSC – die erste setzte es gleich im Gründungsjahr der Bundesliga – ist mit 0:7 bis heute die höchste Heimniederlage der Eintracht in 1. Liga geblieben. Der KSC erzielte gegen die Eintracht mit dem 7:0 gleichzeitig den höchsten Bundesligasieg seiner Geschichte, erlitt bei 1860 München aber in derselben Spielzeit nur fünf Monate später auch die höchste Niederlage: 0:9. Damit nicht genug: Am Ende dieser Spielzeit waren die Karlsruher als Tabellenvorletzter sportlich abgestiegen und konnten den Abstieg nur durch den Zwangsabstieg von Hertha BSC und die Aufstockung der Liga von 16 auf 18 Mannschaften abwenden.

Bei der Eintracht ist man vor dem Spiel ohnehin nicht gut auf die Badener zu sprechen, denn der Wunsch der Frankfurter, die Anstoßzeit der Partie wegen der anhaltenden Hitzewelle von 15.30 Uhr auf 18.30 Uhr zu verlegen, fand zwar die Zustimmung des DFB, stieß aber auf Ablehnung beim KSC. "Aus organisatorischen Gründen" – so lautet die offizielle Version des Gastes - besteht Präsident Schmider auf Einhaltung der üblichen Anstoßzeit, was Trainer Weise enttäuscht: "Wir hatten uns wirklich alle erdenkliche Mühe gegeben." "Es muss wohl erst einer umkippen", macht sich der Trainer wegen der hohen Temperaturen Sorgen um die Gesundheit der Spieler.

Ins Rennen schickt Weise schließlich eine Mannschaft, in der die beiden Neuzugänge Krobbach und Wenzel stehen. Diese Elf soll dafür sorgen, dass zwei Serien nach dem heutigen Tag weiterhin Bestand haben: Die Eintracht hat noch nie das erste Bundesligaspiel verloren, wenn es ein Heimspiel war, und der Karlsruher SC musste bislang dreimal zuerst auswärts spielen und verlor jede dieser Partien. Zudem hat die Eintracht sich in der ersten Runde des DFB-Pokals als Titelverteidiger locker mit 6:0 gegen die Amateure von Viktoria Köln durchgesetzt.

Der KSC hatte da beim 4:2 gegen die SpVgg Bayreuth schon etwas mehr Mühe, obwohl sich Rühls Truppe mit dem Offenbacher und ehemaligen Gladbacher Winfried Schäfer und dem langjährigen Eintracht-Stammspieler Kalb zur neuen Saison gut verstärkt hat. Schäfer konnte sich in diesem Spiel einmal in die Torschützenliste eintragen, Kalb, der einen Elfmeter verwandelte, gleich zwei Mal. Leer ging gegen den Zweitligisten aus Bayreuth Peter Gutzeit aus, der bereits ein Jahr zuvor von der Hertha zum KSC gewechselt ist. Wie Schäfer hat aber auch Gutzeit in der Bundesliga schon einmal gegen die Eintracht getroffen.

Zu Beginn der Partie, die 20.000 Zuschauer sehen wollen, lassen es die Gastgeber langsam angehen. Bei weit über 40 Grad da unten auf dem Rasen mag es auch nicht der verkehrteste Weg sein, die lauffreudigen Gäste sich erst einmal austoben zu lassen. Doch während der Aufsteiger kampfeslustig und überraschend selbstbewusst wirkt, scheinen die Beine des Pokalsiegers schwer zu sein.

Und da kaum etwas so schnell welkt wie der Lorbeer von gestern, befinden sich die Frankfurter bereits nach 20 Minuten im Rückstand. Der KSC taucht im Strafraum der Eintracht auf, der Ball fliegt im hohen Bogen über den indisponierten Günter Wienhold, Peter Reichel versucht auf der Linie mit dem Kopf zu retten, doch von der Unterkante der Latte prallt der Ball ins Tor. 0:1. Hoffmann sei der Torschütze gewesen, verkündet der Stadionsprecher.

Natürlich entbrennt auf der Tribüne unverzüglich die Diskussion, ob man mit Wenzel nicht den falschen Zweitligatorjäger an den Main geholt habe. Bernd Hoffmann spielte vor seinem Engagement beim KSC in der 1. Bundesliga für den MSV Duisburg und Rot-Weiß Oberhausen. Erfolgreicher als dort war er jedoch eine Spielklasse tiefer, von 1972 bis 1974 beim VfR Heilbronn in der damals zweitklassigen Regionalliga Süd und - als der VfR ihn wegen finanzieller Schwierigkeiten abgeben musste – beim KSC, den Hoffmann als Torschützenkönig der 2. Bundesliga Süd mit 25 Toren zurück in die Bundesliga schoss.

Auf Seiten der Eintracht spielt mit Rüdiger Wenzel ein Stürmer, der in der letzen Saison in der Nordstaffel lediglich ein Tor weniger als Hoffmann erzielt hat, es den Frankfurtern Zuschauern aber gar nicht recht machen kann, was auch an den hochgesteckten Erwartungen der Fans liegt. Wenzel wirkt heute allerdings wie ein Fremdkörper in Weises Elf, was aber nicht verwunderlich ist, denn das Eintrachtspiel bleibt auf halber Strecke stecken. Bei dieser Hitze wollen alle gerne den Ball schicken, doch sich anzubieten oder den Pässen hinterherzulaufen, das fällt dem Pokalsiegern sichtlich schwer.


Schäfer und Kalb gegen Grabowski

Hinzu kommt, dass im Duell der beiden Kapitäne Grabowski und Schäfer der ehemalige Offenbacher dem Frankfurter keinen Meter Boden freiwillig überlässt. So stark hat man Schäfer lange nicht gesehen. Und wenn sich Schäfer in den Angriff einschaltet, übernimmt Jürgen Kalb die Bewachung Grabowski. Nicht nur einmal muss sich der Spielführer der Hessen sogar gegen beide gleichzeitig erwehren, was Grabowski aber auch unablässig versucht.

Die in blauen Jerseys angetretenen Karlsruher lassen nicht nach, ignorieren die Hitze weiter erfolgreich und rennen über den Platz, wie Feuerwehrleute bei einem Großbrand. Leider löschen sie kein Feuer, sondern legen gefährliche Brandherde im Strafraum der Eintracht. Inszeniert werden die meisten Angriffe durch Martin Kübler und auf dem linken Flügel hat Karl Berger oft freie Bahn.

Der Schiedsrichter pfeift zur Halbzeit und es steht nur deshalb immer noch 0:1, weil kurz zuvor Schäfer völlig frei vor Wienhold den Frankfurter Schlussmann angeschossen hat. Während mit Hoffmann der letztjährige Torschützenkönig der 2. Liga Süd getroffen hat, holt Trainer Weise mit Rüdiger Wenzel den glücklosen Torjäger der zweiten Liga Nord vom Platz. Weise hofft nach der Halbzeit mit dem eingewechselten, kopfballstarken Bernd Lorenz zum Ausgleichstreffer zu kommen.

Die Eintracht hat nun ihre beste, ihre drangvollste Phase, doch der Aufsteiger hält den gestiegenen Druck aus und setzt seinerseits weiter auf feine Nadelstiche in Form von klug vorgetragenen Kontern. Allerdings steht ihnen auch hin und wieder das Glück zur Seite, beispielsweise als Hölzenbein eine präzise Flanke Neubergers aus bester Schussposition über die Latte hebt. Hölzenbein hat einen schwachen Tag erwischt, aber auch in der Defensive stimmt es bei der Eintracht nicht, denn der neue Libero Krobbach und Körbel harmonieren noch nicht wie gewünscht.

Beim KSC macht Kalb hingegen eine bombige Partie, die bei den Eintrachtanhängern Zweifel aufkommen lässt, ob man hier den richtigen Mann weg geschickt hat. Nie hat man den braungebrannten Kalb so selbstbewusst nach vorn stürmen und aufs Tor schießen sehen. Einmal rollt der Ball um Zentimeter am Pfosten vorbei, dann lenkt Wienhold einen 20-Meter-Schuß an den Pfosten.

Die Zeit verrinnt, der Rückstand bleibt und die Zuschauer werden ungeduldig. Grabowski rackert zwar weiter unermüdlich, ist hinten wie vorne zu finden, doch Schäfer gräbt ihm das Wasser immer mehr ab. Die Kämpfer Körbel, Weidle und Beverungen bauen weiter ab, so dass neben Neuberger nur Nickel bleibt, der mit kämpferischem Einsatz herausragt, freilich alleine das Steuer nicht herumreißen kann und ebenfalls zu resignieren scheint.


Das 0:2

Eine knappe Viertelstunde vor Schluss kommt Winfried Stradt für Beverungen in die Partie. Spätestens jetzt gilt es, zurückzuschlagen, mindestens den Ausgleich erzielen und so den Gegner für seine Dreistigkeit noch einer einigermaßen gerechten Bestrafung zuzuführen. Es kommt aber keine rettende Kavallerie, sondern schon wieder diese Karlsruher. Fünf Minuten vor Spielende köpft Schäfer in Bedrängnis aus dem eigenen Strafraum in den freien Raum, Kübler ersprintet sich den Ball, bedient den nach vorn geeilten Schäfer und der schickt Hoffmann, der von der Mittellinie von einem Verteidiger verfolgt dem Tor von Wienhold zustrebt. Hoffmann lässt sich nicht mehr aufhalten und überwindet am Ende seines Spurts fast genau vom Elfmeterpunkt auch noch Wienhold. Der KSC führt 2:0 und gewinnt mit diesem Ergebnis auch wenige Minuten später das Spiel.

"Ihr habt uns einen schweren Schlag versetzt", sagt Weise schulterklopfend zu seinem Kollegen Rühl. Für Rühl ist es plötzlich "im Grunde ein Wunder, denn damit hatten wir nie und nimmer gerechnet." "Die Eintracht hat uns anfangs sicherlich unterschätzt", meint Rühl: "Erst wollte sie nicht so recht, und dann konnte sie nicht mehr." Die konditionelle Überlegenheit seiner Elf darf sich Rühl auf seine Fahnen schreiben, denn die tropischen Temperaturen spielten seit einigen Tagen eine Rolle in seinen Überlegungen. Rühl reibt sich frohlockend die Hände, während er die Pressevertreter daran erinnert, dass die Eintracht am Donnerstag in Karlsruhe anrief und um Verlegung in die kühleren Abendstunden nachsuchte: "Da wußte ich, woher der Wind weht."

Die Karlsruher hatten eine Woche lang täglich zweimal trainiert, im Gegensatz zur Eintracht, am Nachmittag jeweils von 15.30 Uhr an, "um den Körper an die Temperaturen und den Rhythmus der Spielzeit zu gewöhnen", wie Rühl nur allzu bereitwillig zum Besten gibt. "Ich wollte die Spieler nicht zusätzlich der Hitze aussetzen", gesteht Weise auf die Nachfrage der Journalisten, warum er es nicht ebenso gehandhabt hat. "So hart haben wir früher bei der Eintracht nie trainiert", zieht Kalb einen Vergleich: "Aus der Erfahrung heraus war mir klar, dass die Eintracht bei dieser Hitze eher schlapp machen würde." Kalb war der erste, den Rühl bei der "demokratischen Abstimmung der Mannschaft" über den Verlegungsvorschlag nach seiner Meinung fragte. "Deine Taktik war goldrichtig", flachst Rühl in den Kabinengängen des Waldstadions in Richtung Kalbs. "Natürlich hätten wir alle auch lieber abends gespielt", gibt Kalb zu, "hätten aber damit einen großen Vorteil aus der Hand gegeben." Rühl meint die körperlichen Defizite des Gegners bereits im Pokalspiel ausgemacht zu haben: "Ich war sehr überrascht, als Weise sich nach dem Spiel gegen Köln positiv über die körperliche Verfassung seiner Mannschaft äußerte. Ich hätte da etwas anderes gesagt."

"Auch die Karlsruher werden noch solche Tage erleben, an denen nichts geht", beendet Dietrich Weise die Diskussion um die Anstoßzeit. Jürgen Grabowski, in der vergangenen Saison der überragende Mann der Eintracht, sieht die Gründe für die Niederlage in der mangelnden Deckungsarbeit. "Wenn man die Niederlage auf die Hitze schieben wollte, würde man den Sieg der Karlsruher schmälern. Und das will ich nicht. Der KSC hat mir unheimlich imponiert. Die spielten nämlich nicht vorsichtig wie ein Aufsteiger, sondern selbstsicher." Auch Weise erkennt neidlos die Leistungen des Gegners an: "Der KSC hat geschickt gespielt und durch seinen größeren Einsatzwillen verdient gewonnen."

Weise beschönigt nichts: "Das 0:2 gegen Karlsruhe hat Ärger hinterlassen", sagt er ohne Umschweife. "Wir dürfen uns jetzt nicht hängen lassen", fordert Kapitän Grabowski: "Wenn wir jetzt von der Rolle kommen und den Anschluss verlieren, könnte es Wochen dauern, bis wir uns davon wieder erholt haben. In Bremen wird mit Sicherheit der letzte Schuss an Energie vorhanden sein, der gegen Karlsruhe noch fehlte." "Wir wurden konsequent gedeckt, was man von den Karlsruhern Stürmern nun nicht behaupten kann", findet der Kapitän deutliche Worte an die Adresse der Defensivabteilung, doch auch der Angriff steht in der Kritik: "Die Eintracht muss zu einem richtigen Flügelspiel finden. Unsere Angreifer drängen zu sehr in die Mitte. Wir müssen dem Gegner die ganze Breite des Spielfeldes anbieten." Den wie oft in der Rückrunde der letzten Saison abermals schwachen Hölzenbein nimmt Grabowski dabei in Schutz: "Ich weiß, wie sehr der Bernd die Zähne zusammenbeißt. Was er jetzt braucht, ist ein Sieg und eine gute persönliche Leistung."


Nachtrag

Für den zweifachen Torschützen Bernd Hoffmann, der in 13 Erstligaspielen für Duisburg und Oberhausen zwei Tore erzielt hatte, hat die Saison dagegen traumhaft begonnen. Doch sein Traum ist damit in der ersten Liga auch schon wieder beendet: Sein viertes Erstligator war auch gleichzeitig sein letztes. In der Hinrunde der Bundesligasaison 1975/76 kommt Hoffmann zwar trotz einer hartnäckigen Wadenverletzung zu insgesamt 13 Einsätzen, aber nicht mehr zu weiteren Treffern. In der Winterpause verpflichtet der KSC den schwedischen Nationalstürmer Ove Flindt und Hoffmann wechselt zu den Stuttgarter Kickers in die 2. Liga, wo er noch vier Jahre spielt. (rs)


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