TSV Straubing - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1975/1976

2:6 (1:5)

Termin: 21.07.1975
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Gmeinwieser (Motzingen)
Tore: 1:0 Grill (4.). 1:1 Karl-Heinz Körbel (13.), 1:2 Bernd Lorenz (27.), 1:3 Jürgen Grabowski (31.), 1:4 Roland Weidle (37.), 1:5 Bernd Nickel (42.), 1:6 Klaus Beverungen (65,), 2:6 Wittmann (75.)

 


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TSV Straubing Eintracht Frankfurt

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Wechsel
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Trainer Trainer

 

 

Experimente

Das Finale im Europacup der Landesmeister in Paris zwischen Bayern München und Leeds United wurde von den Ausschreitungen der Leeds-Anhänger überschattet. Der Kapitän der Münchner Bayern und der DFB-Auswahl, Franz Beckenbauer, ist um eine Antwort selten verlegen und auch hier meint er eine Lösung des Problems gefunden zu haben. "Jeder Zuschauer müsste vor dem Spiel neben seiner Eintrittskarte auch seinen Pass vorzeigen", erklärt er im Interview mit der englischen Sportzeitung "Shoot": "Sobald sich jemand danebenbenimmt, sollte sein Pass mit einem entsprechenden Stempel versehen werden. Und die Vereine müssten sich entschließen, diesen Zuschauern Stadionverbot zu erteilen - sagen wir mal für fünf Jahre. Ich glaube, eine solche Maßnahme hätte bestimmt Erfolg."

Ein Experiment anderer Art und vor allen Dingen auf eigene Kosten unternimmt derweil Bernd Hölzenbein. Er hat sich auf Anraten seines Arztes in seiner Wohnung ein fahrbares Solarium aufgestellt, unter dem er regelmäßig seinen schmerzenden Rücken bestrahlt, der ihn in der vergangenen Spielzeit oft zu schaffen gemacht hat. Durch das sonnenähnliche Strahlenspektrum lässt sich in erster Linie die Widerstandskraft gegen Infektionen erhöhen sowie Rheuma und Prellungen behandeln, glaubt er.

Weltmeister und DFB-Pokalsieger ist er als Stürmer geworden – doch aller großen Erfolge zum Trotz sieht sich der Eintrachtspieler einfach nicht als Sturmspitze. Kein Wunder also, dass er die Verpflichtung des Mittelstürmers Rüdiger Wenzel freudig begrüßte. Und wenig überraschend, dass er sich im Vorbereitungsspiel beim TSV Straubing besonders anstrengt, nachdem ihm Trainer Weise endlich einmal wieder auf seiner Lieblingsposition im Mittelfeld aufbietet.

Die Amateure gehen zwar durch Grill in der vierten Minute früh in Führung, doch die Eintracht gleicht bereits nach 13 Minuten durch Körbel aus und schafft schon in der ersten Halbzeit klare Verhältnisse. Lorenz bringt die Frankfurter nach 27 Minuten in Führung und Grabowski lässt vier Minuten später das 3:1 folgen. Weidle in der 37. Minute und Nickel drei Minuten vor der Pause schrauben das Ergebnis auf 5:1.

Bernd Hölzenbein gehört heute zu den besten, weil spritzigsten, schnellsten und ideenreichsten Frankfurtern. Sein Aufwärtstrend ist unverkennbar. Er scheint schon nach zwei Trainingstagen in bester Kondition zu sein, ist pausenlos in Bewegung und versorgt den Angriff mit guten Vorlagen. Für Dietrich Weise ist damit allerdings noch längst nichts festgeschrieben. "Hölzenbein im Mittelfeld ist eines von mehreren Experimenten, die wir hier im Trainingslager glücklicherweise machen können."

So dürfen sich auch Körbel auf der Liberoposition und der neuverpflichtete Peter Krobbach als rechter Verteidiger versuchen. Wenzel spielt mal auf der rechten und mal auf der linken Angriffsseite und der junge Stradt erhält seine Chance als Mittelstürmer, als er zur zweiten Halbzeit Kapitän Grabowski ablöst. Das 6:1 erzielt in der 65. Minute allerdings ein anderer: Klaus Beverungen. Übrigens steht auch Torwart Dr. Kunter wieder im Kasten, er soll sich bei den Testspielen mit Wienhold abwechseln. "Die Arbeit soll gleichmäßig auf alle Schultern verteilt werden", begründet Weise seine Vorgehensweise.

Noch aber stimmt nicht alles beim deutschen Pokalsieger. Amateur Gerd Simons, der für den angeschlagenen Helmut Müller nach etwas mehr als einer halben Stunde eingewechselt wurde, unterlaufen einige Abspielfehler und in der Abwehr schleichen sich bei den Weise-Schützlinge gegen die biederen Amateure doch allzu viele Unsicherheiten ein. Eine davon nutzt Wittmann für die Gastgeber eine Viertelstunde vor Schluss zum 6:2-Endstand.


Weise mit den Neuzugängen Krobbach und Wenzel

Gute Leistungen darf man dagegen den Neulingen Krobbach und Wenzel bescheinigen, auch wenn Krobbach noch konditionelle Defizite offenbart. Wenzel hat mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen, die für einen Spieler, der aus der 2. Liga kommt, normal sein dürften. Je länger die Partie gegen die Amateure dauerte desto stärker wurde er allerdings. Ansonsten konnte neben Hölzenbein und dem zur Halbzeit ausgewechselten Jürgen Grabowski auch noch der gewohnt emsige Roland Weidle überzeugen.

Höchste Wertschätzung erfährt Jürgen Grabowski im Sportmagazin "kicker", wo er in der Kategorie Innenstürmer in der Rangliste unangefochten Platz 1 belegt. "Wo auf dem Spielfeld meist das größte Gedränge herrscht, in der Sturmmitte, stützt sich unsere Rangliste vorwiegend auf Namen, die schon seit Jahren an dieser Stelle stehen. Dennoch ein Mann setzte sich deutlich vom Feld der Konkurrenten ab: Jürgen Grabowski. Die Saison 74/75 war ein "Grabi-Jahr". Selten zuvor machte ein Stürmer über eine ganze Bundesliga-Runde hinweg solche Schlagzeilen, wartete mit solch konstant überdurchschnittlichen Leistungen auf wie der Kapitän des Pokalsiegers 74 und 75. Vielleicht verhinderte nur das Ausscheiden der Frankfurter im Europapokal der Pokalsieger gegen Dynamo Kiew und der Rücktritt des Weltmeisters Grabowski an seinem Geburtstag (dadurch fehlten internationale Vergleiche) seine Einstufung in der höchsten "kicker"-Klasse." Im weiteren Kreis, in dem das Sportmagazin neben Gerd und Dieter Müller, Klaus Fischer sowie Wolfgang Seel sieht, steht auch Hölzenbein. "Bernd Hölzenbein, während der WM ein drangvoller Linksaußen, baute im Verein zum Saisonende hin ab. In der Nationalmannschaft gelang ihm die Umstellung von der "Vereins-Mitte" auf den "National-Flügel" nicht mehr", begründet der "kicker".

Im weiteren Kreis sieht der "kicker" auch Willi Neuberger bei den Außenverteidigern, bei denen Berti Vogts mal wieder als Welt- und Bonhof als internationale Klasse eingestuft werden. "Nach seinem Vereinswechsel zu Eintracht Frankfurt hat sich bei dem so sehr sensiblen Willi Neuberger ein "Spätwunder" vollzogen, sprich: Beständigkeit. Es scheint, als käme es auch auf die Mannschaft an, in der man spielt. In einer falschen nützt alles Talent nichts. Neuberger hat wieder zu sich selbst gefunden", stellt das Magazin fest.

Bei den Vorstoppern stehen zwei Spieler auf den beiden vorderen Plätzen: Uwe Kliemann, der vor der letzten Saison von der Eintracht zur Hertha nach Berlin wechselte, und Karl-Heinz Körbel. "Natürlich kann der bundesdeutsche Fußball nach wie vor mit keinem Mann von Weltklasseformat auf diesem Posten aufwarten. Aber immerhin, zwei Spieler drängten sich förmlich für die internationale Klasse auf: Uwe Kliemann und Karl-Heinz Körbel", schreibt der "kicker" und fährt fort: "Dabei lag zunächst der Frankfurter Körbel nach Punkten in Führung, um dann doch noch von seinem früheren Mannschaftskameraden und jetzigen Herthaner, Uwe Kliemann, überrundet zu werden. Kliemanns Aufstieg deutete sich schon in den letzten Jahren an. Als er sich ganz auf das Spielgeschehen konzentrierte und Mätzchen, die ihm jahrelang Vorwürfe einbrachten, sein ließ, kam der endgültige Durchbruch. Er führte für ihn in die Nationalmannschaft, die für den superlangen Berliner seit Jahr und Tag das Ziel war. Vor ihm hatte Körbel ebenfalls das Ziel erreicht. Doch bei ihm war die Entwicklung gleichsam programmiert, denn der junge Frankfurter durchlief die klassischen Stationen wie Jugend- und Amateur-Nationalmannschaft. Da war der Sprung ins A-Team dann nicht so groß wie bei Kliemann, der erst über die B-Elf auf sich aufmerksam machte. Den begehrten Platz in der Ländermannschaft dürften in nächster Zeit Kliemann und Körbel unter sich ausmachen, denn zur Konkurrenz Georg Schwarzenbeck, Gerhard Zimmermann und Peter Nogly klafft doch eine deutliche Lücke, die am ehesten Schwarzenbeck zu überbrücken in der Lage sein dürfte. Natürlich wäre dafür eine deutliche Formsteigerung der Münchner Bayern nötig. Doch die steht zunächst einmal in den Sternen ..." Es bleibt abzuwarten, ob Bundestrainer Helmut Schön die Einschätzung der Sportjournalisten teilen wird. (rs)


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