SC 08 Bamberg - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1975/1976

1:6 (0:3)

Termin: 19.07.1975
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Bienlein (Kronach)
Tore: 0:1 Klaus Beverungen (6.), 0:2 Peter Krobbach (20.), 0:3 Bernd Lorenz (22.), 1:3 Gotthardt (55.), 1:4 Klaus Beverungen (73.), 1:5 Winfried Stradt (77.), 1:6 Rüdiger Wenzel (85.)

 


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SC 08 Bamberg Eintracht Frankfurt


Wechsel
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Trainer Trainer

 

 

Angenehme Überraschungen

"Die Eintracht will um die Meisterschaft mitspielen und zumindest eine ähnliche Tabellenposition behaupten wie in der abgelaufenen Saison. Sie will den gerade wiedergewonnenen Pokal ein drittes Mal verteidigen. Und sie will im Europacup eine wesentlich stärkere Rolle spielen als im vergangenen Jahr. Nach den Erfolgen auf nationaler Ebene wollen wir nun die nächste Bewährungsprobe auf internationalem Parkett bestehen", hat Vizepräsident Berger nach dem zweiten Pokalsieg im Juni die Ziele für die neue Spielzeit ausgegeben. Dabei war das Ausscheiden im Europapokal der Pokalsieger gegen Dynamo Kiew in der zweiten Runde keine Schande, denn während der Eintracht gegen die Ukrainer immerhin drei Tore gelangen, siegte das Team von Trainer Lobanowski in sechs der sieben anderen Begegnungen in diesem Wettbewerb ohne Gegentor. Im Finale ließ die Mannschaft auch Ferencvaros Budapest keine Chance und siegte durch zwei Tore von Onischenko und einem Treffer von Blochin klar mit 3:0.

Während beim westdeutschen Pokalsieger fast alle noch in Urlaub weilen, wird nun die erste Runde des Europapokals der Pokalsieger für die Saison 1975/76 ausgelost. Die Frankfurter Eintracht wird es dort mit dem nordirischen Vertreter Coleraine FC zu tun bekommen. Der Club wird in der Presse als Coleraine Belfast gehandelt, obwohl Coleraine gut 50 Meilen von der nordirischen Hauptstadt entfernt liegt. Entgegen der instabilen innenpolitischen Lage, die den nordirischen Verband bewog, in der Saison 1972/73 keine Vertreter in die europäischen Clubwettbewerbe zu entsenden, geht von Coleraine sportlich keine Gefahr aus. Der nordirische Meister des Jahres 1974 schied im letztjährigen Landesmeisterwettbewerb in der 2. Runde gegen Feyenoord Rotterdam nach zwei Niederlagen mit insgesamt 1:11 Toren aus.

Der im Präsidium der Eintracht für die Lizenzspielerabteilung zuständige Vizepräsident Ernst Berger kommentiert das Los denn auch realistisch und ohne falsche Bescheidenheit: "Eine irische Mannschaft ist immer mit Vorsicht zu genießen, aber die Iren sind sicher zu schlagen. Da es Profis sind, die auch im Europapokal der Landesmeister schon mitgespielt haben, verstehen sie ihr Handwerk. Dennoch meine ich, dass wir die besseren Techniker haben und vielleicht auch die größere Erfahrung, und das müsste sich auszahlen." Im Übrigen ist Ernst Berger im Gegensatz zu dem üblichen Wunschbild im Europapokal der Meinung: "Ich begrüße es, dass wir das erste Spiel hier im Waldstadion haben. Da sind die Iren für unser Publikum noch die großen Unbekannten und das sollte sich beim Besuch bemerkbar machen." Wegen des rauen politischen Klimas in Nordirland macht sich Berger dagegen keine Sorgen: "Ich bin sicher, dass wir beim Rückspiel in Belfast keine Schwierigkeiten haben werden. Ich erwarte vielmehr eine durchaus sportliche Einstellung des Publikums, und wie ich unsere Spieler kenne, werden sie auf der irischen Insel so unbefangen auftreten, wie auf jedem anderen Fußballplatz der Welt."

Als letzter Bundesligist beginnt am Freitag, den 18. Juli, die Eintracht mit der Saisonvorbereitung. Nach einem kurzen Fototermin am Riederwald fährt die Mannschaft mit dem Bus ins Trainingslager nach Grafenau im Bayerischen Wald. Die Reisegruppe umfasst 17 Spieler, Trainer Dietrich Weise und Co-Trainer Hans-Dieter Tippenhauer, Mannschaftsarzt Dr. Degenhardt, Masseur Eddi Hartmann und Betreuer Anton Hübler. Nicht in Grafenau dabei ist vorerst Peter Reichel, der sofort nach dem Ablichten wegen seiner gerade erst überstandenen Mandeloperation wieder zurück ins Krankenhaus muss. "Natürlich hätte ich den Peter gerne mitgenommen", erklärt Weise, "aber es ist wichtig, dass die Operation vor der Saison über die Bühne gegangen ist. Bis zum Bundesligastart wird er sicher fit sein." Reichel, der erst vor kurzem heiratete, wird aber unter der Anleitung des zweiten neuen Co-Trainers, Hans-Dieter Roos, wieder mit leichtem Training beginnen und Ende der nächsten Woche ins Trainingslager nachreisen.

Wolfgang Kraus macht die Fahrt in den Bayerischen Wald zwar mit, ist aber noch nicht einsatzfähig. Krafttraining und viel Schwimmen sollen ihm helfen, nach seinem gegen Ende der Saison in Stuttgart durch ein übles Foul von Coordes erlittenen Beinbruch wieder in Form zu kommen. "Bis Oktober wird es wohl noch dauern, bis ich wieder auf der Bank sitze", ist sich der "Scheppe" über die Dauer seiner Rekonvaleszenz bewusst. Kraus und Helmut Müller, beide bisher Olympia-Amateure, unterschrieben übrigens am Samstag neue Lizenzspielerverträge. Helmut Müller verpflichtete sich für ein Jahr, Kraus gar für zwei.

Im Trainingslager hat Weise für jeden Vormittag Training angesetzt und für die frühen Abendstunden eine Reihe von Testspielen vereinbart. Am Montag trifft seine Mannschaft um 18 Uhr auf den TSV Straubing, am Dienstag und Mittwoch jeweils um 18.15 Uhr auf den FC Passau bzw. den FC Zwiesel und am Freitag um 19 Uhr auf Jahn Regensburg. An spielfreien Tagen wird die Mannschaft zweimal zum Training gebeten.

"Angenehm überrascht" ist Trainer Weise am Samstag vom ersten Spiel seiner Mannschaft nach der Sommerpause. Beim oberfränkischen Bezirksligisten SC 08 Bamberg kommen die Frankfurter zu einem 6:1-Sieg. Nachdem Beverungen den Bundesligisten schon in der 6. Minute in Führung gebracht hat, lässt Neuzugang Krobbach nach 20 Minuten das 2:0 folgen. Den dritten Treffer steuert nur zwei Minuten später Bernd Lorenz bei. Bester Akteur bei den Hessen ist Jürgen Grabowski, der unentwegt das Spiel ankurbelt. Überraschend stark fällt aber auch der Auftritt von Helmut Müller aus.

Nach der Pause bringt Weise Stradt für Weidle und den zweiten Neuzugang Wenzel für Lorenz. Acht Minuten nachdem die Amateure in der 55. Minute durch Gotthardt auf 1:3 verkürzt haben, wechselt Weise ein drittes Mal aus: Gerd Simons kommt für Nickel. Eine Vielzahl erfolgversprechender Chancen lassen die Hessen ungenutzt oder scheitern an dem sich selbst übertreffenden Bamberger Torhüter Dechant. Als die ersten Pfiffe der unzufriedenen Zuschauer zu hören sind, legt die Eintracht noch einmal einen höheren Gang ein. Zehn Minuten nach Simons’ Einwechslung trifft Beverungen zum zweiten Mal. Winfried Stradt kann sich in der 77. ebenfalls in die Torschützenliste eintragen und fünf Minuten vor dem Ende trifft mit Rüdiger Wenzel auch der andere zur zweiten Halbzeit eingewechselte Stürmer.

"Gut eingefunden" haben sich nach den Worten von Weise die beiden Neulinge Krobbach, der Libero spielte, und Wenzel auf dem Linksaußenposten. Besonders erfreut ist Weise aber über die gute körperliche Verfassung seiner Schützlinge, die sich auch beim ersten harten Training am Sonntagvormittag in Grafenau zeigt. Immerhin lassen Weise und sein Assistent Tippenhauer die Spieler beim Intervalltraining insgesamt 7.000 Meter rennen. Wie sportlich die Spieler gelebt haben, zeigt aber auch die Tatsache, dass keiner mit Übergewicht aus den Ferien zurück gekehrt ist. Kein Wunder also, dass Körbel und Lorenz gut lachen hatten, als sie nach der Ankunft mit einer Personenwaage im Gepäck aus dem Bus stiegen. (rs)


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